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210 Nachgiebigkeit gegen die französische Republik zu beschwören. Das grobe Be nehmen Englands, die ZornesauSbrüche Paul'S I. bei Gelegenheit der zweiten Coalition brachten eS dahin, sich völlig in unsere Arme zu werfen. ES fand dies bequem, selbst ehrenvoll, seit der General Bonaparte ans Ruder gekom men war und allen Beziehungen der Kabinette zu der Regierung der Republik einen würdigen Charakter gegeben hatte. Der gute Karl IV. fühlte, wenngleich noch von weitem, eine Art von Freundschaft für den ersten Konsul. Dies Gefühl wuchs mit jedem Tage, und man wird schmerzlich ergriffen, wenn man bedenkt, wie ohne Treulosigkeit von Seiten Frankreichs durch eine unvorhergesehene Verkettung der Ereignisse diese sonderbare Freundschaft enden sollte. Das ist ein großer Mann, der General Bonaparte, sagte Karl IV. unaufhörlich. Die Königin sagte es auch, aber frostiger, da der Friedensfürst, der zuweilen die Handlungen des spanischen Hofes, dessen Minister er nicht mehr war, zu kritifircn beliebte, die Hinneigung, welche man gegen die französische Regierung zeigte, zu tadeln schien. Unter deß war der erste Konsul von unserem Gesandten, Alquier, einem Manne von Geist und Verstand, unterrichtet worden, daß man durchaus den FriedenSfürsten für sich gewinnen müsse, und hatte diesem Günstlinge prächtige, in der Manu faktur zu Versailles gearbeitete Waffen geschickt. Diese Aufmerksamkeit des größten Mannes in Europa hatte der Eitelkeit des Friedensfürsten geschmei chelt. Einige Bemühungen unseres Gesandten hatten ihn vollends erobert, und seitdem schien der Hof von Spanien sich uns ohne Rückhalt hinzugeben. (Schluß folgt.) Nord-Amerika. Aus dem Leben des Hernando Cortez. (Schluß.) Die Mißvergnügten beschlossen, ihre Beschwerden vor die vorgesetzten Be hörden von Hispaniola zu bringen, von welchen VelaSquez seine Vollmacht erhalten hatte. Die Reise war mit einiger Gefahr verbunden, da sie in einem offenen Boote über einen Meeresarm, achtzehn LeguaS weit, gemacht werden mußte, und sie richteten ihr Auge auf Cortez, dessen furchtlosen Sinn sie wohl kannten, als den am besten Geeigneten, sie zu unternehmen. Die Verschwö rung wurde verrathen und kam vor der Abfahrt des Gesandten dem Statt halter zu Ohren, der ihn augenblicklich festnchmen, in Ketten legen und in strenges Gefängniß setzen ließ. Man sagt sogar, daß er ihn habe wollen hängen lassen, wenn seine Freunde sich nicht für ihn verwendet hätten "). Die Sache ist nicht unglaublich. Da die Statthalter solcher kleinen Gebiete das Schicksal ihrer Untcrthanen ganz in ihrer Hand hatten, so genossen sie eines weit unumschränktcrn Ansehens als der Landesherr selbst. Sie waren gewöhnlich Leute von Rang und persönlichem Gewicht; die Entfernung vom Mutterlande entzog ihr Verfahren der genauen Nachforschung; trat jedoch eine solche rin, so standen ihnen gewöhnlich hinreichende Bestechungsmittel zu Gebote, um sie vor Strase zu schützen. Die Geschichte der spanischen Pflanz staaten liefert in ihren frühen Anfängen ausfallende Beispiele von der außer ordentlichen Anmaßung und dem Machtmißbrauch dieser kleinen Gewalthaber, und das traurige Geschick von VaSquez Nullez de Bilbao, dem berühmten Entdecker des stillen Meeres, obgleich das merkwürdigste, ist kcineswegcs ein einzelnes Beispiel davon, daß die größten Dienste durch Verfolgung und schmählichen Tod vergolten werden konnten. Jndeß der Statthalter von Cuba, obgleich er von Natur zornmüthig und argwöhnisch war, scheint weder rachsüchtig noch besonders grausam gewesen zu seyn. Im gegenwärtigen Falle ist eS wirklich zweifelhaft, ob die Schuld nicht mit größerem Recht den ungcgründeten Erwartungen seiner Begleiter, als ihm selbst beizumeffen gewesen. Cortez blieb nicht lange verhaftet. Er versuchte, einen der Bolzen seiner Fesseln