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gemacht, und im Grunde genommen Haire der Grün rock rocht. Ta hegen und pflegen die Forstbeamicn ihr schönes Wild, sie schützen cs mit Gefahr ihres Lebens gegen Wilddiebe, und dann kommt irgend ein hoher Herr dahcrgcfahren und verlangt, das; der Forsrbcamtc ihn bcrumführt im Revier und ihm die stärksten Böcke zu Schuß bringt. Ans diesem Gedanken- gange heraus baue Neubacher vor sich hingcmurmclr: „Ich möchte bloß wissen, ob dieser durchlauchtigste Herr überhaupt schießen tann . . . Ah, guten Tag, Fräulein Hubcrta." Er legre die Hand grüßend an den Mützenschirm und verbeugte sich höflich, wobei über sein Gesicht ein freudiges Lächeln lief. „Grüß Gott, Herr Neubacher! Sie machen ja ein furchtbar böses Gcsichr. Freut Sic denn der Auftrag nicht, Durchlaucht zu führen?" Kopfschüttelnd nahm Neubacher die Hand, die ihm das blonde Förücrlind über den Zaun cntgcgcn- strcckle, und drückre sic so energisch, als wolle er sei nen ganzen llnmnt an den zarrcn Fingern auslasscn. Aber das Mädchen mußte wohl diese energische Arr der Begrüßung schon gcwöhnr sein, denn sie verzog keine Miene. „Ich mich freuen, wenn irgend ein fremder Mensch daher kommt, um mir meine braven Böcke wcgzuschicßcn? Ein Pflaster wollen sic mir ja draus- legcn, wenn Durchlaucht gut zu Schuß kommt. Tic erledigte Stelle in Neudorf soll ich bekommen." In den Augen des Mädchens leuchtete cs auf, eine dunkle Blmwcllc ergoß sich über Hals und Gesichi bis zu den lichten Haaren hinauf . . . „Ach, Herr Neubacher, wie würde ich mich freuen!" „Hubcrta!" „Na ja, Herr Neubacher, das ist doch selbstver ständlich, daß man sich darüber freut. Sic bekom men dann doch eine eigene Stelle und ..." „Tann könnte ich mir eine Frau Försterin suchen, nicht wahr, Fräulein Hubcrta?" „Ach, daran habe ich gar nicht gedacht." „So, aber ich, und ich werde cs mir merken. Es wird mir meine Aufgabe wesentlich erleichtern . . . Ah, sich da, da kommt ja Ihr Böckchcn! Tausend Wetter, ist das ein strammer Bursch geworden I Solche braven Böcke gibt's nicht einen in meinem ganzen Re vier, und wie mächtig hat er aufgesetzt! Die Enden sind ja ganz weiß . . ." Mit munteren Sätzen war ein starker Rehbock durch den Garren herangekommcn und rieb schmei chelnd seinen Kopf am Nock der Förstcrstochtcr. „Ja, Neubacher, er ist ja jetzt auch drei Jahre alt, und ich muß ihn sehr hüten, daß er mir nicht nach dem Walde ausrückt. Gesten: um diese Zeit war er verschwunden. Ich war ihm gleich nachgcgangcn und traf ihn auf der langen Wiese mitten in einem Sprung Söckchen. Humoreske von Fritz Slowronnck. „Also, wie gesagt, lieber Neubacher: nachmittags punkt 8 Ilhr auf dem Gestell an der hohlen Linde! Machen ^ic nichr so ein saures Gesicht. Es ist doch eine große Ehre, Turchlauchr zu sührcn, und wenn ^ic ihn gut sichren, daß er auf ein paar starke Böcke zu Schuß kommt, dann ist cs nichr unmöglich, daß Sic dic vakanre Försrcrstclle crwischcn. Blatten können Sic, das weiß ich. Nun zcigcn Sic mal Ihre Kunst. Brechen Sic Hals und Bcine." Bei den letzten Worrcn des Försters war in den Augen des jungen ManncS, der die Uniform eines Hilfsjägcrs trug, ciwas wie Freude auigcblitzt. AIS er aber draußen im Flur seinen Drilling vom Nagel nahm, da war dieser leise Schim mer von seinem Gesicht verflogen. Ein merkwürdiger Mensch, dieser Neubacher: ein Schütz und Jäger, wie cs kcincn zwcircn gab in allcn Dbcrförstcreien weil und breit, aber trotzdem bebauvreten seine Kollegen, daß cs ihm jcdcsmal schwer fiele, den Finger auf einen braven Bock krumm zu machen. Darum hatte ihm auch der angcmclüete hohe Besuch keine Freude Vie ötionsmkcbe Hausfrau. „Schweizcrkäsc kaufe ich nicht, der ist zu unökonomisch." „Wieso?" „Nun, da muß man doch bei jedem Pfund die Löcher mitbezahlen." Rehe . . ."