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WichmML drei ?iu»>m«l». Präuuuucuiö»? -p:-ii 22z Silbtrgr. (j khlr.) vieittljährÜ», Z 2h!r. tt>> d^« ganze göhr. ohne Erhöhung. m allen ^Hellen der'PreuSislhen Monarchie. Magazin für die Pränunirralionen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., gögerftrake Nr. 25), so wie von allen König!. Poft Aemlern, angenommen. Literatur des Auslandes. 144. Berlin, Sonnabend den 30 November 1844. Frankreich. Die Kinder der arbeitenden Klassen in Paris. Zu den inneren Schäden, an denen die arbeitenden Klaffen, namentlich in den fabrikreichen Ländern, laboriren und deren Heilung man durch legis lative Maßregeln hier und da versucht hat, gehören die Arbeiten der Kinder in den Fabriken. Abgesehen von der Tyrannei, welche an sich darin liegt, ein von der Natur noch nicht mit seinen vollen Säften und Kräften auSge« stattetes Wesen mit Arbeiten zu überhäufen, die diese körperliche Entwickelung zurückhalten und unterdrücken, geht auch in der Regel der innere Mensch unter dieser vorzeitigen Last ganz zu Gründe. Die natürlichsten Gefühle werden erstickt, der Eigennutz und der Neid von frühester Kindheit an geweckt, und die Lüderlichkeit mit dem Schmutze aller sie begleitenden Laster tödtet balv den Körper wie die Seele. Daß in Frankreich jener Mißbrauch der in den Fabriken und Werkstätten beschäftigten Kinder nicht geringer sep, als in England, darüber belehrt un- kin Aufsatz des Herrn Leon Faucher, desselben Schriftstellers, dessen lehr reiche Artikel über die Fabrik-Distrikte Englands unseren Lesern noch in Er- innerung seyn werden. Seinem Aufsatze „über die Arbeiten der Kinder in Paris" entlehnen wir Folgendes: „Ein Gesetz, welches der Arbeit der Kinder in den Fabriken und in den großen Werkstätten Schranken auferlegt, wird in Frankreich stets von sehr schwieriger Anwendung seyn -, nirgends jedoch möchte die Beobachtung solcher Vorschriften auf größere Schwierigkeiten stoßen, als in Paris. Zn den Städten, die einen besonderen Gcwerbszwcig haben, wie Rouen, Lille, Sedan, Mühlhausen oder RhcimS, ist die Schwierigkeit viel geringer-, wenn die Art und die Dauer der Arbeiten für alle Arbeiter eine gleichmäßige ist, und wenn der Wetteifer der Fabrikanten sich in einem und demselben Geleise bewegt, so wird eine Gewerbs-Ordnung beinahe zur Familiensache: cS Han. delt sich dann nur darum, zu wissen, welche Opfer das Privat-Interesse einerseits der Aeltern und andererseits der Fabrikherren zu Gunsten jenes all- gemeinen Jntersses sich aufzuerlcgen hat, das der Staat repräsentirt, indem er sich der Heranwachsenden Generation annimmt, welche jetzt die Hoffnung deS Landes ist und dereinst seine Macht bilden soll. „Die Verschiedenheit der neben einander arbeitenden Gewerbe ist eS, welche die Frage komplizirt. Das Gesetz muß sie alle umfassen, wenn es nicht eine Ungerechtigkeit sanctioniren und denjenigen eine Prämie verleihen will, die von seiner Kontrole nicht erreicht werden. Aber sowohl der Gesetz geber, welcher verordnet, als die Verwaltung, welche auSsührt, darf die besonderen Bedingungen jeder einzelnen Industrie nicht außer Augen lassen: mancher Fabrikzweig gestattet Einschränkungen, die ein anderer nicht verträgt, und in gewissen Fällen ermüden acht Arbeitsstunden mehr, als in anderen ein Tagewerk von zwölf Stunden. „Zu dieser in Paris unendlichen Mannigfaltigkeit der Gewerbe kömmt nun auch die Theilung der