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Wöchentlich erichcmtu drei Nummern. PrömmikratwnS > Preis 22Z Silbcrgr. (5 Tl>lr.) vierteljödriich, 3 THIr. für das ganze Jadr, ohne Erhöhung, in allen Theilen Ler Preußischen Monarchie. Magazin für die Man plänumerin auf dieses Literatur-- Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (Friedri^s- Strasse Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslände bei den WotMbl. Post - Acmtern. Literatur des Auslandes. 130. Berlin, Montag den 3l. Oktober 1842. Arabien. Orientalische Legenden. Herr Perron, Direktor der medizinischen Schule zu Kahira, der durch seinen vieljährigen Aufenthalt daselbst sich eine vollständige Kenntniß der Arabischen Sprache erworben, hat eine große Lücke, über welche die Euro päischen Orientalisten sich bisher immer vergeblich beklagten, ausgcfüllt, in dem er die Arabischen Legenden der vvrmuhammedanischen Zeit sammelte und sie an George Sand mit folgendem Briefe überschickte: „Hochgeschätzte Frau! Ich übersende Ihnen hierbei die Frucht langer und mühsamer Arbeiten und das Resultat unermüdlicher Lektüre. Die alten Arabischen Bücher sind so schwer! Ich habe die Legenden der vorislamitischen Dichter gesammelt und habe so daraus ein treues historisches Gemälde der Poesie und der Sitten der alten Araber zusammenstellen können. Die Sänger der Wüste sind so originell und so eigenthümlich, und die National-Geschichte und die Literatur des alten Arabiens ist in Europa so wenig gekannt! Aber die Erzählungen der Gläubigen Muhammed's über ihre heidnischen Vorfahren und über Alles, was, nach ihren Begriffen, sich seit der Erschaffung der Welt zugetragen hat, schienen mir zugleich in Form und Inhalt so sonderbar, daß ich glaubte, daraus eine Einleitung zu meinem Werke über die Geschichte der vorislamitischcn Zeiten machen zu müssen. Ich habe Alles unter dem Namen „Orientalische Legenden" znsammengefaßt. Nehmen Sie dieses Werk gefälligst in Ihren Schutz. — Verehrte Frau, wir wollen den alten litera rischen Orient retten; ohne den Occidcnt würde er bald Todes verblichen sepn. Wir wollen die Dichter des heidnischen Arabiens und die Frauen, die sie begeisterten und durch ihren Beifall und ihre Liebe belohnten, vor der Ver gessenheit schützen." Die Schöpfung. — Die Engel. ES scheint, daß die muselmännischen Lehrer die Materie a priori als ewig vorausgesetzt haben. Denn als dem Allmächtigen die Lust ankam, Himmel und Erde zu erschaffen, war die Materie schon vorhanden; aber man findet nirgends angedeutet, woher diese Materie kam. Sie sagen: Gott schuf dem Orte gegenüber, wo später der Tempel Saloillo's stand, oder, nach Anderen, wo die Kaaba oder der Tempel von Mekka war, ein Wasser, das mit einem dichten Rauch bedeckt war. Der Rauch hob sich hinweg, und Gott schuf daraus den Himmel; dann nahm er das Wasser, breitete es aus und schuf daraus die Erde. Eine andere Version drückt sich so aus: Als Gott den Himmel und die Erde schaffen wollte, schuf er zuerst eine Substanz, wie die Himmel und die sieben Erden. Auf einen Wink seiner Majestät verwandelte sich diese Sub stanz in Wasser. Auf einen zweiten Wink erhob sich auf diesem Wasser ein Schaum und ein Rauch. Aus dem Schaume schuf Gott die Erde; aus dem Rauche schuf er den Himmel, den er nach folgender Ordnung in sieben Him mel eintheiltc: der erste, der uns am nächsten ist, heißt der Himmel dieser Welt-, cs ist ein Wasser; cs sind Wogen, die sich schwebend erhalten; der zweite ist von Stein und von Felsen; der dritte ist von Eisen; der vierte von Kupfer; der fünfte von Silber; der sechste von Gold, und der siebente von Rubinen. Sechs Tage von den Tagen Gottes waren der Schöpfung des Himmels und der Erde und alles dessen gewidmet, was sich auf ihnen befindet; die Tage Gottes sind so viel, wie tausend Jahre. Diese sechs Tage gehen vom Sonntag einschließlich bis zum Freitag Abend. Die Erde wurde den Sonntag und den Montag geschaffen; die Berge und das Eisen den Dienstag; die Bäume, das Wasser, die wohnbaren Ge genden unk die Wüsten, die Pflanzen, die Thiere, die Nahrungsmittel für die Einwohner der Erde beschäftigten Gott am Mittwoch; dann schuf er am Donnerstage die sieben Himmel; und den folgende» Tag die Sonne, den Mond, die Sterne und die Engel. Gegen das Ende des Freitags, zwilchen drei Uhr und der Nacht, in demselben Augenblicke, wann am Ende aller Jahr hunderte die allgemeine Auferstehung sepn wird, schuf er den Manu oder, nach anderen Gelehrten, den Mann und die Frau. Wir wollen jetzt sehen, wie die Engel, der Mann und die Frau ge schaffen wurden. Unter den Sternen machte Gott ein Fcucrmeer. Von der Flamme wur den die eigentlichen Engel geschaffen und aus der Gluth