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Wöchentlich erscheine» drei Nummern. Pränumeration« - Prrii 22j Siibergr. Thlr.) vierielsährlich, 3 Thlr. für da« ganze Jahr, ohncErbödung, in alle» Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden »on i«der Buchhandlung sin Berlin bei Veit u. Eomp., Iagcrgraßc Nr. 2b), so wie von allen Konial. Post - Acnacru, angeuonimcn. Literatur des Auslandes. 38 Berlin, Donnerstag den 28. März 1844. England. Die Religions-Verfolgungen in Schottland. Claverhouse und Dalyell. Jedem Leser der Waverlcy-Romane — und wer hätte diese nicht gelesen? — werden die Verfolgungen erinnerlich seyu, welche die presbyterianische Kirche in Schottland, nach der Rückkehr der Stuarts, in den siebziger und acht ziger Jahren des I7ten Jahrhunderts zu erleiden hatte. Sie wurden durch alle Handlungen tyrannischer Willkür bezeichnet, zu denen nur Parteienhaß und religiöser Fanatismus führen können, und obgleich Sir Walter Scott, als ent schiedener Tory und Hoch-Kirchenmann, eher mit den Unterdrückern als den Unterdrückten sympathisirte, so besaß er doch zu viel echte Humanität, um jene Verfolgungen zu rechtfertigen, wenn er sie auch thcilweise zu beschönigen suchte. Dieselbe Epoche wird in einem neuerdings erschienenen, recht interessanten Werke l Trull»««»« os lke kavenamer-i. Edinburg 1843) geschildert ; da aber der Verfasser, Herr Robert Simpson, ein presbyterianischer Geistlicher ist, so be trachtet -r natürlich die Sache aus einem ganz anderen Gesichtspunkt als sein berühmter Landsmann. Der ritterliche Claver House, dessen Bild uns aus „01,1 .Vlanubt/' in einem so heroischen Glanze entgegenstrahlt, erscheint hier in einem weniger romantischen und keinesweges vortheilhaften Licht. „Die Namen Lagg und Claverhouse", schreibt Herr Simpson, „find heutzutage in den Hütten des südlichen Schottlands fast eben so bekannt, als sie cS zu ihren Lebzeiten waren — so schrecklich ist der Ruf, den sich diese Männer durch ihre Verfolgungen erworben haben. Nicht nur von den Non- Konformisten wurden fie gefürchtet, sondern ihre eigene Partei hegte vor ihnen nicht mindere Besorgniß. Die Pächter und kleinen Gutsbesitzer t iairS») waren, ohne Unterschied der Religion, ihren Raubanfällen und gewaltsamen Einbrüchen ausgesetzt. Diese beiden Sündengenoffen crmuthigtcn sich gegenseitig in ihren Schandthatcn, bis sie darin eine solche Virtuosität erreichten, daß fie alle ihre Nebenbuhler auf der Bahn ihres Verbrechens hinter sich ließen. Ihrem Ueber- muth war nichts zu gewagt, ihrer Grausamkeit nichts zu empörend, und noch letzt verflucht das schottische Landvolk das Andenken der Bösewichter, die das Blut seiner gottesfürchtigen Vorväter mit so schonungsloser Wuth vergossen. „Auf ihren Streifzügcn durch das Land verbreiteten sie überall Schrecken und Verderben, indem sic die Aeltcrn ihren Kindern und die Kinder ihren Aeltern entrissen. Einst kamen sie Beide nach einem Ort, der unter dem Namen der Schlucht von Dunscore bekannt war, um eine Familie aufzusuchcn, die im Verdacht stand, die geächteten Presbyterianer zu beherbergen. Sie glaubten hier Beute zu finden, denn sie waren habgierige Leute und machten sich nie driger Diebstähle schuldig, «die weit unter der Würbe ihres Standes waren. Es war ein schöner Herbsttag, und Alle, die zum Hause gehörten, hatten sich auf's Feld begeben, um die Aerndte einzusammeln. Wie es scheint, war das Feld, auf welchem sich die Schnitter befanden, nicht