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Wichentlick erschein«» drei Nunimer». Pränumewtio»--Preis 22^ Silbergr. Thtr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für da» ganze Jahr, ohne Erhöhung, i» allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Jiigerstraße Nr. 23), so wie von allen König!. Post-Acmlern, angenommen. für die Literatur des Auslandes. 30 Berlin, Dienstag den 11. März 184S. Frankreich. Die verschiedenen Klassen der Pariser Bevölkerung. In einer Ebene, die ehemals nur ein Sumpf von übelm Rufe war, unter einem widerwärtigen Himmelsstrich, der übrigens, trotz seiner Launen, gesund ist und im Durchschnitt 174 schöne Tage jährlich gicbt, eristirt eine Stadt ohne Nebenbuhlerin, wenn man sie als Heerd des geistigen Lebens betrachtet, die aber in Bezug auf Ausdehnung und Bevölkerung nur die dritte Stadt der Welt ist. Die Oberfläche des heutigen Paris gicbt 34,379,010 Quadratmetre, wovon 1,469,01« auf das Wasser kommt. Wenn diese Oberfläche unter alle Pariser gleich vcrtheilt wäre, so würde jeder von ihnen 43 Quadratmetre haben; alter die Vertheilung der Luft und des Raumes unter die Bewohner des Ccntrums und der äußersten Enden ist sehr ungleich. Drei Bezirke, in welchen Vorstädte liegen, nämlich der erste, zwölfte und achte, nehmen 4 bis « Millionen Quadratmetre ein, der vierte, siebente und neunte dagegen nur 5 — 700,000, also den neunten Theil. Aus diesem Mißverhältniß folgt, daß der Bewohner des ersten oder achten Bezirks einen Raum von 83 Quadrat- mötre hat, sich darin zu bewegen, während der des vierten oder siebenten nur 12 Mötre hat. Die Differenz ist noch viel größer, wenn man statt der Be zirke die Viertel mit einander vergleicht, deren Zahl bekanntlich 48 ist. Be wohnt man das Viertel der Elysäischen Felder, so hat man als Antheil ein * Carrv von 190 MötrcS; ist man dagegen einer von den gedrückten Bewohnern des Quartier des ArciS, so muß man sich mit 7 MetreS begnügen. Die Ebbe und Fluth der Pariser Bevölkerung kann dem Staatsmann ein Bild von dem Auf- und Absteigen des französischen Nationallebens gebe». Paris ist das Herz Frankreichs, welches sich erweitert und stark schlägt, wenn das Land gedeiht, und sich zusammenzieht in den bösen Tagen. Die älteste offizielle Zählung, die von 1694, gicbt der großen Stadt 720,ooo Seelen, eine Zahl, die vielleicht weniger übertrieben ist, als der berühmte Vauban glaubte. Damals war der Stern Ludwig'S XIV. noch nicht erblaßt. Zwan zig Jahre später, nach den Verlusten und Demüthigungen eines unglücklichen Krieges, nach den Verheerungen der Hungersnoth und der Epidemieen, hatte die Pariser l^ölkerung bedeutend abgenommen. Man spürte noch die Wir- kungen dieser Abnahme ein halbes Jahrhundert nach dem Tode Ludwig'S XIV., wenn man sich anders auf die approximative Zählung von 1702 verlassen kann, welche nur «00,000 Seelen meldet. Eine kleine Vermehrung während der Regierung Ludwig'S XVI. ist ein Beweis für die aufrichtigen Bemühungen dieses Monarchen für das öffentliche Wohl; im Jahre 1784 ergab eine von Necker auf die Zahl der Geburten basirte Veranschlagung die Zahl «20,000, ein Resultat, das nachher durch genauere Berechnungen bestätigt wurde. Jetzt trübt sich plötzlich der Himmel, der Sturm grollt: der Egoismus und die Furcht dezimiren die Stadt des Luxus und der Vergnügungen. Die Einen