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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrünumerMionS-Preis 22 z Silbergr. s^ Tblr.) oicrtcliödriich, Z ZHIr. für öss ganze Iaör, ahne Erhöhung, in allen Theilen her Preußische» Manarihic. Magazin für die Man xränumerirt auf dieses Lüerawr- Blatt in Berlin in her Erpedition der Alla. Pr. StaatS-Zeitung (FriedrisS- Straße Nr. 72); in der Provinz so ivie im Auslände bei den WvhUödU Post-Armlern. Literatur des Auslandes. 22. Berlin, Montag den 2V. Februar 1843. Türkei. Die Albanesen. An den westlichen Gränzen der Griechisch-Slawischen Welt lebt ein Volt, welches, stets unter den Waffen, in dem Ottomanischen Gebiet eine wahre Krieger-Kaste bildet, die eben so gefährlich und eben so frei ist, als die Krieger-Kaste in Central-Asien. Dieses Volk, welches zu allen Zeiten einen überwiegenden Einfluß in der Türkei gehabt hat und dieses Reich bis auf den heutigen Tag noch mit seinen besten Soldaten versieht, dieser kriegerische Stamm sind die Albanesen, d. h. nach der buchstäblichen Bedeutung des Wortes die Weißen, nach der gegenwärtigen Bedeutung desselben aber die Unabhängigen. Ihre Nationalität, die eigentlich mysteriösen Ursprungs ist, steigt bis zu den Zeiten der Pelasger hinauf, und die Griechisch- Slawischen Stämme sindcn in Albanien ihre gemeinsame Wiege. Die Albanesen nahmen einst den kleineren Theil der Griechisch-Slawischen Halbinsel ein, wie dies noch die Namen vieler Städte und Flecken beweisen, in denen heutigen Tages die Serben oder Hellenen leben. Sogar in vielen Orten in Bulgarien, Bosnien und Macedonien giebt cs alte Dörfer, in denen Albanesen mit Zinzaren gemischt leben. Der auf einem so bedeutenden Flächenraume zerstreute Albancfische Stamm nimmt jedoch jetzt sichtbar ab, und kaum zählt man in der jetzigen Zeit anderthalb Millionen Albanesen da, wo vor vierzig Jahren unter Ali-Pascha von Janina noch zwei Millionen eristirten. Während aber in Albanien, welches dem gebildeten Europa näher liegt als die übrigen orientalischen Länder und nur durch eine« schmalen Meer busen von Italien getrennt ist, sich der segensreiche Einfluß des Westen fühl bar machen sollte, tritt in diesem Theile deö Türkischen Reiches immer mehr das Element der Barbarei hervor. Was ist nun die Ursache hiervon? muß man fragen. Einige nehmen zwar an, daß dies durch die hartnäckige An- hänglichkcit der Albanesen an das System der Stämme und Clans entstehe. Die Albancsische Barbarei entspringt jedoch nicht aus ihrer Zerspaltung in Stämme, sondern aus ihrer kriegerischen Lebensweise, aus dem unruhigen Geist der Horden und ihres, sogar zur Friedenszeit, kriegerischen Charakters. Die Albanesen unterscheiden unter sich selbst zwei Haupt-Benennungen: I) der Name Merditten (nach dem Persischen Worte murümt, d. h. tapfer) wird heutigen Tages dem vornehmeren Theile der Landes. Einwohner gegeben und scheint früher ein Ehrentitel gewesen zu sepn; 2) der Name Skipe- tarcn (die Bewohner der Vorgebirge) erstreckt sich aber im Allgemeinen auf das ganze Volk. Die folgenden Worte des HippokrateS charakterisiren die Albanesen ganz vortrefflich: „Alle Bewohner gebirgiger, unebener, wasserarmer, dem häufigen Wechsel klimatischer Veränderungen unterworfener Gegenden sind von hohem