Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration« ° Preis 22) Silbergr. () THIr.) nierteliLkeNck, 3 Thir. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung,, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumcrirl aus diese« Literatur. Blatt in Berlin in der Expedition der Wg. Pr. Staat«'Zeitung (Friedriedi- Slraße Nr. 72); in der Provinz so >vie im Aurlande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 124. Berlin, Montag den 17. Oktober 1842. Aegypten. Kosseir am Nöthen Meere. Die Stadt Kosseir liegt an dem Ausgange eines Thales, da- sich vom Rothen Meere bis dicht an den Nil erstreckt, und ist für Ober-Aegypten, was Suez für Unter-Aeg-Ptcn ist. Sie ist am Fuße eines Hügels erbaut, auf dessen Gipfel eine Festung steht, die vier Thürmc und zwanzig Stück Geschütze hat. Unter den letzteren befindet sich eine Französische Haubitze, welche die Auf schrift: „Valence" und das Datum: „Messidor, Jahr II l der Republik" hat. Dieses Geschütz, das die Französische Armee daselbst zurückgclassen hat, ist also ein historisches Denkmal der Eroberung Aegyptens durch die Franzosen. Die Festung Kosseir, die von dem Sultan Selim erbaut und von den Franzosen restaurirt wurde, schützt die Stadt gegen jeden Angriff. Anch wurde sie von den Englischen Fregatten, welche die Französische Besatzung daraus zu vertreiben suchten, drei Tage lang ganz vergeblich beschossen. General Donzelot, der den Platz kommandirte, brachte den Engländern bedeutende Ver luste bei und zwang sie, sich wieder einzuschiffen. Die Straßen Koffeirs sind fast alle schnurgerade und sehr reinlich: eine Eigenthümlichkcit, die mit der allgemeinen Unreinlichkeit der Aegyptischen Städte stark kontrastirt. Nur macht das gleichförmige, graue Aussehen der von rohen Mauersteinen gebauten Häuser einen traurigen Eindruck, den einige einzelne Wohnungen, die von Steinen und gebackenen Ziegelsteinen erbaut sind, nicht verwischen können. In der Bauart ist nur das große Haus des Gouverneurs merkwürdig, das am Ufer des Rothe» Meeres liegt. Seine Konstantinopvlitanische Architektur ist nicht ohne Eleganz. Die Bevölkerung von Kosseir besteht ungefähr aus 2000 Seelen, die Türkische Besatzung von einigen Kanonieren und Arnauten mitgerechnet. Der einzige katholische Einwohner ist der Französische Konsular- Agent. Der Englische Agent ist ein reicher Türkischer Kaufmann, der im Lande großen Einfluß hat. Die Umgegend der Stadt ist eine wüste Sand fläche, und Regen und fließendes Wasser ist dort äußerst selten. Die Einwoh ner holen ihr Wasser ans mehreren benachbarten Oertern. Die Brunnen der Citadelle und der Stadt liefern nur ein sehr trübes und mit Schwefel ge schwängertes Wasser. Ein artesischer Brunnen würde hier von großem Nutzen sepn. Der Hafen bildet eine» ziemlich großen Bogen, der SO —60 Schiffe aufnehmen kann. Im Westen ist er dnrch die Strandhügcl geschützt, und dies sind die ersten Berge, die man am Horizont bemerkt. Eine beträchtliche Ko rallenbank, die 300 Metres ins Meer geht, schützt ihn vor dem Nordwinde. Er ist nur gegen die Südwest-Winde offen, die auf dem Rothen Meere wenig zu fürchten sind. Weil er keine bequeme Ausladestelle hatte, so hat Mehmed Ali einen schönen Platz dazu einrichten lassen, wo die kleineren Fahrzeuge ohne Gefahr landen könne». An dieser Stelle ist das Rothe Meer so fisch reich, daß die alten Einwohner, die sich nur von Fischen nährten, den Namen Ichthyophagen erhalten haben; ein anderes benachbartes Volk hieß besonders die Chelonophagen, weil sie sich von Schildkröten nährten, deren es eine große Menge in dieser Gegend gab. Der großen Schalen bedienten sie sich als