Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränmnkr.uionS-Pr«» 22^ Silbergr. ff Th>r.) vierteisährtich, 3 THIr. für daS ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Iägerstraße Nr. 28), so wie von allen König!. Post-Aemtcrn, angenommen. Literatur des Auslandes. 11 Berlin, Donnerstag den 25. Januar 1844. Westindien. Robert Schomburgk auf Portorico. Wir theilen hier aus einem älteren, bisher noch ungedrucktcn Tagebuche unseres Landsmannes einige sehr anziehende Notizen über seinen im Jahre 1834 von St. Thomas nach Portorico unternommenen Ausflug mit. Es trägt dieses Tagebuch noch ganz das Gepräge eines jugendlichen, für alles Neue leicht empfänglichen Gemüthes, während seinen späteren Darstellungen mehr der Stempel einer strengwifsenschaftlichcn Forschung aufgedrückt ist. Doch auch in den nachstehenden Bemerkungen wird man sehr leicht den aufmerksamen Beobachter und gewissenhaften Darsteller erkennen- „Leicht tanzte der Kanonenschuß vom Fort über die vom Landwind gekräu. selten Wellen des MecreS und verkündete, daß kein Fahrzeug für diesen Abend mehr den Hafen verlassen dürfe, als der Capitain den Befehl gab, das Haupt segel der „Ellen Gordon" aufzuziehen, um die vom Gouverneur ausnahms weise erhaltene Erlaubniß zu benutzen, da er so mit dem frischen Landwinde bei Tagesanbruch das Ostende Portorico's erreicht zu haben hoffte. Ich hatte mich schnell zu diesem kleinen Abstecher bei einer Abcndpartie des gastfreund lichen Herrn Martinez entschlossen, wo dieser gegen mich äußerte, er würde nach Portorico gehen und schlüge mir vor, ihn dahin zu begleiten; und schon der nächste Morgen sah mich beschäftigt, verschiedene Vorkehrungen zu treffen, wobei ich mich unter Anderem vor das hoch- und wohllöbliche Polizeigericht stellte, um demselben meinen Entschluß mitzutheilen und gehorsamst um die Erlaubniß und einen Paß zu bitten, welches beides mir auch augenblicklich ge- währt wurde, nachdem ich den Rothröcken einen halben Johannes auf den Tisch gelegt. — Als wir uns der „Ellen Gordon" in dem großen Boote näherten, hatte diese bereits ihren Anker gelichtet, um sich vor den Eingang des Hafens zu legen, wo wir von dem Capitain am Bord empfangen wurden und mit unseren Freunden den Abschiedsbechcr in schäumendem Champagner tranken, worin wir durch den fortrollenden Schall der Kanonen von den weißen Wällen der Festung unterbrochen wurden, während sich das Schiff durch die sich füllenden Segel in jene schaukelnde Bewegung setzte, der jedes Fahr zeug unterworfen ist, sobald es seinen Ankergrund verläßt. Das gut und schnell segelnde Schiff durchschnitt bald mit Vogelschnclle die leichten Wellen, die Maste der im Hafen liegenden Schiffe nahmen eine graue Färbung an, und nur die scharfen Contouren der Hochlande blieben uns noch sichtbar. Außer dem Herrn Martinez, dessen Hause das Schiff gehörte, befand sich noch ein junger Amerikaner, Agent eines New-Iorker Hauses, und ein Herr Smith aus St. Thomas als Passagiere am Bord. Der Abend war herrlich, und erst spät schlich sich Einer nach dem Anderen aus dem traulichen Kreise, den wir auf dem Verdeck gebildet, um sich dem Schlafe zu überlassen, während ich mich, in meinen Mantel gehüllt, auf dem Deck niederwarf. Ungeachtet des frischen Windes war es drückend heiß. Das gleichmäßige Anschlägen der Wellen an die Planken bei stetigem Winde, ihr