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Nummer 2 Berlin, Donnerstag, den S. Januar 1936 0/6 6Ö5tN6/'L/'6c//vN9 6/vMSNQV Blut undRvden 53. Jahrgang Nationalsoztaltsttsche Aufbauarbeit Kurz vor dem Weltkrieg begann der Mannheimer Gärtner Fritz Liefhold Teile des Sandtorfer Bruches im Norden der Stadt Mannheim urbar zu machen, um auf dem fruchtbaren Moorboden nach hollän dischem Muster hochwertige Pflanzen zu züchten. Es war dies eine überaus schwere und zu Anfang fast aussichtslose Arbeit, die dieser weitblickende und tatkräftige Gärtner in Angriff nahm. Die Zugtiere und die schweren Motoren und Lokomobilen ver sanken immer wieder in dem tückischen Moor, aber Liefhold ließ nicht locker. Endlich gelang ihm das Werk. Die Lebensmittelknappheit des Weltkrieges brachte eine Umstellung des Anbaus auf Gemüse bau in großem Maßstab. Nicht weniger als 270 000 Bohnenstangen standen als dichter Wald in jenen Kriegsjahren im Sandtorfer Bruch, und 200 kriegs gefangene Russen und 100 einheimische Hilfskräfte arbeiteten hier, um die Lebensmittelversorgung der Großstadt Mcknnheim sichern zu helfen. In dieser Zeit zeigte es sich erstmals, wie ergiebig und frucht bar der Moorboden des Sandtorfer Bruchs bei rich tiger Bearbeitung sein konnte. In den Nachkriegsjahren trat ein Rückschlag ein. Es kam eine Reihe niederschlagsreicher Jahre, und zudem war die Zellstoff-Fabrik bei ihrer damaligen verkürzten Arbeitsleistung nicht in der Lage, durch ihr Pumpwerk genügend Grundwasser aus dem tief liegenden Moorgebiet abzusaugen. Der unterirdische Wasserstrom, der im Sandtorfer Bruch zeitweise an die Oberfläche drängte, überflutete in der Folge Jahr für Jahr mehr das Land und machte die mühevolle Arbeit Liefholds zunichte. Liefhold rodete das höhergelegene Land südlich des Bruches und In einer Zeit, in der ein ganzes Volk sich poli tisch und wirtschaftlich emporringt, muß der ein zelne um der Gesamtheit willen zurückstehen. Wo es im letzten Jahre dennoch zu beruflichen Erfolgen einzelner gekommen ist, stand nicht zuletzt harte Arbeit, fester Wille und Zuversicht dahinter. Doch unterschied sich im vergangenen Jahr das wirt schaftliche Streben des Gartenbaues wesentlich von dem während der Jahre einer immer mehr ab sinkenden Wirtschaft. Damals wußte keiner, wofür er sich mühte und sorgte, damals war das ganze Tun ein letzter Krampf vor dem sicheren Zusammen bruch. Neue Hoffnung hielt uns aufrecht, als der politische Umschwung kam, und schon im zweiten Jahr dieser neuen Zeit sahen wir uns gestützt durch die allgemeinen agrarpolitischen Maßnahmen der Schuldenregelung und der Anbauförderung. Wäh rend bis dahin durch die organisatorische Arbeit das Fundament für den weiteren Aufbau ge schaffen wurde, konnte gleichzeitig auch die Arbeit auf dem Gebiet des Absatzes beginnen. Es wäre vermessen, jetzt schon eine auffallende Absatzsteigerung zu erwarten. Besonders ist dies für die verfeinerten Erzeugnisse des Gartenbaues noch nicht in dem Maße möglich, wie etwa auf Gebieten des wichtigsten täglichen Bedarfes. Das Schwergewicht laä aus dem Gebiete des Absatzes vielmehr in der Regelung des Marktes, in seiner Säuberung von allem Unzuträglichen. Der Markt muß erst wieder für seine eigentliche Aufgabe der Bedarfsdeckung umgeformt werden, nachdem er jahrelang eine Stätte des eigennützigen Profits und der gewinnsüchtigen Spekulation gewesen ist. Zuerst wurde auf dem Gemüsemarkt durch Einfuhrlenkung dafür gesorgt, daß in erster Linie die heimi schen Erzeugnisse ihren Absatz finden konnten. Auch im letzten Absatzjahr war die agrarpolitische Arbeit im einzelnen zu verspüren. Nicht nur feste Preise waren