zurückzuschieben, und nachdem er seine Glieder daraus losgemacht, gelang cs ihm, mit dem Eisen ein Fenster zu erbrechen und so feine Flucht zu bewerkstelligen. Er saß im zweiten Stockwerk des Gebäudes und machte eS möglich, sich unbemerkt und unbeschädigt bis auf das Steinpflaster hiuab- zulassen. Hierauf begab er sich eilends in eine nahegelegene Kirche, wo er das Recht der Freistatt für sich geltend machte. Obgleich Velasquez aufgebracht über sein Entkommen war, scheute er sich doch, die Heiligkeit des Ortes durch Anwendung von Gewalt zu verletzen. Er stellte aber eine Wache in der Nähe aus, mit dem Befehl, den Flüchtling zu ergreifen, wenn er sich so weit vergessen sollte, die Freistatt zu verlassen. Dies geschah nach wenige» Tagen. Als Cortez unbedachtsam außerhalb der Bordermaucr des Gebäudes stand, sprang ein Alguacil plötzlich von hinten auf ihn los und band ihm die Arme fest, während Andere zu seinem Beistände herbeieilten. Diesen Mann, dessen Name Juan Escudero war, ließ Cortez später wegen irgend eines Vergehens in Ncuspanien hängen > °). Der unglückliche Gefangene wurde wieder in Fesseln geschlagen und an Bord eines Schiffes gebracht, das am nächsten Morgen nach Hispaniola ab- gchen sollte, um ihn daselbst zur Untersuchung zu stellen. Das Glück be günstigte ihn noch einmal. Es gelang ihm mit nicht geringer Mühe, seine Füße durch die Ringe zu streifen, welche sie gefesselt hielten. Er gelangte tij I.L» L»,»», killst. >1« I«» Inülas, »18. wie oben. t«> l-a, «»»»», Met. ü« Io» luckis«, »18. a. a. O Memorial so »lartiuer, »18. vorsichtig auf das Verdeck, und beschirmt von der Dunkelheit der Nacht, stahl er sich leise die Seitenwand des Schiffes hinab in ein Boot, das unten schwamm. Er stieß mit so geringem Geräusch als möglich vom Schiff ab. Als er der Küste nahe kam, wurde die Strömung rasch und unruhig. Er nahm Anstand, ihr sein Boot anzuvertrauen, und da er ein trefflicher Schwimmer war, schickte er sich an, ihr selbst zu trotzen, und stürzte sich kühn ins Wasser. Die Strömung war stark, aber der Arm eines um sein Leben Kämpfenden noch stärker, und nachdem er mit den Wellen gerungen hatte, bis er fast erschöpft war, gelang es ihm, das Land zu erreichen, wo er dann in der nämlichen Freistatt Schutz suchte, die ihm solchen vorher ge währt hatte. Die Leichtigkeit, womit Cortez seine Flucht ein zweites Mal bewirkte, läßt an der Treue seiner Wache zweifeln, die ihn vielleicht als ein Opfer der Verfolgungjbetrachtete und den Einfluß jenes volksbeliebten Wesens empfand, das ihm in jeder Gesellschaft, in welche ihn der Zufall brachte, Freunde erwarb »«). Nun gab er, aus welchem Grunde ist nicht erklärt, — vielleicht aus Klug heit — seine Einwendungen gegen die Heirat mit Catalina Xuarez auf. Auf diese Weise sicherte er sich die guten Dienste ihrer Familie. Bald darauf ließ sich der Statthalter erweichen und mit seinem unglücklichen Freunde versöhnen. Man bringt eine sonderbare Geschichte mit diesem Ereignisse in Verbindung. Man sagt, sein stolzer Sinn habe die Versöhnungsversuche von Velasquez ab gelehnt, und er habe eines Abends seine Freistatt verlassen und sich ihm uner wartet in seinem Lager vorgestellt, als er eben auf einem Kricgszuge in einiger Entfernung von der Stadt begriffen war. Der Statthalter erschrak beim plötzlichen ganz bewaffneten Erscheinen seines Feindes vor ihm und fragte mit einiger Bangigkeit, was dies zu bedeuten habe. Als Antwort darauf bestand Cortez auf eine vollständige Erklärung seines früheren Benehmens. Nach einer etwas heftigen Erörterung endigte die Zusammenkunft auf eine freund schaftliche Weise; Beide umarmten sich, und als ein Bote kam, Cortez's Ent weichung zu melden, fand er ihn im Gemache Seiner Ercellenz, wo sie sich zur Ruhe begeben hatten und Beide in demselben Bette schliefen! Dies Geschicht- chen wird