Volltext Seite (XML)
31 hinwies. Herr St. wurde nach dem Moro gebracht und hätte vielleicht dort lange, lange sitzen können, bevor seine Sache vorgcnommen, wenn er nicht in der Stadt angesehene Freunde gehabt, die die Sache zu vermitteln suchten, so daß nur ein einziges Nachtlager im Moro die Unannehmlichkeit blieb, die aus diesem Unternehmen für ihn entsprang. Die Skizze war auf Befehl des Offiziers noch in seinem Bciseyn abgehobelt worden. Andere Versuche hatten noch üblere Folgen nach sich gezogen, und Don Felir mahnte mich auf meine Aeußerung, das Unternehmen nochmals zu wagen, aus das ernstlichste davon ab. Widerstand und Schwierigkeiten in der Ausführung irgend eines Plans haben mich bisher nur um so feuriger angespornt, das erwünschte Ziel zu er reichen, und so hatten natürlich die freundlichen Ermahnungen meines Wirthes gerade die entgegengesetzten Wirkungen. — Als ich nach langem Suchen einen sicheren und vortheilhaften Platz zur Ausführung meines Planes gefunden, warf ich mich auf meinen Bauch und zeichnete in der unbequemen Stellung wohl eine Stunde, und auf was? — auf Löschpapier. Nachdem ich die Skizze beendigt, schlug ich sie in einen zweiten Bogen, sammelte noch einige Pflanzen, die ich in den fraglichen Doppelbogen legte und wanderte nun fröhlich und stolz auf das Gelingen meiner Wünsche nach Hanse, in der festen Ueberzeugung, daß ich nun nichts mehr zu fürchten habe. Wie groß war aber mein Er schrecken, als ich von dem wachhabenden Offizier an dem Thore gefragt wurde: Hu'enk es que V0U8 aver iei? auf mein Portefolio zeigend, und mir dies ohne Weiteres aus der Hand genommen wurde. Alles ist verloren, war natürlich mein erster Gedanke, Glück zum Moro! Ich gewann jedoch augenblicklich meine Fassung wieder und antwortete keck und ohne Zögern: Se 8»i8 boram8te, es 8<mt <I«8 plante8 rocueillie8 dann Is esmpsxne, worauf er mir mein Eigen- thum nach einer flüchtigen Durchsicht zurückgab. Dem Moro war ich für jetzt glücklich entgangen, daß ich es auch für die übrigen Tage meines Aufenthalts blieb, war das tiefste Schweigen über das Gelingen meines Unternehmens das einzige Mittel. Nach dem Frühstück wurde ein Besuch im Kloster der Dominikaner verab- redet, wo Herr M. bekannt war. Das Gebäude hat etwas ungemein Impo santes, wie es zugleich eine der besten Kirchen Portorico'S besitzt, die in neu- gothischcm Geschmack erbaut ist und deren gekuppeltes Dach von Säulen, wenn ich nicht irre, in dorischer Ordnung, getragen wird. Ein Kreuzgang, der ebenfalls auf Säulen ruht, verbindet die Kirche mit den Wohngebäuden, die Zahl ihrer Bewohner war aber nur gering, namentlich an eigentlichen OrdcnS- mitgliedern. Unter diesen zogen besonders zwei hohe, interessante Gestalten meine ganze Aufmerksamkeit auf sich; beide noch Jünglinge, von höchstens 17—18 Jahren. Die frommen Väter beschäftigen sich hauptsächlich mit dem Unterricht der Jugend, wie sie sich auch in die vornehmeren Familien einge drängt haben und in diesen über geistliche und weltliche Angelegenheiten herrschen; ja, wenn man der kama sesnüalosa Glauben beimessen darf, so erstrecken sich die Verbindungen dieser geistigen Tröster oft weiter, als es dem Vater oder Ehemann angenehm sepn kann. Früher standen die Dominikaner auch hier der Inquisition vor; doch die neuere Zeit hat dies scheußliche Ungethüm auch aus Portorico verscheucht. Der das Pallium tragende Bischof war Vorsitzer, wie er es jetzt noch über das geistliche Gericht ist. Daß sich dieses jedoch mit mehr als den eau8>8 eccle- 8is8tici8 beschäftigt, steht außer allem Zweifel. Die vananici rexulare8, an deren Spitze der Erzbischof steht, versehen nicht allein den Gottesdienst in der Kathedrale, sondern auch noch in einigen Tochterkirchen und im Kloster der Annunciaden. Auch die Franziskaner besitzen hier ein Kloster und eine Kirche. Der Streit zwischen Duns Scotus und Thomas von Aquin scheint ebenfalls