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Wöchentlich ceschtinen drei Nummern. Pranumcranonr - Preis 22j Luvergr. (! Tölr.) vicrieljödrlich, Z jdlr. für da» ganze Jadr, odne Erkökung, in allen TöeUen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Jägerftraße Ne. 28), so wie von allen König!. Post - Acmtecn, angenommen. Literatur des Auslandes. 81. Berlin, Freitag den 7. Juli 1843. Algier. Algicrsche Charaktere. Der Berbern.Häuptling Si-Zerdud- Die jüngste Erpedilion des Generals Baraguay-d'HillierS hat die Fran, zosen von einem berüchtigten Feinde befreit, der seit zwei Jahren die Provinz Konstantine beunruhigte, dem Fanatiker Si-Zerdud, einem Kabylischcn Mara- but, der eine ähnliche Bedeutung in der Bcrberischcn Nationalität zu gewinnen suchte, wie sie Abd-el-Kader für die Arabische erlangt hat. So chimärisch dieser Plan war, so verfolgte er ihn doch mit einer Energie und einem Hasse, welcher den Generalen der Provinz viel zu schaffen machte. Er durchstrciste fortwährend den Küstenstrich, predigte überall den heiligen Krieg und wiegelte durch seine feurige Beredsamkeit die Stämme auf, die ihn als einen von Gott inspirirten Redner verehrten und als Krieger bewunderten. Im vorigen Jahre hatte er sie, sechstausend an Zahl, zum Angriff des Lagers von El- Aruch gesührt. Mit einem Wort, Zcrdud war die Seele aller Verschwör»», gen und Aufstände in der Provinz Konstantine; er beunruhigte die Straßen und führte seine eraltirtcn Landsleute selbst unter die Mauern der Fran, zösischen Städte, bis sein Tod die Hoffnungen der Rebellen zerstörte und den Communicationcn zwischen Bona, Philippcville, Budschia und der Hauptstadt der Provinz die Sicherheit wicvcrgab. Si-Zervud gehörte einer Fraction des Stammes der Ulcd-Dschcbara an, über welchen die alte Familie der FcqunS die Oberberrlichkcit halte. Er wohnte vor der Französischen Occupation in Konstantine, wo er auch nachher noch einige Jahre blieb. Zcrdud war Thaleb, d- h. Vorleser, in der Moschee Swi-el-Ehäis und schien als solcher ganz allein dem Gtbet und dem Studium zu leben; er erklärte sich laut für einen Anhänger des Friedens und versäumte keine Gelegenheit, dem Gouverneur, General Galbois, seine Unterwürfigkeit zu versichern. Auch mit dem General Guingret, Kommandanten von Bona, stand er auf dem besten Fuße; er vergaß nicht, ihn zu besuchen und seinen Kaffee mit ihm zu trinken, so oft derselbe in die Stad» kam. ES ist möglich, daß er cs damals noch mit Frankreich gut meinte; aber wahrscheinlicher ist es, daß er nur die günstige Stunde abwartcte und dabei seine geheimen Neigungen »ind Pläne mit jener geschickten Verstellung zu verbergen wußte, welche ein Hauptzug seiner Race ist. Als der Augenblick zu handeln gekommen war, verließ Zcrdud Konstantine und begab sich mit seiner Familie zu dem Stamm der Beni-M'hamcd, dessen Scheich er war und welcher nicht weit von der Küste die unbezwinglichsten Spitzen des Edugh-Gebirges bewohnt. Der vorher überlegte und nnt kaltem Blut auSgcführte Mord eines Französischen Offiziers, des Herrn Allcaume, war die That, mit welcher er die Fahne des Aufruhrs erhob und sich zugleich von vorn herein jeden Weg zur Versöhnung mit den Franzosen abschnitt. Dcr damalige Kaid beS Edugh-Bezirks, Namens Kermisch, der Häupt- ling eines