Kapitalien und demzufolge auch die der Production. Die Werkstätten vermehren sich, aber sie zerfallen auch in viele kleine Bruch stücke; nicht bloß vermöge ihrer Zahl, sondern auch vermöge ihrer Dimen sionen erschweren sie die öffentliche Kontrole. Ueberall, wo die Industrie die Arbeiter anhäuft, da wird die Disziplin, die in solchen ArbeitS-Kasernen nothwendig ist, die Aufsicht im höchsten Grade erleichtern. Der mechanische Hebel, sep es nun Wasser oder Dampf, ist überdies ein mächtiges Mittel der Ordnung: indem man die Thätigkeit der Maschine regulirt, wirkt man in direkt auf die Arbeiter, von denen sie bedient wird; der Dampf hat in dieser Beziehung eine gleiche Wirkung, wie der Takt beim Gesänge. Was vermag jedoch das Reglement und die Aufsicht der Behörde über jene Tausende von kleinen Werkstätten, die in allen Stockwerken mitten in den volkreichsten Stadt vierteln hoch oben unter dem Dache oder tief unten in den Kellern wimmeln, aus zwei oder drei Gesellen und einer gleichen Anzahl Lehrjungcn bestehend, wo es bald ganz und gar an Arbeit fehlt und bald wieder übermäßig gear beitet, die Nacht zum Tage gemacht und weder Maß noch Regelmäßigkeit beobachtet wird? Wenn der Arbeiter, Geselle oder Fabrikant die gesetzlichen Vorschriften begreifen und auS freien Stücken befolgen soll, so muß er erst selbst sich achten und Ordnung in sein Leben zu bringen gelernt haben. Die Ein zelnen haben eben so wie die Nationen einer ziemlich langen Vorbereitung nöthig, um sich zum Verständnisse der Nothwendigkeiten zu erheben, auf welchen die Regierung beruht." Herr Faucher gedenkt nach dieser Einleitung des französischen Gesetzes vom 22. März 1841, durch welches folgende Bestimmungen festgestellt wurden: I) das Alter der Kinder, die in den Fabriken zugelassen werden; 2) der obli. gatorisch gemachte Unterricht, und 3) die dem Staate verliehenen Mittel der Kontrole und Beaufsichtigung. „Der französische Gesetzgeber", fügt der Ver fasser hinzu, „ist in allen diesen Bestimmungen von den in England geltenden Grundsätzen wesentlich abgewichen. Das französische Gesetz hat einen viel größeren Wirkungskreis; eS beschränkt sich nicht auf die mit Dampf, oder Wasserkräften arbeitenden Fabriken und umfaßt sogar noch die Werkstätten, in welchen mehr als zwanzig Gesellen arbeiten. Das Alter der Zulassung ist auf acht Jahre festgestellt, eben so wie in der vom britischen Parlament in diesem Jahre genehmigten Akte; die Engländer bewilligen jedoch den Kindern von acht bis zwölf Jahren nur 6ö Stunden täglicher Arbeit, während das fran. zösischc Gesetz von 1841 ihnen 8 Stunden gestattet. Für Kinder von zwölf bis sechzehn Jahren ist die Arbeitsdauer von 12 Stunden in beiden Ländern gleich. Die Kinder der ersten Kategorie müssen eine öffentliche oder Privat» Schule besuchen, die der zweiten haben den Beweis zK liefern, daß sie bereits Elemcntar-Unterricht empfangen, oder im entgegengesetzten Falle eine Schule zu besuchen, die das Gesetz nicht näher angiebt. Was die von der Regierung geübte Aufsicht betrifft, so beschränkt sich das Gesetz darauf, zu erklären, daß Inspektoren ernannt werden sollen, um die Werkstätten zu besuchen und Pro tokolle über etwanige Zuwiderhandlungen aufzunehmen. „Es giebt zwei Systeme der Beaufsichtigung; diejenige, welche gratis ge schieht und nur Männern anvertraut werden kann, welche sonst Nichts zu thun haben, scheint eine größere Unparteilichkeit zu versprechen; diejenige