Volltext Seite (XML)
612 die Seitenabhänge des Pindus, aus der Westseite von Albaniern oder Arnau- ten °), auf der Ostseite von Slaven und Griechen eingeschlossen. Die Haupt, stadt dieser Walachen, Mezzowo, zählt an 1000 Häuser. Wegen der rauhen Luft treibt dieses Gebirgsvolk wenig Ackerbau, aber desto bedeutendere Vieh- und Alpenwirthschaft. Doch auch in mehreren Handwerken find die aureliani« schen Walachen geschickt; so verfertigen fie namentlich vorzügliche Metall arbeiten, als eingelegte Waffen und Rüstungen, auch die in allen mittelländi schen Häsen bekannten wasserdichten Kapuzmäntel. Walachische Krämer und Handwerker trifft man in allen Städten der europäischen Türkei, ja selbst bis Ungarn und Oesterreich treibt fie der Reiz des Erwerbes. Die Gränzen der Sprache ziehen sich freilich immer mehr zusammen; dasselbe ist, wenn auch in geringerem Grade, der Fall bei den trojanischen Walachen. Die walachische Sprache ist eine Tochter der lateinischen, wie die fran- zöfische, italiänischc, provenzalische, spanische, portugiesische, hat aber in Folge der außerordentlichen Völkermischung, die in jenen Gegenden vorgegangen ist, eine Menge fremder, namentlich slavischer Wörter ausgenommen, so daß kaum die Hälfte ihrer Bestandtheile lateinisch geblieben ist, die Wurzeln der anderen Hälfte aber im slavischen, albanischen, griechischen, deutschen, madjarischen, türkischen u. s. w. zu suchen find. Herr Schott giebt für den Einfluß jeder dieser Sprachen eine Menge Beispiele und fügt auch zu den drei bisher aus MurguS Buche ") bekannten Volksliedern drei neue hinzu. Ein besonderes Lob verdient das Walachische wegen seiner Alterthümlich- keit, welche daraus zu erklären ist, daß es in Folge seiner Abgeschlossenheit von dem übrigen romanischen Sprachganzcn in der Entwickelung zurückgeblieben ist. Einen ähnlichen Charakter zeigt aus derselben Ursache das Churwelsche oder die romanische Sprache des Churer-Landes oder Graubündtens, die im Rheinbezirk 6ri8ckun rumansok, im Engadin l-süin heißt"") und der am frühesten ausgebildeten romanischen Sprache, dem Provenzalischen, sehr nahe steht. Der Grund, weshalb die lateinische Sprache in Dacicn die herrschende geworden, obgleich die Römer das Land nur 160 Jahre lang besaßen, ist darin zu suchen, daß die besiegten Völker den Siegern in der Bildung nachstanden , das Latein, als Sprache des gebildeteren und herrschenden Volkes, lockte mit- hin die Barbaren doppelt, sobald einmal ihr Stolz gebrochen. Dieselbe Er scheinung wiederholt sich unter ähnlichen Verhältnissen in allen von den Römern unterworfenen Ländern, und nur die Griechen machten, eben weil fie ihren Siegern an Bildung überlegen waren, eine nothwendige Ausnahme. So beherrschten in den letzten Jahrhunderten vor dem Anfänge des Mittel alters zwei Sprachen die gebildete Welt: die griechische den Osten, die römische den Westen. Vor der lateinischen wichen denn die Landessprachen zurück, so in Oberitalien, Rätien, Gallien, Britanien die celtische, in Spanien die iberische, in der Walachei die illprische. Doch ward keine dieser Sprachen völlig vertilgt. Das Keltische erhielt sich bis auf diesen Tag in Hochschott land, Irland, Wales und der Bretagne, das Iberische in den baskischen Landschaften, das Illprische in Albanien, weil in diesen abgelegenen Ge genden das Bedürfniß einer gebildeten und Verkehrssprache sich weniger geltend machte. Jenen natürlichen und von selbst wirkenden Ursachen kamen die Römer überdies durch wohlüberlegte Anordnungen reichlich zu Hülfe; dazu gehören die Ansiedlung altrömischer Unterthanen in den bedeutendsten Orten der er oberten Länder, die großartigen Heerstraßen, welche, mit kluger Berechnung angelegt, alle einzelnen Theile der Provinz zu einem neuen Ganzen verbanden, die Verwaltung der Regierung und des Rechtes in