— „Na, dann nehmen Sie ihn nur lehr in acht, daß er nicht eines Tages Ihnen auf Nimmcrwicdcrjchcn davongeht." Mit freundlichem Gruße schritt der Jägersmann davon. — Pünktlich um 5 Uhr stand Neubacher auf dem Gestell an der hohlen Linde: nicht lange darauf rollte auch der Jagd- wagcn, der den fremden Gast brachte, heran. „Sic wollen also mein Führer sein — ich lege den Hauptwcrt auf ein starkes Gehörn." „Durchlaucht werden zufrieden sein!" „Na, dann vorwärts!" Tic Sonne stand noch hoch am Himmel, noch war das Wild nicht auf die Wiescnschlenken hinausgctretcn, man konnte es also noch nicht mit dem Blatten versuchen. Dicht vor ihnen lag die Stelle, dic Neubacher sich in Gedanken schon dazu ausgesucht hatte: ein dichter Tanncnhorst im hohen Holz, der die Jäger vortrefflich deckte nnd dennoch nach allcn Scitcn freies Schußfeld gab. Nicht weit davon pflegte ein guter Bock auf die Waldwicse auszutrctcn. Wenn der in der Nähe war, dann svrang er sicherlich aufs Blatt. Der Fürst batte seine Büchsc gespannt und gestochen. Jetzt setzte Neubacher sein Lockinstrumcnt an den kNuud. Ein der gekommen, auf seinen gossen nnd sich wieder ihnen und leiser, sehnsüchtiger Ton klang durch den stillen Wald — der Licbcslaut des Schmalrehs, das den Ehchcrrn lockt. Noch zwei-, dreimal erklang der Laut. La, ganz dicht in der Nähe, rupp, rupp, rupp — -— kaum 80 Schritte vor ihnen stand der Bock. Es war wirklich der Gesuchte. Langsam brachte der Fürst das Gewehr in Anschlag, — einen Augenblick stand die Büchse wie cingcmaucrt in der Schuller, dann krachte der Schuß — der Bock zeichnete hoch auf Blattschuß. Noch eine scharfe Flucht von 30 Merern, dann warf er um. Schweigend brach Neubacher von der nächsten Tanne einen frischen, grünen Ast und reichte ihn dem Fürsten dar. Dann schritten sie zusammen zu dem erlegten Wilde. Eine halbe Stunde saßen die beiden Jäger auf dem Jagdwagcn und ließen die Pferde flott ausgreifen, denn jetzt wollte Neubacher den Gast an einen Bock heransühren, der den ersten noch ein ganzes Stück an Ltärke des Gehörns übertraf. Das war ein alter scheuer Einsiedler, der schon jahrelang der ihm zugedachten Kugel mit großer Vorsicht aus dem Wege gegangen war. Der Wagen hiett. Nach einem kurzen Pürschgang stan den die Jäger am Rande einer langen, schmalen Wiese. Es standen mehrere gute Böcke da, aber der alte Einsiedler war nicht darunter. Mit leiser Stimme teilte er seine Wahr nehmung dem hohen Herrn mit, der gern bereit war, noch eine Weile zu warten. Aber lange durfte es nicht mehr sein, denn die Sonne war bereits im Untergehen und das Büchsen- licht drohte zu schwinden. Es war die höchste Zeit, wenn man noch einen guten Schuß anbringen wollte. Da stieß Neubacher seinen Jagdgcsährten leise an und wies mit den Augen nach links nach dem Rande der Wiese. Dort stand, noch von den Blättern eines Haselsttauchcs halb verdeckt, ein ganz kolossaler Bock. In demselben Augenblick schob der alte Einsiedler sich wenige Schritte vor auf dic Wicsc. Ter Schuß krachte, dcr Bock zeichnete gut, wandte sich aber kurz um und war mit einigen Sätzen im Dunkel des dichten Unterholzes. Auf der Schußstelle lagen Schnitt Geberde wendet sich dcr Jagdherr an den Grünrock. haare, aber Neubacher hatte an dem dumpfen Schlag Kugel deutlich gehört, daß dcr Schuß etwas hoch sitzen mußte. Es war also keine Aussicht mehr vorhanden, bei sofortiger Nachsuche das Wild zu finden. Etwas verstimmt setzte sich dcr hohe Jagdgast auf seinen Wagen, um nach dem Forfthause, wo er übernachten wollte, zurückzufahrcn. Der nächste Morgen graute noch kaum, als Neu bacher schon wieder an der Anschußstelle war. Wenn dcr Schuß nicht allzu schlecht saß, dann mußte sein braver Hektor den Bock finden. Schritt für Schritt