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Das war nun gut. Nachdem er nun schon weit, weit gereift war, kam er endlich an ein großes Wasser, worüber er nicht konnte. Traurig, daß er über das große Wasser nicht konnte, setzte er sich nieder auf den Strand. Als er nun so da saß, dachte er bei sich: ich habe ja von meiner Mutter einen Kuchen bekommen, und er fing an, hineinzubeißen. Aber wie er so hineinbiß, sieh! da kam ein altes Männchen daher und bat ihn um ein-Stück. Hans gab ihm ein Stück, und das alte Männchen sprach: Weil du so brav bist, so kannst du einen Wunsch thun. Hans dachte ein wenig nach. Ich möchte gern, sagte er, im Lande Tahiti sepn, da ist eine Königin zu gewinnen. Das alte Männchen zog nun einen Teppich aus der Tasche, breitete ihn aus und sprach: Da, setz' dich daraus, doch zuvor muß ich dir noch sagen, daß du auf drei Hindernisse stoßen wirst, die du alle drei überwinden mußt, jedoch kann ich dir nur eines davon im voraus angeben: so wisse denn, daß die Königin in einem Palaste von Kokosblättern wohnt, und daß sie darin von einem englischen Drachen mit zwei Köpfen bewacht wird. Der eine Kopf steckt zwischen den Kokosblättern und bläst nichts als Gift in das Herz der Königin, was sie so hochmüthig macht, daß sie gern Herrin der ganzen Welt sepn möchte; der andere Kopf steckt im Eingänge des Palastes und thut nichts als Feuer ausspeien, das so roth auS- sieht, wie die Hose eines französischen Voltigeurs. Niemand konnte noch diesen Drachen besiegen ; hast du aber keine Furcht, dann will ich dir etwas geben, was du dem Drachen zuwerfen mußt, und er wird dann mit einem Male seine Kraft verlieren. — Ich habe keine Furcht, crwiederte Hans. Alsdann gab das alte Männchen ihm ein Kügelchen, das es aus einem Stücke des Kuchens ge knetet hatte, und Hans setzte sich nieder aus dem Teppich. Kaum saß er aber aus dem Teppich, so verwandelte sich derselbe in ein Schiff, das auf den Wogen des Meeres hin- und hergeschaukclt wurde und geradezu auf Tahiti losfuhr. „Auf diesem Schiffe befanden sich wohl hundert Soldaten, und Hans Unverzagt, wie ein Admiral angekleidct, stand am Vordersteven und guckte und hatte noch immer das Kügelchen in der Hand. Sie fuhren und fuhren, bis sie endlich an ein Land kamen, wo nichts als Kokosnüsse wuchsen, wo keine anderen Thicre lebten, als Affen und Schlangen, wo keine anderen Menschen wohnten, als Krausköpfe, wo keine anderen Häuser standen, als Lehmhütten. Hier ist es nicht, sagte Hans, und rief durch sein Rohr dem Schiffsvolk zu, wciterzufahrcn. „Kaum hatte er aber seinen Befehl gegeben, so sah er auf der Insel eine Flagge wehen, worauf eine goldene Krone gemalt war, so eine, ihr wißt tpohl, die oben geschlossen ist, wie die Kaiser Karl'S, nur daß sie keine Weltkugel mit diamantenem Kreuze trug. Er sieht das, und sogleich gcräth er in eine Katzen, wuth, die Manche eine französische 6olere nennen, fängt an zu rufen und zu schreien, sie sollten die Segel hinter den Wind halten und der Insel wieder zu steuern; denn, sagte er, dort wächst nichts als Bäume mit großen Blättern, das muß das Land Tahiti sepn, wo die Königin zu gewinnen ist; ich sehe es auch an dem Hochmuthc, den der Drache der Königin eingeblasen hat, sonst hätte sie so Unerhörtes nicht zu thun gewagt. — Sie segelten nach dem Lande, und sobald sie angekommen waren, brannten sic das grobe Geschütz los, um zu sagen: Da sind wir! Die Menschen mit dem krausen Haare hatten solche Angst vor den Kanonen, daß sie davonliefen und sich im Gebüsche ver steckten. Hans nahm sein Sprachrohr und schrie, so laut er konnte: Zieht die Segel ein! die Mannschaft nach dem Hintcrsteven! jedem Manne eine doppelte Ration Genever^urrah, der erste Sieg ist gewonnen! „Das war nun gut. Die Matrosen thaten einen doppelten Zug und stiegen ans Land. Hier hieben sie sich einen Weg durch Gebüsch und Gesträuch