hier her gedrungen und denselben Ordensncid in die Herzen der frommen Väter gestreut zu haben, wie in Europa; denn nie sah ich zwei Brüder dieser beiden Orden zusammen gehen. Schon seit mehreren Tagen war meine Neugier durch die Mittheilung meines Freundes M-, daß am Dienstag einer der größten Festtage Portorico'S gefeiert werden würde, bedeutend gespannt; konnte und sollte ich doch die ganze verschwenderische Pracht, den ganzen Pomp der spanischen Hierarchie zu sehen bekommen, deren Klerus hier um so sinnberauschender auftrat, als gerade dies wohl das einzige Mittel sepn möchte, die auf einer so tiefen Stufe der Kultur stehenden Neger und Indianer in seinen Fesseln gefangen zu halten. Alle Altäre waren an diesem Tage mit den unermeßlichen Schätzen, die die Oberfläche und das Innere der Mutter Erde geliesert, und die der fromme Eifer der Gläubigen gespendet, wahrhaft beladen. Der Glanz von Hunderten von Kerzen leuchtete den in die Kathedrale Eintretenden entgegen, während die reichen, überladenen Gewänder der Heiligen beiderlei Geschlechts und des Erzbischofs sammt denen seiner Chorherren in diesem blen denden Glanze wiederstrahlten. Aus der Kathedrale eilten wir nach dem Kloster der Dominikaner, da uns dort eine herrliche Kirchenmusik erwarten sollte, die auch wirklich in jeder Beziehung alle meine Erwartungen übertras und nichts zu wünschen übrig ließ. Es war ein herrlicher Genuß, den ich lange, lange Zeit hatte entbehren müssen. Die tiefen Bruststimmen der frommen Väter, der hohe Sopran ihrer Zöglinge, welche die vortreffliche, akustisch gebaute Kuppel in richtigem Wie- derhall zuriickgab, das präcisc Einsetzen des Orchesters, kurz die ganze Aus führung der Messe würde selbst einen schärferen und musikalisch gebildeteren Kritiker befriedigt und erhoben haben. Vom Kloster der Dominikaner gingen wir nun zu dem der Anuunciadinnen, um auch hier der Messe beizuwohnen, da auch sie einige Helle und klare Stimmen unter den Schwestern ausgesucht und einige Musiker gewonnen hatten, um beim Fest ihrer Heiligen, der Mutter GotteS, etwas Außergewöhnliches zu haben. Wir betraten die Kirche, als eben die Nonnen ihre Prozessionen begannen, die uns das nicht allzu dichte Gitter theilweise zu sehen erlaubte. Als diese beendet, tonsekrirte der offi- zirende Beichtiger mehrere Kerzen und begab sich mit den ihm beistehenden Chorherren und Chorknaben nach dem Gitter, das durch die Aebtissin von innen und dem Priester von außen geöffnet wurde. Nachdem die Aebtissin die Hand des srommen Vaters geküßt, empfing sie die geweihte Kerze, worauf alle übrige Nonnen dem Beispiel ihrer Oberin folgten und uns so Gelegen heit gaben, ihre GefichtSzüge Revüe passiren zu lassen, was sie eben nicht allzu ängstlich zu verhüten suchten, sondern unseren Augen volle Erlaubniß ertheilten, sich an ihnen zu weiden. Freilich fand ich nur ein einziges Gesicht unter der großen Zahl, das wahrhaften Anspruch auf vollendete Schönheit machen konnte. Das noch junge Mädchen war erst seit kurzer Zeit aus dem Mutterlande angekommen, und schon drückte sich die bitterste Enttäuschung auf ihren schönen Zügen nur zu deutlich aus. Arme Unglückliche! Hatte der Morgen mit geistlichem Pomp und geistlichen Uebungen be gonnen, so sollte der Abend mit weltlichem Flitterglanz und weltlicher Lust enden; denn ein großer Ball beschloß den festlichen Tag, von dem wir als Fremde nicht ausgeschlossen waren und auf dem mein Schönheitssinn reichliche Nahrung fand. Ball ohne Spiel ist in Westindien rein undenkbar; nirgends kann man von dem Manne mit vollerem Rechte sagen: Wenn er nicht hört, nicht spricht, nicht suhlt, Noch sieht, was ihut er denn? — Er spielt. Rondo, Lotto, Uouxe er noir u. s. w. waren die einzige Beschäftigung in den Nebenzimmern des Ballsaals, und die Einsätze bedeutend hoch. Ein Phpsiognomiker hätte bei dem lebhaften Charakter und der ungezügelten Leidenschaft der