ohne Mißtrauen von mehr als einem der Lebensbeschreiber Cortez's wiederholt >?). ES ist indeß nicht sehr wahrscheinlich, daß ein stolzer, zorn- müthiger Mann, wie VelaSquez, so ungewöhnliche Beweise von Herablassung und Vertraulichkeit gegen einen Mann gegeben haben sollte, der an Rang so tief unter ihm war und mit dem er noch vor so kurzer Zeit in tödtlicher Feind schaft gestanden hatte; noch anderentheils, daß Cortez die unvernünftige Keck heit gehabt haben sollte, dem Löwen in seiner Höhle zu trotzen, wo ein ein ziger Wink ihn an den Galgen bringen konnte, und dies mit eben so wenig Gewissensbissen oder Furcht vor den Folgen davon, als bei der Hinrichtung eines indianischen Sklaven >»). Die Versöhnung mit dem Statthalter, wie auch zu Stande gebracht, war aber dauerhaft. Wenn auch Cortez nicht wieder in seine Stelle als Geheim- schrciber eingesetzt wurde, erhielt er doch ein zahlreiches ropartimiento von Indianern und großen Landbesitz in der Nachbarschaft von St. Jago, wovon er bald darauf zum Alcalde gemacht ward. Nun lebte er fast gänzlich auf seinem Landgute und widmete sich dem Ackerbau mit größerem Eifer als vor her. Er versah seine Pflanzungen mit verschiedenen Arten von Hornvieh, deren einige von ihm zuerst in Cuba cingeführt wurden >»). Er bearbeitete auch die Goldgruben, die auf seinen Antheil kamen und die aus dieser Insel besseren Ertrag verhießen als in Hispaniola. Durch diesen Erwerbsbetrieb sah er sich nach wenigen Jahren im Besitz von etwa zwei- bis dreitausend eanrollanos!, einer großen Summe für einen Mann in seiner Lage. „Gott, der allein weiß, auf Kosten von wie Vielen Jndianerleben sie erlangt wurde", sagt LaS CasaS, „wird Rechenschaft darüber fordern!" 2°) Seine Tage flossen in diesen ruhigen Beschäftigungen und in Gesellschaft seiner schönen Frau sanft dahin, die, wie unpassend auch seine Wahl in Betracht ihres niederen Standes gewesen seyn mag, alle Pflichten einer treuen und liebevollen Gefährtin er füllt zu haben scheint. Er soll, wie der oben angeführte gute Bischof be merkt, in dieser Zeit ost gesagt haben, „er lebe so glücklich mit ihr, als wenn sie die Tochter einer Herzogin gewesen wäre." Das Schicksal ver schaffte ihm im späteren Leben die Mittel, die Wahrheit dieser Versicherung zu bestätigen 21). So war der Stand der Dinge, als Alvarado mit der Nachricht von Gri- jalva'S Entdeckungen und den reichen Früchten seines Handels mit den Ein- IS) vomara, vrüuloa, c»p. 4. — Herrera erzählt eine dumme Geschichte, wie er, des Schwimmens unkundig, sich aus ein Brett geworfen habe, das anfangs in die See hinausgctrieben, zur Flmhzcit aber mir ihm ans Land gespült worden sch. kleueral, äee. 1, lib. 0, eüj>. 8. 17) <Foiu»rs, Dronkes, eap. „Ooenrit eukatyue Ovrtesius eum Vel»8qmo eoäem in leeto. (tu! postero die kuxae dortemi nuutiu« veuernt, Veiasquiuln et Oortesium Zuxta Lceul)snte8 jutuitus, mirstnr." Do Helm« 6e8ti8, ^18. 18) Las Casas, der Cortez schildert als zu dieser Zeit „so erniedrigt und gedemüthigt, daß er gern jede Gunst von dem Geringsten von Velasqucz's Dienern angenommen hätte", behandelt die Geschichte dieser Prahlerei mit Verachtung. io quäl 8! LI (Vela^ner) 8vntivrL äe Oorte8 nna pnnt» slüler äe oervixuilly L pre8unolon, o Io »lioreara ü L Io menv8 I» eolmra 6e I» tierr« y Io «mniera «u el!« 8io qne nlrsrs e»ber« eu »u vul»." Nist. ile Ins In0iri8. M8. lik. 2, eap. 27. 19) „?eeuarinm primu« quoijue babuit, In iosulamiiuo iuäuxit, omni peoorurn xenere ex Ilinpani« petito." Ve kebus Oestis, lH8. 20) „1^08 yue por 8seLrle el oro murieron Dios abrä teni6o rne)or euentn yue 50." Nist. <le Iss Imlias, M8. lib. 3, eap. 27. Der Text ist eine freie Uebersetzung. 21) „L8tao6o eonmixv, we Io äixo huo estsv» tan contento eon eil« eomo s! kuera 60 mm Vuyuesss." Nist. äe las luäias, U8. wie oben. — 60 mar», Bromes, vap. 4.