im Gesichtskreise der Truppen, die eS sonst ohne Zweifel besucht haben würden, um die Verdächtigen zu arrctiren oder fie wenigstens in Betreff der Flüchtlinge zu verhören. Als fie bei der Wohnung ankamen, trafen sie Niemanden zu Hause als ein kleines Mädchen von zehn bis zwölf Jahren. Clavcrhouse, der listig war und eine scheinbare Gutmüthigkcit heucheln konnte, pflegte arglose Leute dadurch zutrau lich zu machen und ihnen ihre Geheimnisse abzulocken: aber Lagg war barsch und gebieterisch und wandte nur Drohungen und Zornworte an, um seinen Zweck zu erreichen. Er redet- die Kleine an und suchte von ihr zu erfahren, ob Fremde im Hause gewesen wären; da «r aber keine genügende Antwort er hielt, so gericth er in Wuth und drohte, sie auf der St-a- »i«»orzuschieftcn. Das Kind brach in Thränen aus und weinte heftig. „Du hast das Spiel ver dorben", sagte Claverhouse zu seinem Gefährten; „jetzt wird sic nichts ans- sagcn, wenn eS ihr auch das Leben kostet." — Sobald fie fort waren, lief das Mädchen nach dem Felde, um das Geschehene zu berichten. Boller Bestürzung und einen zweiten Besuch der feindlichen Partei erwartend, eilten die Schnitter »ach ihren Schlupfwinkeln. In solchen Fällen nahmen sic gewöhnlich ihre Zu- stucht zu einer alten, an die Scheune stoßenden Ziegelbrcnncrci, die man zur Ausnahme einer bedeutenden Anzahl Personen eingerichtet hatte und als eine ficherr Freistätte betrachtete. Sie hielten sich dort verborgen, bis die Gefahr aus eine vorüber ging. — So angstvoll unv ungewiß war die Lage, in der sich unsere Vorältern befanden; weder in ihren Häusern noch auf dem Felde konnten sic ihren Geschäften nachgchcn, weil kriegerische Rotten das Land durchzogen und es wie Räuberhorden plünderte» und verheerten." Einer der hervorragendsten Charaktere jener Zeit war der General Dalyell oder Dal zell, als Feldherr ausgezeichnet, aber hart und grausam bis jur Barbarei. Er verfolgte die unglückichcn Covenantcrs mit rastloser Beharr lichkeit und hetzte fie gleich wilden Thieren von Berg zu Berge. Im südlichen Schottland gedenkt man seiner noch mit Abscheu, und manche Anekdoten über ihn find noch im Umlauf. Die folgende ist für ihn nicht ganz so ungünstig, wie cs die meisten sind. „Der Sage nach, ritt er einst ganz allein oder mit geringer Begleitung durch Gavin-Moor, eine wilde Haide, die den verfolg ten Presbyterianern ost als Zufluchtsort diente und die er passiren mußte, um sein eigenes HauS an den Gewässern des Ac zu erreichen. Als er so diese Wüste entlang ritt, stieß er plötzlich auf einen Menschen, der dicht am Fußpfad in dem hohen Schilfgrase gelagert schlummerte. Dalyell s Pferd scheute und schnaubte so laut, daß der Schläfer erwachte, auf die Füße sprang und den Gegner vor sich sah, der ihn als einen flüchtige» Non-Konformisten erkannte. Dalyell forderte ihn auf, sich zu ergeben. da er sich aber zur Wehr setzte, sprang Jener vom Pferde, zog das Schwert und ging aus den Flücht ling zu, um ihn mit eigener Hand zu erlegen oder gefangen zu nehmen. Aber er irrte sich in seiner Rechnung; er hatte es mit einem Manne zu lhun, der die Waffe eben so gut zu führen wußte als sein stolzer Widersacher, und der entschlossen war, sein Leben theucr zu verkaufen. Anfangs schien der Zwei kampf gleich und der Ausgang zweifelhaft: in einem glücklichen Augenblicke schlug jedoch der Covcnanter mit starkem Arm nnd einer geschickten Bewegung das Schwert aus Dalyell's Hand, bemächtige sich