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Wöchentlich erscheinen drei Rummln. Pränumeration»-Pre!« 22j Tildcrgr. (j^ Thlr.) vierteljährlich, Z Tdlr. sür das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Tbeilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen «erden von Irder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Lomp., Jägerstraße Nr. 22). s» wie von allen König!. Post - stenuein, angenommen. Literatur des Auslandes. I. Berlin, Dienstag den 2. Januar 1844. Die Literatur des Auslandes. 184L. Abermals beginnt unsere Zeitschrift einen Jahreslauf, den vreizchnten auf unserer gemeinschaftlichen Weltfahrt mit den Lesern und den uns hol» gebliebenen Leserinnen, deren Gunst wir auch im neuen Jahr uns zu erwerben hoffen. Ja, wir glauben jetzt auf die freundliche Theilnahme de- Publikum- um so mehr zählen zu dürfen, als die Redaction diesem Unternehmen noch größere Kräfte als bisher zu widmen vermag. ES ist nämlich der Nedacteur dieser Zeitschrift einer anderen Function enthoben worden, in der er bei der bisherigen „Preußischen StaatSzeitung" thätig war, deren Mitarbeiter und Mitredacteur er beinahe fünfzehn Jahre lang gewesen. Er darf sich nach den Zeugnissen seiner früheren Vorgesetzten und Kollegen rühmen, in jener Zeit, wo das genannte politische Blatt einen großen und stet- wachsenden Leserkreis sich erwarb, zu den Arbeitskräften der Redaction, deren Ansichten und Bestrebungen damals auch die seinigen waren, wesentlich beigetragen zu haben. Seine Anträge waren eS, in Folge deren ihm im Jahre I8»2 gestattet wurde, die gegenwärtige Zeitschrift zu gründen und wenn auch nicht eigentlich als Beiblatt, doch neben der Preuß. Staatszeitung herauszugcben. Er kann nunmehr seine volle Thätigkeit der Zeitschrift widmen, der er manche ehrenvolle Berührung mit den geschätztesten Männern der Wissenschaft und Literatur verdankt, und die ihm, wenn sie auch vermöge der kostspieligen Materialien, deren sie bedarf, so wie vermöge des von Anfang an, im Interesse einer größeren Verbreitung, billig gestellten Preises, keinen irgend lohnenden Gewinn abwirft, doch in der treugeblicbenen Theilnahme des deutschen Publikums eine Genugthuung gewährt, auf die er stolz ist. Da das „Magazin" seit seiner Begründung mit eigenen literarischen HülfSmitteln und Quellen reichlicher ausgcstattet ist, als vielleicht irgend eine andere literarische Zeitschrift, so kann ihm seine völlige Trennung von der politischen Zeitung, als deren Beiblatt cS bisher von Vielen angesehen wurde, auch hinsichtlich der Quellenbcnutzung keinen Eintrag thun. Ucberhaupt war der Zusammenhang, in welchem das „Magazin" zu der ehemaligen „Preuß. Staatszeitung" stand, immer nur ein äußerlicher, indem unser Blatt zu allen Zeiten eine durchaus selbständige und von der hohen Stelle, zu deren Ressort di- StaatSzeitung gehörte, in ihrer Selbständigkeit geachtete Ncdaction hatte. Aufmerksamen Lesern ist gewiß auch nicht entgangen, daß sich unsere Zeitschrift die Unabhängigkeit in der Auswahl ihrer Stoffe wie in der Bcurtheilung literarischer Erscheinungen stets zu bewahren wußte. Dieselbe hat zwar eine bestimmte, auf das Prinzip des ruhigen Fortschritts gegründete Haltung nie aufgegeben, eine Haltung, die sie auch unter ver änderten Umständen stets zeigen wird, aber unverrückt war ihr Blick dabei vorwärts gerichtet, unverrückt einem höheren Ziele zugcwandt, wie dies auch der Charakter des Landes ist, dem unsere Zeitschrift angebört und dessen deutscheste Gesinnungen zu theilcn sie ungeachtet ihrer vielen Beschäftigungen mit außcrdeutschen Gegenständen niemals aufgehört hat. ES geht uns in dieser Hinsicht wie jenen Reisenden, die in fremden Ländern nur die Heimat desto mehr lieben lernen, die, wie empfänglich sie auch für alle überraschende Eindrücke des Auslandes sind, doch durch diese dem viel tiefer eingcprägtcn Gefühl der Sehnsucht, mit welcher sie nach dem eigenen Vaterlande zurückkehren, keinen Abbruch thun lassen. Die Warte, auf der unsere Beobachtungen im Norden wie im Süden, im Osten wie im Westen angest-llt werden, steht auf deutschem Boden, und aus deutschem Glase sind ihre Instrumente geschliffen. Wäre dies nicht der Fall, fühlten wir nicht bei jeder Zeile, daß wir in Deutschland und für Deutsche schrieben, so würde unser Blatt nur ein in deutscher Sprache erscheinendes französisches, englisches, russisches, italiänischcs Journal sehn, wie es deren in der That nicht bloß in Frankreich, England, Rußland und Italien, sondern auch iu Deutschland selbst giebt. Denn ein großer Theil unserer Zeitungen, die neben den Auszügen aus französischen, englischen und anderen Blättern sich auch noch lange und breite Korrespondenzen au- Paris, London u. s. w. kommen lassen, worin im Grunve nur das wiedergckäut wird, was für die dortigen Zeitungen angerichict worden, verleugnet gewissermaßen den Boden, auf dem sie stehcn, die Lust, von der st- umweht sind. Statt das Inland zum Mittelpunkte ihrer Gedanken zu machen, statt von diesem aus die Ereignisse