dagegen, die von besoldeten Beamten geübt wird, leoi denselben ->ne nuanandigere Berantwonttwkttt aus und läßt von ihnen eine regelmäßigere Erfüllung ihrer Pflicht erwarten. Die englische Regierung hat in einem Lande, wo doch die Aristokratie vorherrschend, nicht geglaubt, ein so mühseliges Amt, wie das ge werbliche Patronat armer Kinder, Agenten anzuvertrauen, die, dem Staate gegenüber, ohne anderes Band als das ihrer Hingebung find, und in einem wesentlich demokratischen Lande wie Frankreich, wo die Theilung der Glücks güter eine solche Art von Aufopferung beinahe unmöglich macht, hat man den Muth, die Beaufsichtigung der Fabriken zu einem Ehrenamt ohne Emolumente zu machen. Allerdings find diese Aufsichts-Beamten ziemlich zahlreich; das Seine-Departement zählt zweiundfunfzig Inspektoren, von denen zweiund- dreißig allein auf die Stadt Paris und zwanzig auf die Umgebungen kommen; jeder dieser Beamten soll monatlich die Fabriken seines Ressorts besuchen; aber wie viele giebt eS deren wohl, die diese Förmlichkeit, so unbedeutend sie auch ist, erfüllen, wie viele, welche die Werkstätten, über die ihr Recht der Kontrole fich ausdehnt, kennen oder auch nur gesehen haben? „Der Ausführung des Gesetzes hätte nothwendig eine allgemeine Zählung der Fabriken und Werkstätten, die der Aufficht deS Staates unterworfen find, vorangehen müssen; cS scheint jedoch nichts der Art geschehen zu seyn; die Verwaltung bat fich vielmehr auf die Nachrichten verlassen, die von den Pvlizei-Kommiffarien in Eile zusammengebracht wurden, und daher kömmt die Ungenauigkeit der Listen, die jeder Inspektor erhalten hat. Diejenigen, die eS mit ihren Functionen Ernst meinten, mußten die Arbeit selbst von vorn be ginnen und von Thür zu Thür gehen, um zu erfahren, welches die Werk- stätten, die mehr als zwanzig Gesellen oder Arbeiter zählten, und welches die jenigen, die weniger als zwanzig beschäftigten und die daher der gedachten Juris- diction nicht unterworfen waren. Nachdem die erste Schwierigkeit beseitigt und man zur Kenntniß des Terrains gelangt war, blieb noch übrig, zu bestimmen, welchcrgestalt die Vorschriften des Gesetzes sich nach dem jedem Gewerbe eigenthümlichen Charakter zu modifizircn hätten. Der Gesetzgeber hatte in dieser Beziehung der Verwaltung völlig freie Hand gelassen; die Ver waltung machte jedoch keinen Gebrauch davon, sondern beschränkte sich darauf, den Inspektoren das Recht zu übertragen, die einzelnen Fälle in Erwägung zu ziehen, so daß niemals ein Reglement ertheilt wurde. Sep eS nun auS Man gel an Erfahrung, oder weil es an gutem Willen fehlt, genug, die discretio- näre Gewalt, welche die Kammern geglaubt hatten, als eine nothwcndige Milderung des Gesetzes vom 22. März verleihen zu müssen, bleibt auch heut zutage noch ohne Anwendung. „Welches kann nun wohl der Nutzen einer solchergestalt fich selbst über lassenen Beaufsichtigung seyü? Die Verwaltung, die diesem wichtigen Geschäft eine rein passive Mitwirkung zu Theil werden läßt, muntert dadurch gewisser maßen den Widerstand der Betheiligten auf. Was läßt sich von dem Eifer von unbesoldeten Beamten erwarten, die ein mangelhaftes Gesetz in der Hand, vor sich unzählige Hindernisse und hinter fich eine fast indifferente Regierung haben? Ich habe mir die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, ob die Reform von 1841 in der Hauptstadt wirklich gescheitert, oder ob die Macht der Prinzipien,