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WöchenNich erscheine» drei Nummern. Pränumerations-Preis 22H Silbergr. (j Tdlr.) vierteljährlich, 3 THIr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Iägerstraße Nr. 28), so wie von allen Königs. Post ° Aemtcr», angenommen. Literatur des Auslandes. »I- 31. Berlin, Dienstag den 12- März 1844. China. Das alte und das neue China. I. Die Urzeit China's. Woher China seine Bevölkerung und Civilisation bekommen, darüber haben wir keine sicheren Nachrichten. Es sind wohl einige Spuren vorhanden, welche auf den rechten Weg leiten können; doch scheinen dieselben noch nicht allgemein bei kompetenten Richtern Glauben gesunden zu habe». So findet man in den Gesetzen des Manu eine merkwürdige Stelle, welche erzählt, daß eine Kolonie von dem Zweige der KschatrpaS, der indischen Kricgerkastc, sich jenseits der Berge in einem Lande, das der Tert Maha-Tschin (Groß-China) nennt, niedergelassen habe. UcbrigenS ist die Tradition von der Verwandtschaft der indischen und chinesischen Race, die lange für fabelhaft angesehen wurde, bei den orienta lischen Völkern allgemein, und die Chinesen haben sie eben so angenommen, wie die anderen. In der Chronologie geben die Chinesen keine anderen Rech nungen, als die Indier und Chaldäer. WaS sie von ihren ersten Racen oder Familien wissen, scheint den Traditionen der anderen Völker entlehnt. Ihre Chronologie steigt bis zu demselben Alter hinauf. Man wird mit einem Wort durch das Studium der chinesischen Bücher selbst zu dem Schluß berechtigt, daß die Civilisation dieses Volkes keine andere Wiege haben konnte, als den indischen Boden oder das alte Baktriana. Gelehrte des achtzehnten Jahrhunderts glaubten in der Achnlichkcit der alten chinesischen Schrift mit den ägyptischen Hieroglyphen Spuren zu ent decken, welche aus eine Berührung dieser Völker in einer sehr frühen Epoche Hinweisen. Diese Ansicht, welche verfochten ward von dem Orientalisten de GuigneS dem Aclteren, der Alles aus Aegypten ablcitete, bis auf die indischen Charaktere, die nach ihm in Folge der Eroberungen Alerander'S cingcführt wurde», ist heute ohne Anhänger. Es ist jetzt so ziemlich ausgemacht, daß die Eroberungen des Sesostris, die mit einer ersten Zerstreuung der Völker nach dem Osten Asiens zusammcnhängcn sollen, vierzehn bis fünfzehn Jahr- Hunderte vor Christi Geburt stattsanden; um diese Zeit nun cristirte schon die chinesische Nation, denn ihre geschriebenen Traditionen gehen in ältere Zeiten hinauf. Ferner bedienten sich die Acgypter damals schon alphabetischer Cha raktere, und es ist nicht natürlich anzunehmen, daß die Kolonie nur die Kunst der Hieroglyphen und nicht ihr Alphabet auch nach China mitgebracht habe- Einige Missionairc haben mit eben so wenig Grund behauptet, daß die ersten Bewohner China's aus dem Scnnaar stammten. Die Einen erzählen, man finde in den Kings (den heiligen Büchern) und in den ältesten Werken Stellen und Grundsätze, die denen unserer heiligen Schrift so ähnlich seycn, daß man mit Recht daraus schließen könne, daß die ersten Chinesen Bücher gehabt oder mitgebracht, welche den Glauben der ersten Zeiten enthielten. Andere wollen, gestützt auf das Zeugniß des Jesuiten Gozani, der im Jahre 1704 eine Juden-Gemeinde im Centrum China's fand, welche ihre Einwan derung auf das Jahr 20« vor Christus zurückfuhrt, dieses Ercigniß an die Zerstörung des Reiches Israel durch Salmanassar im Jahre 72l anknüpfen, nach welcher einige von den zehn Stämmen dieses Reichs über den Euphrat gegangen und bis nach China gekommen seyen. Die Genauigkeit der chine sischen Annalen, der Mangel jeder Spur einer ähnlichen Bewegung in diesen, so wie die richtige Würdigung der Fortschritte der Chinesen in Wissenschaften und Künsten, stürzt dieses ganze System über den Haufen. Klaproth scheint in dieser Ursprungsfrage der Wahrheit am nächsten gekommen zu sepn. Nach ihm sinv die gegenwärtigen Chinesen erst Bewohner dieses Landes geworden nach der Ucberwindung einer Bevölkerung, welche eS seit dem höchsten Alter- thum bewohnte. Die neuen Kolonisten kamen von Westen, wie man aus dem Ort schließen kann, wohin die Chinesen den ersten Schauplatz ihrer Mytho logie verlegen: dies sind die Nan-chan-Bcrgc, die eine der östlichen Grän zen der großen Wüste Gobi bilden; ungefähr dreißig Jahrhunderte vor Christi Geburt aus diesen Gegenden kommend, vernichteten oder unterwarfen sie die barbarischen Stämme, die sic auf ihrem Wege trafen. Einige Nachkommen dieser alten Eingebornen haben sich in den Gebirgen deS westlichen China er. halten, wo sie noch den Namen Miao führen. Was die Gestaltung des eigentlichen China anbetrifft, welches östlich von den Nan-chan- und den tibetanischen Bergen in allmäligcr Abstufung bis zu dem östlichen Ocean herabfällt, so kann man dieses große Gebiet in drei physische Regionen theilcn: