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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrtlnumerationS-Preis 22j Sildergr. THIr.) vierteijShrlich, Z THIr. snr daS ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der PreuSischm Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Como., Jägergraße Nr. 25), so wie von allen König!. Post-AenNern. angenommen. Literatur des Auslandes. -4/ 92 Berlin, Sonnabend den 2. August 1845. Italien. Die Gewerbthätigkeit im Königreiche Sardinien. Schon seit längerer Zeit finden in Turin Gewerbe-Ausstellungen statt, die sich alle sechs Jahre wiederholen. Die jüngste derselben hat ein werthvolleS Buch hervorgerusen °), welches fich über die gesammte Gewerbthätigkcit des Königreichs verbreitet, und aus dem die folgenden Angaben entnommen find, die wir, einer italiänischen Quelle folgend, unseren Lesern mittheilen wollen. ES ergiebt fich daraus, daß die jährliche Production einen Werth von 200,000,000 Fr. darstellt, welche Summe eine noch höhere Bedeutung erhält, wenn man bedenkt, daß die Gewerbthätigkeit jenes Landes noch wenig durch wissenschaftliche HülfSmittcl unterstützt ist, der Ertrag mithin die Anstrengun gen bei weitem nicht vergilt, daß dieselben Kräfte, von mächtigen Maschinen unterstützt, bei weitem Größeres leisten könnten, und daß das Volk endlich nur den sechsten Theil der italiänischen Nation auSmacht. Das sardinische Festland — denn die Insel Sardinien nimmt an diesem ehrenden Wettstreite noch nicht Theil — umfaßt Gewcrbszweige, die sich aus sehr verschiedener Zeit herschreibeu. Die Bevölkerung der genuesischen Küste gehört so zu sage» zu den ersten Kindern der neueren Kultur. Die Gegenden, welche ehemals unter Pavia standen, und die Bewohner auf dem rechten Ufer des Verbano haben früher an der Gewerbthätigkeit Mailands Theil genom men, darauf mit ihm das spanische Joch getragen, ohne jedoch des raschen Aufschwunges zu genießen, zu dem Mailand durch die philosophischen Re. genten des achtzehnten Jahrhunderts berufen wurde. Die Bevölkerung von Monferrat, Piemont, Nizza und Savopcn hat lange unter dem Joche der Feudalherrschaft geseufzt, obgleich der lombardische Bund die Vorposten Aleran- dria und Cuneo mitten unter sie hinausgeschoben hatte und die Munizipieu Chieri, Asti, Vcrcelli und Turin Handels- und Kriegsmacht besaßen. In ihrer Stellung den Völkerschaften Frankreichs mehr ähnlich als denen Italiens, verfolgten sie einen zwar langsameren, aber sicherem Gang, so daß sie die Küstenbewohner Liguriens und die Bewohner der Po-Ebene vielleicht bald eben so weit übertrafen, als diese ihnen im Mittelalter voraus gewesen waren. Piemont hat Ueberfluß an bewegender Kraft durch die große Menge von Alpenwäffern, obgleich diese nicht in regelmäßigen Abflüssen großer Seebecken bestehen, wie die mailändischen, und obgleich sie wie die letzteren mit ver- altetcn und ungeschickten Apparaten benutzt werden. Das Brennmaterial ist knapp; der Waldbau bleibt vernachlässigt; und man macht auch nicht sonder- liche Anstrengungen, weil die Fabriken, durch Schutzzölle der Konkurrenz ent zogen, sich nicht bemühen, ihre Vorrichtungen zu verbessern; deshalb wird daS National-Eigcnthum ohne Regel, Verstand und Kenntniß versplittert, und das von so zahlreichen Bergen bedeckte Land ist gezwungen, Holz bis zu der unglaublichen Menge von 18,000 Tonnen einzuführcn, und der Turiner Berichterstatter sagt ganz richtig: „Wenn es wahr ist, daß wir arm an Brennmaterial sind, so ist es doch eben so wahr, daß wir bisher nicht minder verschwenderisch gewirthschastet haben." Die Steinkohle ist bis jetzt noch nicht entdeckt worden; di» Alpen von Savoyen und Aosta enthalten viel Anthracit, ein Mineral von höherem Alter und härterem Charakter, welches für sich allein zum Brennen nicht wohl ge eignet, aber doch mit Hülfe der neueren Wissenschaft angewendet worden ist, UM durch Destillation ein luftförmiges Brennmaterial daraus zu ziehe». Die Alpen und die Apenninen liefern vortreffliche Braunkohlen, und viele Thaler und Ebenen sind mit Torf bedeckt; der von Perosa ist strichweise neun Fuß mächtig. In Savoyen befinden sich große Asphaltlager. Aber die Förderung aller dieser Mineralien wird von den Unternehmern mit Sorglosigkeit und Unverstand betrieben, da sie mehr darauf ausgehen, die Preise in die Höhe zu treiben, als die Ausdehnung des Verbrauches zu befördern. Deshalb be trug die Gesammt-Einnabmc noch im Jahre I8Z8 kaum mehr als 200,000 Fr., Während Belgien, das freilich von. der Natur begünstigt ist, aber sich die Sache auch sehr angelegen seyn läßt, von seinen Gruben vierzig Millionen zieht. Aus dem sardinischen Festlande wurden im Jahre >838 an Brennmaterial gegraben: U'iuSttütrIa e delle artl L Porlno — dtotirie null» pstri« iuMlstria Ul Osrlo lux. OiiMo relstor celltiÄle. 