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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration« Prei« 22^ DUbergr. <j Thlr.) vierteljährNch, I Thlr. snr du« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in alten Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Como., Jägerstraße Nr. 25), so wie von alle» König!. Dost Aenuern, angenommen. Literatur des Auslandes. IW. Berlin, Dienstag den Z. September 1844. Polen. Polnische Literatur. Le lew el. Wir richten die Aufmerksamkeit unserer Leser auf zwei ganz neue, für die polnische Geschichtskunde höchst wichtige literarische Erscheinungen des berühm ten, zur Zeit als Emigrant in Brüssel lebenden, polnischen Geschichtsforschers Joachim Lclew el. Die erste ist eine Sammlung kritischer, zu verschiedenen Zeiten, während einer mehr als dreißigjährigen wissenschaftlichen Laufbahn des Verfassers, theilS als Professor der Geschichte an dem Lpcenm zu Krzemieniec und an den Universitäten Wilna und Warschau, theils als Privatgelehrter im Auslande, in verschiedenen, besonders älteren, polnischen literarischen Zeit schriften, deren Abdrücke heutzutage höchst selten geworden sind, veröffentlichten Berichterstattungen und Rezensionen von Werken, welche Polens Geschichte, Verfassung, Gesetzgebung, Altcrthümcr und polnische Sachen überhaupt be handeln. Diese Sammlung, von dem Verfasser selbst geordnet, durchgesehen, verbessert, mit vielen neuen Noten, beim unverändert gebliebenen Ursprung- Uchen Tert, bereichert, ist in einem Großoktav-Bande, in polnischer Sprache, unter dem Titel: liorbior)' ür-iet.... prrer S. I.etervela, in Posen so eben bei dem Buchhändler und Verleger ^npanski mit einem die Sammlung be treffenden Vorwort des Verfassers, gerichtet an den Veranlasser und Heraus geber derselben, erschienen. Wir beschränken unö auf die bloß allgemeine Angabe des von dem Ver fasser in dieser Sammlung behandelten geschichtlichen Materials, ohne uns in eine spezielle Auseinandersetzung der daraus gewonnenen Resultate, was eine längere Arbeit erfordern würde, einzulaffen, und setzen nnr zur gerechten Würdigung derselben hinzu, daß dadurch die wissenschaftliche Geschichtsfor- schling in Polen, die Naruszewicz und Czacki so erfolgreich begonnen, eigent lich erst begründet und Lelewel zu ihreni wahren Träger und, so zu sagen, obersten Schiedsrichter aller geschichtlichen Streitfragen geworden ist. Das vorliegende Werk ist somit eine sorgfältige, auf den Grundsätzen einer streng wissenschaftlichen Kritik beruhende und von dem Mark der ausgedehntesten und gründlichsten Sachkenntniß durchdrungene Würdigung dcS hauptsächlichsten während dieses »nd der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zum Druck beförderten Materials der polnischen inneren und äußeren Geschichte. Das Werk kann demnach als eine kritische Darlegung der polnischen Geschichts schreibung von der Mitte des vorigen Jahrhunderts bis auf die neuere Zeit betrachtet werden, bietet wenigstens den Hauptstoff dazu in vollkommener Bearbeitung dar. Derselbe wird uns in 17 Abhandlungen vorgctragen, die wir hier, wenigstens dem Titel nach, bezeichnen, weil sic Werke und Gegen stände behandeln, die, bei der heutigen innigeren wissenschaftlichen Berührung der slawischen und germanischen Welt, für manchen Gelehrten der letzteren nicht ohne Interesse seyn mögen. Sie sind folgende: I) Ueber Bohusz'S Abhandlung über den Ursprung des lithauischen Volkes und seiner Sprache. Warschau, 1808. Bekanntlich hat auch Lelewel ein Werk desselben Inhalts in demselben Jahre in Wilna herausgegeben, in dem er die Lithauer mit den Herulern in Verbindung bringt — eine heutigen Tages nicht mehr haltbare Ansicht. 2) Ueber Olchowskis Disco,>rs sur I'orixmc äs la Ualagne, sur la lanxu« etc. vergl. Götting. Gel. Anz. Jahr 1815 Nr. 126. 3) Etpmologieen in der Geschichte, aus Veranlassung des Werkes von K. G. Anlon: Erste Linien .... über die alten Slawen. Leipzig 1783. 4) Berichte über ältere polnische Geschichts-Kompendien von Lengnich, La Combe, Schmidt, Albcrtrandi, Content d'Orville, Waga, Flatt, Bandtke. >8io. 5) Ueber Niemrewicz'S historische Gesänge nebst einem Grund riß der poln. Ges. von demselben. Warschau 1816. 6) Ueber das Werk: Der Pilger in Dobromil, von der Fürstin Isabella Czartoryska gebornen Flemming. Warschau 1810. — Eine vortreff liche Abhandlung über den Kulturzustand des gemeinen Volks in Polen. 7) Ueber neuere poln. Geschichts-Kompendien von Bandlke 1820, Czerwinski 1816, FalenSki I8iv, Nougaret 1816. 8) Ueber Swiecki's Beschreibung des alterthümlichen Po lens. Warschau 1816. v u. I«) Ueber BronikowSki'S und Gol^biowSki'S Geschichten von Polen. 11) Ueber die von Kownaeki, Warschau 1825, herauSgegebene (falsche) polnische Chronik des lv.Jahrh. vonProkosz — fine sehr wichtige Untersuchung. 