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Wichrntll» »kchoii-n tiei Numm-rn. PräimmcrlUio»»>Ptti» 22j SNbcrgr. <j Tdlr.) »IrXkl^brlick, z Tb». sür Pas aattze gakl, ohne Erhöhung !!< aUc» TbcUcu d-r Prrußischen MonarAic- )ür die Pränumerationen werden von leder Buchhandlung (in Berlin bei Deit u. Camp., gagrrslraße Nr. 28), so wie von allen ktämgl. Post tlcmlcrn, angenommen. Literatur des Auslandes. ./U Ivo. Dcrlin, Sonnabend den 2l. August 1847. Italien. Italiänische Nächte.") Diesen etwas absonderlichen Titel finden wir auf der ersten Seite eines Buches, das nicht mehr und nicht weniger enthält, als die Beschreibung einer Reise nach und durch Italien. Warum nun aber gerade „italiänische Rächte"? Hat der Verfasser vielleicht den ganzen Tag geschlafen und seine Wanderungen nur bei Nacht fortgesetzt? — Nichts weniger als das. — Oder will er uns etwa nicht sowohl seine täglichen als nächtlichen Abenteuer er zählen? — Ganz und gar nicht. — Nun denn? — In dem Vorworte belehrt er uns selbst über den Grund. „Nichts sey" — meint er — „schwieriger für den Autor, als ein fertiges Buch glücklich aus der Taufe zu heben. Das Publikum habe Neigungen und Abneigungen in Bezug auf Namen, weshalb dem Schriftsteller Alles daran gelegen seyn müsse, in dieser Beziehung sein Wohlwollen zu erhalten." Nach diesen Einleitungswortcn erfahren wir denn, daß er die „folgenden Sklizzen deshalb Italiänische Nächte genannt, weil er damit die Wißbegier (nicht auch die Neu gier?) desjenigen Publikums zu reizen glaubte, das niemals die würzige Luft südlicher Nächte einathmete" u. s. f. Da wir im ersten Augenblick, von der hierin herrschenden Absicht lichkeit und den, durch diese hervorgebrachten Schein unangenehm berührt, mit einem unwillkürlichen Mißtrauen an die Lektüre der „italiänischen Nächte" gingen, so war es natürlich, daß wir uns doppelt freuten, daß sich dies Mißtrauen später als völlig ungcgründet erwies. Der leichte und meist heitere Ton, womit der Vers, uns seine Reise. Skizzen vorführt und erklärt, die jugendliche Frische und Lebendigkeit seiner Naturanschauung, vor Allem aber die Kunst, seinen Leser zu belehren, ohne daß dieser cS merkt — diese und andere Vorzüge erheben das Werk weit über die Reisebcschrcibungen ge wöhnlicher Art und lassen auch die kleinen Mängel, mit denen es behaftet ist, z. B. die mit unterlaufenden schwachen Witze, fast ganz vergesse». Werfen wir daher einen etwas genauen Blick auf seinen Inhalt- Der Bers, nimmt von Leipzig, dem Ausgangspunkte seiner Reise, seinen Weg über Bayern, Tyrol, den Brenner, durch das Etschthal, wendet sich sodann über Mailand nach Genua, um nach Livorno und von hier nach Civita-Becchia übcrzusetzen. Bon Civita-Vccchia bis Nom ist dann nur »och eine kleine Tagereise. Was in dem Buche über das eigenthümliche Wesen, die Tracht und Le bensart der Stadt- und Landbewohner Bayerns bemerkt wird, ist nicht un interessant. ES hält sich sehr verständig hier weniger bei den ost beschriebenen Kunst- und sonstigen Schätzen aus, um sich desto mehr mit dem „vollen frischen Leben" selbst zu beschäftigen. In Nürnberg ist dem Vers, beson- ders der Umstand ausgefallen, daß, „wenn man am Markttage auf die von Landleutcn, von Ein- und Verkäuferinnen wimmelnden Straßen kommt, man nicht unter Menschen