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DSchemNid irschum« drei Nummern. Prönumeraiivn«. Preis 22j TM'»;,, (j Thlr.) vitrlkljöhrNch, Z Thlr. für d»« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in ollen Theilen her Preußischen Monarchie. Magazin für die PrönumiraNonen werden ron ieter Buchhandlung (in Berlin der Beil u. Eomv., Iögergraße Nr. 28), so wie non allen König!. Poll Aenuein. angenommen. Literatur des Auslandes. V LL4 Berlin, Dienstag den 23, September L84L. England. Ueber den Zustand der Mufik m England. Dritter Brief.') Jlaliönische Lper. — Aorrzerie. — PNchrk. — Musikalilcher EmhufiaSmus. — AuS»chnn rnr die nöchge Saison. London, 24. Äugusi 1845. Unsere italiänische Oper wurde am verwichenen Donnerstag nach einer höchst glänzenden Saison geschloffen, welche Abonnenten und Künstler gleich sehr befriedigt hat. ") Die Ersteren wollen da« Andenken an das Genossene durch eine in Silber gearbeitete Darstellung des berühmten ü« guutre zwischen der Taglioni, Ceriio, Carlotta Grist und Lucile Grahn verewigen, und Letztere haben dem Entrepreneur, Herrn Lumlep, als Beweis ihrer Dank, barkeit eine kostbare stlberne Vase verehrt. Urberhaupt ist unsere diesjährige musikalische Saison die erfolgreichste gewesen, deren inan sich hier seit einer langen Reihe von Jahren erinnert ; sie hat in der T hat alle Erwartungen übertroffen und rechtfertigt die schon in meinen vorigen Briesen ausgesprochene Behauptung, daß sich die Liede zur Kunst immer mehr unter den Massen verbreitet. Die ausgezeichneten Leistungen der Oper und das beispiellos glänzende Debüt des Herrn Pischek in den Konzerten haben eine Wirkung auf unser Publikum hcrvorgebracht, die ich Ihnen kaum zu schildern vermag. Die Erscheinung Moriani'S und Madame Eastellan's verlieh ver Oper neue Stärke, wozu noch der Reiz der Neuheit und die Aufregung des Parteigeistes kamen, und mit Ausnahme der Wüsten-Abende war das Haus allnächtlich gefüllt. Die kräftige, leidenschaftliche Declamation Moriani'S erregte allgemeinen Enthu- staSmuS, und Mad. Castellan zeigte sich in einem unerwartet günstigen Lichte. Ihre zart«, aber metallreiche Stimme, ihr reiner, klassischer Stpl fanden ge- dührende Anerkennung, und bei feder Vorstellung ärndtete sie reichliche Lor beern. Durch den seltenen Erfolg begeistert, macht Herr Lumlep für die nächste Saison noch glänzendere Versprechungen, und wenn er seine Theater- Verwaltung in demselben Geiste fortsetzt, so können wir ihm auch fernerhin volle Häuser und überfließende Kaffen prophezeien. Die Konzerte, die den zweiten wichtigsten Bestandtheil unserer Saison bilden, singen ungünstig an. Sie leiden gewöhnlich an einer gewissen Rüch- ternheit, und da man sie meistens nur der Mode wegen besucht, so herrscht eine Apathie, die den Künstler verstimmt und entmuthigt. Prinz Albert giebt sich zwar viele Mühe, sie in Aufnahme zu bringen, aber selbst die Gegenwart der Königin vermochte nicht, die Kälte des Publikums zu überwinden. Die ersten drei Konzerte der philharmonischen Gesellschaft nahmen einen trübseligen AuSgang; erst beim vierten erschien MoscheleS als Dirigent des Orchesters, das sich unter dein Einfluß seines Zauberstads zu beleben schien; indessen blieb das Ganze noch immer unbefriedigend, und dis gegen den Mai mußte die Saison als verfehlt betrachtet werden. Endlich kam uns die stets gern gesehene Madame Caradori-Allan zu Hülfe, und Ihr Landsmann, Herr Pischek, betrat mit der Kühnheit des Genies de» Schauplatz, ohne sich vorher durch marktschreierische Puffs und kritische Trompetenstöße ankündigen zu lassen. Ein unbekannter Fremdling, wagte er sich neben Mario, Lablache, Fornasari, Moriani, Mad. Castellan, Grisi und Brambilla in die Schranken und eroberte die Gunst unseres Publikums mit Sturni. Sein Probestück war ein einfaches Rheinlied, welches er mit der ihm eigenen Begeisterung vortrug, die den herrlichen Ton seiner klangvollen Baritonstimme so wunderbar erhöht. „Es waren-echt geniale Akkorde", schreibt eines unserer musikalischen Journale, „voll von der Poesie eines der poesiereichsten Länder Europa s, und auch einem kälteren Publikum als dem unsrigen hätten sie ein rauschendes knvonr abge- zwungen." Das zunächst folgende Philharmonische Konzert erregte ungewöhnliches Interesse. Herr Pischek war angekündigt, und der Saal füllte sich mit Zu hörern , deren Erwartungen durch den Ruf des Debütanten bis aufs äußerste gespannt waren. Er sang: „Liebe ist die zarte Blüthe", von Spohr, und schon nach den ersten Augenblicken gab sich ein warmer Beifall kund, der ihm Schritt für Schritt bis zum Ende seines Liedes folgte, wo der erste Donner des Enthusiasmus ausbrach — eines Enthusiasmus, der ihn während ') Dgl. Nr. 124 des Magazins vom I. 1841 und Nr. »7 vom I. 1845. ") Der Redakteur dieser BUUter hat zwar in einem seiner Reiseberichte (VIII. in Nr. 94 des Magazins 1 seine in dieser Beziehung sehr abweichende Meinung an den Tag gelegt, doch will er darum dem ehrenwerthen Urtbeil seines Korrespondenten nicht in den Weg treten. 