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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration« .Preit 22j Silbergr. (t Thlr.) vierteljährlich, z Th>r. für La« ganze Jadr, ohne Erhöhung, in allen Theile» der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Como., Jägers,raße Nr. 25), so wie von allen Königs. Post-Acmtern, angenommen. Literatur des Auslandes. 23 Berlin, Sonnabend den 22. Februar 1845. Holland und Belgien. Das Mariechen von Npmwegen.") Aus dem in der Anmerkung näher angegebenen Titel der vor 2L0 Jahren in Antwerpen gedruckten Erzählung in niederdeutscher Sprache ist schon zu entnehmen, daß hier von einem weiblichen Faust die Rede ist. Diese Sage ist in der That sehr poetisch, und ich wünschte, daß ein tüchtiges Talent Ge schmack daran fände. Mariken lebte bei ihrem Oheim, einem frommen Priester, dem sie Haus hielt. Sie wohnten drei Meilen von Npmwegen, und Mariken mußte dir gewöhnlichen HauSbcdürfnifse von dort holen. Eines Tages schickt sie der Oheim mit einer Summe von acht Stübern fort, um Essig und Oel, Salz und Schwefelfaden zu kaufen. Er empfiehlt ihr an, da es leicht über die vielen Einkäufe Nacht werden könnte, doch lieber bei seiner Schwester über Nacht zu bleiben, denn es schicke sich nicht für eine schöne lustige Maid, wie sie, allein bei Nacht zu gehen. Die Schwester des Priesters, an welche Mariken gewiesen wurde, ist eine heftige Politikerin und hält eben eine Art von politischem Klub; sie schien, so drückt sich die Sage aus, eher eine wüthende Teufelin, al- ein Christenmensch. Mariken grüßt sie, eintrc- tcnd, mit den Worten: Christ»« mag dir versüßen jed Leid, Und die du lieb hast beschützen vor Qual alle Zeit. Die Politikerin erwiedert mit Flüchen und Schimpfen Mariken's Gvuß und schlägt ihr Gesuch um ein Nachtlager rund ab. Mariken ist über das unheim- liche und gehässige Wesen der Muhme so aufgeregt und empört, daß sie mit den Worten scheidet: Ich frage nach keinen. Lebendigen mehr, Und käme der Teufel selbst zu mir her. Sie tritt nun mit der finkenden Nacht allein den Rückweg an, und wie sie so verlassen und einsam draußen im öden Felde ist, wandelt sie die Lust an, sich zu erhängen; zuletzt bricht sie in die Worte auS: Komm' her zu mir und steh' mir bei, Gott oder Teufel, '» ist mir einerlei. Der Teufel erscheint nun, und ob Mariken gleich anfangs sehr über die un- heimliche Gestalt erschrickt, so geht sie doch nach und nach auf seine verführe- rischen Vorschläge ein, zumal da er ihr verspricht, eine Frau der Frauen aus ihr zu machen. Sie fragt ihn, wie er heiße; er sagt: Mocnc (5Ioon, Dämon), und bittet sich aus, daß sie ihren Namen Mariken gegen einen anderen vertausche. Er verspricht ihr, da sie einen besonderen Hang zu den Wissenschaften zeigt: Willst du werden mein süße« Lieb, Sollst du noch heute sonder gleichen Die sieben freien Künste, Rhetorik», Musik, Logik, Grommanka, Geometrie und Arithmetik» Und Alchhmie erreichen. Er fügt hinzu: . An Gold und Perlen und Edelstein Soll nimmer Mangel bei dir seyn. Marikcn fordert von dem einäugigen Moene, daß er ihr eine Kunst lehren solle, die er unerwähnt ließ: Negromantie ist eine Kunst, die unvergänglich ist, Mein Ohm ist darin erfahren und klug; Er thut manchmal Wunder; er hat auch «in Buch, Darnach weiß er den Feind zu besiegen, Daß er durch ein Nadelöhr muß kriecht»; Di« Kunst müßt ihr mich lehren auch. Moene bringt sie durch den Vorwand, daß diese Kunst -u gefährlich sep, da von ab. Auf sein wiederholtes Verlangen verspricht Mariken, ihren Namen gegen den Namen Emmeken zu vertauschen und das Zeichen des Kreuzes nicht mehr zu machen; sie begiebt sich alsdann mit Moene auf die Wanderschaft. ') kl et hlarikku ran Xzemogvu. l„Eint sehr