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WöchinMch ersLnxen drei Nummern. Pränumeration« > Preis 22j Siidrrgr. tl 2 dir.) nteneliädriiid, Z Lbir. für da« gan;e Jahr, ohne Erhöhung, in allen Ldeiien der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden ran icdcr Luchhandiung fin Berit» bei Lei, u. Como., ^ägerstraß« N>. 28). r« wie ron allen Köniqi. Posi-Aemtern, angenommen. Literatur des Auslandes. 84. Berlin, Donnerstag den 15. Juli 1847. Afrika. Madagaskar. Die Insel und ihre Lerbindungen mit Europa Madagaskar, — die große Insel, deren nördlichere Spitze unter 12° 12' südlicher Breite liegt, — ist 200 franz. LieueS lang. Das Medium ihrer Breite kann 48 — 80 LieveS betragen. Der Kanal Mozambique trennt sie von der Ostküste Afrika'-- Sie ist lyz LieueS von Mauritius und nur 144 von Bourbon entfernt. Hohe Berge durchziehen und theilen daS Land von Norden nach Süden. Bon ihren Gipfeln dehnen sich nach jeder Seite der Insel zahlreiche Berg, zweige aus, welche bewunderungswerthc Thaler in Menge bilden. Diese Thaler werden durch Quellen und Flüsse reichlich bewässert. DaS Land ist meistens primitiver Bildung. Spuren erloschener Bulkau« sind vorhanden; ihrem unterirdischen Fortbestehen schreibt man die in gewissen Gegenden häufigen Erdbeben zu. Madagaskar, das wenig Evelsteine besitzt, bietet durch Mineralien — Gold - und Silber-, Kupfer-, Blei-, Zinn, und Eisen-Minen — eine reich liche Entschädigung. In ihren Gießereien gebrauchen dir Einheimischen Stein kohlen. Eine Steinkohlen. Grube eristirt in der Nähe von der Hauptstadt Lananarivo; eine andere soll unweit Diego. Suarez sepn. Der Boden ist ergiebig und der verschiedensten Kulturen fähig. Er ist schwarz und kräftig im Norden, sandig im Osten, im Westen hauptsächlich röthlich und mit Eisentheilrn vermischt; im Süden findet man einen mit Saud stark gemischten Boden. Ueberall, wo Anlagen geschehen, herrscht Fruchtbarkeit. Da, wo dir Bäume selten werden, wächst die gataka, daS Heu dcr dortigen Gegenden, ei» vortreffliches Futter. Unermeßliche Ur. Wälder bedecke» meilenweit« Strecken. Die Naturreichthümer, die sie verber gen , sind zahllos. Unter den Vegetabilien des Landes sind besonders bemerk- dar — außer vielen medizinischen Pflanzen — der Pfeffer-, der Ingwer-, der Nelken-, der Baumwollen-, der KokuS-, der Indigo-, der China-, der Sassa- sraS-, der Maulbeerbaum; das Zuckerrohr; der Taback; der ReiS: der Maniok: Schoten aller Arten; all« mögliche kürbisartige Gewächse; Traube», die den besten Wein geben könnten. Ueber die Wälder fliege» Papageien, Lauben, Kriech-Enten, Perlhühner, Fasane» zu Tausenden. Die dem Menschen nützlichsten wilden und zahmen Thierc bevölkern Madagaskar. Bisons, Schafe, Schweine, Hunde, Katzen, Seidenwürmcr u. s. w. find daselbst einheimisch. Millionen von Bienen, deren gelber und grüner Honig und deren Wachsarten zu den ausgezeich netsten gehören, Hausen in den Bäumen. Man findet auch viel Gummi und Kopalharz. °) Hinsichtlich der Metalle und ihrer Bearbeitung ist die Industrie der Mada gassen weiter vorgerückt, als man vielleicht glauben könnte. Ihre Geschicklich- krit verschafft ihnen die Möglichkeit, viele