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Wichentti» ersck«m«n drei Nummern. PrSnumeraticns-Preis 22 z Sitbergr. (j THIr.) vierteljtthrUch, 3 THIr. für d.i« ganze Iakr, ohne Erhöhung, in aUc» Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von feder Buchhandlung (in Berlin bei Belt u. Comp., Jägerstraße Nr. 25), so wie von allen König!. Post-Aemtern, angenommen. Literatur des Auslandes. .HZ 122. Berlin, Sonnabend den 11. Oktober 1843. Frankreich. Der Organismus und die Mängel des französischen Beamten- wesens. Man hat in neuerer Zeit viel von den Ucbelständen der Centralisation und des BeamtenwesenS in Frankreich gesprochen; man hat daran namentlich die Unbeschränktheit der ministeriellen Willkür getadelt, die Absetzbarkeit der Beamten, deren Wohl oder Wehe von dem Fallen oder Bestehen eines Mini steriums abhängig ist, den Mißbrauch, der mit den Aemtern für parlamen tarische und ministerielle Parteizwecke getrieben wird, und die Kabale und Stellenjägerei, die sich noihwendig daran knüpft. Diese Ausstellungen find sehr allgemein; wie viel davon wahr, in welchem Umfang und in welcher Beschränkung fie zu nehmen sind, kann nur eine vollständige Uebersicht des ganzen französischen VerwaltungS-OrganiSmus lehren. Eine solche bringt jetzt die Uevue ÜS8 üeux plansten in einem Artikel von Herrn Vivien, der nur ein Glied in einer größeren Reihe von Arbeiten von demselben Verfasser bildet, die den Titel führt: ktustex aümiutstrsliven. Der Verfasser ist im Ganzen mehr zum Lobe als zum Tadel geneigt, doch spricht er die wesent lichsten Mängel, die sich an dem französischen Beamtenwcsen auffinden lassen, offen aus und schlägt die geeigneten Verbesserungen vor. Für den Ausländer, namentlich für uns Deutsche, hat eine solche Betrachtung ein mehrfaches Interesse: erstens gewährt fie uns einen tiefen Einblick in die politischen Zu stände dcS Nachbarlandes, und zweitens bietet sie interessante Vergleichungs punkte mit unseren eigenen büreaukratischen Einrichtungen dar, wobei wir einerseits das Gute und die Vorzüge schätzen lernen, die wir vor unseren Nachbarn voraus haben und die in mehreren Beziehungen sehr bedeutend sind, andererseits aber auch wie in einem Spiegel die Fehler erkennen, die wir Iheils allein, theils mit unseren Nachbarn gemeinsam tragen. Der Verfasser betrachtet seinen Gegenstand unter mehreren Rubriken; zuerst stellt er die sämmtlichen Gruppen und Zweige des Staatsdienstes über sichtlich zusammen und giebt dabei eine nicht uninteressante Statistik des ganzen Personals; sodann handelt er von dem ersten Eintritt in den Staats dienst, von der Vorbildung zu demselben, die zum Theil vom Staat selbst ertheilt wird, und von den Forderungen, die an die Kandidaten gestellt werden; zuletzt untersucht er die Grundsätze und Normen, nach denen die weitere Beförderung, die Ernennung zu höheren Aemtern erfolgt. I. Die verschiedenen Beamten-Klassen. Drei Zweige des Staatsdienstes ziehen zuerst die Aufmerksamkeit auf sich durch die Größe der sozialen Bedürfnisse, denen sie entsprechen, durch eine regelmäßige Organisation und durch eine genaue Nmgränzung ihres Gebietes; der Klerus, die Magistratur und der öffentliche Unterricht. Die Religion, die Justiz und die Wissenschaft stehen an der Spitze der geistigen Interessen einer Nation; und diejenigen, die die Aufgabe haben, die Wohlthatcn der selben zu verbreiten, üben eine heilige Pflicht aus. Die Geistlichkeit bildet in Frankreich eine öffentliche Körperschaft, die vom Staat besoldet wird, die ihre Functionen kraft direkter oder indirekter Berufung von Seiten der Civil- Behörde ausübt, durch einen Eid gebunden und Pflichten unterworfen ist, welche zugleich der unantastbaren Freiheit des Gewissens und den unveräußer lichen Rechten des Staats ein Genüge leisten. Die katholische Religion, zu der sich nach dem Ausdruck der Charte die Mehrheit der Franzosen bekennt, zählt 41,619 Priester, von denen 39,238 auö Staatsfonds besoldet werden. Ihre Diener sind unter alle Sammelpunkte der Bevölkerung bis zu den niedrigsten Weilern vertheilt, und jedes Jahr vermehrt die Regierung die Zahl der zu bedienenden Altäre. Das protestantische Bekenntniß zählt MO Pastoren; der jüdische Kultus, der seit 1830 vom Staat unterhalten wird, hat III Rabbinen. Unser gerichtliches System, welches überall den Richter und den Gerichts- Untergebenen einander nähert und die Garantieen einer guten Justiz in die Zahl der Jurisdictionen und der einer jeden angehörigen Mitglieder nach Verhältniß der Wichtigkeit einer jeden setzt, giebt dem Personal des Justiz- Departements eine Ausdehnung, die es in keinem anderen Lande hat. Der Cassationshof zählt 86 Mitglieder, die königlichen Gerichtshöfe 937, die Tri bunale erster Instanz 2498 wirkliche Richter und 1178 Assessoren (supplöems). Die Zahl der Friedensrichter beträgt 2847, deren jeder von zwei Assessoren unterstützt wird. 220 nicht besoldete Spezialgerichte erkennen über Handels- Angelegenheiten und zählen 1002 wirkliche Richter und 660 Stellvertreter. 