der Welt zu betrachten und dieselben, so interessant und wichtig sie auch seyn mögen, doch hauptsächlich in denjenigen Beziehungen aufzufassen und darzustcllcn, die sie zum Vaterlande haben, das unter allen Umständen der interessanteste und wichtigste Punkt des Erdballs für un- bleiben muß, werden jene Ereignisse vielmehr als das Hauptthema der Zeitung angesehen, an welches sich die blassen und mageren Berichte über da- Inland, oder klatschhafte und kleinstädtische Korrespondenz-Nachrichten au- den deutschen Residenzen X und A als Folie reihen, die nur dazu dient, das Bild der Fremde um so glänzender erscheinen zu lassen. Zur Entschuldigung eine- solchen Verfahren- wird zwar gewöhnlich angeführt, daß Deutschland kein eigene- politisches Leben besitze und diese« darum im Ausland aufsuche. Aber das ist gerade so wahr, als wenn gesagt würde, Deutschland besitze kein geistiges oder kein Leben überhaupt. Der Kampf der Parteien, wie er sich etwa in Spanien und Irland oder in Frankreich, England und Griechenland darstellt, ist wohl das Spmptom einer politischen Krankheit, nicht aber, wie Biele zu glauben scheinen, das einzige Zeichen politischen Lebens. Dasselbe pulsirt vielmehr in allen Herzen, die ein warme- Gefühl für die große menschliche Gemeinschaft haben, der sie angehören; cS offenbart sich in allen Köpfen, die ihr Auge auch den leisesten Bewegungen der Zeit nicht verschließen, und eS regt sich in allen Geistern, die von dem Wunsche beseelt sind, daß ihr Vaterland und dessen Fürsten keinem anderen Lande und keinem anderen Fürsten der Welt an Macht und Ansehen nachstehen mögen. Versuchen wir eS nur, mit einem solchen Herzen, einem solchen Kopsc und einem solchen Geist eine deutsche Zeitung zu rcdigiren, und nicht nur diese wird dann vom politischen Leben des eigenen Landes durchdrungen sepn, sondern auch unsere Leser werden dann alle Er eignisse der Welt von einem nationalen Standpunkte und nicht in dem durch die Brillengläser des Auslandes gefärbten Lichte wahrnehmen. In unserem „Magazin" haben wir cs freilich weniger mit dem politischen, als mit dem literarischen und sozialen Völkerleben zu thun, aber ganz ist weder da- eine noch das andere von der Politik zu trennen und fernzuhalten. Wir haben uns stets bemüht und werden uns auch ferner bemühen, solche Stoffe zu behandeln, die der Geschichte der Gegenwart angchören und ihr nächstes Interesse auf sich ziehen. Zu diesen gehören natürlich auch die soziali stischen und kommunistischen Bewegungen, die jetzt unter den niederen Klaffen eines großen Theiles von Europa stattfinden — Bewegungen, die ein gänz lich verfehltes, die Menschheit erniedrigende- und auf den rohesten Kultur zustand zurückführcnde- Ziel haben, die jedoch nach ihren Ursachen, wie nach den mit den Mängeln unserer Gesetzgebung zusammenhängenden wahren Bedürfnissen des Arbeiters und des Handwerkers erforscht seyn wollen, damit ihnen diejenige Richtung gegeben werde» kann, welche, während dadurch die Zustände jener Klassen verbessert werden, zugleich ein Fortschritt auf der großen Stufenleiter zur Erziehung des Menschengeschlechtes ist-') Wir dürften daher auch im Laufe dieses Jahres oft Gelegenheit nehmen, auf das Treiben der Chartisten in England, der Repeater in Irland, der Rc- bcccaiten in WälcS, der Kommunisten in Frankreich und in der Schweiz, so wie der Sozialisten in Nordamerika, zurückzukommen. Allerdings hat e- mit der gefährlichen Seite dieses Treibens noch keine Noth; denn die auf einer vielhundertjährigen Bildungsgeschichte beruhende öffentliche Meinung der europäischen Rationen ist zu stark und zu mächtig, als daß sie sich ihre religiösen, philosophischen und sozialen Begriffe durch einen Hausen, wicwohl unglücklicher, doch in de» unklarste» und absurdesten Ideen befangener Menschen könnte rauben lassen. Wie heftig aber gleichwohl da, wo die politischen Zu. stände des Landes sic begünstigen, die Ausbrüche jener im Innern der Gesell- schäft gährendcn vulkanischen Thätigkeit seyn können, das beweisen uns ein- zelne Vorgänge in Spanien und besonders die Aufstände in Barcelona, wo die größtentheilS aus Fabrikarbeitern und Handwerkern bestehenden Nationalmilizcn stets von neuem sich erhoben, um den Kanonen von Montjouy, der spanischen Armee und den Cortes zugleich Trotz zu bieten. Freilich hat auch dort die Macht der Intelligenz über die rohe Gewalt endlich den Sieg davongctragen, aber der Kampf scheint noch nicht zu Ende zu seyn. Ja, in Spanien, diesem jüngsten Kinde der europäischen StaatSrcformcn, kommt vielleicht die Frage der Zeit, welchergestalt der wachsenden, eben so unent behrlichen als bedrohlichen Fabrikthätigkeit und dem Pauperismus gegenüber die Gesellschaft in ihren Grundfesten zu erhalten scp, zuerst zur Entscheidung. '> Wir erfahren so cbtn, daß über diesen interessanten Gegenstand Herr vr. Tb eodor Mund« öffentliche — auch Damen zugängliche — Vorlesungen halten werde, die oom 12. d. M. ab an iedcm Freitag Nachmittage von L—K Uhr im Jagor'schen Saale stattfindcn.