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einem neuen Erzeffe, als Jackson ihnen entgegeneilte. Bei Tallageda traf er die Rebellen und brachte ihnen eine vollkommene Niederlage bei. Doch war es mit dieser Schlacht nicht abgethan. Die Indianer zogen sich in die Wälder zurück und mußten verfolgt werden. Jackson halte auf dieser Expedition mit unendlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Seine Soldaten gehörten sämmtlich jenem kräftigen Stamme der westlichen Pflanzer an, jenen unberühmten, aber ruhmwürdigen Eroberern, deren ganzes Leben nur eine lange Schlacht war gegen die Natur und die Menschen. Dennoch aber verloren sie unter den Mühsalen des Feldzuges den Muth; sie revoltirten mehrere Male gegen ihren Chef, und ein großer Theil von ihnen verließ die Fahne. Jackson's Muth jedoch ward nicht erschüttert. Er wartete, bis neue Verstärkungen anlangten, dann ergriff er die Offensive. Die Creeks wurden erst bei Emuckfaw, dann bei Tohopeka von neuem besiegt, in der letzten Schlacht nach einem langen Widerstande. Die enterbten Söhne der neuen Welt waren nie so lebhaft ver folgt worben. Jackson setzte sic durch seine Kühnheit und Rastlosigkeit in Schrecken und wurde von ihnen, nach dem härtesten Baume ihrer alten Wälder, Hickory genannt. Zu geschwächt, um den Kampf fortzusctzen, baten sie um Frieden, und Jackson wurde beauftragt, mit ihnen einen Vertrag zu schließe», der, wenigstens auf einige Zeit, die beiden Raren mit einander ver. söhnen sollte. Während der FriedenSunterhandlungen erfuhr der siegreiche General, daß die Engländer ihren alten Jnvasionsplan endlich ausgeführt hätten. Sie waren nach ihrer Gewohnheit leise vorgerückt, von dem spanischen Gouverneur in den Hafen von Pensacola eingelassen worden und hatten sich von dort auf das Fort Bowyer geworfen. Als sie hier zurückgeschlagen wurden, marschirten sie auf New «Orleans zu, um es zu überrumpeln. Jackson forderte alsbald Verstärkungen, sammelte in der Eile seine Soldaten aus dem Jndianerkriege um sich und zog durch Pensacola, dessen Besatzung er züchtigte, den Eng ländern entgegen. Jetzt handelte cs sich nicht mehr um einen jener Kriege, in denen die Kühnheit das Felbhcrrntalent ersetzt und die Stärke der Einzelnen die Bürgschaft des Sieges ist. Jackson ging in einen Krieg, der ihm völlig neu war. Die Truppen, die er zu bekämpfen hatte, gehörten zur Elite der europäischen Heere. Sie hatten in Spanien den kaiserlichen Legionen wider standen, und England schickte sie in die neue Welt mit der Gewißheit des Sieges. Jackson's Soldaten hatten die Schule der napoleonischen Schlachten nicht durchgemacht und konnten nicht in einem Tage nach europäischer Taktik dressirt werden. Dennoch war kein Augenblick zu verlieren. Die Engländer waren Herren des Mississippi, New-Orleans zitterte, Louisiana schien preis gegeben. Jackson postirte sich mit seinen Soldaten in einiger Entfernung von der Stadt und verschanzte sich hinter Gräbe». In dieser Stellung erwartete er die Engländer. Diese rückten an, wurden mit einem sehr geschickt geleiteten Gewchrfeuer empfangen, und ihr General Packenham siel unter Todten und Verwundeten. Die Unordnung begann, die kalte Unerschrockenheit der Eng länder, die sie sonst so sicher zum Ziele führt, wankte, und die Reste ihres Heeres retteten sich, verfolgt von den Amerikanern, auf die Schiffe. Jackson hatte die Union gerettet. Das Volk begrüßte jubelnd seinen Sieg, und der 8. Januar l8IS wurde ein ewig denkwürdiger Tag in der Geschichte der Freistaaten. Jndeß war der Ruhm des Helden von Tennessee nicht ganz fleckenlos. Der Eifer für die Vertheidigung des Vaterlandes trieb ihn mehrere Male zu Maß regeln der Härte, die ihm später von seinen Feinden mit großer Bitterkeit vor- gcworfen wurden. So z. B. hatte er, als er gegen die Engländer marschirte, durch einen Tagesbefehl der Presse untersagt, sich mit der Armee zu beschäfti gen, eine Vorsicht, die man ihm bei der großen Gefahr, in der er und mit ihm der