Stammes jener Gegend, war ein Mann, der den Franzosen mehrere Beweise seiner Anhänglichkeit gegeben. Ein gefürchteter Räuber des Distrikts, Bel-Arbi, verbreitete Schrecken in der Ebene von Bona und crmordcle deS Nachts die Französischen Schildwachen an den Thoren dcr Stadt. Kermisch tödtctc ihn und erhielt für diesen ausgezeichneten Dienst das Kommando des GcbirgcS. Diese Erhebung zog ihm eine Menge Feindschaften zu. Er wurde bei den» Kommandanten von Bona der Erpressungen angeklagt, und diese Anklage war nicht ungegründct; aber welchem eingeborenen Beamten kann man nicht dergleichen ungerechte Gelderhebungen vorwerscn? Gleichwohl wurden diese kleinen Sünden, die von seinen Feinden noch vergrößert wurden, der Grund seines Sturzes; der General Guingret, dcr die Sitten der Kabylcn kannte, hatte sic ihm noch verziehen; sein Nachfolger aber, der General Lafontaine, ließ, als auch ihm diese Klagen vorgctragen wurden, eine Unter suchung über die Verwaltung deS Kalo anstellen. Zu», Unglück wurde noch ein persönlicher Feind des Letzteren mit dieser Untersuchung beauftragt. Die, welche die letztere veranlaßt hatten, begleiteten den Kommissar auf seiner Rundreise, und sobald sic sich einem bewohnten Ort näherten, schrieen sie aus allen Kräften, daß „Jeder, dcr sich über den Kaid zu beklagen habe, seine Beschwerden vortragen möge; eS solle ihm Gerechtigkeit widerfahren und Ersatz geleistet werden." Natürlich strömten die Klagenden von allen Seiten herbei; Mancher, dem der Kaid nie etwas genommen, schrie am lautesten, und die gesetzmäßigsten Geldstrafen, die er erhoben, wurden von denen, die sie zu tragen gehabt, als eben so viele Erpressungen dargcstellt, die nur der Tod oder zum allerwenigsten die Absetzung sühnen könne. Kermisch ward ins Gcfängniß geworfen, aus dem er aber bald zu entkommen wußte. Während sein Prozeß instruirt wurde, bewarb sich ein junger Mann aus Bona, ein ehemaliger Maurischer Gendarm, den weder seine Verdienste «och seine äußere Stellung zu besonderer Berücksichtigung empfahlen, um das Amt des abgesetztcn Kermisch. Berkuchi sdicS war sein Name) zeigte cchte oder falsche Briefe von den Scheichs des Evugh-Bczirks vor, die ihn zu ihrem Käiv verlangten, und diese Zeugnisse verschafften ihm den Vorzug vor seinen Nebenbuhlern. Dcr General beauftragte ihn vorläufig mit der Einziehuug deS b «kor (der Grundsteuer) in jenem Bezirk, indem er sich vorbchielt, ihn nach erfolgreicher Beendigung dieser Mission definitiv anzustcllen. Zugleich gab er ihm zu seinem Schutze eine Eskorte von fünfundzwanzig Spahis mit, die von einem Unter-Lieutenant, dem unglücklichen Allcaume, kommandirt wurden. Diese kleine Karavane ging in den ersten Tagen des Juni l84I von Bona ab. Sie fand überall die Stämme bereit, die Steuer zu zahlen, und Herr Allcaume hatte schon eine ziemlich bedeutende Summe nach Bona ge schickt, als das Dctaschement auf das Gebiet der Beni M'hamed kam, des Stammes, dessen Scheich Si-Zerdud war und dcr erst vor kurzem von selbst dem General Lafontaine seine Unterwerfung angeboten hatte. Dcr Käid und Herr Allcaume konnten mit der Aufnahme, die ihnen in diesem Stamme wurde, ganz Alfrieden scyn. Si-Zerdud lud den Offizier ein, die Nacht in seinem Gurbi zuzubringcn, und Herr Allcaume, sich der Redlichkeit des