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chen nicht aus dem Schiffe waren, eine äußerst freudige Nachricht; wir be gaben uns nach einem Hotel, bestellten Mittagessen und verabredeten einen Ausflug nach dem Städtchen San Roque auf spanischem Gebiet, so wie nach anderen in der Nähe gelegenen Ortschaften, deren lachender Anblick uns schon von der See ans entzückt hatte. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt; ein plötzlicher Zwischenfall machte unseren schönen Plan auf einmal zu Wasser. Wir saßen eben beim Dessert von guten spanischen Früchten und Weinen, als man uns berichtete, daß der „Lord Hobart" unter Segel sep und schon aus der Bai hinauslavire. Voll Erstaunen über diese unerwartete Wendung der Dinge, sprangen wir schnell von der Tafel auf, um nicht zurückgelaffcn zu werden, und eilten nach dem Hafen ; zu unserem Glück mußte sich das Packctschiff beim La- viren immer wieder dem Lande nähern, wodurch cS uns noch möglich ward, mit einem leichten Boote dasselbe zu erreichen. Als wir am Bord kamen, fanden wir einen Lieutenant des Kriegsschiffes „Bulwark" nebst acht oder zehn Matrosen, der, ohne unseren Capitain auch nur eines Blicks zu würdigen, die nöthigen Manövers verrichten ließ, nachdem er uns aus der Bai hinausgebracht hatte, seine Schaluppe, welche an der Seite war, bestieg, uns mit freundlichem Lächeln eine glückliche Reise wünschte und von dannen fuhr. Der. Capitain, der bei dieser ganzen Scene den Zuschauer gemacht und seine Wuth mit Mühe unterdrückt hatte, schien jetzt endlich zu sich zu kommen und übernahm wieder das Kommando des Schiffes, während unsere Mitreisenden uns über das Geschehene aufklärten. Wir waren nämlich kaum ans Land gefahren, als der Gouverneur von Gibraltar den Capitain holen ließ, ihm seine Depeschen übergab und den Befehl ertheilte, augenblicklich abzusegeln, in dem er ihm zugleich Vorwürfe darüber machte, daß er, nachdem er bereits durch seine Nachlässigkeit oder seinen Mangel an nautischen Kenntnissen sowohl das Einlaufen in Cadir verfehlt, als auch das Packetboot Tagelang bei Velez Malaga aufgehalten habe, nun abermals seine Zeit müßig verschwenden wolle. „Da ich", fuhr der Gouverneur fort, „keine Anstalt sah, Ihr Fahrzeug reise fertig zu machen, habe ich mich an Kominodore Fleming gewandt und ihn er- sucht, dafür zu sorgen, daß dies ohne weitere Verzögerung geschehe." — Der Empfang, der unseren unglücklichen Capitain bei Fleming erwartete, war ein noch schlimmerer; nach einer derben Strafpredigt über den schlechten Zustand seines stehenden und laufenden Takelwerks theilte ihm Letzterer mit, daß er ihm die nöthigen Anker und Taue liefern und einen Offizier zu ihm an Bord schicken werde, um sein Schiff unter Segel zu bringen: „Denn", setzte er zum Schluffe hinzu, „was Sie betrifft, Herr, so würde ich mich in einem von Ihnen befeh ligten Fahrzeuge nicht über die Bai von Gibraltar trauen." Die geringe Mei nung, die er von den Kenntnissen unseres Führers hegte, war auch wohl Ur sache, daß er uns einen sogenannten MaSiterrsnesn Pilot mitgab, einen Loot- sen, der den Eingang aller Häfen des Mittelländischen Meeres genau kannte und der durch seine Erfahrung verhüten sollte, daß wir künftig nicht die Häfen, die wir zu besuchen hatten, verfehlen möchten. Dieser Lootse war ein Genueser von Geburt, der aber Englisch sprach, da er lange auf britischen Kriegsschiffen gedient hatte. Ohne weitere Fatalitäten setzten wir nun unsere Reise fort und hatten noch denselben Abend die Straße von Gibraltar im Rücken. Nach wenigen Tagen erblickten wir die Insel Sardinien, und hier zeigte sich die Ortskunde unseres Lootsen, der uns in den schwierigen Hafen von Cagliari hineinführte, den man nur durch eine schmale Einfahrt zwischen den beiden Felsen Dorn und Vsoos — dem Stier und der Kuh — erreichen kann. Es kam bald ein sardi nisches Quarantaine-Boot zu uns heran, das einen Mönch als Gesundheits- Beamten mitbrachte, der die gewöhnlichen Fragen stellte. Wir hatten Depeschen an den britischen Minister Hill