2> L. der ganzen Dauer seiner Anwesenheit nicht wieder verließ und unserer musika lischen Welt neuen Geist und neues Leben einhauchle. Von nun an erhielt die ganze Sasson eine andere Geüall. Die Laufbahn Ihres trefflichen Sängers war ein ununterbrochener Triumph. Er trat in den (^vneertü -ss Lncie-iu Dinkin auf, und die alte, trockene Mysik zitterte und glühte wie eine neue Galathce unter dem Pygmalions-Feuk-r seiner Begeisterung, bis der frostige, steife Hofzirkel einen Funken seines Genius aufsing und der sonst kalte uno schweigende Gaal von freudigen Stimmen wiederhallte. Er erschien in den langweiligen Morgen-Konzerten, wo die Damen sich hauptsächlich für die Toilette ihrer Nachbarinnen interefsire» und wo nur eine geringe Anzahl starker Geister zum Beifallklatschen Mutb hat; die Halbleeren Räume füllten sich bis zu den Vorhallen, die verdrossenen Plauderer verwandelten sich in eifrige, begeisterte Zuhörer, und ein Sturm des Entzückens erhob sich, wie ihn diele Wände noch nie vernommen hatten. Die Musik-Liebhaber waren außer sich, und leibst unsere strengsten Kritiker, wie z. B. der Rezensent des ,Lille naeum, wurden von dem allgemeinen Taumel ergriffen. — Künftiges Jahr, wo sich der Parorpsmus ein wenig gemäßigt haben wird, dürste Herr Pischek ein strengeres Forum zu erwarten haben: es würde aber ungerecht scyn, wenn wir nicht seiner lobenswerthen Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit gedächten, die ihm eben so die allgemeine Liebe, wie seine Talente die allgemeine Be- wundcrung erworben haben. Es ist fetzt in der That eine angenehme Aufgabe, nach Deutschland zu schreiben — nicht nur, weil dort jedes künstlerische Ge fühl seinen Wiederhall findet, sondern auch um unsere tiefe und wahrhafte Erkenntlichkeit gegen ein Land auSzusprechen, dem die Welt seine schönsten und reinsten Kunstgenüsse verdankt. Die Konzerte werden nächstes Jahr ihr glänzendes Meteor verlieren und in ihre flache, einförmige Bahn zurückkehren, da Herr Lumley, Entrepreneur der italiänische» Oper, dessen unternehmender Geist keinen Vorthcil unberück sichtigt läßt, sich Herrn Pischek'S für die bevorstehende Saison bemächtigt hat und ihn auf die Mauern seines Theaters beschränken wird. Der Hof und die Aristokratie werden also den Liebling des Volkes besitzen, waS um so mehr zu bedauern ist, da ihm die herzlichste Bewunderung gerade von solchen Kreisen gezollt wird, in denen die Etikette nicht jede Aeußerung des wahren Gefühls verbannt, wogegen die Oper nur wenigen Auserwählten offen und der großen Mehrzahl unzugänglich ist. Wir werden jetzt einen Monat völliger Ruhe haben, ehe die »rriere-ssi^nn beginnt, in der man Quartette und Kammermusik aussührt. Bis dahin stehen unsere Musiksäle einsam und verlassen, und wandernde Straßen-Musikanten find die einzigen Vertreter EuterpenS! Für den Augenblick müssen wir fie diesem Schicksal überlassen und uns mit Nachrichten über die Art begnügen, wie man in Deutschland die Apotheose ihres unsterblichen Jüngers feiert. Balfe s neue Oper: Die Zauberin s'l'llv buwllsutreük) kann ganz mit Still schweigen übergangen werden, da fie den früheren Werken dieses Komponisten so ähnlich ist, daß ich mich nur aus das zu berufen habe, was ich in meinem letzten Schreiben über ihn berichtete. Unterdessen fahren wir trotz aller Ent- muthigung fort, eine günstigere Wendung in unseren Aunstzuständcn zu hoffen, obgleich wir kaum die Gründe angeben können, woraus sich diese Hoffnung stützt. Bisher leben wir nur von der uns aus Deutschland zugekommenen Inspiration, und die Zeit scheint noch in weiter Ferne zu liegen, wo auch wir unsererseits ein Scherflern dazu beitragen werden. C. A. M e. Siebenbürgen. Siebenbürgen und seine Bewohner. II- Der Baron N. Wesselenyi. Wessele, npi ist ein Name von gutem Klange, der sich auch im Auslande Achtung und Anerkennung verschafft hat; der merkwürdige Mann, der ihn führt, hat für die Gerechtsame seines Vaterlandes so muthig gestritten, daß ein kurzer Abriß seines Lebens gewiß die Theilnahme des Lesers in Anspruch nehmen wird. Einer der ältesten Familien Ungarns entsprossen, zählt er unter seine Vor- fahren den Palatin Wesselenyi, der gegen Leopold die Vorrechte des Adels vertheidigte und seine Kühnheit auf dem Schaffotte gebüßt hätte, wenn ihm Siebenbürgen nicht eine Zufluchtsstätte gewesen wäre. Der Vater unseres Helden vertheidigte sich einst in seinem Schloß gegen ein Detachement Dra goner, welches Joseph II. gegen ihn abgesendct hatte. Genährt von den Er-