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246 läßt sich i» den höchsten Zweigen hören, und kleine Baumhacker m ihrer Hellen Livree halten von Zeit zu Zeit während ihres eiligen Fluges an, um eenen neugierigen Blick auf die Fremden zu werfen. Die Drosseln lassen ihre Noten paarweise erschallen, die wie der Gesang eines einzigen Vogels klingen. Papageien schwatzen, Paroquets schreien, die unruhigen, nie schweigenden Manakins (PPnU xkeise» an jedem Strauche, Waldtauben fliegen scheu von hinnen, und Fasanen verschiedener Arten rauschen schnell durch das Gestrüpp. Doch schöner als alle sind die Kolibri'S, lebende Juwelen, die an Glanz fast den Diamanten überstrahlen; bald zaudern sie einen Augenblick, um eine süße Blume zu küssen, bald jagen sie eifrig einem Nebenbuhler in der Jnsektcnwclt nach. Ueijup-tlor, Küß-Blume — dies ist der höchst passende Name, den die Brasilianer dem Kolibri geben! — Dann flattern große Schmetterlinge vor- über, von der Größe einer Hand und dem reichsten Metallblau, und Myriaden buntgckleideter Insekten lassen ihr fernes Summen aus jeder Blume ertönen. Die harmlose Eidechse in ihrer schimmernden, goldgrünen Hülle springt hurtig aus ihrer Sanvhöhle am Wege hervor, indem sie alle Augenblicke stillhält uns mit erhobenem Kopfe, mit raschem Auge die annähernde Gefahr mißt, wäh rend Heere von Ameisen unaufhörlich in gewohnter Emsigkeit cinherziehen. Sehr verschieden von diesem aber ist die Scene, eie sich uns des Nachts darbietet- Die Blumen, die den Tag lang geblüht haben, schließen ihre Kelche und, in ihren laubigen Nestern gebettet, träumen sie LiebcSträume. Eine Schwcstcrschaar nimmt ihre Stelle ein und berauscht den Zephyr mit ihrem Wohlgeruch, während die blinkenden Sterne huldigend niederschauen. Ein Gemurmel, wie von sanften Engclsstimmen, fließt durch die Lütte. Der Mond schießt seine funkelnden Strahlen herab, bis die blumenbeläete Ebene wie ein Schild erglänzt; aber umsonst bemüht er sich, in den dichten Wald ciuzudriu- gen, außer kort, wo ein gefallener Baum ihm Einlaß gewährt. Zn der Dun. kelheit erheben sich schattig die riesenhaften Stämme, nur von ungeheuren Motten umschwirn, die die Stelle der Schmetterlinge eingenommen haben, und von zahllosen Fcuerwurmern beleuchtet, die nie in ihrem Fackeltan; er müden. Da strömt eine mcteorartige Flamme die Straße hinunter, schießt rasch vorüber und läßt aut einen Augenblick eine glänzende Illumination zu rück, die sich in den au den Blättern hängenden Thauxerlcn abspicgelt. ES ist die Laterncnflicge, die, von ihrem eigenen Lichte beleuchtet, aus ihre nächtlichen Fahrten auSgeht. Der Nachivogel fächelt uns mit seinem Flügel die Wange oder überrascht uns durch seinen klagenden Gesang: 4Vaooro, rvucorä! der höchst melancholisch und bei weitem nicht so angenehm klingt, als das Lied des nordauierikanischen Whipxoorwill. Der Armadillo kriegt bedächtig aus seiner Höhle hervor und hegiebt sich langsam nach seinem Weideplatz; das Opossum erklimmt verstohlen seinen Baum, und ter kleine Ameisenbär beginnt seinen schonungslosen Raubzug. Alles dicS setzt schönes Wetter voraus; aber ein Sturm in diesen Wäl dern nimmt unser Interesse auf eine ganz andere Are in Anspruch. Schwere Wolken ziehen im Osten auf, denen ein leiieS, ahnungsvolles Gemurmel vor- hergebt, während hie großen Tropfen auf das Blättcrdach einschlagen. Schnell vertieft sich dieser Ton zu einem schaurigen Gebrüll; der Wald schwankt unter der Wuth des Sturmes, und das Gekrach fallender Bäume schallt furcht, bar