abzugcbcn, der bei dem Könige von Sardinien, Viktor Emanuel, akkrcditirt war, dessen Staaten aus dem festen Lande sich da mals im Besitze der Franzosen befanden und dessen Herrschaft sich demzufolge für den Augenblick auf die Insel beschränkte, von der er zwar seine» Königs titel hatte, die aber sonst den geringsten Theil der ihm unterworfenen Länder bildete. Hier rcsidirte er unter dem Schutze englischer Kriegsschiffe mit seinem kleine» Hofstaate in der netten Stadt Cagliari, wo er nur eine schwache Gar nison, aber eine desto zahlreicher besetzte und in der That recht gute italiänische Oper hielt. Im Hafen lag auch da« englische Bombenschtff „Meteor", welches soeben von der spanischen Küste zuriickkehrte, wo man es zum Bombardement der Festung Tarragona gebraucht hatte, und welches wir noch vor unserer Ab fahrt besuchten. Diese Fahrzeuge find von eigenthiimlicher Bauart; sie müs- sen im Vergleich mit anderen Kriegsschiffen eine doppelte Stärke haben, um die ungeheuren Mörser aufzunehmen, die zum Bombenschlcudern gebraucht werden, und dennoch ist die Erschütterung beim Abfeuern so groß, daß, wie uns die Offiziere versicherten, sie beim Angriff auf Tarragona jeden Augen blick befürchten mußten, das Schiff auseinander gesprengt zu sehen- Nach Besichtigung des „Meteor" begaben wir uns auf unser Packetboot zurück, die Anker wurden gelichtet und bald lag Sardinien wie ein blauer Punkt am Horizont hinter uns. Nach einigen Tagen erreichten wir die Insel Sicilien, setzten einen ficilianischcn Courier, der mit Depeschen von London nach Palermo bestimmt war, bei Girgenti anS Land, und acht bis zehn Stunden später näherten wir uns endlich dem Ziele unserer Odyssee: Malta lag vor »nS. Dänemark. Die dänische Ansicht von der Blokade der dentschcn Häsen. °) Als die überlegenen Massen der deutschen Usurpatoren — schreibt das ") Wir lassen dem Art. in Rr. SS über den dänischen Seekrieg diese Erpeetorassomn „Fädreland" — unsere kleine tapfere Armee genöthigt hatten, von der dänischen Eidergränze zuriickzuweichen, worauf sic mit eiligem Fuß bis mitten in Jüt land vordrangcn, freute sich Jedermann, trotz des Kummers um das Geschick des Vaterlandes, über die durch die königliche Bekanntmachung vom 2». April verheißenen energischen Anstalten, indem alle deutschen Häfen, Küstenstrccken und Flußmündungen, so wie alle zu denjenigen Theilen der dänischen Mon archie gehörigen Häfen, welche von Preußen und Bundestruppen besetzt gc- halten wurden, in Blokadezustand erklärt wurden. Daß die Regierung sich auf die Erklärung, einen solchen Schritt unternehmen zu wollen, einlaffen werde, ohne im voraus gehörig erwogen zu haben, ob sie über die dazu erforderlichen Kräfte zu diöponiren habe, können wir nicht annehmen: eine solche Ucbcr- eilung in den Beschlüssen der Regierung hat auch nicht stattgefunden; denn Alles, was erfordert wird, um eine Blokade von obigem Umfang im vollen Maße auSzuführcn, find vier bis fünf Fregatten, zwei Korvetten und zwei Briggs, nebst einigen kleinen armirten Schonern und einigen kleineren Dampf schiffen, als Tender. Wir haben nun, sobald eS nöthig ist, sowohl diese als auch mehrere Kriegsschiffe zu unserer Disposition. Allein selbst wenn wir, um die genannten Vorkehrungen vollständig auszuführen, ein oder zwei Linien schiffe hätten auSrüstcn müssen, von denen das eine an der Elbe und Weser, das andere bei Swinemünde zu stationiren gewesen wäre; wenn wir bei den Operationen der Armee ein paar kleinere Kriegsfahrzeuge, in Verbindung mit den Kriegsdampfschiffen und den vielen schon vorhandenen Kanonenbooten un umgänglich nöthig gehabt hätten; so dürften doch solche Opfer in keiner Weise gescheut werben. Wir find der Meinung, daß eine vollständige Schließung aller deutschen Häsen und Flußmündungen das einzige Mittel ist, welches zu einem glücklichen Ausgang unseres heiligen Kampfes führen kann, ein Mit- tel, wodurch wir vielleicht allein mehr ausrichten können, als alle unsere zum Theil verblümten Bündnisse — während doch sowohl Ehre als Lohn unser