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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration- - Prei« 22) Silbergr. Mr.) vierteljährlich, Z Mr. sür da» ganze Jahr, ohne Erhöhung, i» allen Tkeilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Bei« u. Comp., Jägerstraße Nr. 2S), so wie von allen König!. Post-Aemtern, angenommen. Literatur des Auslandes. Berlin, Montag den 17. Juli 1843 England. Englische Dichter-Charaktere, geschildert von Louise von Ploennies. Robert Southey. Robert Southey, geboren 1774, zeigte schon früh eine wahre Vorliebe für die Dichtkunst und gab in seinem 15ten Jahre die ersten Proben seines dichterischen Talents. Unter dem Titel: Moschus und Bion gab er 1795 in Gemeinschaft mit seinem Freund Lovell seinen ersten Band Gedichte heraus und bald darauf seine sn»n vs ^rc, ein Gedicht, welches er in 6 Wochen ausgearbeitet haben soll. Seine Briefe über Spanien 1804 enthalten viel Interessantes über die Pyrcnäische Halbinsel und ihre Literatur. Während seines Aufenthalts in Portugal entstand sein Gedicht Thalaba, der Verderber. Im September 1813 ward Southey zum gekrönten Dichter ernannt, jedoch von der Verpflichtung, des Königs Geburtstag zu besingen, dispensirt. Die Lüinburgb Kvvww sagt von Southey: „Wir bewundern sein Genie, wir verehren seine erhabenen Grundsätze, und wir lieben die Zartheit des Herzens, die in allen seinen Erzeugnissen sichtbar ist. Nicht viele Dichter, weder der Vorzeit noch der Gegenwart, haben Proben einer schöneren Phantasie gegeben oder vielfacher aus den Borräthen einer reichen und kultivirten Einbildungs- kraft geschöpft; noch wenigere haben einen so feinen Takt für das Sentimen tale bewiesen oder mit so zauberischen Farben die einfachen und unschuldigen Regungen der Natur gemalt; — aber wenige haben auch diese reichen Gaben durch hartnäckige Anhänglichkeit an kindische Affectation und unangenehme Eigenheiten so getrübt wie Southey und haben dadurch die Welt um das Vergnügen, sich selbst um den Ruhm gebracht, den ihre Werke nach der Ab sicht ihrer Verfasser hervorzubringcn im Stande waren." Dies das Urtheil der Englischen Kritiker über Southey, welcher wie Wordsworth an Landscen wohnte und deswegen auch zu der Iske ucknol gezählt wird. Doch unterscheidet er sich wesentlich von Wordsworth darin, daß, während dieser sich einer beinahe zu weit geführten Einfachheit befleißigt, Southey sich bemüht, seine erwählten Stoffe mit so viel Glanz als möglich auszustatten. Wir haben daher mehr Gelegenheit, seine Kunst im Geschmack der Drappirung und Ausschmückung seiner Gestalten, der reichen Scenerie, in welche er sie versetzt, zu bewundern, als von der Idee, welche all' dieser Pracht die belebende Seele scyn soll, ergriffen zu werden. In dieser reichen Scenerie und Vorliebe für prächtige Ausstattung hat er einige Verwandtschaft mit Freiligrath; wie dieser, läßt er sich gern von Orientalischen Bildern um schweben und gießt einen schimmernden Farbenglanz auf diese Gemälde auS; aber während Southey s Poesie reicher an Sccncn reiner Zärtlichkeit und ergreifender Seelenleiden ist, weiß Freiligrath durch die Kraft seiner Dar stellungen und durch das Feuer seiner Phantasie hinreißender auf das Gemüth zu wirken. In Southey finden wir mehr Beredsamkeit als Begeisterung, mehr Schimmer als Gluth; hören wir z. B. in dem Gedicht: Mw Ourne os Kelmims", welches viele schöne Indische Schilderungen enthält, seine Be schreibung eines Indischen Abends: Der Abend naht, und über StromeSfluthen Heimwärts den ging still der Flamingo lenkt, Und wo er segelt durch die Abendglntdcn, Ein böd'rcr Purpur seine Schwingen tränkt. Horch! an dem goldenen Palast Jetzt läutet der Brainin die Stunde, Ter ed-rne Klang tönt in der Runde, Und weühlu durch den Abend schallt Er hin, wie ferner Donner hall«. Oder seine Beschreibung der alten zerstörten Stadt Baly, einer jener in Felsen gehauenen Städte