wunderliche und wahrhaftig« Erzählung davon, wie st« mehr denn sieben Jahre mit dem Teufel verkehrte und lebte.") Indessen nun Mariken mit dem Bösen schwelgt und praßt und Alles durch ihre Gelehrsamkeit in Erstaunen setzt, ist daheim der Ohm sehr besorgt um sie. Er erkundigt sich bei seiner Schwester nach ihr, die aber nicht- von ihr wissen will und bald darauf ihre verdiente Strafe findet. Der Oheim kehrt betrübt nach Hause. Mariken und Moene erscheinen nun in Antwerpen, im WirthShauS zum Baum. Sie setzt die daselbst versammelten Gäste in Er- staunen durch ihre Gelehrsamkeit: „Sollte «i Geometrie nicht senn. Daß ich weiß, wie viele Tropfen Wein Sich in dieser Kanne finden?" Moene. „Ja, Lieb, der Kunst kannst du dich rühmen, Ich lehrte sie dich gestern er!?." Emm eke n. „Logik» lernt' ich auch darnach, Darin bin ich feste." Da- Erstaunen der WirthShauSgästc wächst und steigt aufs Höchste, al- ihnen Moene kundgiebt, daß sie die sieben freien Künste kennt: Astronom!» und Geometrie, Arithmetik», Logik» und Grammatik», Musik» und Rhetorik» ist die allerälteste, Darin kann sie euch ditlputiren Gleich Einem, der Ihät in Löwen stubiren. Die Gesellen verlangen eine Probe der allerältesten Kunst zu sehen. Emmc« ken macht einen sehr künstlich verschlungenen Reim, der indessen nicht zu über setzen ist. Der Schluß desselben ist: Von jeher gab e« gar viele Thoren, Durch Unkunst geht die Kunst verloren. Emmeken wandelt zwar nach und nach eine unheimliche Ahnung über da- eigentliche Wesen ihres Begleiters an; doch er weiß die aufstcigenden Gedanken immer wieder zu verscheuchen, und so bleiben sie sechs Jahre in Antwerpen. Da aber bekommt Emmeken Lust, ihren Oheim und ihre Freunde zu besuchen. Nach manchen Einwendungen geht endlich Moene darauf ein. Sie ziehen nun nach Npmwegen, wo sie just am Ommegangsdag ankommen. An diesem Tage finden Aufführungen und Spiele statt. Mariken sagt zu Moene: Mein Ohm pflegt dazu herzukommen. Ich hörte ihn sagen manchmal schon. Die« Stück sey bester alt mancher Sermon. Dem Moene wird es unbehaglich; da- Stück beginnt mit der Klage: „Breherio, Masschcroen, Advokat von Lucifer, wird meine Klage vor den obersten Richter bringen, daß Gott sich der sündigen Menschen mehr denn der armen Geister erbarmt." Lucifer wendet sich nun kühn an den Höchsten mit der Frage: Warum er sich der täglich sündigenden Menschheit mehr erbarme, als der Geister? Der Herr antwortet: Wer bei Zeiten bereut, findet Gnade in Ewigkeit. Lucifer sagt: DaS war anders zu Zeiten des alten Bunde». Worauf der Erlöser einwendet: Warum wäre ich am Kreuz gestorben, als um den Menschen Gnade zu bringen? Darauf folgt die Antwort : Darum mußt du jetzt strenger sepn als zuvor, denn was die Menschen sonst nicht gewagt haben, das dürfen sie jetzt kühnlich chun. Dem Herrn scheint dies eiuzuleuchten, denn er sagt: So sie sich nicht bessern, soll mein strenges Schwert der Gerechtigkeit hinein schneiden. Unsere liebe Frau tritt zur Vertheidigung des Menschengeschlechtes auf und ersucht ihren Sohn, doch, wie er eS schon manchmal in ähnlicher Noth gethan, Sonnenfinsternisse, Erdbeben und Kometen dem Menschen geschlechte zur Warnung zu schicken. Der Erlöser spricht Worte der Barm herzigkeit. Emmeken wird dadurch so gerührt, daß sie Moene'S Wunsch, sich zu entfernen, nicht nachgicbt. Masschcroen bittet den Herrn, ihm zu er- lauben, daß er die Menschen züchtige, worauf die Muttergottes in echt weib lich versöhnender Weise eintritt: Denk' an die Brust, darau« du einst gesogen, Denk' an den Leib, der liebend dich getragen, Denk' an da« Leid, da« du am Kreuz erduldet, Denk' an dein Blut, La« all du au«»efirömet. War da- nicht Alle« um der Menschen willen, Auf daß sie sollten zu dem Vater kommen?