im Durchschnitt zu erzielen, sondern der Gemüsemarkt wurde wieder für marktfähiges heimisches Gemüse aufnahmefähig. Die früheren, oft großen Verluste, die durch überständige Anfuhr entstanden, sind durch die Einfuhrlenkung weitest gehend ausgeschaltet worden, wodurch sich das End ergebnis des Anbaues verbessern konnte. Ebenso konnte der früher ungeheure Zustrom ausländischen Obstes durch die Devisenmaßnahmen derart ge hemmt werden, daß der Markt für deutsches Obst frei wurde. Wie wichtig dies gewesen ist, zeigte sich bei der Unterbringung der letzten Ernte. Ab gesehen von dem Ernteausfall, haben die Absatz ergebnisse auf dem Obst- und Gemüsemarkt im letzten Jahr befriedigt und lagen gegenüber 1933 durchweg aufgeholt. Der Blumen- und Zierpflanzenabsatz verlief etwa im Umfange des Vorjahres; beim Blumenabsatz ergaben sich noch manche Schwierigkeiten mit der einsetzenden Herbstsaison. Die Preise hatten aber schon durch die Marktregelung bei wichtigen Kul turen im Spätwinter und Frühjahr aufgeholt, so daß Ansätze einer Besserung vorhanden waren. Eine Stütze erhielt der Blunicnabsntz dann wieder zum Jahresschluß durch die Einschränkungen in der Auslandszufuhr, wie auch sich bereits die Markt entlastung von dem bisher übermäßigen Zwiebel errichtete hier Blumenkulturen, eine Obstplantage und eine Baumschule. Inmitten dieser blühenden Gartenanlagen steht heute die Gaststätte Blumenau, dis zu einem beliebten Ausflugsort der Mann heimer Bevölkerung geworden ist. Das Gebiet des Sandtorfer Bruchs aber lag wieder öde und ver lassen. Jedoch nicht lange währte dieser Zustand. Das Jahr 1933 begann, und mit ihm begann auch an dieser Stelle neue Aufbauarbeit und tätiges Leben! Das Werk, an dem der einzelne kühne Pionier scheitern mußte, wurde von der nationalsozialisti schen Gemeinschaft der Stadt Mannheim auf Ver anlassung und unter tatkräftiger Förderung des Mannheimer Oberbürgermeisters Renninger voll endet. Es entstand im Rahmen des großen Sied- lungsprogrammes der Stadt Mannheim die Gärt nersiedlung Blumenau im Süden des Sandtorfer Bruchs. Diese in den Jahren 1933 und 1934 durch die Stadt Mannheim errichtete Gärtnersiedlung ist eine Vollerwerbssiedlung. Sie soll also den Siedlern die Möglichkeit bieten, auf diesem Grund und Boden durch den Gärtnerberuf den vollen Lebensunterhalt zu erarbeiten. Binnen Jahresfrist wuchsen in zwei Bauabschnitten die 26 Doppelhäuser, die Heime für 52 Familien, unter tatkräftiger, täglich achtstündi ger Mitarbeit der Siedler, aus dem Boden. Bei die sen Siedlern handelt es sich durchweg um erwerbs lose Berufsgärtner, denen von der Stadt Mann heim nach sorgfältiger Auswahl der Bewerber die Möglichkeit zum Aufbau eines neuen Berufsdaseins geboten wurde. Unter ihnen finden sich neben ge- blumenanaebot günstig bemerkbar machte. Der Baumschulabsatz spielte sich in befriedigender Weise bei den Obstgehölzen ab. Zunehmendes Siedlungs streben und Förderung der Obstbaumpflanzungen waren für diesen Zweig förderlich und vielfach konnte in dieser Hinsicht noch eine weitere Besserung fcstgcstellt werden. In den sonstigen Zweigen des Gartenbaues, in Gartengestaltung und Landschaftsgärtnerei, in Samenbau und Samenhandel waren Aufträge und Beschäftigung gegenüber den Vorjahren sicherer. Im Samenhandel konnte man die bezeichnende Feststel lung machen, daß die Bestellungen in erfreulich zu nehmendem Maße gegen sofortige Kasse erledigt werden durften, während sonst längeres Ziel einge räumt werden mußte. Gartengestaltung und Land- schaftsgärtnerei erhielten einen Rückhalt durch öffentliche Aufträge und konnten dadurch ein besseres Arbeitsjahr buchen. Das Absatzjahr 1935 