und kamen endlich an einen Palast von Kokosblättern, wo der englische Drache mit offenem Rachen die bewaffneten Männer erwartete. „Das ganze Heer, sobald es das gräuliche Unthier erblickte, schauderte zurück und bebte wie Espenlaub; aber HanS Unverzagt nahm sein Kügelchen, warf es dem Drachen zu, dieser schnappte es auf, wie der Hund einen Kno chen, und plötzlich war er in zwei Mann und einen Korporal verwandelt. — Lad't's Gewehr! Feuer! schrie Hans seinen hundert Soldaten zu, und — plumps! da lagen die zwei Mann nebst Korporal mausetodt auf der Erde! — Das ist der zweite Sieg, dachte Hans und drang ein in den Palast, um den anderen Drachenkopf zu besiegen. Als er nun drinnen war, sah er, daß dieser Kopf sich in einen friedlichen Missionair verwandelt hatte, der Pritchard hieß, seinen Hut nahm, freundlich grüßte und den Palast verließ. — Das ist der dritte Sieg, dachte Hans und klopfte an ein Kokosblatt: dieses ging auf, und er trat in einen Saal, wo die Königin, halb in Ohnmacht, sich zu seinen Füßen stürzte und um Schutz flehte. — Schutz s rief Hans, dir Schutz gewähren, Poma- reh? ich weiß nicht, wie du solche Worte nur auszusprechen wagst? ich bin auS- gezogen, dich zu gewinnen und zu Minnen; aber du hast ein Verbrechen be gangen, das kein Franzose dir je vergeben kann: denn du trägst eine Krone, die oben geschloffen ist, und das reicht hin, um dich zu meiner Sklavin zu machen. „Ach, großer Mann!" sprach die Königin Pomareh, „es ist wahr, ich trage eine Krone, die oben geschloffen ist; sollte dieses jedoch euch dahinten in dem fernen Lande, von woher du kömmst, erzürnen, so werd' ich's unterlassen; aber ich bitt' dich, laß deine Sklavin in Frieden leben!" Hierauf stieß die Königin mit ihren nackten Füßen zweimal leise auf den Fußboden, und zwei krausköpfige Sklaven brachten auf einer Schildkrötcn-Schaale jene Krone, die so sehr den Zorn des HanS Unverzagt erregt hatte. Als er nun die Kaiserin- ncn-Krone, die seiner Meinung nach mit kostbaren Steinen besetzt sepn mußte, etwas näher besah, war cS nichts Anderes als eine Kokosnuß, woraus der kunstreiche Bildschneider Oo-tai-nomvro-oto-boSko eine Krone geschnitzt hatte, genau nach dem Modell einer anderen Krone, die ihm der französische Pasteten bäcker der Königin geliehen. — HanS Unverzagt nahm mit gravitätischer Miene die Krone von der Schale und überreichte sie seinem Adjutanten; dann hob er die Königin mit vieler Manierlichkeit von der Erde auf und sprach diese vier Worte: iUaäame, je von« üepEeöe — und die Königin war Kö nigin gewesen. „Hans Unverzagt blieb noch einige Tage im Lande Tahiti und dachte bei sich; dieses Federchen werden wir uns auf den Hut stecken! — So weit war nun Alles gut; aber die Königin schrieb an ihre Nichte von England, und die Nichte von England schrieb an den großen König von Frankreich, und der große König von Frankreich schrieb an Hans Unverzagt, daß er eine schlimme That begangen, und daß er der Pomareh ihre Krone wiedergeben müsse. „Als Hans Unverzagt diesen Brief empfing, war er wie vom Blitze ge troffen; er wurde mit einem Male so betrübt, daß man es nicht beschreiben kann. Er ging wieder aus sein Schiff, und kaum war er daraus, so verwan delte cS sich wieder in einen Teppich, und er saß wieder am Meeresstrand, gerade dort, wo er zuerst in seinen Kuchen gebissen hatte. Da kam denn auch wieder das alte Männchen daher und fragte: HanS Unverzagt, warum bist du so betrübt ? — HanS erzählte sein Ungemach, und als er damit fertig war, sprach das alte Männchen in einem feierlichen Tone: Tröste dich, Hans, denn von diesen Küsten aus haben wir deine tapferen Thaten gesehen. Du hast die drei Siege davongetragen, die ich dir vorprophezeite, und unsere Nation, die alle große Thaten zu belohnen weiß, hat mich beauftragt, dir einen goldenen Ehrcndegen zu überreichen, als ein Zeichen ihrer Anerkennung