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Mcihilüchlm auf hoher See. Mutlerl und und Sinn fl Kinder bei aus Amerika iviedergekommeu ist!" „Wer weih, was dn gehört Haft," er widerte die Frau ängstlich nnd benote sich über die grohgeblumie Wiege, in der ein schweratmendes Kind leise wimmerte. „Der Friedel liegt im Lieber und wird immer schwächer. Der Doktor verordnete dem Kind viele Nahe, nnd dn ludst ivie ein Wilder!" Auch die zwei gröheren Kinder,Zivillinge, die in der Zimmerecke mit einem weihen Kaninchen spielten, halten heihgervlele Wangen nnd hederglänzende Augen, die mit grvhen, verängstigten Blicken ans den brutalen Mann gerichtet waren. „Ach wnS, der Balg soll sterben, er ist unS sv mir znr Lnstl" polterte er roh. „Auf dem Grvhen Ozean würde er doch zu Grunde gehen!" Die Frau weinte eine Weile still vor sich hin, dann sagte sie sanft: „Menn ich dir auch de» Willen tun und mit n ch Australien auswandern wollte, wovon willst du die Uebersahrlökvslen bestreite»? Wir sande» hier »och immer Brot genug, sv lauge wir zu sammen arbeiteten, erst seitdem das Kind und ich erkrankten und du alleu Berdieust ins Wirtshaus trägst, ist es so schlimm mit uuS geworden. Daö alte Sprichwort: „Bleibe im Laude und »ähre dich redlich" bewährte sich noch stets!" „Meinetwegen bleibe du im Laude und nähre dich redlich," höhnte er, „vielleicht fliegen dir die gebratenen Tanben in den Mund. Ich für meinen Teil versuche mein Heil iu Australien!" „Australien ist auch kein Schlarassen- land!" gab Fra» Zenzi, der nun endlich der Geduldsndcm rih, ärgerlich znr Autwurt. „Dort ivie hier mnht du arbeite» und dei» Brot verdiene». Und woher, so srage ich noch das GraS sprühte, indes durch die mit Papier verklebte» Fenster der Wi»d blicS. Drimum schlug der Flori mit deu kräftige« Fäuste« gewaltig n«s den pl«mpe« Esstisch loö und schimpsle sich weidlich mit seinem Weibe, der Zenzi, herum, deu» es war Montag, und er hatte beim gestrigen Preiöscheiben im DorswirlShnuv nicht einen einzigen guten Wurf gemacht. „Ich habe die Hungerleiderei satt!" ries er seiner bleichen Lebensgefährtin, einer ernsten, stillen Frau mit svrgenverdüslerwm Angesicht zornig zu, „ob du uuu milgehst oder nicht, ich wandere aus! Ich gehe nach Australien! Bei uns wird'S mit der Land- wirlschast immer schlechter und das bisserl Tnglvhu gibt nicht aus! Iu Australien bekommt man ei» Stück Land geschenkt lind kann in wenig Jahren gnmdreich nnd angesehen werden. Der Herr Lehrer erzählte erst gestern ans der Kegelbahn, dah ei» Mann, Krösus hat er geheihen, steinreich „Geh, Ferdl, fv sündhaft darfst nit reden, heut nm heilige« Weihnachtönb.ud," begütigte Vevcrl zärtlich. „Heut ist u«S doch der Heiland geboren, der auch für die armen Lent' aus die Welt kommen ist. Und er war doch unser Vater, der Heimhoserflvri, mid 's Mmierl weim nnd härmt sich noch immer nm ihn." Sie befühlte ihre Tasche. „Da drinnen stecken die Kerze«, die mir die g«le Fra« Lehreri« für unser Bänmchen geschenkt hat!" Der Ferdl hob die Stiefel auf, nahm auch noch die Sachen des Schwesterchens dazu, Beverl schmiegte sich au seine Seite. So traten sie, da eS schon stark dunkelte, ihre mühselige Wan derung miss neue au. Tapfer stapften sie eine Weile sürbnh. Ein eisiger Nordwind pfiss heulend über die Ebene nnd lies; ihre jungen, schwachen Glieder bis inö innerste Mark erschauern. „Lasse mich nusrasten, Ferdl, ich komme nicht weiter," jammerte die Kleine nach einigen Minuten, „meine Fühe sind gar so schwer, nnd die Augen fallen mir zu vor übergroher Müdigkeit. Ach, ich ivollle, wir lägen alle miteinander da drüben," sie deutete auf den weihbeschuesteu Kirchhof hinüber, aus dem die Kreuze starr in die Lnsl ragten. Grohe Tränen sielen ivie blitzende Perlen über ihre schmalen, zarten Wangen herab. „Schlase nur nicht ein, Beverl," bat Ferdl ängstlich und zog sie stützend und erwärmend zu sich heran. „Komm, daö Mutiert sorgt sich, wenn wir nicht zur rechten Zeit heimkvmmen. Halte nur noch solange nnS, bis ivir die Weihnachtskerzen im Dorfe brennen sehen!" Fast mit Gewalt rih er das Kind noch eine Zeitlang mit sich fort. Endlich Übersiel auch deu Knaben eine bleischwere einmal, soll daö Reisegeld sür eine süustöpsige Familie kommen?" „Der Erlös für Misere geringen Habseligkeiten und die einzige Kuh reicht freilich nicht weit!" entgegnete er schroff. „Aber die Gemeinde wird froh sein, unS Hnngerpnck luSznkriegen nnd gern ein übriges beisteuern. Australien ist ein freier Staat nnd ivir werden dort als freie Nie»scheu