desselben unv kehrte es gegen des Feindes eigene Brust. Neber diese Wendung des Kampfes bestürzt und den Tod vor Augen sehend, flehte Dalyell den Mann um Schonung, den er mit so vieler Erbitterung verfolgt hatte. Der Sieger, dem cS um sein Leben nicht zu thun war, erwiederte, daß er ihn unter einer Bedingung verschonen werbe. „Ich will jede Bedingung eingehcn, die Ihr mir auferlegt", sagte Dalyell. — „Meine Bedingung ist eine sehr einfache", versetzte der Andere. „Ihr habt nur zu versprechen, daß, sobald man Euch auf Euren Streifzügcn eine weiße Fahne cntgcgenhält, Ihr in der Verfolgung inne halten und unsere Konventikel in Ruhe lassen werdet." Dalyell, dem dies eine leichte Bedingung schien, willigte gern ein, sie zu erfüllen. „Sobald der Vertrag geschlossen war, ciltc der tapscrc und großmüthigc Covenanter nach den Schlupfwinkeln seiner Glaubcnsbrüdcr, um fie davon zu unterrichten. Die Kunde von dem Zweikampf und der cingcgangcne» Ver pflichtung wurde überall unter den Flüchtlingen verbreitet, damit sie das ver abredete Signal geben möchten, im Fall jener General fie «»greifen sollte. Auf diesen Umstand hatte Dalyell wahrscheinlich nicht gerechnet; er glaubte, daß sein persönlicher Widersacher allein um das Geheimniß wissen werde, und daß er mit diesem nicht oft zusammentreffcn dürste. Letzterer wußte eS zcdoch allgemein nützlich zu machen, und eS entsprang daraus viel Gutes. „Man hatte bald Gelegenheit, den Erfolg des Planes zu versuchen. Ein Konventikel wurde zu Mitchellstacks in der Nähe von Closeburn gehalten, bei welchem unser hcldenmüthiger Covenanter selbst gegenwärtig war. Ein Trup pen-Corps ciltc hcrbci, um die Versammlung zu überfallen, und der Zufall wollte, daß Dalyell selbst an dessen Spitze stand. Als sich die Soldaten näher ten, bemerkten fie ein weißes Tuch, das an einen Schäserstab befestigt war und im Winde flatterte. Das Signal wurde aufs Gerathcwohl aufgezogen, da man nicht bestimmt wußte, ob Dalyell mit den Truppen sey oder nicht; man wollte jedoch die Sache aus die Probe stellen, und der Erfolg war günstig, indem der General, als er die Versammlung aus einander gehen sah, seine» Leute» verbot, sic anzugrciscn, und in einer anderen Richtung abmar- schirtc. Es ist nicht wahrscheinlich, daß Dalyell das Geheimniß an irgend Einen ans seiner eigenen Partei mitgethcilt habe, da ihm dieses hätte schaden können und die Unistände, unter welchen er den Vertrag abschloß, ihn in den Augen seiner Oberen nicht entschuldigt haben würden. Man kann auch an- nchmcn, daß cs von seine» Gegnern nicht über die Distrikte hinaus verbreitet wurde, über welche sich die Macht Dalyell s erstreckte. In jenen Tagen ging man mit großer Behutsamkeit zu Werke, weil Vieles, sowohl Gutes als Böses, von einer klugen Vcrsahrungswcise abhing. „Zu wiederholten Malen wurden die Unternehmungen Dalyells durch den Anblick der weißen Fahne vereitelt : den» wenn auch derjenige nicht immer zur Stelle war, dem er das Versprechen gegeben, so fanden sich poch Andere, die in das Gehcimniß cingeweiht waren. Das verhaßte Tuch entfaltete sich so oft vor seinen Augen, daß er im bitteren Verdruß darüber ausrief, es müsse der Teufel seyn, mit dem cr den Vertrag geschloffen, da er überall zu finden sey, wo ein Konventikel gehalten werde. Man versichert, daß Dalyell nie sein Wort gebrochen habe, sondern es stets aufs pünktlichste beobachtete. Obgleich er durch seinen Berfolgungsgeist berüchtigt war, benahm er sich doch