deiner Helden haftigkeit! HanS Unverzagt wischte sich eine Thräne auS dem Auge, nahm den Degen voll Dankgefühl an und wollte etwas erwicdern — aber verschwunden war das alte Männchen. — Als nun das Gemüth des HanS Unverzagt ruhiger geworden, besah er sich den Degen etwas genauer und — denkt euch! — was er in der Hand hielt, war nichts Anderes, als ein Stückchen Flittergold. „Was nun das alte Männchen betrifft, das den Hans so abscheulich be trogen hat, so sagen Einige, die es genauer kennen, daß es jener Geist war, der allgemein bekannt ist unter dem Namen: Luprü tran^is." Ostindien. Die Thierwelt von Ceylon. Am südlichsten Ende der ostindischen Halbinsel erhebt sich eine der größten und schönsten Inseln unserer Erde aus dem Weltmeer. Ihre hohen Gebirge find von üppigem PflanzcnwuchS bedeckt; ihr Blumenflor versendet die köst lichsten Wohlgerüche; die Seewinde, die sie beständig fächeln, verbreiten unter ihrem brennenden Himmel eine so liebliche Frische, daß jeder Reisende, wenn er zum ersten Mal dieses Zaubcrland betritt, ausrufen muß: Hier ist das wahre irdische Paradies. Und wo gäbe es auch, wenn man etwa Kaschmir und die Hochebene Quito ausnehmen will, so entzückende Landschaften und ein so angenehmes Klima? Dennoch ist Ccplon eigentlich nur für die Thierwelt ein Paradies. Der Mensch hat hier wenig Ruhe und Frieden, da er mit einer unsäglichen Menge von Ungethümen jeder Form und Größe, deren Freßgier nichts stillen kann, beständig kämpfen muß. Unvorsichtige Reisende, die ihr dieses Eldorado be sucht, badet euch nicht in jenen Buchten, wo das Meer so durchsichtig und so ruhig erscheint; widerstehet der Lockung, unter den großen Bäumen jener Ur wälder zu lustwandeln; entfernet euch mit Grausen von jenen Seen, die so malerische Landschaften in ihrem klaren Gewässer abspiegeln; seyd selbst in euren Wohnungen, im Innern der Städte, beständig auf eurer Hut. Der Feind lauert überall, hier kühn und verwegen, wie Elephant und Tiger, Büffel und wilder Eber; dort gewandt und listig, wie Alligator, Schlange und Skorpion. Einige Anekdoten aus dem Tagebuch des Obersten Campbell werden darthun, daß wir keineswegeS gesonnen sind, euch kindische Furcht ein zujagen. °) Wollt ihr von der erstaunlichen thierischen Bevölkerung Eeplon'S einen Begriff erhalten, so leset in dem erwähnten Werke Folgendes über eine der vielen Treibjagden, die unser Verfasser anstcllen ließ: „Es war verabredet, daß die Auftreiber mit den Pfeifern und den Tam tam-Spielern von einem Abstande zum anderen in einer großen krummen Linie sich aufstellen und an einem bestimmten Orte wieder zusammcnrücken sollten, wo wir, die Jäger, und unsere Malaien auf Bäumen postirt sepn würden, um den einzigen Weg, den die aus ihren Verstecken gejagten Thicre auf ihrer Flucht nehmen konnten, ganz zu beherrschen. „Schon drei Stunden befanden wir uns an dem verabredeten Orte, als ein Führer stwaünmnf uns anzeigte, daß er die Tamtam s und die Pfeifen unserer Lettie hörte, und uns den Rath gab, die Bäume, die wir schon auS- gewählt hatten, sofort zu besteigen, um vor jeder Neberraschung und jedem Angriffe sicher zu sepn. Wir thaten augenblicklich, wie er uns geheißen, und erwarteten nun mit lebhaftem Interesse die Ankunft des feindlichen Heeres. Die Tamtam'S und die Pfeifen kamen in der That immer näher, und schon unterschieden wir die Stimmen der Auftreiber. „Dieses Mal, wie immer, bestand die Vorhut aus einer Schaar Vögeln verschiedener Art, die mit Geschrei über unseren Häuptern hinwegflogen. Bald darauf erschienen Damhirsche, Elenthiere u. s. w. Ihnen folgten wilde Büffel, Schweine, Hunde, Schakals und Hasen. Allein es war nicht unsere Absicht, auf solches Wild Feuer zu geben. „Campbell", flüsterte mir plötzlich mein Gefährte O'Hara zu, „siehst Du den Tiger dort ? Soll ich ihm keine ') L«ur»>oo», «ckv-oture, auä Lew »Port, tu c«)Ioo. 2 PMe.