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Wöchentlist, erscheinen drei Nummern. Pränumeration« .Preis 22j Tilbrrgr. (1 Thlr.) vierteljährli», 3 Thlr. für da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Pränumerationen werten von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Jägerstraße Nr. 25), so wie von allen König!. Post-Äemtein, angenommen. Literatur des Auslandes. -1/ 96. Berlin, Dienstag den 12. August 1843. England. Artesische Brunnen in London. AuS einem Brief« des Prof. Maeaire an den Pros, de la Rive. Die Stadt London war bisher mit einem in Betracht ihrer Lage ziemlich guten Trinkwafser reichlich versehen, und es bestehen dort eine Menge Ge sellschaften, die vermittelst großer FlußablcitungS-Arbeiten das Wasser bis in das Innere der Häuser führen. Freilich kommt diese Bequemlichkeit den Bewohnern theuer genug zu stehen, und viele HauScigenthümer müssen für das Wasser, das ihre Familien verbrauchen, nicht weniger als 12 Guineen (84 Thaler) jährlich zahlen. Aber dieselbe Quantität Wasser, welche bisher ausreichte, tritt immer mehr in Mißverhältniß zu den Bedürfnissen einer Be völkerung, die mit einer beispiellosen Schnelligkeit zunimmt. Der Bischof von London hat, um die Nothwendigkeit der Erbauung neuer Kirchen darzu. thun, durch genaue Zahlen bewiesen, daß die Bevölkerung dleser Stadt jähr- lich um 30,000 Seelen anwächst. Vor kurzem erklärte ei» Minister im Unter- Hause, daß die jährliche Zunahme der Bevölkerung Englands 380,000 Seelen betrage, wobei »r im Scherz hinzusügte, daß in den vier Jahren, seit welchen er und seine Kollegen am Rud'er seyen, sie ihre Administrirten um anderthalb Millionen Seelen, d. um drei Viertel der ganzen Bevölkerung der Schweiz, hätten zunehmen sehen. UederdieS wird auch durch das neue ChaussirungS- Vystem nach Mac-Adam'S Metbode, welches fast allgemein an die Stelle des alten Straßenpflasters tritt, wegen des nothwendigen Besprengens, eine be- deutende Menge Wasser mehr als früher verbraucht. Um nun das Fehlende zu ersetzen, ist man auf die Idee gekommen, arte, fische Brunnen anzulegen, für welche die Lagerungs-Verhältnisse des Bodens, über welchem ssch die Stadt erhebt, sehr günstig sind. Dieser Boden besteht nämlich, von oben nach unten gerechnet, zuerst aus einer unbedeutenden Schichte GruS; dann kommt eine gewaltige Masse Töpserthon von der Art, die in der Geologie unter dem Namen Londoner Thon bekannt ist; dann folgt Mergelkalk, Grus, grüner Sandstein und endlich zuletzt Kreide. Die Mächtig keit dieser gelammten Schichten von der Oberfläche bis zur Kreide beträgt 2 — 300 Fuß. AuS dieser Gestaltung deS Bodens ergiebt sich natürlich, daß die Schichten, welche das Wasser durchlassen, wie der untere GruS, der grüne Sandstein und die Kreide, da, wo sie um die Thonmasse her zu Tage stoßen, das Wasser einsaugen, welches mit ihnen in Berührung kommt. Dies Wasser dringt nun ins Innere, und da es durch den darüber liegenden Thon keinen AuSgang finden kann, sammelt eS sich unter demselben, bereit, durch jeden AuSgang hervorzusprudeln, den die Thätigkeit deS Bohrers öffnet. So ist denn auch der Brunnen aus Trafalgar-Square vortrefflich gelungen. Er bat 4000 Pfv. Sterl. (60,000 Thlr.) gekostet und liefert fünfhundert Gallonen in der Minute für die zwei Springbrunnen deS Platzes und hundert Gallone» in der Minute, während vierzehn Stunden deS Tages, für die beiden Parla- mentShäuser, die Admiralität, daS Kriegs-Ministerium, die Kasernen und die anderen in der Nachbarschaft liegenden StaatSgebäude. Dieser Dienst kostet den, Schatze jährlich nur 500 Pfv. (3334 Thlr.), während man früher den Gc. scllschaften, welche die Lieferung des Wassers besorgten, 1000 Pfd. zahlte. Abgesehen von dieser Ersparniß, ist dieses Wasser auch in Qualität und Geschmack dem anderen vorzuziehen. DaS Gelingen jenes ersten Versuches und die Gewißheit, daß die bekannte Bodcnbildung eine gleiche Wassermengc in jedem Theile der Stadt erwarten läßt, hat nun die Idee hervorgcrufen, dieses Verfahren, thcils als Ergänzung zu den Lieferungen der bestehenden Ge sellschaften, theilS in Konkurrenz mit ihnen, überall in Ausführung zu brin- gen, wo sich eine hinreichende Zahl von Konsumenten dazu findet. Die An- legungskosten eines solchen Brunnens werden auf 10,000 Pfd. (66,700 Thlr.) geschätzt, und die Unternehmer erbieten sich, für den Preis von 500 Pfv. jährlich, 500 Gallonen Wasser in der Minute zu liefern, wofür die Gesell schaften gegenwärtig dreimal so theuer bezahlt werden. Man berechnet, daß diese Waffermenge für den Verbrauch von 2000 Häusern hinreicht. Bisher hat man außer in Trafalgar-Square nur noch in Berkeley-Square die Boh rung eines artesischen Brunnens