des neunzehnten Jahrhunderts zn leben, sondern in die Zeiten Albrecht Dürer s zurückversetzt zu seyn glaubt. Da baumelt und klirrt noch die lederne Gürteltasche an der Seite, die Baarschaft und Schlüssel birgt, und das altdeutsch geschnittene Gesichtchen mit den blauen Madonncn- Augen und dem kirschrothen Lippcnpaar trägt um Stirn und Kinn noch dasselbe reine Leinentuch, das wir an den Frauen auf Gemälden Wohlge- muth's, Dürer's und Anderer als charakteristischen Schmuck aller Frauen be merken. Auf dem künstlich genestelten Haar aber wackelt der dütchenartige Aufsatz von schwarzem Zeug mit in den Nacken herabfallenden Bändern und zeigt das gold- und filberbrokatene Krönchen heute noch wie vor vierhundert und mehr Jahren. Bei Alten und Armen sind Stirn - und Kinntuch meist bunt, das niedliche Krönchen fällt fort und macht einer Pelzmütze oder einem breitkrämpigen Hute Platz, aber der Charakter de, Tracht ist im Allgemeinen festgehalten." Es möge weit schönere und anmuthvollere Trachten geben, meint unser Reisender, aber naivere und bürgerlich solidere könne er sich nicht denken. Mit Bedauern erfahren wir auch, daß das Haus des wackeren Hans Sachs gegenwärtig in eine Garküche und Bierschenke umgewandelt ist, die den Namen seines ehemaligen Besitzers als verlockendes Aushängeschild trägt. Das Haus Albrecht Dürer's hat man dagegen zu würdigerem Zwecke ver wendet, indem der Kunstvercin darin seine Schätze aufstapelt. Regens burg, wohin sich der Vcrf. von Nürnberg aus begab, fesselte ihn vorzugs weise durch die in der Nähe gelegene berühmte Walhalla. „In der Nähe" '> Italiänische Nächte. Reise.Skizzen und Studien von Ernst Willkomm, r Bände. Leipzig, Fried. Fleischer, »847. — d. h. wenn man an dem Fuße des „eichenumrauschten Berges" steht, auf dem die Walhalla thront — „macht der imposante Bau mit seinem kolossalen cyklopischcn Unterbau einen mächtigen Eindruck. Dieser Unterbau besteht aus über einander ruhenden Terrassen, die durch Doppeltreppcn unter sich verbun den find und langsam bis zur Höhe des Berges aussteigen. Von den Absätzen der Treppe hat man die herrlichsten Aussichten auf Strom und Land bis zu den fernen, nur wie dämmcrude Schatten am Horizont aussteigenden Alpen. Auf der zweiten Terrasse führt eine Thür ins Innere des Unterbaues, wo die sür unser nordisches Klima nicht zu umgehenden Vorrichtungen zur Heizung während der Winter-Monate angebracht find. Um den Leser nicht durch genaue Angabe der Länge, Breite und Höhe u. s. s. des Gebäudes zu ermüden" — sagt der Verfasser — führe er nur an, „daß der Bau dieses unstreitig großartigsten deutschen National-Tempels dorischer Ordnung ist und auf den schmalen Seiten aus je acht, auf den langen aus je siebzehn kannelirten Säulen besteht. Der Eindruck, den das gewaltige Gebäude auf den Beschauer macht, ist durchaus ein wohlthucnder. Man fühlt sich von der reinen Schönheit architektonischer Formen geistig erhoben und stimmt, in glückliches Anschauen verloren, aus vollem Herzen mit ein in das Lob des Gründers. Ueberrascht von der äußeren Schönheit und Majestät dieses wun derbaren Baues, tritt man mit gespannter Erwartung in das Heiligthum seines Innern und wird von Hoheit, Glanz und kunstsinniger Harmonie dieser prachtvollen Halle in der That vollkommen geblendet. Der