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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration« - P«i- 22^ Dilbergr 0 Thlr.) vierteljährlich, 3 Tblr. für da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen ter Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werten von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Lomp., Iagerjiraße Nr. 2!»), so wie von allen Königs. Pvst-Aemtcrn angenommen. Literatur des Auslandes. 14!). Berlin, Dienstag den 14. Dezember 1847. Texas. Aus den Tagebüchern emes Deutschen m Teras.'> RuthcrSville (in Fayctte Bounty), I. Otiober 18»? Seit vier Wochen befinde ich mich mm in dem langersehnten Teras und bin so gesund, als eS nur immer ein alter, eingewohnter Teraner seh» kann. Auch habe ich, nachdem ich in dieser Zeit mich schon im Lande so ziemlich um- gesehen, die besten Hoffnungen fiir die Zukunft. Wer nur die Hände nicht in den Schooß legen will, kömmt hier wohl fort. Sind einmal die ersten Schwierig keiten der Ansiedelung überwunden, arbeitet man bann einige Jahre selbst und hat man so viel erübrigt, oder bereits das erforderliche Kapital mitgebracht, um sich mit einem Neger und zwei Negerinnen zu versehen, so ist man, scheint es, geborgen. Krankheit und U-uglücksfälle sind überall die Begleiter des Menschen; in einem fremden, noch wenig angebauten Lande und in ungewohn tem Klima freilich mehr als in der Heimat: aber Vorsicht bei der Auswahl des OrteS der Niederlassung und behutsame Lebensweise können auch diese beiden Uebel bedeutend mildern und ihnen möglichst vorbeugen. Zu vermeiden find für den Europäer vor Allem die Küstengegenden und die sumpfigen Nie- derungen mit ihren schlimmen Dünsten. In den hochgelegenen und trockenen Landstrichen im Innern scheint die Luft sehr gesund und der Boden für den Anbau trefflich geeignet. Am ».September langten wir, nach einer Fahrt von vier Wochen, mit der Brigg „Lamar" von New-Iork wohlbehalten in Galvcston an. Das Passagier, geld für einen Platz in der Stetrage, einer Kajüte auf dem Schiff zu drei Perso. nen, hatte 18 Dollars gekostet; es versteht sich, daß wir uns dabei selbst bekösti gen mußten. Im Uebrigen hatten wir es eben so gut, geräumig und freundlich, wie in der ersten Kajüte. Die ganze Fahrt mit dem Unterhalt kostete uns bei- den Brüdern aus diese Weise aber nur 80 Dollars, während wir in der ersten Kajüte an Passagier, und Kostgeld 100 Dollars hätten zahlen müssen. Unsere Küche und Wirthschaft hatten wir freilich auch allein zn besorgen, indcß gin- gen uns Capitain und Mannschaft öfters hülfrcich zur Hand. Die Brigg war ein nettes Schiff, segelte gut und hatte freundliche Leute. Der Capitain, ein noch junger und sehr umgänglicher, gefälliger Mann, ging mit echt amerika nischer Nachlässigkeit auf dem Schiff in zerrissenen Schuhen und Beinkleidern umher, kaute furchtbar Tabak und spielte ziemlich schlecht Whist. Die beiden Steuermänner waren Schweden von Geburt, beide zwar etwas roh, aber gut- müthig; die Matrosen, sechs an der Zahl, bestanden aus zwei Engländern, einem Dänen, einem Illyrier und einem Irländer; lauter ehrliche Bursche, die sich fast unter einander selbst nicht verstanden, ein solches Kauderwelsch war ihre Sprache, welche für englisch galt, aber ein Gemisch der verschiedensten Idiome bildete, da die Leute ans