weckte mit seiner Aufbau arbeit Hoffnung und Zuversicht für die wirtschaft liche Zukunft auch auf dem Gebiet des Garten baues. Die schon erzielten kleinen Erfolge haben die Schaffenskraft angeregt und der Berufsarbeit neuen Inhalt gegeben. So dürfen wir das Jahr 1935 als das Jahr der Festigung ansehen. Der bis lang mühevoll erarbeitete Aufbau wird sich nun mehr um so offensichtlicher auswirken. LsrauLbssr. bürtigen Mannheimern auch Gärtner aus allen möglichen Gauen Deutschlands: Pfälzer, Schwaben, Thüringer, Ostpreußen u. a., so daß wir in der Gärtnersiedlung ein kleines Abbild der großen deut schen Volksgemeinschaft vor uns haben. Jede Siedlerstelle in der Gärtnersiedlung Blu menau umfaßt ein Gelände von 1—114 Hektar, von dem 10 Ar beim Wohnhaus und der Rest im Sand torfer Bruch liegen. In den Gärten hinter den Wohnhäusern haben die Frühbeetanlagen ihren Platz, zu denen jeder Siedler 100 qm Glasfenster gestellt bekam. Die Wohnung besteht aus einer ge räumigen und gemütlichen Wohnküche mit Vorplatz, drei Hellen Schlafzimmern, Speicher, Keller, einem an das Haus angebauten Stall zur Kleintierhal tung und einem Schuppen. Die Wasserversorgung erfolgt durch Pumpbrunnen, die einwandfreies und gesundes Wasser liefern. Der Gärtnersiedler zahlt für Wohnung, Geländepacht und Amortisation rm ersten Jahre monatlich die Summe von 15 Ml, die sich im Laufe der folgenden 4 Jahre auf die endgültige Monatssumme von 35 Ml erhöht, die bis zur Tilgung zu zahlen ist. Der Gärtner erhält, wenn er in der von der Stadt festgesetzten Probe zeit den an ihn gestellten Anforderungen entspricht, nach Ablauf dieser Frist die Siedlerstelle zu Eigen tum oder in Erbpacht. Gemeinschaft führt zum Ziel Der eigentliche Lebensnerv der Siedlung, das Gartengelände, liegt im Sandtorfer Bruch. Hier war vom Arbeitsdienst, dem Mannheimer Volks dienst und den Siedlern mit ihren Angehörigen in gemeinsamer, jahrelanger Arbeit eine ungeheure Leistung zu vollbringen, mußten doch rund 95 Im Moorgebiet melioriert und in fruchtbares Garten land verwandelt werden. Heute steht dieses riesige Meliorationsunternehmen kurz vor seiner Fertig stellung. Einige Zahlen mögen die Größe dieser Arbeit erkennen lassen und verdeutlichen: 300 000 ckm Erdmassen waren zu bewegen, 17 km Ent wässerungsgräben anzulegen und 11 km Feldwege zu bauen, bis das Gelände als brauchbares Garten land anzusprechen war. Was das heißt, kann eigentlich nur der ermessen, der diese Arbeiten im Moor selbst gesehen und erlebt hat. Das Grund wasser, die größte Gefahr für dieses Moorgebiet, wird durch ein Pumpwerk, das den Wasserstand selbsttätig auf der erwünschten Höhe hält, aus dem Gartengelände abgesaugt und weitergeleitet. Im Norden des Bruches wurde eine vierrerhige Baum anlage als Windschutz angepflanzt, und zu dem selben Zwecke ist die Anpflanzung von Spät zwetschgen an den Böschungen der, Entwässerungs gräben'geplant. Um das gesamte Gelände zieht sich heute ein Drahtgeflecht, das in Zukunft den Wild schaden, der sich in den ersten Jahren sehr unlieb sam bemerkbar machte, verhindern soll. Jeder Siedler erhielt zwei Stücke Land zugeteilt, um bei dem im Sandtorfer Bruch vorhandenen Wechsel zwischen Moor- und Lehmboden für jeden Gärtner die gleichen Voraussetzungen zu schaffen. Die Be wässerungsmöglichkeit, deren Notwendigkeit sich gerade in diesem trockenen Sommer deutlich gezeigt hat, wird durch die Bohrung eines Brunnens zur Speisung der Kleinpumpen auf dem Gartenland eines jeden Siedlers geschaffen. (Fortsetzung S. 2.) Ore wrLr'eck/rrn^ L/rrmenau Lrrrr nacL cker OertrFskeürrnF. L/äL /Irc/rrr. Rückblick auf den Absatz im Jahre 1935 d/attoaa/son'aüsttsc/re Ull/bauarüerl Ore /llarMorckaunA Kuckbllck au/ cken /tbsatr rm /abre 7935 LVäcüea unter 6/as rm Qartenüau Van OdÄbäumen unri rären ?