Fußboden ist aus bunten Marmorn mosaikartig zusammengesetzt. Die Decke, die genau der schrägen Lage des metallenen Daches folgt, besteht aus geschliffenen und ver goldeten Erzplattcn, mit himmelblauen, stcrnenverzierten Kassetten, mit Schraubcnköpfen und vergoldeten Tannenzapfen ungemein reich und mannig faltig verziert. Durch die vorstehenden Pfeiler zerfallen die Wände in nichrere Felder, die ganz mit kostbarem Marmor bekleidet find. In diesen Feldern stehen die Büsten. Zwischen den einzelnen Büstcngruppen zeigen sich geflügelte weibliche Figuren von blendend weißem Marmor, Walkyren als RuhmeSgcnien ausgesührt. Die oberen Wandfeldcr enthalten auf weißen Marmortafeln die Namen der Helden und großen Männer deutscher Vorzeit, von denen man keine Bildnisse vorfand. Auch zwischen diesen Feldern finden sich weibliche Statuen, aber in kolossaler Größe und altgermanischer Klei dung, die als gigantische Karyatiden das obere Gebälk tragen." Den Ein druck, den diese Riesen. Jungfrauen aus ihn hervorbrachten, schildert der Verfasser als seltsam. „Ihr Teint ist nämlich gelb, fast mulattenartig, die lang hcrabwallenden Haare von bräunlichem Blond, ihre Oberkleidcr find hellblau, ihre Unterkleider weiß, Säume und Verzierungen daran reich ver goldet, und ein ganz vergoldeter Bärcnpelz dient ihnen als Uebcrwurf. — Den ganzen Saal umzieht ein FrieS, der in meisterhaften Skulpturen die Urgeschichte Deutschlands von Professor Wagner in Rom darstellt Die Rundbilder an beiden Giebel» des Tempels, von denen das südliche die Siegesfeier Germaniens in fünfzehn Figuren versinnbildlicht, die symbolisch an Deutschlands Wiederherstellung »ach Beendigung des Befreiungskrieges erinnern sollen, das nördliche die Hermannsschlacht im Teutoburgerwalde darstellt, find von Schwanthaler." Der Vcrf. versichert, daß „das Un- erwartete, Große, Erhabene und wahrhaft Schöne des künstlerisch vollen deten Baues aus ihn den erfreulichsten und nachhaltigsten Eindruck hervor gebracht." Auf München, das „deutsche Athen", wie man es so ost rühmen Höri, ist unser Reisender nicht allzu gut zu sprechen. Besonders hat ihm der Ton, welcher in den mittleren und höheren Kreisen der Gesellschaft dort herrscht, sehr mißfallen. Er findet deshalb nur „vier Dinge, die wesentlich zur Cha- rakteristik Münchens dienen. Das Erste ist die ideale Seite dieser modernen und halb und halb künstlich antik gemachten Stadt, die Kunst; das Zweite, jene ideale Seite weit überflügelnd und das eigentliche Perpetuum mobile im Münchener Volksleben, bleibt und wird seyn, so lange Alt-Bayern eristirt, das Bier; das Dritte find die Ringelhäubchcn, und endlich das Vierte —" der Verfasser macht einen Gedankenstrich und meint, „dies mag unbcnamset bleiben." Fliehen wir daher mit ihm, da er ohnehin uns von allen „vier Dingen" nur Brocken liefert, aus dem „deutschen Athen" und seiner be drückenden Atmosphäre über die kühlen, frischen und freien Berge der Tyroler Alpen in das schöne Land der Myrthen- und Olivenwälder. Ucber den Ortles herab, bei dem Lomersec vorbei, dem er einen als sehr belohnend geschilderten Nachtbesuch machte, nahm unser Reisender seinen Weg nach Mailand, das jedoch, wie er meint, wegen seiner flachen Lage und des Mangels an hohen Thürmen, die über die nächste ziemlich baumreiche