die Genien gebildet. Die Ersteren wohnen im Himmel; die Letzteren auf der Erde; und JblpS, der christliche Lucifer, gehört zu ihnen und ist ihr Oberhaupt. Die Engel, diese Essenzen oder feinen Körper, welche die Macht haben, sich zu verwandeln, haben sechs Flügel: zwei, mit denen sie sich einhüllcn und bekleiden; zwei, um auf den Befehl Gottes zu fliegen, und zwei, mit denen sie sich aus Ehrfurcht vor der göttlichen Majestät das Gesicht ver schleiern. Die Genien empfingen von Gott die Neigung zum Bösen; und es wurde ihnen auferlegt, ihren Schöpfer anzubeten. Dreihundert Jahre hindurch blieben sie treue Anbeter Gottes; dann wurden sie boshaft, aufrührerisch, ruchlos und sogar Trunkenbolde. Sie mußten dafür bestraft werden. Da sie sich vermehren konnten, so bildeten sie endlich sicbzigtausenk Stämme, von denen jeder aus siebzigtausend Legionen und jede Legion aus siebzigtausend Individuen bestand; dies macht eine Bevölkerung von 34Z,V0VM0 Genien. Eines Tages kam einer dieser Genien in eine Gegend, in welcher eine wunderbare Pflanze wuchs; nach einiger Zeit kam er wieder dahin, und die Pflanze war größer geworden; er ging »och einmal dahin, und die Pflanze hatte ein glänzendes Blättcrwcrk erhalten; er kam zum vierten Male dahin, und siehe, die Pflanze war ein schöner Baum, der schöne Trauben mit reifen Beeren trug. Er pflückt davon, kostet sie und findet, daß diele Frucht einen köstlichen Geschmack hat. Er preßt eine Traube, trinkt den Saft und gießt etwas davon in ein Gefäß, das er mit sich nimmt. Einige Tage darauf untersucht er den Saft; er war gegvhren; er schäumte und berauschte. Er trinkt davon; ein Fieber ergreift ihn, treibt ihn umher, und er fällt. Als er wieder zu sich gekommen war, erzählt er dies Ereigniß seinen Gefährten. Man läuft zur Traube, drückt ihren Saft aus und trinkt davon; man gewöhnt sich ans Trinken; die Trunkenbolde vermehren sich und werden zahl- reich. Daraus entstand die Lüderlichkeit, die Unzucht, der Mord und alle Laster; und dann die Gottlosigkeit und die Jrreligion. Die Ursache von allem diesem war der Wein. Der Prophet hat also Recht, wenn er sagt: „Der Wein ist die Mutter aller Laster." Jblps oder der Empörer, welcher vor seinem Abfall Harith oder der Gewinner hieß, wurde von Gott verdammt, unv mit ihm die meisten seiner Gefährten. Ihre Unverschämtheit und ihre Verführungskünste wurden so unerträglich, daß die Erde sich bei Gott darüber beklagte und ihre Vertilgung forderte. „Ich bin der Gott der Langmuth", sagte der Allmächtige; „ich er warte die Rückkehr des Sünders." Aber die Sünder kehrten nicht zurück. Tausend Gesandte wurden abgeschickt, um sie zur Tugend zurückzurufen, aber die tausend Gesandten wurden getödtct. Die Erve beklagte sich zum zweiten Male bei Gott, der nun gegen die Schuldigen eine ungeheure Legion mit Lanzen und Schwertern bewaffneter Engel ausschickte. Die unerschrockenen Genien des Bösen zogen in Hellen Haufen gegen die Engel, schlugen sich wie Rasende und machten lange den Sieg streitig. Endlich wurden sie von der Legion Gottes besiegt, und sie entflohen nach dem Occident. Und Gott machte ein Feuer, das sie fast alle verschlang, einen Wind, der sie zerstreute, und ein Meer, das sie ersäufte. Trotz dieser Niederlage der Genien blieben doch noch genug übrig, um in der Folge die ganze Erde zu überschwemmen. Es scheint jedoch, daß ihre Nation beträchtlich abnimmt oder wenigstens größtcntheilS aus dem Orient ausgcwandcrt ist. Die Muselmänner glauben noch heute, daß die ganze Welt von ihnen erfüllt ist, und daß sie (die Muselmänner) Nacht und Tag von ihnen bedroht, gequält und gepeinigt werden; und dieser traurige Zu» stand der Dinge wird nach ihrer Meinung bis an das Ende der Welt dauern, das übrigens in der That nicht mehr sehr fern ist. Denn nach Muhammed, d. h. nach dem Worte Gottes, sind die sechs Tage oder die sechstausend Jahre der Schöpfung, den Ruhetag mit eingerechnet, was im Ganzen siebentausend Mondjahre oder eine Woche Gottes ausmacht, die Zahl der Dauer der Menschheit; und im sechsten Tausend wird der Islam und Muhammed, der größte Prophet, aufstehen. Da wir nun im I2L7stcn Jahre der musel männischen Zeitrechnung sind, so haben wir bis zum letzten Augenblicke dcS Universums nur noch einige Jahrhunderte. Zu Anfänge des letzten Jahrhunderts wird der Antichrist erscheinen; aber er wird von Jesus, dem Sohne der Maria, getödtct werden, der noch die letzten vierzig Jahre des Lebens unserer armen Welt auf der Erde bleiben wird, um die Menschheit zur Tugend und zum — Islam zurückzufüh- rcn. Während dieser Zeit wird es weder Kranke noch Todte geben; die Heerden werden über die Getraidefelder laufen, ohne eine einzige Aehre da-