französischen, englischen, spanischen, italiäni- schen, deutschen, amerikanischen, schwedischen, dänischen, russischen und türki schen Schiffen gedient hatten. Passagiere waren nur fünf an Bord, unter ihnen zwei jüdische Handwerker aus dem Großhcrzogthum Posen, der Eine, ein Schneider, der schon mehrere Jahre in New-Jork gelebt hatte und sich nun in Galveston etablircn wollte; der Andere, ein Mützenmacher, sein Ge fährte, der einige Jahre in London und New-Jork gewesen war. In einem dritten Passagier, einem Commis aus New-Jork, lernten wir den Typus eines Iankee kennen, die eine Hose in, die andere über dem Stiefel, beide etwas luftig, hier und da das Hemd hervorguckend, der Rock auch nicht in sehr honnettem Zustande: derselbe Jüngling aber, der auf dem Schiff in solchem Kostüm umherwandclte, erschien in Galveston, wie umgeschaffen, im feinsten Anzug eines amerikanischen Dandy. Wir waren am 7. August von New-Iork in See gegangen. Das Wetter war anfänglich trüb und wechselte mit Regen und Nebel Am I2tcn wurde es schön, bei 27 Grad Hitze und schlechtem Wind, bis sich am I4tcn ein heftiger Sturm erhob, der uns einen Tag lang tüchtig auf. und abschleudertc, so daß die Spitzen der Segelstange» ins Wasser tauchten und die in die Kajüten strö- menden Wellen uns Alles durchnäßten; aber er brachte uns dafür auch am fol genden Tage sehr günstigen Wind und wieder gutes Wetter, und so blieb es dis zu unserer Ankunft vor Galveston. Die Hitze aber steigerte sich noch und machte uns arge Beschwerden. Dabei quälte uns eine tödtlichc Langeweile, denn die monotone Fahrt wurde durch nichts unterbrochen, was unsere Phan. '1 Desselben, übn dessen Zn>jsch,nd«ck-Reis« von Hamburg nach Nerv-Jork sich «ine Mittheilung in Nr. US—tl» de« Magazin« befindet. lasse aus einige Zeit hätte beschäftigen können. Eine Schaar fliegender Fische von der Gröhe eines Herings bis auf Zoll-Länge herab, — ein kleiner Hai, den der Capitain harpunirte, und den wir, nachdem wir ihn gehörig betrachtet, wieder ins Meer warfen, — ein paar Böte mit Negern von den Bahama-Jn- seln, die an unser Schiff heranruderten, und von denen wir recht wohlschmek. kende Fische, hübsche Muscheln und kostbare Waschschwämmc, welche man un« in Europa das Stück gern mit einem Gulden bezahlen würde, für Schiffbrodt cintauschten, — daS war Alles, was uns auf der langen Fahrt an Abwechse lung vorkam. Einigen Spaß machte uns unser ganz schwarzer Steward, be- londers wenn er sich anzog. Er war, trotz seiner kolossalen Hände und Füße, unter seines Gleichen eine Schönheit und in diesem Bcwußtseyn nicht wenig eitel. Damit ihm seine Wolle auf dem Kopf länger wachsen sollte, flocht er sie in kleine Zöpfe, die wie Rattenschwänzchcn abstanven. Alle Augenblicke be sah er sich im Spiegel und zupfte sich an den sieben Haaren seines Bartes, auf den er, als auf eine große Seltenheit bei einem Neger, sich gewaltig viel einbildete. Zur Unterhaltung wurde täglich Whist gespielt und zuweilen nach Secvögeln oder Fischen geschossen. Wir übten uns gelegentlich auch im Tabak-Kauen, un in Teras daran gewöhnt zu scpn, da man hier bei dem Reiten durch di« mciienlangcn Pruirieen, wenn das Gras dürr ist, der Feucrsgcfahr wegen nicht rauchen kann und das Kauen des Tabaks auch den oft unerträglichen Durst stillt. Am lss. August fuhren wir in einer Entfernung von 30 Meilen an Charle ston vorüber, und am 23ften bekamen wir die