lateinischer Sprache. Endlich erklären noch zwei andere Umstände den festgewurzelten Haft der romanischen Sprache gerade in der Walachei. Die römische Herrschaft hatte sich nämiich schon seit der Mitte des dritten Jahrhunderts v. C. in der Nach barschaft ausgebreitet, und die lateinische Sprache war mithin den Daciern durch Handel und Verkehr mit Illyrien und Möfien längst bekannt, als Dacien im Jahre 106 nach Christus erobert ward; zur Ausrottung derselben aber hätten ganz andere Staatsmänner aufstehen müssen, als aus jenen erobernden Horden hervorgehen konnten. Doch war «S sicher nicht ein reines, schriftgemäßes Latein, was in Dacien gesprochen ward. Sprach ja auch in Rom, wie überall, wo eine Schrift sprache sich gebildet hat, die Menge anders als die Gebildeten und die Bücher, und dieser Unterschied wuchs mit der Entfernung von dem Mittelpunkte lite rarischer Bildung und spaltete sich je nach den Dialekten. Diese Sprache des gemeinen Lebens, das PatoiS, oder die llnxua runtien, wie die Römer eS nann ten, muß in Dacien schon gleich anfangs bunt genug auSgesehen haben, da die Ansiedler aus allen Theilen des römischen Reichs zusammcnströmtcn und die Eingebornen noch außerdem das Ihre dazugaben. Als die römische Herrschaft zwar schon im Inneren vermorschte, nach außen aber noch in ihrem ganzen Glanze und in all ihrer Herrlichkeit dastand, nahmen die besiegten Völker im Osten Europas und selbst die Griechen den Römer- namen, als ehrend, den unbesiegten Barbaren gegenüber an; und noch heutiges Tages würde, wie Murgu erzählt, jeder Romanier auf die Frage gu« es? antworten: eo SUN! Komanu (ich bin ein Romanier) und erst auf die wicder- -) „Beides ist ein und derselbe Name. Der Neugrieche, wie er hm statt «ükil-/ök, io verwanden er auch in ^^rr^rrye. Daraus dal der Türke sein Arnaut gemacht, wie au« David s^in Daud. Unzähligem»! findet sich im Albanischen da« R stall L." "> Beweis, daß die Walachen der Römer nnbezwcifelte Nachkömmlinge find. Ösen UM. s. '") Die Sprache unserer schweizer ilaliönischen Conditorcn. holte Fragt gu« Komanu? (was für ein Romanier?) durch >lolüaviaa, filuntisn u. s. w- sein Vaterland angeben. Was der Name Walach ur sprünglich bedeute, und von welchem Volke er zuerst gegeben sey, weiß man nicht, nur so viel steht fest, daß er den Germanen und den Slaven — denn crst von diesen haben ihn Griechen, Madjaren und Türken gelernt — einen Latei nisch, vielleicht auch einen Keltisch Redenden bezeichnete. Ein fröhliches Gedeihen konnte die Sprache bei den traurigen Schicksalen des Volkes seit dem Untergänge der römischen Herrschaft nicht gewinnen, doch beweist sie durch ihre Erhaltung die Zähigkeit deö walachische» Volkes und die geringe geistige Kraft der Eroberer. Nur durch die länderbedcckende slavische Sprachfluth ist ihr ein großer Abbruch gethau worden, denn ohne diese würbe fie wahrscheinlich im Süden ans Griechische stoßen, im Westen inS Italiänischc verfließen. Zur Schriftsprache konnte fie sich unter solchen Verhältnissen begreiflicher- weise nur sehr mühsam und spät ausbilden. Die macedonischen mW die thessalischen Walachen haben nur aus neuerer Zeit einige unbedeutende Werke auszuweisen, welche nicht einmal hinreichen, ihnen die Ehren einer Schrift sprache zu verschaffen. Die Ursache dieser Magerkeit südwalachischer Schrift- versuche liegt theilS in der Rohheit, worin die türkische Herrschaft ihre Unter, worfenen zu halten pflegt, theilS in dem Uebcrgewicht, welches die griechische Bildung inMacedonien, Albanien und Thessalien ausübt, und in dem Gebrauche der griechischen Sprache und Schrift bei Allem, was sich auf Gottesdienst und Kirchenwesen bezieht. (Fortsetzung folgt.) Westindien. Die Republik Haiti. (Schluß.) Die Armee, 20,000 Mann stark, marschirte in zwei Kolonnen gctheilt auf verschiedenen Wegen zum