durch die Wiidniß. Orkane ereignen sich selten; aber einmal während unseres Aufenthalts m Magoarp brauste ein solcher durch den Forst, indem er bald die riesenhaften Bäume wie leichte Stäbe hinschlcuderte, bald sorglos einherzog und nur von ihren höchsten Wipfeln Tribut begehrte — als ob er mit ihnen sein wildes Spiel treibe. — Merkwürdigerweise mischte sich weder Donner noch Blitz in diese wüthenden Ausbrüche der Elemente, die hierdurch noch mehr als durch die Großartigkeit des von ihnen vargcbotencn Schauspiels einen schncidcno.n Kontrast mir den Stürmen unserer eigenen gemäßigteren Zone bilden. Mannigfaltiges. — Engländer, Franzosen und die Freiheit. Nicht blos die toryistifchc sjusrterlxkevww, deren Urtheil über die französische Februar-Re. volution wir in unseren Spalten mitthcilen, sondern mehr oder weniger auch oie Journale der Whigs und selbst die der englischen Radikalen stimmen in ihren Ansichten über das Unhaltbare der jetzt in Frankreich vorherrschenden Ideen überein. ES zeigt sich bei dieser Gelegenheit aufs neue, wie tief einge wurzelt Lie nationalen Antipathiccn der beiden Völker sind. Sieht auch die bekannte chartistischc Demonstration in London wie eine Nachahmung der Pa- riler Bewegungen aus, so verwahrt sich das englische Volk doch ausdrücklich dagegen, daß es eine solche Nachahmung beabsichtigt habe. Ja, cS ist vorgekom- men, daß „bärtige" Frauzv'en sdic Engländer ahmen nämlich auch die französische Mode des BarttragcnS bis jetzt nur wenig nach), welche Leu chartistischen „mass" auf Trafalgar-Square anrcdcteu und aufstacheln wollten, von diesem ergriffe» und „zur Abkühlung der französischen Gluthen" in das dortige Springbrunnen-Bassin getaucht wurden. I'nncb, bekanntlich ein radikales Blatt und in seinen Witzen nichts weniger als schonend gegen die aristokrati scheu Zustände Alt-Englands, bringt fast in jeder Nummer Karikaturen aus das- was jetzt die Pariser thun. Mehrere seiner englischen Mitarbeiter sind bereits nach dem republikanischen Frankreich gereist, aber daS Resuliae ihrer Forschungen ist jedesmal, daß man jenseits des Kanals keinen Begriff von der wahren Freiheit habe. Die englischen Radikalen können eben w wenig wie die Whigs und die ToricS in das Lob einer Republik cinsiimmen, welche den Grundsatz des seU-zovermnenr so wenig anerkennt, daß ihre Regierung nicht blos alle Macht der Gemeinden paralysirt und in sich vereinigt, sondern jetzt auch Miene macht, die Corporationen und die Individuen in ihren besonderen Thätigkeitssphären zu kontroliren und zu beherrschen. Das monarchische Eng- land überläßt die Regelung aller dieser Interessen den Untcrthanen selbst. Die französische Regierung, heiße sie nun kaiserlich, königlich oder republika nisch, ist immer von derselben Sucht des Viel- und AlleSregierenS beherrscht gewesen. Im Jahre I78S wie heutzutage wollte man in Frankreich dem Miß. brauche der Ausbeutung einer Menschenklasse durch die andere ein Ende machen, aber heute wie damals scheint man dafür nur einen anderen Mißbrauch zu substituiren, nämlich den der Ausbeutung Aller durch das Gouvernement. Wird die neue französische Verfassung diesem Mißbrauche, der leider in der Natur der Franzosen begründet zu seyn scheint, nicht Vorbeugen, so sind wir überzeugt, daß auch die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika ihre Spmpa- thieen für die neue Republik sehr bald wieder verleugnen werden. — Louis Blanc's Familie. Ein englisches Matt, der Mocssester Oxominer, erzählt, daß Louis Blanc, gleich