leben!" schlvh er daö Ge spräch mit einer prahlerischen Redewendung ab. — Vorläufig setzten ernstlicheKrnnkheitöftilledeuAuswauderuugö- pläueu deö Heimhvferslvri ein Ziel. Sein jüngstes Kind, der Friedel, erlag einer Halsbräune, die sich sehr bald auch auf die Zwillinge übertrug. Indes Frau Zeuzi Tage und ?! ächte nm daö Leben ihrer Kinder bangte, vertieste sich ihr Mann immer mehr in seine Ideen. Eines schönen Morgens war der sreiheitSdurstige Held ver schwunden, mit ihm zugleich die einzige Kuh, die den Haupl- nahrnngözweig der armen Familie ausgemacht. Im nächsten Dors hatte er sie loSgeschlagen und war mit dem Geld ans nnd davon gegangen, Weib nnd Kinder hilslvö, einzig und allein der Barmherzigkeit der Gemeinde überlassend. Sein Geld und sein Mnt reichten nicht weit nnd gar bald sah er sich dem Elend preiö- gegeben. In dem Trubel der Hafenstadt lieh ihn die eingebildete Dvrsweiöheit gar kläglich im Stich und er sah sich der Befürchtung nnSgesetzi, von der Polizei ausgegrisfen nnd in die Heimat ge schabt zu werden. Wo er mich um Arbeit ausprach, eö war immer vergeblich und nur mit äuherster Mühe brachte er ein paar Zehrpseunige und daö benötigte SckLafgeld zusammen. Einerseits verstand er kein Geschäft, anderseits gab eö allerorts überzählige, grobe Arbeitskräfte. fiel eü dem Heimhoserflori schwer nnsv Herz, Frau und Nacht und Siebel schütz- und hilflos einem ungewissen Schicksal überlassen zu haben. Die Sehnsucht »ach dem häusliche« Herd regle sich mit Gewalt. Einzig imd allein der Gedanke, de« Bauern als Zielscheibe ihrer Spvlllust und ihrer schlechten Witze zu dienen, schreckte ihn vor der Rückwanderung av. Auf alle« an- imd n»ölause«de« Dampfer« fragte der Flori um Be- schäsliguug nach und endlich, nach vielfachen, erfolglosen Be mühungen gelang eü ihm, ans der Privatjacht eines englischen Lords, Wilton, sür die niedrigste» SchihSarbeite» ausgenommen zn werden, doch muhte er sich auf die Zeitdauer von acht Jahren verpslickgen, fortwährend aus dem Wnjser zn bleiben, da Lord Wilton mit der „Beniriee" alle Weltmeere wiederholt zn durch kreuzen beabsichtigte. — Als die Mecreöwugcn tosend daö Schiss nmbrnuüen, da sanden sich alle Gedanken kcö Flori nur in dem einen Wunsch, in dem demütigen Gebet zusammen, Golt der Herr möge ihm dereinst in Gnaden ein Wiedersehen mit seinen Angehörige» in seinem Heimntdürschen schenken. Anter dem Welhnnchtsbanm. Erzählung von Luise Cammer er. (Nachdcucl verbalen.) er Heimhoserflori httll seine SvnuwgSpredigt," saglen die Dorslcr und gingen scheu und kopsschünelud au dem niederen Bnueruhäuöcheu vorbei, aus dessen Schindeldach wir deö Landstreichers Heimhoserflori Kinder sind und daö Bettelbrvt der Gemeinde essen. Und wir müssen'S doch sauer genug verdiene», das Bettelbrot — im Sommer Vieh hüte», im Winter nm Spinnrad sitzen bis in die stockdunkle Nacht!" Zornig ballte er dle Fanst. „Aber warte nnr, wenn ich erst g'vh bin, waudre ich durch die ganze weile Well, und wenn ich ihn dann finde, den Flori, dann Hane ich ihn recht tüchtig durch, weil er 'S sv elend im Stich gelassen hat!" Fuhhvch lag d-r Schnee, und noch immer fiel er in dichten, undurchdringlichen Massen hernieder. Aus der Landstrahe, die vom Kirchdorf Dürnbach nach dem eine gute Wegstunde entfernt gelegenen Dvrsc Röslan führte, wateten zwei Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, beide im elften Jahre stehend, durch den liefen, glitzernde» Schnee. Der Knabe war schlank und krausköpfig, die Lippen lrvtzig geschwellt. Der herbe Zug des Mundes nnd der Harle, feindliche Blick seines AugeS lieheu ihu um Jahre aller er scheinen. De» zarten, kindlich weichen Linien deö Mädchens hatte» selbst Frau SorgeS harte Finger den holden Reiz nicht zu ver- wischeu vermocht. Iu deu blauroten, srvst- erstarrleu Händen hielten sie ein Paar stark- benagelte Schuhe und dicke wollene Strümpse, Liebesgaben, die ihnen heule, nm WeihnachlS- abeud, im Pfarrhaus von gule» Meuscheu beschert wurden waren. Droben nm Grenz stein, der die Grundbesitzungeu der Nnchbnr- dörser schied, lunchten sie Halt, warsem ihre Schuhe und fcmstigeu Sache» ans de» Schnee nnd bliesen sich die Finger warm. Das Schneegestöber wurde immer ärger und die Wolkenwand am Firmament immer dräuen der nnd düsterer. Weit und breit regle sich kein Laul, nur die Naben umkreisten krächzend den liesuerschneiten Wald. „Uns geht'S auch zu schlecht," murrte der Knabe finster, „alle andern Kinder hat der Bürgermeister in seinem Schlitten heimge- sahren, nur uuS nicht! Und warum? Weil