'vorkno, stLlitperi» keü!e, I84S. Gruben. Arbeiter. Tonnen. Anthracit (Savoyen und Aosta) 46 Jüngere Braunkohle (Savoyen, Mondovi und Ligurien) 7 Aeltere Braunkohle (Savoyen) 9 Torf (Savoyen, Susa, Jvrea, Novara) I l l44 5,350 65 16 260 5,300 j 1,000 s 5,050 Franken. 53,500 84,000 70,000 73 485 16,700 207,500 Seit in Turin und Chamberp die Gasbeleuchtung eingesührt ist, ist die Einfuhr fremder Kohlen auf 10,000 Tonnen gestiegen, und man hat auch die Cokes benutzen gelernt. So lange aber die künstliche» Hindernisse der Po- Schifffahrt nicht gehoben werden, befinden sich die Städte des inneren Landes in einer übleren Stellung als die von Ligurien und Savoyen, welche für einen geringen Preis (35 Fr. die Tonne) auf dem Wasserwege des Meeres oder der Rhone Kohlen aus Toskana, Frankreich und England erhalten. Es bleibt also in Beziehung auf Feuerungsmaterial noch sehr viel zu thun übrig, zumal die Brenn-Apparate selbst von den neueren Verbesserungen noch wenig Vor- theil gezogen haben. AuS allen diese» Gründen ist die Bearbeitung der Metalle noch ziemlich zurück. Die Gold-Bergwerke zwischen dem Lago Maggiore und dem Monte Rosa geben nicht mehr als eine halbe Million oder 193 Kilogramme. Der größere Theil davon kömmt aus den Pyriten von Val AnzaSca und auch von Val Antrona und Val Toppa. Die Zahl der Arbeiter beträgt 400; siebzig andere beuten die goldhaltigen Quarze von Ossola aus, zehn arbeiten zu Alagna in Val Sesia, und einige wenige waschen den Sand des Ticino, des Orco und anderer Alpenbäche. Das silberhaltige Blei von Savoyen gab während eines Jahrhunderts 22 Millionen; gegenwärtig beläuft sich der jährliche Ertrag auf 300,000 Fr., von denen 133 (600 Kilogramme) in Silber, das Uebrige in Blei-Oryd. Auch Tenda hat eine Bleigrube (32 Tonnen); aber es wird dennoch eine große Menge eingesührt (1193 Tonnen), wovon ein großer Theil (632 Tonnen) in den Bleiweiß-Fabriken von Genua und Savona verarbeitet wird. Die Gewinnung und Bereitung des Eisenö bringt zehn Millionen in Umlauf und beschäftigt 10,000 Menschen. Das einheimische Erz, welches in 28 Gruben gebaut und in 51 Oefen geschmolzen wird, stellt einen Werth von vier Millionen (8000 Tonnen) dar, von denen F auf Savoyen und auf Aosta und Jvrea kommen. Ligurien aber führt fast eben so viel ein (6800 Tonnen), und zwar ans England und der Insel Elba in Stab- und Roheisen, welches in 47 Oescn mit toskanischen Kohlen gegossen wird. Frisch- und PuddlingS-Oefen bestehen 12, Stahlfabriken 3, und Eisenhämmer 200. DaS Eisen wird hauptsächlich verarbeitet zu Draht, Blech, verzinktem und verzinntem Küchengeschirr, welches in den Haushaltungen allmälig die Stelle des Kupfers einnimmt, zu Nägeln (21 Tonnen), Feilen (17 Tonnen), welche man bereits den Steirischen vorzieht, Schrauben, die man schon auszuführen anfängt (54,000 Dutzend), und Bettstellen, welche Genua in beträchtlicher Anzahl auSsührt (78 Tonnen). In der gewerbflcißigen Provinz Biella werden viele Ackergeräthschaften und 24,000 Sensen verfertigt, die bis nach England gehen. Die königlichen Fabriken liefern Gewehre für das ganze Heer, das Material zu den Jagdflinten aber wird aus dem Auslande bezogen; außerdem gehen nach Frankreich über 600,000 Franken für Scheeren und Messer, und 100,000 Fr. für Sensen, Sägen und Feilen. Die übrigen unedlen Metalle werden fast durchaus vom Auslande ent nommen (1760 Tonnen), mit einer geringen Ausnahme von Kupfer zu Morienna (5 Tonnen); sie beschäftigen aber 15 Kupferhämmer, 25 Messing. Fabriken und io Glockengießereien. Die vergoldeten Bronzen und die ge gossenen Erzsachen werden aus Paris oder Mailand bezogen. Die Verarbeitung des Goldes setzt vier Millionen in Umlauf. Außer 100 Kilogrammen Goldfiligrans, welches die Frauen zu Genua verbrauchen, führt diese Stadt viel Silberfiligran von sehr feiner Arbeit aus. In Piemont fabriziren jüdische Goldschmiede die «larini oder Goldkügelchen (66 Kilogramme), welche die Bäuerinnen bis zu fünfzehn Schnüren um den Hals tragen. Im Allgemeinen ist die Ausfuhr des verarbeiteten Goldes stärker als die Einfuhr, welche sich auf Genfer und Pariser Schmucksachen, auf Golddraht, Goldblech und Blattgold beschränkt. Diesem nahe verwandt ist ein anderer schöner Gewerbszweig, die Vcr- arbeitung der Korallen, die der ligurischen Küste ungefähr 2,000,000 Fr. einbringt. Gegen neunzig kleine Schiffe, mit je sieben oder acht Leuten de-