Ber- bern anvcrtraucnd, schlief ruhig neben seinem tödtlichsten Feinde, nachdem er mit ihm das Brod gebrochen und Kuskussu gegessen. Am anderen Morgen mit Tagesanbruch verließ er die Wohnung deS Kabylcn und stieg mit seinen Leuten zu Pferde, um seine Runde durch die Gegend zu machen. Dcr Scheich bot sich ihm zum Begleiter an, und um Herrn AUeaume ganz sicher zu machen, legte er im Augenblick des Ausbruchs seine lange Flinte vor den Augen Aller in die Hände eines seiner Diener, mit dem Befehl, sie in das Gurbi zurückzutragcn. Mehrere von den Beni M'hamcdS folgten ihm eben so ohne Waffen, und das Dctaschement verließ das Dorf unter der Führung deS Kabplen-Chefs, der sich mit der scheinbar ruhigsten und wohlwollendsten Miene mit dem Offizier unterhielt. Man er reichte bald eine üacsierasi, die in einer engen Schlucht lag, welche links ein dichtes Gehölz und rechts ein jüngst erst angeschwollener Fluß begränzten. Hier stieg man ab, um die Steuer zu erheben, und Si-Zerdud fuhr fort, mit Herrn Alleaume zu plaudern; er hatte seit einigen Augenblicken seine Hand unter dem Burnus verborgen, und auf einmal zog er eine Pistole her- vor, die er auf den Offizier abfcuerte, welcher sofort todt niederficl. In demselben Moment wimmelte dcr Rand deS Gehölzes von bewaffneten Ka- bplen, und eine MuSketcnladung streckte drei Spahis leblos nieder und ver wundete einen vierten. Der Rest deS Französischen DetaschcmentS ergriff mit Einschluß des Kalos die Flucht nach dem Strome zu und rettete sich schwim- inend an das andere Ufer. Die meisten Pferde, das Gepäck und das zur Auf bewahrung deS Tributs bestimmte Bchältniß, das aber nur tausend Francs enthielt, blieben in den Händen der Berbern. Als bald darauf eine starke Kolonne in das Gebirge geschickt wurde, um diese Vcrrätherei zu bestrafen, hatte sich dcr ganze Stamm, wie zu erwarten war, aus dem Staube gemacht. Seine Dörfer wurden verlassen gefunden, und die Kolonnc mußte, nachdem sie die Aerndten, die Bienenstöcke und einige Lehmhütten angezündct, unverrichteter Sache nach Bona zurückkchren. Zwei Monate darauf ließen sich die Beni M'hamed einen neuen Frevel zu Schulden kommen, der die Ueberzcugung gewährte, daß, so lange Zcrdud an ihrer Spitze stehe, keine Unterwerfung von ihnen zu erwarten scy. Ber- kuchi, dessen Benehmen bei dem oben erzählten Ercigniß sehr zweideutig er- schicnen war, wurde gleichwohl im folgenden August mit der Einsammlung des ,4ekur svcS Zchntcn) in dem Bezirk seines KaidatS von dem Oberst SenilhcS, dem damaligen provisorischen Kommandanten von Bona, beauf tragt. Dieser beging dabei die Unvorsichtigkeit, ihm nur eine Eskorte von zehn Spahis mitzugebcn, glaubte aber jeder Gefahr vorzubeugeu, indem er ihm empfahl, da- Gebiet keines feindlichen oder zweifelhaften Stammes zu betreten. „Du wirst", sagte er zu ihm, „Dich nur bei den uns befreundeten Bergbewohnern zeigen, und besonders wirst Du cs vcrmciden, den Ucd-cl- Aucb zu passircn. DaS Letztere besonders ist wichtig. Hast Du meine In structionen verstanden?" Der Käiv nickte mit dem Kopfe. — „Wiederhole sie mir, um mich zu überzeugen, daß Du sie ganz begriffen hast." — „Ich werde", wiederholte Berkuchi, „nur zu den befreundeten Kabplen gehen und den Ued-el-Aueb nicht passiren." — „Gut", sagte der Oberst, ihn verab-