>ücäten Oer ^omaken-^üsakr rm /a/we 7935 ö/umen-^usstellunA rn Luckbrasrlren Oer Obstbau rn rter 2. OreeuxunAsscbtacbt /rre/ubrencke OrtraZsanKaben Orsatr /ur ötumenrwrebetn tVabrunKsau/nabme bet 7'op/p/tanren Ore OemuLesaaten-zlnerkennllNA -irt unck IVesen rter Samenpru/unA öeru/skamerart, rtre t?ercbsMrtenscbau erwartet Orcbt Oebtt/enstuben so unrt so 2um t?ercbsberu/swettLamp/ metrtent üeru/serrrebunK rm Oartenüau für unsere trauen /etrt notwendiger p/tanrenscbutr IVrr geben unsern Lesern Antwort au/ /ecke frage Die Marktordnung Seil 1933 ist ganz planmäßig aus eins Marktordnung hingearbeitet worden. Will man verstehen, was diese Marktordnung für die deutsche Nahrungsmittelversorgnng be deutet, so muß man sich die Zustände, wie sie vorher aLs diesem Gebiete herrschten, ver gegenwärtigen. Da war es einmal die katastrophale Wirt schaftslage des deutschen Nährstan-des, die zu ernsthaften Besorgnissen Anlaß gab. Die Gärt ner und Bauern konnten ernten, was sie woll ten, immer mehr sanken die Preise herab, immer schmaler wurde der Lohn für ihre Ar beit. Fiel die Ernte gut aus, so wurden durch das starke Angebot die Preise verdorben, die Ware wurde kaum abgenommen. War die Ernte schlecht, so wurden durch die Ueber- schwemmung des Marktes mit Waren aus ländischer Herkunft die Preise ebenfalls her untergedrückt. Wie es auch kam, immer wur den auf Kosten des Gärtners und Bauern die Erzeugerpreise auf einen niedrigen Stand ge halten. Hier hat nun die Marktordnung eingegrif fen. Ihr Ziel ist es, eine gleichmäßige Vertei lung der gärtnerischen und landwirtschaftlichen Erzeugnisse und eine volkswirtschaftlich ge sunde Preisentwicklung herbeizuführen. Die äußere Organisation zur Durchführung der Marktordnung wurde mit dem Reichsnähr stand geschaffen. Vom Erzeuger bis zum Ver braucher wurde der Markt erfaßt, eine Vor aussetzung, wollte man eine gerechte Vertei lung und gerechtfertigte Preisentwicklung durchführen. In den einzelnen Hauptvereinigungen wur den die Wirtschaftszweige zusammengefaßt; der Gartenbau erhielt die Hauptvereiniguug der deutschen Garten- und Weinbauwirtschaft. Alle Hauptvereinigungen gehören wiederum der Hauptabteilung III des Reichsnährstandes an, die den Markt insgesamt betreut. Die Marktverbände haben die Aufgabe, so wohl die Erzeugung nach Menge und Güte als auch die Verteilung in der Weise zu lenken, daß die Versorgung des Volkes zu erträglichen Preisen sichergestelkt wird. Es ist durch die Marktordnung erreicht worden, daß die zwi schen dem Erzeuger und Verbraucher liegen den Berufsqruppen nicht mehr um ihrer selbst willen da sind, sondern lediglich als notwen dige Sammler, Verarbeiter und Verteiler. Von einer beherrschenden Stellung sind die Zwi schenträger auf dem Markt zu dienenden Mitt lern geworden. Es kann nicht Aufgabe der Marktverbände sein, der einen oder anderen beteiligten Gruppe Vorteile zufließen zu lassen, sondern lediglich vom gesamtwirtschaft lichen, volkspolitischen Gesichtspunkt aus den Markt zu überwachen. Der Marktverband setzt Preise und Preisspannen s^t, erläßt Vor schriften über die Beschaffenheit und Ver packung der Erzeugnisse, ist befugt, Betriebe zu kontingentieren und sogar stillzulegen. Heute geben die in der Reichshauptabtei- luug III des Reichsnährstands zusammen- gefaßten 13 Wirtschaftsvcrbände den äußeren Rahmen für die Durchführung der Marktord nung. Sie haben die Uebersicht über die Be lange des Marktes und treffen danach die Regelungen, die für die Versorgung entscheid dend sind.