in Ostindien, deren Trümmer halb aus den Fluthen empor ragen : Vom Mittagsstrahl mit Hellem Glanz umflogen Die gold'nen Mirme schimmern au- der See, Und Dome, Zinnen steigen aus den Wogen, Ein Anblick, der enveckt ein tiefes Weh. Denn hier kann traurig der Beschauer ahnen, Welch reiche- Wunderwerk verschlang die Nacht; Und jene stolzen Monumente mahnen An die versunk'ne mecrumranschtc Pracht. Dort, m die Felsen eingehauen, ragen Die alten Tempel nah' der Meerc-fluth, Vergeben- Flnth und Brandung daran schlagen, Weil unerschütterlich ihr Grundstein ruht. — Die Göttertempel stehn in liesem Schweigen — Einst waren sie durchranschl von Hellem Klang, AIS sich der Feste feierlicher Reigen Im Dienst der Götter durch die Hallen schlang. Jetzt rauscht die Zeit vorbei mit matten Schwingen, Kein Ton erklingt, nur dumpf erbraust die See, Wenn ihre Wogen wild den Strand umschlingen, Und ihrem lauten Klaggcsang vermähle» Die Winde sich in singenden Chorälen Und stimmen ein in ihr unendlich Weh. „Kehanna", ein Gedicht in 20 Gesängen, ist in den Orient verlegt; cs enthält indessen auch außer den prächtigen Malereien viele schöne Geelenschtl- derungen. Von der Liebe heißt es darin: Ja, Lieb' ha« ew'gc Lebcnskrast; Wird jede and'rc Leidenschaft Auch von Ler Zei« himvrggerafft. — Der Ehrgeiz wohn« nicht dort im Licht, Der Geiz wohnt in der Hölle nicht, Die ird'schc Leidenschaft vergeht Ans dieser Welt, wo sie entsteh«. Doch Lieb' ist ewig unvergänglich, ES steigen ihre reinen Flammen Zum Himmel aus, woher sie stammen. Aus Erden ein geschmähter Gast, Getäuscht, gedrückt von Kummer- Last, Ist diese Welt ihr Prüsung«ort, Zur süßen Rast gelangt sie dort. O, wenn der Mutter dort erscheint Da- Kind, dai sie hier heiß beweint, Wird ihr dann nicht sür Angst und Sehnen, Für manche Nach«, durchwacht in Leid, Für allen Kummer, alle Thränen, Ein Uebcrmaß von Seligkeit? Wie schön ist die Malerei der vorhin erwähnten Felsenstadt, welche ein Wanderer betritt: Durch jene Clraßcn schritt er, die so lange Jahrhunderte betrat kein Menschcnsuß, Durch diese Straßen, fremd so lang dem Klange De- Menschenschrittes und der Stimmen Gruß. Im Sonnenlicht, aus grüner Wogen Schoß, Erheben sich Paläste, hehr und groß, Der stolzen Stadt, so wunderbar und mächtig, Al» wär-S ein Riesenwerk, sür Götter prächtig. Wie stil! und schön die Hallen anznsehn, Als wenn die Hand sie der Natur gegründet, Die cw'gcn Felsen selbst nicht fester stehn. Kein MeersanL hat ihr goldncS Thor verschlossen, Gian ist der Marmor, den die Fiuth umflossen, lind hin sein Fuß zum Äöuigstcmpcl wallt, Wo einst so furchtbar Baai'S Gebot erschallt, Den weit umgab der anmuthvollc Garten, Wo nie gewelkt der Bäume frische- Grün, Wo man gesch'n der Blumen schönste Arten Zu gleicher Zeit mit gold'nen Früchten glüh'». Noch immer war er wunderschön zu preisen, Noch immer werth, ein Paradie- zu heißen; Denn wo der mächt'ge Ocean verheerte, Da hatte er, durch eigner Schöpsung Schimmer, Seltsam verschönt, was er gelegt in Trümmer, Hier Lauben von Korallen lind Madrepörne Hallen, Bänke von Schwamm, so zart und schwellend weich, AlS je ein Bett von MooS, In dessen grünem Schoß Hamadrnaden ruh'n im WaldeSrcich. Und kleine Bäume, bunt gefügt au- Stein, lind manche MecreSpflanz', umsponnen klar Don zarten Fibern, seidenweich und sein, Gleich einer Mecresjungfrau gold'ncm Haar, lind and'rc wieder riesenhaft sich hoben Wie mächtige Bananen, weit umher Verbreiten sie die Blätter, roth durchwöben Wie Purpurwimpel, über- grüne Meer. Noch immer springen dort die goid'nen Quellen, Wo sie sich mischen saiz'ger MecreSfluth, Da tauchen Fische glänzend aus den Wellen, Auf deren Flossen Schariachschimmer ruht, Sie eilen hin zu jenem frischen Quell lind nippe» spielend an dem Wasser hell, Dann aus den kleinen Schwingen schnell, Gleich rothbefiedert fiücht'gen Pseilen, Sie jene stillen Lüste »heilen, Ihr ungewohntes Element.