I) das Alpenland im Osten der Mongolei; 2) daü Tiefland, welches den nnteren Lauf der beiden großen Flüsse Hoang-Ho und Kiang umfaßt, ein sehr fruchtbares Bassin, das aber den Ucberschwemmungcn der von der Alpengcgcnd kommenden Ströme ausgesetzt ist, und Z) die südliche Region, die gewissermaßen an der Natur der beiden ersteren Theil hat; denn die Nan-ling-Berge, welche Tonkm von China trennen, ziehen sich unter der Form einer hohen Terrasse bis zum Ocean hin. Diese verschiedenen Ge genden sind im Allgemeinen von hohen Bergen umringt, von denen eine große Zahl mit ewigem Schnee bedeckt ist. Seit dem höchsten Altcrthum hat der Handel mit Seide (lateinisch «eriom») den Nus von einem großen am östlichen Ende des asiatischen Kontinents ge legenen Reiche nach Europa gebracht; daher waren auch die Chinesen von den Römern und Griechen unter dem Namen 8»re>> gekannt. Der Name Thsin, den dieses Reich von der Dynastie dieses Namens bekam, welche ungefähr 288 vor Christus den Thron bestieg, hat sich eben so srüh verbreitet und ist auf verschiedene Art verändert worden: Ptolemäus hat ihn in 8inm> übersetzt; andere Geographen oder Reisende haben daraus in Indien Tschina und bei den Arabern und in Europa Sin gemacht. Im Mittelalter nannte man China Katbiü, nach dem Namen der Khitan'ö von tungusischer Race, die da mals Herren der nördlichen Provinzen deS Reichs waren. Die Chinesen selbst nennen ihr Land Tschong-ku'i (Reich der Mitte), und Sching-kwofNation der Mitte). /»-«« / Die sichere Geschichte China's geht nur bis zum neunten Jahrhundert vor Christus hinauf. Die Chinesen selbst haben einen sehr weisen Unterschied ge macht, indem sic die früheren Zeiten »»i-ki (was nicht Geschichte ist) nennen. ES eristircn jedoch Traditionen über die frühere Zeit: so hat sich die Erinne rung an eine Sündfluth, die um 22N3 vor Christus stattfand, erhalten. Vor dieser Uebcrschwemmung führen die Traditionen mehrere Regierungen an. Nao ist der erste Fürst, dessen im Schu-kiug, dem ältesten der chinesischen Bücher, Erwähnung geschieht. Seine Negierung reicht bis zum Jahre 2387 vor Christus hinauf. Später wurde ein Fürst, Namens Iu, um 221«, der durch die Dienste, die er nach der großen Ucbcrschwcmuiung leistete, sich be rühmt gemacht, zum Haupt der um ihn herum zerstreuten Stämme ausge- rufcn, und seine Dynastie empfing den Namen Hia. Unter ihm ward die Macht, die bis dahin durch Wahl übertragen war, erblich- Man machte weise Anordnungen: das Gebiet ward in neun Provinzen gethcilt, welche in ihrer Gesammtheit die Form eines Halbmondes darbotcn; die Provinz Schcnsi nahm die Mitte ei». Der Hauptrcichthum des Landes bestand in Hecrden; doch gab es auch Strecken, die von Kolonisten angcbaut wurden, welche in Gruppen von acht Familien vereinigt' waren. Auf die Dynastie Hia, welche 440 Jahre dauerte, folgte die der Schang. Um 1100 v. Chr. kam die Dynastie der Tscheu zur Gewalt. . II. Geschichte China's bis zur mongolischen Eroberung. Gegen das Ende des fünften Jahrhunderts v. Chr. trat der große Kung- fu-tscu auf, der mit der Philosophie der Brahmancn vertraut war. Er sam melte die früheren Jahrbücher und machte daraus eine Encyklopädic, die noch heute der Klasse der Gelehrten zur Richtschnur dient. Dieses Werk, welches der Schilling ist, beginnt mit Nao und endet im Jahre 024 v. Chr. Doch ent hält es nicht bloß eine Chronik, sondern auch einen vollständigen Moralkoder. Sein Styl, obwohl lakonisch, ist von merkwürdiger Beredtsainkeit und nähert sich zuweilen dem Erhabenen. Er lehrt darin die sanfteste, aufgeklärteste Moral und läßt alle Geheimnisse der Politik in der Beobachtung seiner Lehren bestehen. Er macht cs dem Fürsten zur Pflicht, ein gutes Beispiel zu geben, cr beklagt den Krieg und den Despotismus, tadelt den Lurus und ergeht sich im Lobe des Ackerbaues. Noch heute wird Konfuzius in China nicht bloß für einen großen Philosophen und Schriftsteller gehalten: man gicbt ihm auch Epitheta, welche die höchste moralische Vollkommenheit bezeichnen, nnd die man nur m>t heilig und göttlich übersetzen kann. Die höchste Ehre, die man ihm in diesem Lande erweisen konnte, war die, daß man ihn zur kaiserlichen Würde erhob, und auch der Kultus, den man ihm widerfahren läßt, ist wr eine Wiederholung der Ceremonien, die man vor dem Kaiser zu beobachten hat. Die Fcudalform, welche Wu-wang, der Gründer der Dynastie Tschcu, cingcführt hatte, konnte nicht lauge bestehen, ohne daß unter so viele Rival- Staaten Unordnung eindrang: Feindseligkeiten brachen aus, und um 238 v. Chr. bemächtigte sich Huang-ti, der Chef der Provinz Tschin, deS Throns und nahm den bis dahin unbekannten Kaiscrtitcl an. Seine Dynastie, genannt Tschin, gab ganz China den Namen. Seit Jahrhunderten war das nördliche China den Einfällen der Hiong- nu'S ausgesetzt. Huang-ti machte denselben ein Ende. Nachdem er sie in