der Instrumente, deren sie sich zum Ackerbau oder zum Hausbedarf und selbst zur Dertheidigung bedienen, zu ver fertigen. Sie geben sich auch mit Gold - und Silber-Arbeiten — mit Ketten, Halsbändern und Ohrringen — ab. Sie verstehen silberne Teller und Bestecke zu gießen und zu verzieren. Die Ketten verdienen besondere Berücksichtigung. Sie find Meisterstück« von Muster und Haltbarkeit. Auf der Westküste ge brauchte man sie früher an Geldes Statt. Sie waren sehr gesucht. In Tananarivo werden seidene Tapet«» fabrizirt. DaS Gewebe ist schön. ES enthält reichhaltige, mannigfaltig und wunderbar verbundene Farben. Solche durchwirkte Stoffe kosten — das ungefähr 2 franz. Ellen lange Stück — öfters 4. bis 800 Franken. Zur Verfertigung d«rselben holen die Ova'S, denen der Seidenbau noch ziemlich fremd ist, ihren größten Seiden-Vorrath von der Westküste Madagaskars, wohin Araber und die Mohren aus dem persischen Meerbusen jährlich einmal, während der Nord. Ost-Wind-Zeit, anlanden. — Auch die Fabrication gewisser kreuzweise gewebter Tapeten ist den Madagassen bekannt. DaS Volk kleidet sich mit den Zeugen. DaS Stück — gewöhnlich weiß mit rothen Franzen — tostet 20 bis 30 Franken. — ?-gne» find gewisse aus Schilf oder inländischem Grase geflochtene Matten und feinere Gewebe. Daß der Ackerbau und die Pflege gewisser werthvoller Produkte erst sehr spät in Madagaskar zu Ehren gekommen find, läßt sich durch die natürliche Ergiebigkeit eines HauptproductionSzweigeS erklären. Der Reiß erfordert fast ') Dies nach Eozäne d« gar keine Mühe. Er wächst in solcher Fülle, daß er selten mehr als l Fr. 8« Cent, bis 2 Fr. die 80 Psd. gekostet hat. Bon einer ReiSnoth ist nie die Rede gewesen. Die Ova'S verstehen das Zuckerrohr zu ziehen und Zucker zu sabriziren. Bis >838 trieben sie die Sache im Kleinen und mit sehr unvollständigen Mit teln. Zwei ordentliche, großartige Zuckersiedereien wurden seitdem auf der Küste eingerichtet. Mehr als 2000 Menschen find dort beschäftigt Ein Fran zose, Herr Delastelle, — ehemaliger Commis des unter dem Könige Radama in Mahela angesiedelten Capitain Arnour, jetzt madagassischer Fürst und Mi nister der Königin Ranavalu-Mandjaka, — ist der Schöpfer dieser Anstalten, die er in Gemeinschaft mit seiner Herrin betreibt. Herr Delastelle hat überhaupt, seit I8Z0, den größten und wohlthätigsten Einfluß auf di« kommerziellen und industriellen Angelegenheiten der Insel Madagaskar auSgeübt. Sie verdankt ihm nicht die Zucker-Industrie allein, sondern auch Pflanzungen und glückliche Erploitations-Versuche aller Art. — Nach Gedeihen sehr ausgedehnter Kokusbäume - Anlagen (wozu lO bis 18 Fahre erforderlich) hat eine bedeutende, jetzt sehr ergiebige KokuS-Ocl-Fabrik angelegt werden können. Kaffee-, Nelken-, Baumwollen-, Indigo-, Pfeffer-, Ingwer-, Tabacks-Aernkten werden alljährlich gemacht, und zwar schon in ansehnlichen Quantitäten. Die bereits ins Leben getretene Tendenz deS Herrn Delastelle gewährt, durch ihre Resultate, die vollständigste Widerlegung der Behauptung, die Po- litik der Madagassen trachte dahin, mit Fremden ja nicht zu verkehren. Die Regierung Ranavalu-Mandjaka'S denkt ganz anders. Sie