Napoleon, ein Korse und von ed ler Abkunft scp. Seine Mutter war, wie dieses Blatt angubt, eine Schwester des berühmten russischen Diplomaten, Grasen Pozzo di Borgo, der bekanntlich während seines ganzen Lebens ein Gegner nicht bloS seines großen Landsman nes Napoleon, sondern auch aller französischen Frciheitsideen gewesen. LouiS Blanc war als Knabe und junger Mann der Schützling seines Oheims Pozzo und wurde darum auch von Vielen für einen natürlichen Sohn dcS Letzteren angesehen. Pozzo hatte seinen Neffen in der russischen Diplomatie anstelle» wollen, und cS war auch bereits so weit, daß er zum Secretair seines Vetter- Karl Pozzo, der zu einem Gesandtschaftsposten designirt war, ernannt werden sollte, als sich diese Combination wieder zerschlug. DaS englische Journal er zählt dabei folgende Anekdote: „Um ihn in die aristokratischen Zirkel des Oau- bEg 8l. Ormmn cinzuführen, stellte Grat Pozzo seine» Neffen der Herzogin von D— vor. Aber schon beim Eintritt bildete der sehr schmächtige und kleine Blanc einen solchen Kontrast zu der hohe» und stattlichen Figur dcS alten Di plomaten, daß man in dem Salon der Meinung war, der Graf wolle der Damenwelt ein ähnliches Phänomen Zufuhren, wie der Zwerg Bebe, der sich einst in der Umgebung des Königs Stanislaus Leszczynski befand. Die Herzo gin von D — selbst (wahrscheinlich durch daS Gerücht über die uneheliche Ab kunft LeS jungen Mannes gegen denselben eingenommen) that, als ob sie den Begleiter dcS Grafen Pozzo gar nicht bemerkte und sah immer dem Letzteren über die Schultern fort, wo Jener natürlich nicht zu erblicken war. Loui- Blanc, durch diese Art der Aufnahme in der aristokratischen Welt tief verletzt, gab der Aufwallung seines korsischen Blutes nach und schwur der ersteren ewige Rache. Dieser vornehmen Welt gehörte aber zur Zeit der Juli-Revolu tion nicht blos der alte Adel, sondern auch die neu emporgekommene Bour geoisie an, und so ist denn auch sein erstes großes Werk, „die Geschichte der zehn Jahre", eben sowohl gegen die eine wie gegen die andere Aristokratie ge richtet. Der »ancssesr^r Oxaminor behauptet, daß Ludwig Philipp mehr al- einmal gesagt, die „Geschichte der zehn Jahre" habe gleich einem Mauerbrecher (besser) die Wälle der monarchischen Gesellschaft erschüttert." — Wir erzählen alles diese- unserer englischen Quelle nach, ohne natürlich für die Wahrheit der Thatsachcn einzustchcn. Literarischer Anzeiger. 2», Verlag- von Alexander Duncker, kümgl. HobBuchhMldlcr i» Berlin, ist so eben erschienen: Emil FrensLorff, Männer nnd Frauen des Auslandes, 2te Lieferung. Lamartine. Töpfer. gr. 8. cleg. geb. 8 Egr. örnmmv, K., k>exalton.tlapitmn, INe sjm'ine. INic 12 ^bbilüunxett, 1 isl»ggensi»rce uml l) 'I'abellon. gr. 8. gell, l 'sssslr. 24 8gr. Üüli IZilleluUAeN Inest. 'ssran^Iatest imo Ungli^ss ver^o »fror profozzno Da el: m »n n's: oulluroä »nst cm roolest text bv stuuntssun Hierin ^„.1. gubeXo.I. gr.I-exicon. Fess. 21'sslr. 208gr. di».II. gr.8. gell, 2'riilr. Geibel, Emanuel, Gedichte. Ute Auflage. 1g. cleg. geh. I Thlr. 24 Sgr. Elcg. geb. mit Goldschnitt 2 b Thlr. Kopisch, Ll., Allerlei Geister. Märchenlieder, Sagen und Schwänke. 1V. eleg. geh. I Thlr. 8 Sgr. Mvrajn, L. von, Gedichte. 8. eleg. geh. 1^. Thlr. Feldmarfchall Derfflinger. Eitt soldatisches National-Lustspiel auf historischem Boden. 8. eleg. geh. 18 Sgr. Hahn-Hahn, Iva Gräfin, Grästn Aaustine. 3te Auf lage. 8. eleg. geh. 2 Thlr. HerauSgegeben und redigirt von I. Vehmann. Im Verlage von Veit «si.» Eomp. Gedruckt bei A. W. Haq n.