12) Ueber Bandtke'ü Abhandlungen über die polnische Gesetz gebung. Warschau 1812 u. 1814. Werk und Rezension von gleichem Werth, indem darin unter Anderem auch die geschichtliche Entwickelung des deutschen und preußischen Munizipalrechts in Polen gegeben wird. 13 u. 14) Ueber den Einfluß dcS römischen auf das polnische und lithauische Recht, aus Veranlassung ähnlicher Abhandlungen von Mickiewicz (Bruder des Dichters), Morze und Janowski. 1825, 1826, 1827. 15) Auseinandersetzung Naruszewicz's und Czacki's historischer Arbeiten, eine Abhandlung von 1826, für die Würdigung der Verdienste dieser zwei nebst Lelewel größten Gelehrten Polens von besonderem Werth. 16) Ueber den vom Grafen Ed. Naczyüski 1840 in Posen heraus gegebenen 6ostex stiploni. von Großpolen — die erste gründliche und gerechte, daher scharfe und demüthigende, aber auch belehrende und für der gleichen Werke musterhafte Rezension — geschrieben in Brüssel 1842. 17) endlich, ein theilweiscr französischer Abdruck des Reiseberichts des Gilbert de Lannoy, zunächst erschienen unter dem Titel: Vo^ages er «»ibssssäes ,Ie Onilleberr. äe Dnnnov, esievulier ste la toison ü'or, «eignem- Se Lauten, 4V>I>ervsI, Dronclüennes, Uerunnont et 4VoI>enie8, 13W — 145t). iVIonn, tzpvgrsplrie ä'bun llszoin, librinre 1840. 8. pp. 140. mit 4 Titelseiten — nebst einer polnischen, von Lelewel selbst angcfertigten Uebersetzung desselben, mit fortlaufenden kritischen, geschichtlichen, geographischen und sonstigen Noten, zugleich mit einer gelehrten Exkursion, als Einleitung, über die Geschichte der Handschrift, ihre Bekanntwerdung und Herausgabe, über die Familc des Reisenden, über die Sprache, den Styl und die Erzählungs weise deS Berichts, über die Jahre der unternommenen Reisen, wozu eine genealogische Tabelle der von Lannoy gesehenen herrschenden Fürsten und eine Reisekarte hinzukommcn. Dadurch hat dieser Reisebericht erst eine Bedeutung erlangt und ist sür die Geschichtsforschung erst brauchbar geworden, was der selbe in der mangelhaften, bloß den Tert gebenden und nur in hundert Ab drücken dem Buchhandel übergebenen französischen Ausgabe des C. P. Serrure, Professors der Universität Gent, kaum werden konnte. Uns interessiren be sonders die Reiseberichte der Jahre I4IZ, 1414 und 1421, da sie die Länder Dänemark, Preußen, Rußland, Lithaucn und Polen betreffen und manche inter essante, nicht nur geographische, sondern auch politische und kulturzuständliche Notizen enthalten, die durch die Noten und Erklärungen des trefflichen Bear beiters der Handschrift in ein noch helleres Licht gestellt werden. Das zweite Werk, dessen wir oben Erwähnung thaten, ist die bereits vor zwei Jahren angekündigte Geschichte Polens von Lelewel. Dies Werk ist nun eben in französischer Sprache unter dem Titel: Histoiro ä« ?o- iogne, psr Sosclnm Deien el, publice pur l«8 80tN8 lies polonsi«, in zwei starken Großoktav-Bänden, mit einem chronologische und genealogische Ta bellen und 16 Landkarten verschiedener Epochen enthaltenden Atlas, 1844 in Paris in der polnischen Buchhandlung und in Lille bei Van Ackere erschienen. Nach geschehener Ankündigung dieses Werks haben wir gehofft, daß dasselbe ein ganz neues Produkt seyn werde, verschieden von den bereits vor mehreren Jahren von dem Verfasser in polnischer Sprache veröffentlichten einzelnen Ab- theilungen der polnischen Geschichte. Wir waren dazu um so mehr berechtigt, als wir wußten, daß der gelehrte Verfasser zu einem umfassenderen Werke, wäh rend seiner langen literarischen Thätigkeit, nicht nnr das reichhaltigste Material, aus dem er seine vielen ausgezeichneten Arbeiten antiquarischen, geschichtlichen, geographischen, numismatischen, genealogischen, juridischen, politischen, biblio graphischen, kulturzuständlichen Inhalts (man sehe beiläufig die Rückseite des Titelblattes dcS dem vorliegenden Werke bcigclegtcn Atlas, wo eine Anzahl dieser Arbeiten genannt wird, so wie das von uns oben über das erstere Werk Gesagte) gesammelt hat, sondern daß er auch bereits an die Bearbeitung eines polnischen GeschichtswcrkeS von größerem Maßstabe geschritten war. Wir er fahren aus einer Note deS Verfassers im zweiten Bande vorliegenden Werkes „Oonsiüerstion«" S. 3, daß ihn darin nur seine gegenwärtige Lage in der Verbannung gehindert habe. Nun, wir danken von Herzen dem verehrten Forscher auch für das, was uns in dieser Ausgabe seiner Geschichte geboten wird. Denn dieselbe ist, trotzdem, daß sie ältere, bereits bekannte Arbeiten über einzelne Theile der polnischen Geschichte an einander reiht, zur Hälfte dennoch ein ganz neues Werk, indem darin eine bis jetzt nicht erschienene Ab handlung hinzutritt, und da auch die früheren Arbeiten vielfach vermehrt und mit inhaltsvollen Noten bereichert worden, so erhalten wir in dem Ganzen eine zwar gedrungene, aber so vollständige und gediegene Geschichte Polens, wie wir sie bis jetzt nicht gehabt haben und wie sie in dieser Art selten ein Volk besitzt. DaS ganze Werk besteht nämlich aus vier Abtheilungen. Die erstere enthält einen Grundriß der polnischen Geschichte von den ältesten