eigen sepn würde. Wenn der Bundestag, um seine hübschen Dekrete über Schles wigs — und vielleicht ganz Jütlands — Einverleibung in den Bund zu be werkstelligen, Erlaubniß bekömmt, seinen wilden Eroberungsrausch (!) nach Gutdünken auszutobcn und uns von Deutschlands 40 Millionen eine Armee von 30,000 Mann nach der anderen ins Land schickt, so haben wir kein ande res Mittel zu ergreifen, keine andere Macht dieser Kränkung jedes Volksrechts entgegenzustellcn, als das Volk selbst in seinen materielle» Interessen zu be drohen und dadurch zur Vernunft zu bringen, daß wir ihm jede äußere Er. wcrbsquelle verschließen und eS so bewirken, daß es selbst seine kraftlosen Re- gicrungen zwingt, ihren Repräsentanten in Frankfurt keine solchen Instructionen zu geben, durch welche die Wohlfahrt beider Nationen bis ins Innerste erschüt tert und das deutsche Volk in der Achtung Europa'S gebrandmarkt wird (?); denn Ehre und Völkerrecht können nicht ungestraft mit Füßen getreten werden. Als das dänische Volk sah, daß cS der Zahl nach den geschlossenen Massen der deutschen Armeen zu Lande nicht gewachsen sep, verlor es, obschon im Kampfe allein stehend, doch nicht den Muth: wir dachten, mag der Feind nur vorrücken, so lange er will, mag er, wenn er sich sicher glaubt, bis Skagcn") gehen — da muß und wird er stehen bleiben. Daß er das arme Schleswig und Jütland aussaugt, ist wohl für den Augenblick ein hartes Geschick, für dessen Abhülfe wir alle später möglichst Sorge tragen wollen; aber das Einbringen seiner Schiffe, die Hemmung seines ganzen Handels, sowohl der Ein- als Aus fuhr — die Früchte seines Thuns werden für ihn weit bitterer und auf die Länge weit empfindlicher sepn, als das Korn und die Stauden, die er im Augenblick nehmen und verzehren oder von der jütischen Halbinsel fortschleppcn kann. Wir dachten, dieser negative Krieg sep besser als der positive, bald werde eine innere Nvthwendigkcit den Feind zum Rückzüge zwingen, und zuletzt würden wir doch als Sieger Bedingungen vorschreiben; bei dem Gedanken einer voll ständigen Blokade schwoll jedem VatcrlandSsrcunde das Herz vor Freude -, wir fühlten, daß unsere Verluste bei Schleswig, wo wir nur die Ehre retteten, uns bald mit Zinsen zurückbezahlt, daß die Drangsale unserer Brüder jenseits des BeltS bald gerächt werden würden, und unsere Feinde mit Schande und Spott einen Näuberzug aufgebcn müßten, wobei die Kraft eines kleine» Volks einer etwa 30 mal übcrlcgencren Macht gegcnübcrstand; wir fühlten, daß die Geschichte cS mit Bewunderung auSsprechcn würde, daß das große, mächtige Deutschland im Kampfe mit dem kleinen Dänemark habe den Kürzeren ziehen müssen. °°) Was aber geschieht statt der Ausführung der verheißenen Maßregeln, welche allein die genannten Resultate hätten sichern können? Wird die von der Regierung unter»; 29. April verkündigte Zusage ins Werk gesetzt? Wir können nicht leugnen, daß wir mit tiefem Schmerze gesehen haben, wie dieser kräftige, Achtung nach Innen wie nach Außen cinflößende Beschluß aus Unent schiedenheit und Mangel an Haltung dem Anschein nach aufgehoben worden ist. Wenigstens können wir in dieser höchst wichtigen Angelegenheit etwas Anderes nicht erblicken. Nach der erwähnten königlichen Declaration vom 29sten v. M. erschien am I. Mai ein Blokade-Reglcment, welches anzudcnten schien, daß die Regierung an ihrem Beschlusse noch fest hielt. Man nahm damals allgemein an, daß schon für eine solche Anzahl weniger armirter Krcuzer, zur Unterstützung und Anfrcchthaltung der Verbindung mit den größeren Kriegsschiffen, gesorgt sep, um die ganzen deutschen Ostsee- und Nordseeküstcn sogleich oder in wenigen Tagen umfassen zu können. Dieser Gc- deS überschwänglichen DänenthumS folgen, wobei wir eg natürlich für überflüssig erachten, ans Dinge, bi« sich von selbst widerlegen, Etwas zn et-wiedern. D. R. ') DaS nördlichste Vorgebirge non Jütland. "j Nun, dagegen wäre wohl Rath gewesen, auch wenn Deutschland gar nicht- gethan hätte, um sich inzwischen auch zur Tee eine Macht zu bilden. D. R,