Wuchs, tapfer, thätig, von wildem und grausamem Charakter", und kann man diesen Worten noch hinzufügen, daß der Albanese kleine Augen mit scharfem Blick, feine Augenbrauen, eine längliche Nase, flache Stirn, einen sehr langen Hals, eine außerordentlich gewölbte Brust, eine« hageren, aber kräftigen Körper hat. Bei einer bewundernswürdigen Geschmeidigkeit der Muskeln zeichnen sich der Gang so wie die Bewegungen des Albanesen durch einen gewissen theatralischen Anstrich aus: er ist der alte Athlet. Obgleich mit Verstand begabt, ist derselbe doch wenig zu Verstandes. Anstrengungen befähigt. Der Albanese, gewissermaßen der Schweizer des Orients, dient stets mit Treue und Ergebenheit, und zwar findet man ihn in den Garden des Papstes, so wie am Neapolitanischen Hofe, in den SerälS von Bagdad, Kahira, Marokko und in den Palästen der Moldauischen und Wallachischcn Bojaren. In Albanien findet alljährlich eine ziemlich bedeutende Rekruten-Aus hebung statt. Wer die Mittel dazu hat, hat auch das Recht, sich zum Buluk- Baschj (Anführer) zu machen, d. h. für eine gewisse Summe Leute zusammen- zubringcn und mit denselben auf Raub in ferne Gegenden zu ziehen oder in den Dienst fremder Regierungen zu treten. Die Anführer thun Alles ihren Untergebenen gleich und zeichnen sich vor diesen nur durch reichere Waffe» und eine reichere Kleidung aus. Der Soldat erhält mouatlich 7 bis lkt Thaler Sold ohne Kost, welche er sich durch Plünderung auf dem Lande verschafft. In KriegeSzeiten kennt jedoch die Habgier der Albanesen keine Gränzen, und beim Angriffe der Unterliegenden ist ihr stete» Geschrei.^pra, äxprs! oder Xilnn, Xilo», XU»»! (Geld, Geld! oder Tod, Tod, Tod!) Im Gefecht wissen sie die geringsten Terrain-Vortheile geschickt zu benutzen und kennen aus Instinkt alle Vortheilc des Partisan-Krieges. Mit Leichtigkeit verstehen sie den Feind durch falsche Bewegungen zu täuschen ; unerwartet greifen sie ihn an, mit kleinen Abtheilungen besetzen sie ein ausgedehntes Terrain, indem sie eine Kette von Posten aufstellen, welche durch unermüdliches Patrouilliren unter einander Verbindung halten. Bei Hinterhalten stellen sie häufig ihre FeS und Mäntel in Gegenden auf, die gerade auf der entgegengesetzten Seite ihres Versteckes liegen. Auf der Erde liegend oder hinter Bäume versteckt, nehmen sie ihre Gegner mit unglaublicher Sicherheit aufs Korn, Die Ge fangenen machen sic zu Sklaven; den Getödtetcn schneiden sic den Kopf ab, salzen ihn ein und stecken ihn auf eine Lanze, welche sie mitten in ihrem Dorfe aufpflanzen. Die Albanesen sind im Allgemeinen offen und halten das gegebene Wort; ihre lasterhaften Neigungen sind dem ehelichen Leben, welches auf sehr strenge Grundsätze basirt ist, nicht entgegen; und sogar die Bekenner des Islams haben hier nur Eine Frau. Bei alledem ist der Albanese nicht eifersüchtig und erlaubt seiner Frau, ohne Schleier zu gehen. Wie bei allen kriegerischen Völkern sind aber auch bei den Albanesen die Frauen verachtet und mit Arbeiten überhäuft. Dieselben verdienten jedoch ein besseres LooS, da sie Schönheit mit allen weiblichen Tugenden vereinigen. Jedes Haus kann man hier ein Fort nennen, indem die Fenster als Schieß scharten dienen. Die Lchmhäuser der Albanesen stehen fast stets isolirt, und zwar, wo möglich, auf