einförmiges Gemurmel hat in gleichem Maße etwas Schlaferregendes für mich, wie die gleichmäßig von den Dächern nicderfallcnden Waffertropfen bei einem leichten Frühregen. WaS Wunder daher, wenn ich auch diesmal wider meinen Willen schnell cinschlief und erst durch den dämmernden Morgen geweckt wurde. Der Wind hatte sich nach Mitternacht bedeutender erhoben, und unser Fahrzeug arbeitete sich schwerfällig durch die weißumsäumten, aufgewühlten Wogen. Der Sonne erste Strahlen sielen auf die Ebenen von Portorico, während die Hochlande noch in grauen Nebel gehüllt waren, bis die heißen Strahlen der Sonne auch diesen vertrieben hatten und sich nach und nach die freundliche Landschaft vor meinen suchenden Blicken ausbreitete. Da wir noch mehrere Meilen vom Lande ent fernt waren, so erschien mir dasselbe anfänglich auch nur als kühn hingeworfene Skizze einer Landschaft, die der Künstler eben im Begriff ist, auszuführen, und deren Vollendung mit jedem Augenblick weitergesördert wird. Am Mittag lagen wir San Juan de Puerto Rico gegenüber. Die Stadt hatte vom Meer aus etwas ungemein Imposantes. Die hohen Mauern, welche die An- Höhe umsäumen, über die hier und da ein Thurm oder ein anderes stattliches Gebäude sich erhebt, während der riesige Moro am Eingänge des Hafens dro hend Jedem seine Zähne zeigt, der eS wagen wollte, sich wider seinen Willen einzuschwärzen. Der Wind hatte sich immer stärker erhoben, weshalb es auch der Capitain für gefährlich hielt, ohne Lootsen einzulaufen. Ungeachtet der vielfachen Signale nach einem solchen wollte sich doch keiner zeigen; der Capitain mußte sich endlich entschließen, ohne ihn den Versuch zu wagen und sich dem Lin- gange zu nähern, obschon die Gefahr nicht gering scyn konnte, da fast jeder Matrose und Passagier auf dem Schiffe einen besonderen Unglücksfall zu er zählen wußte. Noch wenige Wochen vorher war ein Fahrzeug gegen die Felsen geschleudert worden und die ganze Bemannung umgekommen. So aufgebracht nun auch der Capitain über die Nachlässigkeit der Lootsen sepn mußte, so hatten diese doch wieder einen gewissen Entschuldigungsgrund durch einen Vorfall, der sich ein Jahr früher ereignete. Zu jener Zeit hatte sich ein stattliches Fahrzeug unter englischer Flagge dem Moro genähert und nach einem Lootsen signalisirt. In kurzem stach dieser mit seinem stark be mannten Boote in See. Das Schiff, das dem Moro bisher ziemlich nahe ge legen, schien es unterdessen nicht sicher genug zu finden, in dieser gefährlichen Nähe zu verharren, und segelte wieder etwas seeeinwärts, um dort den Lootsen zu erwarten. Wie gewöhnlich hatten sich auch diesmal alle unbeschäftigten und eitlen Dons auf der Anhöhe versammelt, um das fremde Fahrzeug ein- laufen zu sehen. Das Boot legte unterdeß an, und die Lootsen stiegen an Bord, um den Befehl am Steuer zu übernehmen, als plötzlich 8—6 der fremden Matrosen in das Boot sprangen, fich der Mannschaft desselben be mächtigten und jenes selbst auf das Deck gezogen wurde. Kaum war dies geschehen, als auch in demselben Augenblick die kolumbische Flagge von allen Masten hcrabflaggte, unter denen es, trotz des lebhaften Kanonendonners vom Moro, ungefährdet in die See stach und seine Beute auf und davon trug. Die „Ellen Gordon" hatte fich jetzt den Festungswerken und dem Bereich ihrer Kanonen genähert, als sich auch plötzlich auf dem