Staat schwebte, nicht verdenken kann. Der Vourrier üe la k.oui8ians verletzte den Befehl, und alsbald ließ Jackson den Herausgeber festnehmen und zwang ihn, den Namen seines Berichterstatters anzugeben. Derselbe war einer der Repräsentanten Louisiana'S; aber trotz dieser Eigenschaft ließ ihn Jackson cinsperrcn. Ein Richter, der ihn vertheibigen wollte, wurde ebenfalls ins Gefänguiß geworfen und seines Amtes entsetzt. Als der Friede geschlossen war, machte der Richter dem General Jackson den Prozeß, und der Retter der Republik wurde zu einer Strafe von tausend Dollars vcrurtheilt. Abcr «S gebührt ihm wenigstens der Ruhm, sich dieser Entscheidung ohne Wider- sprach unterworfen zu haben, uno er hatte später die Freude, daß der Kongreß in Betracht der Umstände, die ihn zur Ungesetzlichkeit verleitet hatten, jene Entscheidung widerrief. (Schluß folgt.) England. Die niederen Volksklassen in England. 4. Die Chartisten. Die ersten rcvolutionairen Bewegungen nach Herstellung des allgemeinen Friedens zeigte» sich bereits l8Iö, zur Zeit, als das Parlament die Korngcsetze berieth. Es floß Blut in Preston, Newcastle, Glasgow, Birmingham, und in Dundee wurden über hundert Läden geplündert. Erst mit Ausgang deS Jahres l8lk gelang es dem Ministerium, die Ordnung wiederhcrzustellen. Im Juni des folgenden Jahres machte Sir FranciS Burdett im Unicr- hause den Vorschlag einer ParlamentSreform. Er dachte nicht daran, die Motion durchzusetzen, aber er wollte damit das Zeichen zu einer neuen Auf regung geben. Alsbald wurden zahlreiche Meetings in den Grafschaften Lancaster und Chester gehalten und den Frauen gestattet, thätigen Antheil an den Berathungen zu nehmen. Diese Neuerung, die man anfangs mit Lachen aufnahm, ward bald ein Glaubensartikel in dem Credo der Radikalen. Die Frauen begnügten sich indeß nicht mit der Stimmberechtigung in den.öffent- lichen Versammlungen, sondern gründeten Mutter, und Töchtervereine, wählten sich ComiteS und lebten in einer Art von Freimaurcrverbindung. Die Männer ihrerseits machten noch ernstere Vorbereitungen; sie versammelten sich des Nachts auf den Feldern und lernten unter Leitung einiger alten Soldaten marschiren, Linien bilden, Carr« machen; kurz, es fehlte ihnen, um eine Armee zu seyn, nichts, als ein Führer und Waffen. Die stürmischen Meetings dauer ten fort; in Spaficlds bei London hielte» die Arbeiter einen großen Kongreß unter dcm Vorsitz deS bekannten Hunt; von Birmingham aus schickte eine andere Versammlung Abgeordnete ans Parlament, und auf der Ebene von PeterSfield bei Manchester fanden sich dreißigtausend Menschen ein, die Frauen in weißen Kleidern, die Männer mit grünen Zweigen an den Hüten. Hunt sprach zur Menge, als Plötzlich die Jeomenrie von Manchester und den umliegenden Orten zu Pferde sich in die dichte Volksmaffe stürzte, zu Boden riß, was nicht floh, und nicdersäbelte, was sich vertheidigte. Von 1820 bis 30 hielten sich die Arbeiter fern von politischen Demonstrationen und traten über haupt nicht mehr gemeinschaftlich mit dcm übrigcn Volke auf. Sie hatten ihre eigenen Leiden und wollte» darum auch ihre eigene Partei bilden. So entstanden die Chartisten. Der erste Akt der neuen politischen Verbindung war die Absendung einer Petition an das Parlament, die mit 1,280,000 Unter schriften versehen war, die Charte hieß und folgende Paragraphen enthielt: l) Jeder männliche Bewohner des Königreichs soll, sobald er das Manncs- alter erreicht hat, bei den Wahlen stimmen dürfen. 2) Das Votum soll ge- heim scyu, Z) der Wahl-Census aufgehoben und eine Besoldung der Deputaten cingeführt werden. 