Anhöhen, zu denen nur eine Treppe führt. In dem Zimmer findet man fast gar keine Möbel, zuweilen jedoch Thüren; der Rauch zieht durch eine Ocffnung in der Decke. Die Fenster sind ohne Glasscheiben und werden im Winter mit Papier verklebt. Die SerälS der vornehmsten Bep's zeichnen sich durch einige Zicrrathen aus und find von außen mit Hellen Farben bemalt, im Innern aber mit Arabesken, Zeichnungen orientalischer Architektur, Landschaften re. überfüllt. Der Lurus des Albanesischen Kostüms, welcher übrigens eine Variante des Griechischen genannt werden kann, ist zum Sprüchwort geworden. Der mit buntfarbiger Seide reich gestickte, mit glänzend vergoldeten Knöpfen be setzte Kaftan umwallt die Gestalt und alle Bewegungen des Albanesen. Zwei aufgeschlitzte Aermel filtern, Flügeln gleich, von den Schultern. Der Fi st an oder die Fustanelle, welcher an den Kilt der alten Celten und den kurzen Rock der alten Römischen Soldaten erinnert, gehört zu den vorzüglichsten Kennzeichen der Zöglinge des Albanesischen Fiß oder Clan. Die Fustanelle besteht aus 120 schräggeschnittene» Stückchen Leinwand, welche znsammengenäht einen nach unten zu sehr weiten, in zahllosen Falten fallenden Weibcrrock bilden. Diese Art von Tunika ist fast 2 Fuß lang und mit seidenen Festons verziert, so daß sie dem Gange einen Anstrich von Leichtigkeit und Kraft giebt, welcher den Fremden in Erstaunen setzt. Weiße Fustanellcn sind eine Schande für den Albanesen, und selten sieht man reine. Der Albanese ist stolz darauf, nur eine Fustanclle zu haben, die er so lange als möglich trägt, indem er der Meinung ist, dadurch zu beweisen, bis zu welchem Grade er LuruS und Uebcr- fluß verachtet. Die Albanesen schecren ihr Haupt wie die Türken, doch lassen sie im Ge nick einen Büschel Haare stehen. Die gewöhnliche Kopfbedeckung ist das rothe Fes; die UlcmäS aber haben das Privilegium, Turbane und Bärte zu tragen. Der Kopfputz der Weiber unterscheidet sich von dem der Männer nur da- durch, daß sie das Fes mit Münzen behängen, und durch üppige Haare, welche sie von allen Seiten aufflechten. Die Fußbekleidung der Krieger ist eine Nachahmung der alten Kothurne und besteht in tuchenen Stiefeletten mit Haken und Oescn und seidenen Ein fassungen, welche vom Knie bis zum Knöchel reichen. Die Neichen tragen hierzu rothe Saffian-Schuhe; die Armen dagegen ein Stück ungegerbtcr Haut, welches sie wie Sandalen mit Stricken zusammenbinden. Sein Lager 'macht der Albanese, ohne sich zu entkleiden, auf der Erde, indem er Matten von Palmen-Blättern oder einen aus einer Asiatischen Stadt entführten Teppich ausbreitet und unter den Kopf einen Mantel von Kameelhaar oder Schafwolle legt. Eben so genügsam sind sie in ihrer Kost, indem sie ganz zufrieden sind mit einer Suppe von Reis oder Mais-Mehl, mit Milch gekocht. Nur an Festtagen giebt es Jani, d. h. Fleisch mit ge trockneten Erbsen, Türkischen Pillav und Katsche, d. h. Braten, der aus einer ganzen Ziege oder einem Hammel besteht, welcher auf einem eichenen Brette servirt wird. Das Festtags-Mahl wird dann beschlossen mit Stückchen Honig, die mit Sahne angemacht sind. Bei aller ihrer an scheinenden Barbarei sind diese Feste doch in gewisser Beziehung großartig. Mit Verwunderung sicht der Europäer die offene Heiterkeit, welche hierbei