vcrurthcilen sich zum Exil, die Anderen verbergen sich in den Provinzen, um den Sturm vorüberzichcn zu lassen. Eine Zählung von 1789 ertheilt der Hauptstadt nur 524,18« Individuen. Die Abnahme dauert ohne Zweifel fort bis zu den blutige» Tage» von 1793 -, eS ist ein Verlust für die Geschichte, daß nicht zn ermitteln ist, auf welche Zahl die Pariser Bevölkerung während der Schreckcnözeit gesunken war. Die Sicherheit kehrt mit de» erste» Tagen des Konsulats zurück und manifestirt sich durch eine fortschreitende Erweiterung der Gesellschaft: man zählt 548,000 Bewohner im Jahre 1801, und 180«: 580,000. Dieser Aufschwung wird kaum durch die letzten Unfälle des Kaiser reichs gehemmt. Unter der constitutionellcn Regierung und der bis zu». Miß brauch getriebenen administrativen Centralisation gewinnt die Hauptstadt eine immer größere Ausdehnung. Drei Jahre nach der Restauration zählt Paris schon 710,000 Seelen, und in zwölf Jahren steigt diese Zahl dis auf 880,000. Die Juli-Revolution, wie die von 1789, entfernt für einen Augenblick die Furchtsamen und Mißvergnügten. Die Zählung von 1831 crgicbt nicht mehr als 785,862 Personen, mit Inbegriff der beweglichen militairischen Bevölke rung. Das Vertrauen lebt wieder auf, die große Stadt wird wieder, wie früher, der Sammelplatz der GeschäftSmänner, die Arena der Jndustrieritter, das Paradies der Müßiggänger, und im Jahre 1836 gicbt eine neue Zählung 899,313 Bewohner an. Es ist dies in fünf Jahren eine Vermehrung um 114,000 Seelen oder 14 Prozent. Für das Weichbild hat noch eine raschere Zunahme stattgefunden: sie betrug während derselben Zeit 25 Prozent, die 10—12,000 Personen nicht mitgerechnet, die während der sechs schöneren Monate des Jahres die ländlichen Bezirke des Seine-Departements beziehen. Nach der letzten Zählung endlich, voni Jahre 1841, beträgt die Pariser Bevöl kerung 935,361 und die gesammte Bevölkerung des Departements 1,194,603. Dieser Zuwachs von 36,000 Seelen für die Hauptstadt, und von beinahe 100,000 für die ländlichen Bezirke, wäre ein Phänomen von fast beun ruhigender Art, wenn es nicht eine vorübergehende Ursache hätte, nämlich den Zulauf, der durch die große Arbeit der Befestigungen veranlaßt worden. Da die Zählung von 1841 nur nach ihren allgemeinen Resultaten bekannt ist, so mußte zur Grundlage der nachfolgenden statistischen Darstellung die analy tische Zählung von 1836 genommen werden. Damals, wie jetzt, war das volkreichste Arrondissement das sechste, welches 93,000 Seclcn enthielt, während das neunte die Hälfte weniger zählte. Die Hospitäler wurden von 12,055 Individuen bewohnt; 1380 Sträflinge büßten ihre Strafe in den Gefängnissen; in den Kasernen gab eS 17,051 Militairs, und in den religiösen Instituten 2323 Personen. Zehn Colleges, vier Seminare und mehr als dreihundert Erziehungs-Anstalten enthielten 9251 Kinder; fünf Jahre früher hatte man darin mehr als 13,000 gefunden; sollte diese Abnahme schon eine Folge des gegen die Universität begonnenen Kampfes sepn? Die bewegliche Bevölkerung der muwonL xurnien wurde auf 35,000 Individuen angeschlagen, wovon 500 Fremde. Die Grundlage der Gesellschaft, die Familien, zählte ungefähr 700,000 Seelen; mit den Familien standen mehr als 110,000 Personen im Verband, und zwar theils als eigentliche Dienst, boten, theils in verschiedenen anderen Dienstverhältnissen. Ein