Westindier ein reiches Feld für seine Studien gefunden. Doch zurück zum Ballsaal, der sich unterdeß in einen wahren Zaubersaal verwandelt hatte, dessen tausendfacher Kerzenglanz sich tausendfach in dem reichen Schmuck der Damen wiederspiegelte, und ich muß gestehen, noch nie so viel vollendete weibliche Gestalten auf einem so unbedeutenden Raum ver- eint gesehen zu haben, deren natürliche Grazie durch das anschließende seidene Kleid mit dem malerischen Spitzenübcrwurf nur noch mehr gehoben wurde. Was den Spanierinnen an regelmäßiger Schönheit der Gesichtszüge abgeht, wird überreich durch das feurige, dunkle Auge, die feingezeichneten Brauen, die hochgewölbtc Stirn und das reiche, dunkle Haar, dessen üppige und volle Flechten von dem mit den edelsten Steinen besetzten Kamme zusammengehalten waren, ersetzt. Die Spanierin weiß dem Auge einen Ausdruck, ein Leben zu geben, das die in dieser Kunst keineswegeS unerfahrenen Französinnen bei weitem übertrifft. Doch nicht allein das Auge wird zum Dolmetscher der Gefühle gebraucht, auch die Finger find die verstohlenen Boten der inneren Wünsche und Gedanken, da durch gewisse Bewegungen derselben schnell eine lautlose Unterhaltung angekuüpft ist, die alle Empfindungen der sich Mitthei- lcnden ausdrücken kann, wenn nur Beide nahe genug stehen, um die subtilen Zeichen auffaffen zu können. Wohl besitzen auch wir eine solche Zeichensprache, sind jedoch nur ABC-Schützen in dieser Kunst der sensibelsten Applikatur der Finger, während sie hier die höchste Staffel der Vollendung erreicht hat. Der rege Erfindungsgeist, das lebhafte Verlangen, ja ich möchte sagen, das un- abweisliche Bedürfniß nach Jntrigue zarterer Art, läßt jede schöne Bewoh nerin von Portorico — und welche unter den Tausenden sollte diese Eigen schaft nicht für sich in Anspruch nehmen! — mit jedem neuen Bekannten eine Zeichensprache erfinden, die, so viel Korrespondenten sie auch haben mag, doch nur ihm und ihr lesbar ist. Ich war durch Donna Hcrmanez eingeweiht, und obschon wir an den 24 Buchstaben der französischen Sprache genug ge habt hätten, so waren doch durch ihren Scharfsinn noch eine Menge anderer Zeichen aufgefundcn, mit denen wir uns nicht allein ganze Wörter, sondern selbst ganze Sätze in einer einzigen Bewegung mittheilten. Freundinnen unterhalten sich oft stundenlang von den Balkonen über die Straße hinweg, ohne müde zu werden, obschon sie gewiß oft genug Gefahr laufen, von jedem mit diesem Gebrauch Unbekannten sür Närrinnen gehalten zu werden, da meist das Gelächter über die einander mitgetheilten Ideen, von dessen Grund der Uneingeweihte keine Ahnung hat, lebhafter ist, als es die nordische Decenz erlauben möchte. Die gewöhnlichsten Tänze in Portorico sind Bolero, Gavotte, Walzer und Quadrille, vielleicht auch einmal der Fandango, der jedoch, wie bei uns das Menuet, nur noch als Seltenheit aufgeführt wird. Man walzt ziemlich gut, nur hätte ich gewünscht, daß die Tanzenden die vielen Figuren weggelaffen, die für eine Hauptzierde des Walzers gehalten werden, die jedoch meinem Nationaltanz alle Originalität raubten. Da mir fast jede Theilnahme an der lebhaften Unterhaltung versagt blieb, ich auch kein solch enragirter Tänzer war, daß ich nur getanzt hätte, um zu tanzen, so entfernte ich mich, nachdem ich mich einige Mal mit Donna Hermanez im wirbelnden Kreise ge dreht, um noch einige Vorbereitung zu einer botanischen Exkursion zu treffen, die ich am nächsten Morgen antreten wollte. (Fortsetzung folgt.) Moldau und Wallache« Wallachische Poesie. In Bukarest hat sich ein Weimaraner, Herr Wallbaum, als Buch händler niedergelassen, welcher, ungeachtet aller Schwierigkeiten in diesem noch vor kurzem von Türken spstematisch verwüsteten Lande, dennoch sehr viel für Literatur gethan hat. Er hat eine sehr gute Druckerei errichtet, und die bei ihm erscheinenden Verlagswerke zeichnen sich durch typographische Schön-