4) Die Wahle» finden jährlich statt, und d) wird die Zahl der Parlaments-Mitglieder für die einzelnen Distrikte nach der Höhe der Be völkerung bestimmt. — Die Abgeordneten der verschiedenen Chartisten-Vereine kamen im April 1830 in London zusammen und nahmen den pomphaften Namen eines National. Konvents an. Hier aber sprachen sie in ihren Ver- sammlungen so thöricht und gefährlich, baß sich die Londoner Bevölkerung, auf deren Theilnahme sie gerechnet hatten, von ihnen zurückzog. Sie hielten sich in der Hauptstadt nicht mehr sicher, und einer von ihren Führern, FearguS O'Connor, machte in folgenden Worten den Vorschlag, London zu verlassen: „Ich glaube", sagte er, „cs wäre im Interesse der Abgeordneten, wenn sie nach Birmingham gingen und sich in den Schutz der Viertel Million Menschen stellten, die dort bereit stehen, sie zu verthcidigcn. ES könnte dies ein Mittel werden, die Chartisten der Grafschaften Lancaster und Jork zu vereinigen. Bliebe man in London zu einer Zeit, wo Wales sich empört, Irland eine Revolution und England einen Rachezug vorbereitet, so könnte es kommen, daß man seine Feinde nicht mehr von seinen Freunden unterscheiden kann. Wir habe» in Birmingham einen Schutz, den uns die Negierung nicht wagen wird, zu rauben; die freien Männer von Birmingham verstehen Waffen zu schmieden!" Jetzt war cS klar, daß die Chartisten keine Verfassungsreform Vorschlägen, sondern sich geradezu empören wollten. Selbst die radikale Partei erschrak darüber, und Attwood, ihr-Haupt, der sich für dje erwähnte Monster-Adresse interessirt hatte, schrieb an das Birminghamer Arbeiter-Comite, sie möchten, wenn sie nicht jede Hoffnung auf den Sieg ihrer Rechte verlieren wollten, keinen Unfrieden säen zwischen Herren und Arbeitern und Friede und Ordnung bewahren. Statt aller Antwort auf so weise Rathschläge stellten der sogenannte National-Konvent und daSArbeiter-Comite inHolloway-Heath bei Birmingham folgende Fragen an ihre Anhänger: Ist man entschlossen, auf Verlangen des Konvents alle Gelder, die man in Sparkassen, in Banken, oder bei Personen, welche die Rechte des Volks nicht anerkennen, niedergelegt hat, zurückzuziehen? Ist man bereit, auf dieselbe Aufforderung all sein Papiergeld in Gold und Silber zu verwandeln? Ist man gesonnen, wenn der Konvent eine Vorberei tung zu dem Kampf für die Charte nöthig erachtet, einen Monat lang nicht zu arbeiten und sich der geistigen Getränke zu enthalten? Hat man sich nach altem constitutionellen Recht mit den Waffen freier Männer versehen, um die Rechte zu verteidigen, die von den Ahnen auf das Volk vererbt wurden? Diese Fragen wurden, mit Ausnahme der Klausel von den geistigen Ge tränken, einstimmig bejaht. Die Leiter der Verschwörung hatten die Absicht, durch noch nicht ungesetzliche Operationen eine Zeit lang der Regierung Verlegenheiten zu bereiten, ehe sie sie angriffen. Aber ein solcher Plan er- forderte mehr Geduld und Mannszucht, als ein Hause starker und trotziger Arbeiter haben konnte. Daher brach der Ausruhr schon im Mai 183S an verschiedenen Punkten des Königreiches aus und hatte Plünderung und Brand in seinem Gefolge. Am furchtbarsten war er in Birmingham und in Newport im Fürstenthum Wales. Von den Unruhen in Birmingham sagte der Herzog von Wellington im Hause der Lords: „Ich war öfter, als einmal, Augenzeuge von dem Unglück, das eine erstürmte Stadt treffen kann, aber ich habe nie solche Erzeffe gesehen, als Birmingham in einer einzigen Nacht heimsuchten." In Wales hatte man in einem Umkreise von dreißig Meilen die Arbeiter der Kohlengruben und Schmieden sür die Empörung gewonnen. ES war nicht schwer, sie zu verführen, wenn man ihnen Reichthum und Wohlleben versprach. Zehntausend Menschen zogen in zwei Kolonnen, unter Anführung eines abge setzten Beamten, John Frost, und seines vierzehnjährigen Sohnes in die Stadt Newport und umstellten das RathhauS. Eine halbe Compagnie Soldaten, einige Konstabler und der Magistrat der Stadt waren die einzige Verthei digung deS Platzes. Nach dreimaligem Hurrahrusen begannen die Insurgenten den Angriff. Im Nu waren die Fenster zerbrochen, ein Hagel von Steinen regnete auf die Bertheidiger deS Gesetzes; und schon waren Mayor und Kon stabler verwundet, als die Soldaten einen kühnen Ausfall machten, unerschrocken auf den Haufen schossen und so glücklich waren, ihn zur Flucht zu zwingen.