begonnen; aber die Idee ist noch neu, und bei der raschen Zunahme der Stadt und der Vorliebe der Engländer für indu- striclle Unternehmungen ist nicht zu zweifeln, daß man bald eine große Zahl derselben bohren wird. — Man hat gegen diesen Plan einen Einwurf gemacht, der sich nur aus der Unkenntniß deS Prinzips der artesischen Brunnen erklären läßt. Man hat gesagt, sic würden die gemeinen Brunnen im Londoner Thonc bald auStrocknen, die kein anderes Wasser ansammcln können, als das, welches auf die Oberfläche deS Bodens fällt. Nun zieht aber der artesische Brunnen sein Wasser aus der Kreide und kann mit jenen in gar keiner Verbindung stehen. Das Vorurtbeil in dieser Beziehung ging so weit, daß gegen den artesischen Brunnen des Trafalgar-PlatzeS eine förmliche Klage wegen AuS- trocknung der benachbarten gegrabenen Brunnen erhoben ward, und solches zu einer Zeit, wo das Bohrloch noch nicht vollendet war und also noch keinen Tropfen Wasser geliefert hatte. (8. l). st. 6.) Frankreich. Neber tue Sklaverei in den Kolonieen. Nach Carnot. (Fortsetzung.) Zustand der Sklaven. Um sich einen Begriff zu machen von dem materiellen Zustande der Schwarzen vor den im verflossenen Jahrhunderte begonnenen und in dem gegenwärtigen fortgesetzten philanthropischen Bestrebungen, wird cS genügen daran zu erinnern, daß 40,000 jährlich neu aus Afrika nach St. Domingo > eingesührte Sklaven kaum hinreichten, um die schwarze Bevölkerung auf ihrer ursprünglichen Anzahl zu erhalten. Es soll jährlich gestorben seyn, eine Anzahl, mit welcher die Sterblichkeit in unseren Hospitälern gar nicht zu ver gleichen ist. Clarkson schätzt die Anzahl derer, welche in Folge der unge. wohnten Arbeit, der schlechten Behandlung und der Verzweiflung während der ersten beiden Jahre ihres Aufenthaltes in den Kolonien« sterben, aus Bryan-Edwards berechnet die jährliche Verminderung einer Sklaven-Bevöl kerung, die keinen frischen Zuwachs von außen her erhält, auf 2' Prozent, so daß diese Bevölkerung binnen 30 Jahren von selbst ausgchcn müßte; die von Humboldt und Ramon de la Sagra angegebenen Zahlen bestätigen diese Ansicht: „Die gesammten englischen Kolonien« auf den Antillen, welche gegen- wär«ig nur 700,000 Neger und Mulatten, Freie und Sklaven besitzen, haben nach den Zoll-Registern von 1680 bis 1786 (binnen 106 Jahren) 2,130,000 Neger von den afrikanischen Küsten erhalten." In der holländischen Kolonie Surinam vermindert sich die Anzahl der Skla- ven lährlich um 3 — 5 Prozent. Dasselbe Gesetz einer stetigen Abnahme wird durch die französischenKoloniccn und durch alleStaatcn deSAlterthumsbestätigt. Erste pdinnttdroplsche Bestrebungen. Den nordamerikanischen Quäkern gebührt die Ehre, den ersten Antrieb zu den Freilassungen gegeben zu haben. ES war anfangs nur eine Handlung persönlicher Mildthätigkeit, im Jahre 1751 aber verlieh die ganze Sekte durch eine allgemeine Maßregel ihren Sklaven die Freiheit und verweigerte den jenigen ihrer Mitglieder die Zulassung zur Kommunion, welche die Sklaverei nicht vollständig aus ihren Häusern verbannt hätten. Das Beispiel wurde von anderen religiösen Genossenschaften nachgeahmt und ergriff endlich den Staat selbst. Im Jahre 1780 sprach der Staat Pennsylvanien die Freiheit aller seit der Unabhängigkeits-Erklärung geborenen Neger aus. Einige Jahre später verboten die neun nördlichen und mittleren Staaten die Neger-Einsuhr unter strengen Strafen. Eine ähnliche Bewegung zeigte sich in England, ein muthigcr und talent voller Mann, Grandville Sharpe, stellte sich an die Spitze. .Er studirte drei Jahre lang die englischen Gesetze, um sich in den Stand zu setzen, die Rechte der Afrikaner zu vertheidigen. Er war es, der im Jahre 1772 von den englischen Gerichtshöfen die Anerkennung des schon lange in Frankreich gül tigen Grundsatzes erreichte, daß jeder Sklave, sobald er den Boden Großbri- tanienS berührte, frei seyn sollte. Durch seine Bemühungen, welche von nicht minder begeisterten und thätigen Aposteln dieser gerechten Sache, vornehmlich von dcin ehrcnwerthcn Clarkson, unterstützt wurden, bildete sich dir Gesellschaft der Freunde der Schwarzen. Die Frage wurde vor das Parlament gebracht und fand hier beredte Vertheidiger, unter ihnen den beharrlichen Wilberforce. Wilberforce verlangte anfangs nur ein Gesetz der Menschlichkeit bei dem Transport und nicht eine Abschaffung, aber im Jahre 1792 nahm er im Parlamente feierlich den Vorwurf an, daß er seine Wünsche bis zur Unterdrückung der Sklaverei ausdehne. Als Pitt im Jahre 1788 dem Hause der Gemeinen eine Petition für die Abschaffung des Sklavenhandels vorlegte, scheiterte sie an dem mer kantilen Interesse. Man berechnete, daß die Anzahl der Sklaven in Westindien