4238 Schreiber und Commis werden in sämmtlichen Gerichten vom Staat be soldet. Die Gesammtzahl der Mitglieder der königlichen Gerichte und der Tribunale ist 14,872, die der Bürger, welche unter verschiedenen Titeln an der Justiz-Verwaltung Mitwirken, 19,110, wovon 10,876 an dem Budget Antheil haben. In dieses Verzeichuiß sind noch eine gewisse Zahl von Schrei bern, die nicht vom Staat besoldet werden, ferner die 61 Werkgerichte (College« üen kruü'Komme«), die Verwaltungs-Jurisdictionen und die Kriegsgerichte der Armee und Flotte nicht mit ausgenommen. Der öffentliche Unterricht wird vom Staat ertheilt in den Anstalten, die ihm gehören, und in den anderen von ihm beaufsichtigt. Die Universität, der diese doppelte Function übertragen ist, besteht aus dem Verwaltungs-Personal und aus den Professoren und Lehrern. 186 Mitglieder des königlichen Unter richtsraths, Rektoren und Inspektoren, führen die Verwaltung. Der höhere Unterricht in den Fakultäten wird von 360 Professoren ertheilt; der Sekundär- Unterricht in den königlichen Kollegien beschäftigt 1075 proviseurs, eenseurn und profes-murs, und in den Kommunal-Kollegien 1950 principsux und regen«. Außer diesen der Universität angehörcnden Beamten zählen die speziellen wissenschaftlichen oder literarischen Institute, unter welchen da» 6»Ilege üe Trance und das !Au«eum ü'kincoire naturelle obenan stehen, ein Personal von 495 Mitgliedern, und außer den Professoren besitzen die Fakul täten, Akademiecn und andere Universitäts-Institute noch 857 Beamte. Der Primär- oder Elementar-Unterricht endlich wird von mehr als 36,000 Kom- munal-Lehrern ertheilt und von 200 Inspektoren oder Unter-Inspektoren be aufsichtigt. So zählt das Personal des öffentlichen Unterrichts mehr als 40,000 Beamte, ungerechnet die Spezialschulen, die mit einigen Zweigen des Staatsdienstes verbunden und zur Vorbereitung für dieselben bestimmt sind, und di« Agenten der untersten Sphäre, die sich jeder Aufzählung entziehen. Mit diesen HülfStruppen erfüllt der Staat Pflichten der ersten Ordnung, aber seine Aufgabe ist damit noch lange nicht gelöst. Er muß für seine direkten Interessen sorgen, permanente Verbindungen mit den anderen Na tionen unterhalten, den äußeren Handel fördern, dem Ramen und den Farben Frankreichs auf allen Punkten des Erdballs Achtung verschaffen, die Gränzen vor jedem Angriff schützen und den inneren Frieden gegen die Unternehmungen der Factionen aufrecht erhalten. Uni diesen Bedürfnissen zu entsprechen, be dient er sich des diplomatischen und Konsular-Corps, der Flotte und der Armee. Frankreich wird im Auslande repräscntirt durch 10 Botschafter, 21 bevollmächtigte Minister, 2 Geschäftsträger, 48 Botschafts- und Legations- Sccretaire, 24 General-Konsuln, 86 Konsuln und 62 Kanzellisten, zusammen 283 Agenten. Der Effekiiv-Bestand der Armee und der Flotte hängt jedes Jahr von dem Finanz-Gesetz ab. Nach dem Budget von 1845 zählt die Marine, um nur von den Offizieren zu sprechen, 1742 und die Land-Armee 18,035. Die Flotte und die Arsenale beschäftigen überdies 5772 Militair- und Civil-Beamte, und der Verwaltungsdienst der Laud-Armee 5940. Die Gesammtzahl der Angestellten für beide Abteilungen der öffentlichen Streit macht beträgt 31,479. Die anderen Katcgoriecn von Beamten gehören der eigentlich sogenannten Verwaltung an, die sich in vier gesonderte Hauptzweige thcilt: I) die Kom munal- und Departemental-Verwaltung, an welche sich naturgemäß die General-Polizei des Königreichs anschließt, so wie die Direction der Tele graphen, dieser Couriere der Staatsgewalt, welche bald vermöge der Elek trizität das Licht an Geschwindigkeit übertreffen werden; 2) die Direction der Interessen des Ackerbaus, der Manufakturen und des Handels, eine rein geistige Direction, die hauptsächlich dazu bestimmt ist, einen wissenschaftlichen oder geistigen Impuls zu geben oder pekuniäre Unterstützungen zu crtheilen, und die, da sie in einer Sphäre stattfindet, wo Unabhängigkeit herrschen muß, nur daun, wenn das allgemeine Interesse es erheischt, die Formen der Autorität annimmt; 3) die öffentlichen Arbeiten, und 4) die Finanzen. Die Kommunal- und Departemental-Verwaltung befindet sich in den Händen von 86 Präfekten, 7 General-Secretairen, 278 Untcrpräfekten, 328 Präfekturräthen und ungefähr 37,000 MaireS, deren jedem wenigstens ein Adjunkt (aüjoint) zur Seite steht. Polizei-Kommissarien, deren Zahl sich auf ungefähr 800 beläuft und je nach der Bevölkerung verschieden ist, stehen unter der doppelten Autorität dcS Maire und des Präfekten. Der Telegraphendienst beschäftigt 1158 Beamte. — Die Zahl der Beamten, die zu den landwirth- schaftlichen oder gewerblichen Instituten des Staats gehören, beträgt 672. Die öffentlichen Arbeiten werden von dem Corps der Brücken und Chausseen und dem der Bergwerke auSgesührt oder geleitet. Zu den Brücken und Chausseen gehören 671 Ingenieurs aller Grade, von den General-Inspektoren bis zu den