arbeitete der Hund die Stelle ab. Endlich nahm er eine Fährte auf und ging ihr stetig nach. Noch 200 Meter, da saß der Bock unter den tief herabhängenden Acstcn einer großen Fichte im Lager verendet. Eine Stunde später war Neubacher mit der Beure im Forsthause. Noch schliefen die Bewohner. Er setzte sich auf die Veranda und hing seinen Gedanken nach. Und merkwürdig, sie liefen immer nach dem Forsthans von Neudorf, und wenn sie zurückkehrten, dann endigten sie mit dcr scstcn Uebcrzcugung, daß Hubcrta der schönste Name für eine Förstersfrau sei. Seine Gedanken hatten ihn so ganz aus dcr Wirklichkeit entrückt, daß er zusammcnschrak, als die Haustür sich öffnete und Hubcrta taufrisch wie eine Rose am Morgen vor ihm stand. Aber im nächsten Augenblicke hatte er sich gefaßt, wie cs ein wackerer Weidmann tun muß, und setzte sein Herz auf dic sichere Fährte, dic cs gestern schon angenommen hatte. Freudig stürmte cs dem Ziele zu, und bald hatte es das Wild gestellt . . . Tief errötend barg Hubcrta ikren Kopf an dem graugrünen Wams des geliebten Mannes, der sie eben gefragt batte, ob sie seine Frau Försterin werden wollte. In ihrer seligen Vergessen heit hatten die beiden Menschenkinder nicht gemerkt, wie sich unweit von ihnen ein Fenster öffnete und ein alter Herr mit mildem Lächeln die Szene beob achtete, wie zwei junge Herzen sich fanden . . . Wie im Fluge waren den beiden dic ersten Minuten ihrer jungen Liebe verronnen. Jetzt riß Hubcrta sich los. Tie mußte eilends dem hohen Gast Er setzt die Büchse ab und schaut verwundert Gefährten. Der steht da, wie mit Blut über- zutcrt an Händen und Füßen. Dann sieht er nach dem Wild um. Der Bock steht dicht vor äugt sie vertraut an. Mit einer verwunderten das Frühstück bereiten. Geschäftig lief sic ab und zu, deckte den Tisch uud trug den kräftigen Imbiß auf, wie ihn ein gutes, deutsches Forsthaus zu bieten vermag. Eine halbe Stunde später stand der Jagdwagcn vor der Tür. Während dcr Fürst mit dem alten Förster noch ein paar Worte wech selte, raunte Hnberta ihrem Schatz zu: „Mein Böckchcn ist seit gestern abend weg, daß Ihr mir den nicht totschießt. Neubacher, ich bitte Dich . . ." Mit einem Schlage war bei Neubacher die Freude an dem Pürschgang gewichen. Vielleicht war cs möglich, daß sie „Böckchcn" auf dcr Stelle trafen, wohin er den Fürsten zu führen gedachte. Aber was sollte er tun? Wenn dcr Jagdgast den starken Bock zu Gesicht bekam, dann ließ er ihn sicherlich nicht entgehen. Aber waS war nun zu machen? Klopfenden Herzens machte Neubacher an der Stelle Halt, die ihm zum Blatten geeignet erschien. Das Herz klopfte ihm so heftig, daß der erste singende Ton zitternd aus dcr Lockpfeife kam, der zweite, dritte, klang schon natürlicher. Mit starken Sätzen, daß man's deutlich hörte, kam ein Bock dahcrgcstürmt. Kaum 50 Schritte vor den Jägern machte cr Halt. Ganz verblüfft stand dcr hohe Jagdgast einen Augen blick da. Solch ein gewaltiges Tier hatte cr in seiner langen Laufbahn als Jäger noch nicht vor dem Rohr gehabt. Lang sam hebt cr die Büchse. Toch was ist das? Der Grünrock neben ihm läßt noch einmal ganz überflüssigerweise sein Instrument ertönen, ein gräulicher Laut kommt daraus her vor, der jedes Wild in die Flucht schlagen muß. Blitzschnell reißt der Fürst die Büchse an den Kopf und läßt die Kugel fahren. Einen Moment stntzt das Wild, dann . . . kommt es vertraut auf die Jäger zugeschritten. So etwas ist dem alten Jäger in seiner langjährigen Praxis noch nicht vor- Äie arr Mener, so üer Herr: Gast: „Hörcn Tie mal, Herr Wirt, ich finde da einen Zigarren stummel in dcr Suppe, rufe den Kellner uud erzähle ihm das, und was tut dec Mensch: bietet mir Feuer au!" Wirt: „Na, da können Sie ja sehen, was für eine auf merksame Bedienung Sie bei mir haben!"