zu den Bahama s gehörenden Abako-Jnseln zu Gesicht, in deren Nähe sehr gefährliche Sandbänke find. DaS Mecrwaffcr war hier von einer so herrlichen lichtgrünen Farbe, wie ich eS noch nie gesehen hatte, und so durchsichtig, daß man bis auf den Grund schauen konnte, der glänzend weiß hcraufschimmerte. Einige Tage darauf sanden sich niedliche grüne Kolibri'S auf unserem Schiff ein, rin Zeichen, daß wir uns den Tropcnländern näherten. Nachdem wir am 27sten an Havanna, das un« 25 Meilen seitwärts blieb, vorbcigcsegelt waren, erblickten wir endlich am 3. September die Küste von Teras, niußten aber des ungünstigen WindeS halber noch einen Tag im Angesicht von Galvcston vor Anker liegen. Die Einfahrt in diesen Hafen ist sehr gefährlich, da das Meer hier, selbst bei der Fluid, stellenweise nur 12 bis 13 Fuß Tiefe hat. Unser Schiff aber ging liz Fuß im Wasser. Erst am 4tcn Mittags wagte es der Lootse, uns in den Hafen zu bringen. Zweimal aber waren wir auf dem Punkt, fitzen zu bleiben ; das Schiff stieß unten auf, wir konnten wohl eine Minute lang nicht von der Stelle, bekamen Ruck auf Ruck, und Alles machte lange Gesichter. Nur dem scharfen Winde hatten wir cs zu verdanken, daß unser Fahrzeug sich wieder hob und glücklich weiter ging. Es war 4 Uhr, als wir in Galvcston anlang ten, und zwar dicht an der Stadt, während die Bremer und Hamburger Schiffe, die in der Regel tiefer gehen, sich in einiger Ferne von der Stadt vor Anker legen müssen. Galveston, eine kleine Insel, mit niedrigen weißen Holzhäusern besäet, macht einen ganz freundlichen Eindruck. Die Stadt zählt etwa 6000 Ein. wohner, wovon fast die Hälfte schwarze Sklaven find, denen eS in ihrer Skla- vcrei sehr wohl zu gehen scheint, denn man sieht des Sonntags hier Negerinnen in den feinsten Kleidern und männliche Negersklaven in seidenem Frack umher, spazieren. Ist ein solcher Sklave nur im geringsten unwohl, so schafft ihm sein Herr eifrigst ärztliche Hülfe und Pflege, denn cs handelt sich für ihn um einen Verlust von 600 bis IMO Dollars. Behandelt der Herr den Sklaven übel, so hat er zu fürchten, daß dieser ihm davonläuft. Die weißen Einwohner find fast lauter Deutsche. Die Häuser stehen an ungepflastcrten Straßen in langen Reihen in Zwischenräumen von 20 zu 20 Schritt aus einander. Alle habe« einen Vorbau und zur Seite Gärten mit den schönsten Blumen. Sie find nur einstöckig, von außen weiß lakirt, von innen höchst behaglich, dabei aber sehr einfach auSgestallct. Allenthalben sieht man Frauen auf Schaukel- stählen neugierig die Fremden mustern. Unser Absteigequartier war im „Wilhelm Tell", von wo wir nach dem Abendbrodt ins Washington. Hotel gingen, um dort nähere Nachrichten über die uns vorauSgegangencn Freunde einzuholen, von denen wir schon bei einem Galvestoner Handelshause einen Brief vorgcfunden harten, der uns meldete, daß sie über Houston die Reise nach La Grange (am Colorado) gemacht, wo es billiger und angenehmer zu leben scp, als in Galvcston. Wir ahnten bei Lesung dieses voll guten MutheS geschriebenen Briefes nicht, daß uns im nächsten Augenblick eine nicderschlagende Trauerbotschaft über den uns zum Nacheilen auffordernden Freund bevorstehc. Die Beiden waren landeinwärts gegangen und hatten sich in La Grange getrennt. Der, von dessen Hand jener Brief herrührte, war dort geblieben und hatte daselbst oder in Jndustrp eine