befolgt aber mit Beharrlichkeit eine starke und verständige Richtung. Sie will sich Franzosen und Engländer, — welche Besitz oder Eroberungsrechte ihr gegenüber gern geltend machen möchten, — nur vom Leibe halten. In letzter Zeit (1848) hat die Königin diejenigen Küstenfreihändler, die sich nicht naturalifiren lassen wollte», aus guten Gründen weggeschafft. Die Herren waren nicht, selbst für Madagassen, hinlänglich uneigennützig. Die Eingeborncn hatten außerdem unter ihrer Leitung den vaterländischen Handel selbst zu treiben gelernt. Da her-der bekannte Befehl, das Land binnen Monat und Tag zu verlassen; da- her die verunglückte englisch-französische Expedition gegen Madagaskar, welche zunächst das heutige Elend der Insel Bourbon veranlaßt hat. Ihren Grundsätzen treu, zeigt sich die Regierung Ranavalu's bereitwillig und human gegen alle Schiffe, welche die feindlichen Flaggen nicht tragen. Ein solches Benehmen gebietet ihr übrigens die Nothwendigkeit. Ihre Pro- dukte los zu werden, andere Produkte, die ihr nicht zu Gebote stehen, zu er- halten, muß sie sich Verbindungen mit der Fremde sichern. Danach trachtet sie auch, wo sie nur kann. Bis zu Herrn Delastelle's Regiment war die Zählung d«rjenigen Waa- ren, welche aus Europa zum Tausche gegen Reis oder Bisons, gegen Tapeten oder Pag»«* gebracht werden konnten, keine schwere Aufgabe. Sie beschränkte sich auf blaue Leinwand, sogenannte venetianisch« GlaSwaaren und spanische Piaster. Für >2 Glasperlen erhielt man 80 bis 00 Pfund Reis und für zwei franz. Ellen Leinwand einen Bison. — DaS spanische Geld wurde von den Madagassen hochgeschätzt. Heutzutage noch geben sie, nach ihrer Meinung, dafür mehr als für jeden anderen Tauschartikel. Es leistet ihnen in der That vorzügliche Dienste. Sie besitzen keine einheimische Münze oder Scheidemünze. Der ganze oder der in »0 gleiche Stücke getheilte Piaster ersetzt Beides. Seit Entwickelung einer Landes-Industrie haben sich die Bedürfnisse de« Landes merkwürdig vermehrt. Obwohl die dem Volke beliebten Leinwand-, GlaSwaaren und Piaster die Grundlage einer nach Madagaskar zu versenden den Ladung immer auSmachen, so lassen sich doch viele LuruS-Artikel vortheil- haft und zuverlässig hinzufügen. Schwere mit Gold und Silber gewirkte Stoffe Heller Farbe; vergoldete und versilberte Gcräthschaften: auffallende Salon-Möbel; elegante Waffen und — nm» möchte es kaum glauben — Strasburger Gänseleber-Pastetcn und andere gute Konserven finden dort einen rasenden Absatz. Dieser Fortschritt der Bedürfnisse, folglich der Kultur, läßt sich allein Herrn Delastelle zuschreiben. Er ist es, der die Königin auf früher unbekannt« Dinge und Genüsse zu lenken und in steter afrikanischer Gährung zu erhalten verstanden hat. Dem Beispiele mußten die Großen des Reichs, anfangs ge zwungener Weise vielleicht, folgen. Bald aber wurde diesen die neue Sitte zur zweiten Natur. Cs ging so schnell, daß, im Jahre 184l, Herr Delastelle, auf Ranavalu's Befehl und auf Bitte sämmtlicher Mitglieder des StaatS- ratheS, «in« Reise nach Frankreich und England — viel weniger in politischen Zwecken, al« hauptsächlich um auf Antrag und für Rechnung der Liebhaber