merkwürdiges Faktum ist eS, daß im Jahre 1831 die Zahl der Frauen die der Männer um ungefähr 26,000 überstieg, während man 1836: 8000 Männer mehr zählte. Diese Verschiedenheit innerhalb fünf Jahren, da ste nur durch das Zuströmen der Arbeiter aus der Provinz erklärt werden kann, ist ein Symptom indu- strieller Thätlgkeit. Paris ist in der That nicht ausschließlich die Stadt der Pariser, sondern ein National-Eigcnthum, der Sammelplatz aller Franzosen. Man hat im Jahre 1833 heranSgebracht, daß die Hälfte der in Paris sich aufhaltenden Personen nicht daselbst geboren ist. Von 23,176 Individuen, die mit Tode abgingen, waren 10,858 aus den Departements und 17 aus den Kolonieen gebürtig. Wenn man erwägt, daß die Provinzbewohncr, die nach Paris kommen, um daselbst ein Gewerbe zu treiben, ini Allgemeinen herangewachsene Leute sind, während die aus Paris gebürtige Bevölkerung eine Menge Kinder und junger Menschen umfaßt, so ist man berechtigt, anzunehmen, daß in der Klaffe der Herangewachsenen die geborenen Pariser um die Hälfte weniger zahlreich sind, als die aus der Provinz stammenden. Wenn man die Zahl der Todesfälle in jeder Klasse mit 40 multiplizirt, so gicbt das Produkt ziemlich genau die Zahl der Ueberlebenden an. Wenn man nun ferner erwägt, daß man unter 5274 Verstorbenen aus der Provinz, bei welchen allein ihre Ber- hältnissc sich Nachweisen ließen, 86« Individuen von der Klaffe der Gelehrten, der Künstler, der Angestellten und der Rentiers gefunden hat, so wird man daraus schließen können, daß mehr als die Hälfte, daß vielleicht zwei Drittel der Personen, die in Paris von ihrem Vermögen oder ihrem Talent leben, von allen Punkten des Königreichs dahin kommen. Gewisse Provinzen scheinen sich das Monopol spezieller Jndustrieen an- geeignet zu haben. So könnte nian, wenn man wieder, wie vorhin, nach der bekannten Zahl der Todesfälle die der Ueberlebendcn annäherungsweise berechnet, die Zahl der aus dem alten Lothringen gebürtigen Schuhmacher auf mehr als 5000 anschlagen. Fast alle derben Söhne des Cantal, 7000 an der Zahl, machen sich die Gewerbe von Kesselschmieden, Kohlenbrennern, Wasser trägern, Scheerenschleifern u. s. w. streitig. Viertausend Maurer oder Brett- schtttider find Zugvögel, die ihre Nester in den Bergen des Departements de la Creuse haben. Die meisten Weinhändler und Böttcher kommen von der Jonne und der Cöte d'Or. Die Frauen, welche durch die traurigen Erwerbs quellen, die eine große Stadt ihrem Geschlecht bietet, herangelockt werden, die Dienstmädchen, die Wäscherinnen, gehören im Allgemeinen den Depar tements an, welche der Hauptstadt benachbart sind. Da 1000 Frenide aus allen Gegenden des Erdballs jährlich in Paris sterben, so kann man die Zahl derer, die daselbst, scy es vorübergehend oder auf die Dauer, ihren Aufenthalt nehmen, auf 40,000 anschlagen. Die arbeit samen Deutschen bilden darunter eine Gruppe von «—7000, die Belgier sind noch zahlreicher. Es leben ungefähr 6000 Savoyarden, 4000 Schweizer, eben so viel Engländer und etwas mehr als 600 Nord-Amerikaner in Paris. Zwischen der Hauptstadt und den Departements findet nur ein Austausch statt, der für ganz Frankreich ersprießlich ist: so viel Landbewohner Paris empfängt, eben so viel seiner Kinder schickt es in die Provinzen. Die Akten des Livil-Registers beweisen, daß der Zufluß der Fremden ihm keincöwcges