äußersten Walle ein spanischer Herr in Uniform mit einem Sprachrohr in der Hand zeigte und uns durch dasselbe nach unserer Nation, Herkunft, Absicht u. s. w. eraminirte, worauf uns die schon aufgegebenc Freude zu Theil wurde, das Lootsenboot ankommen zu sehen, obschon dasselbe nur angckommen zu sepn schien, seinen Lohn in Empfang zu nehmen, da cs uns jetzt nicht viel mehr nutzen konnte, indem wir bereits unmittelbar vor dem Hafen lagen. Bald stieß auch ein zweites Boot mit breiter, spanischer Flagge und einem großen Baldachin von der Hafcn- treppe ab und legte bei unserem Fahrzeug an, worauf los Sonores ästus- neros und der Sonor Doctor üo la Ossa üe Ssniüsä an Bord stiegen, obige Fragen von neuem an den Capitain richteten, die Papiere einsahen, dann den Doktor das Schiff untersuchen ließen, ob sich Kranke auf demselben befänden, und uns endlich die Erlaubniß zum Einlaufen und Landen ertheilten, um uns unmittelbar dem Kommandanten vorzustellen, der uns nach Nennung unserer Namen mit einer gnädigen Handbewegung entließ. — Noch aber waren nicht alle Schwierigkeiten überstanden, das nächste war nun, uns von Sr. Ercellenz, dem General-Capitain Michel de la Torre, die Erlaubniß cinzuholcn, uns in der Stadt aufhalten zu dürfen. Unsere Füße mußten uns daher nothgedrungen von der Festung nach dem Schlosse tragen, um dort Sr. Ercellenz vorgestellt zu werden. Das Gebäude hat ein düsteres, unansehnliches Aeußere, wobei ein bedecktes, tiefes Thor mit einer Schildwache an jeder Seite in den inneren Hof führt. Nachdem wir in das Innere getreten, wurden wir durch eine hohe Thür mehrere Stufen abwärts durch eine Reihe hoher, düsterer Zimmer mit gothischen Fenstern geführt, die jedoch nichts als die kahlen, nackten Wände und mehrere schweigende spanische Soldaten von dunkelbrauner Gesichtsfarbe, mit martialischen Schnurrbärten, gezogenem Schwert und finsteren Mienen zeigten. So ging eS von Zimmer zu Zimmer, bis in den letzteren einige blasse und vergelbte Gesichter der Offizianten einige Abwechselung in die tödtende Ein förmigkeit unserer Wanderung brachten; diese saßen hier und da an einfachen, alten Tischen, wo sie mit ihren Federn eilig und emsig über das schwarz geränderte Papier hinflogen. Endlich hatten wir das Arbeitszimmer Sr. Ercellenz erreicht, wo wir nun unter der strengsten Beobachtung aller Cere- monicn vorgestcllt wurden. Nachdem diese beendet, verlangte Se. Ercellenz unsere Pässe, die er einem der Beamten zur Durchsicht übergab, der dann darüber rapportirte, worauf sich Sc. Ercellenz erhob und sowohl meinen Ge fährten als mir die Hand reichte, eine Gunst, die wir uns nicht zu erklären wußten, da sie gewiß nicht Jedem zu Theil werden mochte, was uns die er staunten Blicke der Beamten deutlich genug sagten. Jetzt war uns die Erlaubniß, unsere Koffer u. s. w. zu landen, geworden, und als endlich noch die Revision durch die Zoll-Beamten ihr Ende erreicht, durften wir mit jenen ohne weiteren Aufenthalt durch das Secthor schreiten und in das gastfreundliche Haus des Bruders meines Freundes eintretcn. So kurz die Reise auch gewesen, so hatte sie mich doch ermüdet; was Wunder, daß ich daher, kaum in dem mir angewiesenen Zimmer angekommen, auf die einladende Hängematte zueilte, mich in dieselbe warf und einem kurzen Schlummer überließ. Gestärkt durch den Schlaf, sprang ich aus meiner Hänge-