Heerde des Aufruhrs. Die erste traf bei Neybe aus die Feinde, die hier von einem alten Franzosen, Namens Pimente!, geführt wußten, und fand so kräftigen Widerstand, daß fie nicht weiter Vordringen konnte; die zweite, unter Herard selbst, verdrängte die Insurgenten aus ihrer Stellung in Azua. Während der Präsident hier sein Hauptquartier aufschlug, steigerte sich die Gährung in Port-au-Prince. Herard-Dumesle, der als Mit glied des Staatsraths daselbst geblieben war, unterrichtete seinen Vetter, den Präsidenten, von den Ereignissen in der Hauptstadt vermittelst eines Estafetten. diensteS, der mit großen Kosten in einem Lande hcrgcstellt wurde, wo nicht selten die Nachrichten von einem Ende zum anderen nur über die Bereinigten Staaten gelangen. Die Berichte DumeSle'S waren der Art, daß dem Prä sidenten nur ein entscheidender Schritt übrig blieb. Er erließ eine Proclama- tion, in Folge welcher DumcSle allen Mitgliedern des StaatSrathes von Port-au-Prince und der früheren konstituirenden Versammlung befahl, zur Armee zu stoßen. Da es aber die erste Pflicht eines Volksvertreters war, die Einheit und Untheilbarkeit der Republik zu vertheidigen, so wurden diejenigen ins Gefängniß geworfen, die dem Befehle nicht gehorchten. Die Ausdauer der Rebellen, die, zehnmal zersprengt, sich zehnmal wieder sammelten, die ermüdenden Märsche, die strengen Tagesbefehle und die Nach- richten aus Port-au-Prince brachten endlich Verwirrung und Ungehorsam inS Heer des Präsidenten. Die Reger verließen ihn in Masse, und einer seiner schwarzen Offiziere, Pierrot, den er mit zehntausend Mann nach dem Norden geschickt hatte, wurde von den Insurgenten geschlagen, warf sich ins Fort von Cap Haiti, sammelte seine unzufriedenen Stammgenossen um sich und sagte sich vom Präsidenten los, indem er in einem Manifeste einen Theil des Nordens für unabhängig erklärte. Jetzt handelte es sich in der That nicht mehr um eine demokratische Rcac- tion gegen die Uebergriffe des Präsidenten. Die Neger machten Miene, sich zu vereinige», und die Lage der Mulatten, besonders der Bewohner von Port-au- Prince, wurde kritisch. Die Letzteren sahen ein, daß es an der Zeit sey, nach- zugcben und einen Präsidenten aus der schwarzen Race zu wählen. Guerrier, ein alter Soldat aus den Zeiten Christoph's, der ein Mitglied der provisori sche» Regierung gewesen war, schien zur Befriedigung aller Parteien wie ge- schaffen. Die Neger sahen in ihm einen Vertreter ihres Stammes, während sein hohes Alter, seine Unbckanntschaft mit den Staatsgeschäften und seine un mäßige Neigung zum Branntwein ein bequemes Werkzeug in den Händen der mulattischen Politiker aus ihm machten. Guerrier wurde ohne viele Umstände zum Präsidenten ernannt. Ein Journal von Port-au-Prince beschreibt seine Erwählung mit folgenden Worten: „Man kam überein, ihn auf der Parade zu proklamiren. Die Nationalgarde sollte ihn auSrufcn und die Linie diesen Ruf wiederholen. Jndeß hätte dieser Wahlmodus Streitigkeiten Hervorrufen können, und diese mußte man um jeden Preis vermeiden. Darum schickten am Morgen des dritte» Mai die Bürger der Hauptstadt eine Deputation zu ihm, um ihm ihre Wünsche darlegen zu lassen. Auch aus anderen Städten waren Abgeordnete angelangt, desgleichen Offiziere aus dem Norden, die sich sämmt. lich jener Deputation anschloffen. Um neun Uhr siegte der bescheidene Guerrier über seine Bedenken und nahm die dargebotene Würde an. Mittags traten die Nationalgarde und die Linie zusammen und proklamirten den neuen Prä- fidenten." Guerrier säumte nicht, demjenigen seine Erhebung anzuzeigen, den er so plötzlich ersetzte, und forderte ihn auf, bis auf weitere Befehle, in Azua, wo er sein Hauptquartier hatte, zu bleiben. Hörard'S Heer war zu schwach und zu unzuverlässig, als daß er sich hätte widersetzen sollen. Später wurde er auch