Schilde oder machten daraus Hausgeräthe oder andere Werkzeuge. Als die Französische Armee in Kosseir ankam, war die Umgegend der Stadt noch mit Fischern bewohnt, die bei dem Anblick der Französischen Soldaten entflohen. Die Hütten dieser Fischer waren mit Schilvkröten- Schalen bedeckt- Auch findet man in dem Thale von Kosseir den Volksstamm der Ababdchs, welche direkte Nachkommen der Troglodyten sepn sollen. Ihre Sitten und Gebräuche sind von denen ihrer Vorfahren fast in nichts verschie den. Die Schilderung, welche die alten Geschichtschreiber von diesem Volke machen, stimmt wörtlich mit der Beschreibung überein, die der Französische Gelehrte, Herr Dubois-Aimö, von ihnen macht. Nordwestlich von dem Hügel, der Kosseir beherrscht, erblickt man viele kleine Höhlen, die den Ababdchs noch jetzt als Wohnplätze dienen. Dieser Bolksstamm, welcher bis auf den heutigen Tag von aller Civilisation fern geblieben ist, lebt von den übrigen benachbarten Stämmen ganz isolirt. Er hat mit den Arabern nur die muhammedanische Religion gemein, in die er jedoch einige Gebräuche seines alten Götzendienstes ausgenommen hat. Diese neueren Troglodyten, welche die Europäer, wenn sic mit eincm Ferman des VicekönigS versehen sind, ohne Gefahr besuchen können, bestehen noch aus mehreren Tausend Individuen, die auf der Wüste zwischen Kosseir und dem Nil zerstreut sind. Sie haben seit vielen Jahrhunderten ihre ursprüng lichen Sitten und Gebräuche bcibehalten. Nördlich von Kosseir findet man noch viele Ruinen, welche man Kadima oder Alt-Koffcir nennt. Dies sind die Trümmer einer großen Stadt, die eine Bevölkerung von ungefähr 30,000 Seelen gehabt haben muß. Ihr Hafen, der einst geräumig und tief gewesen zu sepn scheint, ist fast ganz verschüttet. Nach Gosselin und anderen Geographen wäre Kadima das alte Myos-Hormos ge wesen. Danville behauptet zedoch, daß dieser alte Handelsplatz mehr nördlich gelegen habe. Dem sey, wie ihm wolle: Myos-Hormos war sür das alte Aegypten das, was Kosseir für das heutige Aegypten ist. Da der Handel auf dem Rothen Meere einst sehr bedeutend war, so gab es am Ufer noch mehrere andere sehr wichtige Städte, z. B. das alte Berenice (PortuS Albus) und PhiloteraS PortuS. Südlicher lagen Sucho (Soakin) und Ptolcmais (Theron). Aber besonvers aus Myos-Hormos empfing das wohl- habende Theben die kostbaren Produkte Arabiens und Indiens. Um von der Ausdehnung dieses Handels einen Begriff zu geben, wollen wir eine Stelle aus Strabo citiren, wo er sagt: „daß zu seiner Zeit eine Flotte von hundert- undzwanzig Segeln ans dem Hafen von Myos-Hormos nach Indien abfuhr." Aus diesem Hafen segelte auch die Flotte des Aelius Gallus, als er den Feld zug nach dem glücklichen Arabien antrat, wo die Römer die bedeutende Stadt Aden besaßen, die sie mit dem Namen Portus Romanns bezeichneten. Zu dieser Zeit transportirten zahlreiche Kamee!-Karawanen in einigen Tagen die Waaren von Koptos nach Myos-Hormos, von wo sie mit den Produkten des Rothen Meeres, Arabiens unv Indiens wieder nach den Ufern des Nils zn- rückkchrten. An verschiedenem Stellen des Weges erblickt man noch die Trüm- mer der Griechisch-Aegyptischen Stationen, deren gut erhaltene Brunnen den Karawanen hcnte noch von großem Nutzen sind. Die Karawanen gehen heute noch denselben Weg, wie vocMalS, mit dem einzigen Unterschiede, daß sie nicht mehr von Koptos, das Diocletian zerstört hat, abrcisen, sondern von Kennch, das einige Stunden unterhalb jener Stadt liegt. Diese Karawanen, die in drei und eimm halben Tage den Transport bewerkstelligen, führen nach Kosseir täglich große Quantitäten von Roggen, Gerste, Mehl, Bohnen, Linsen, Zuckcr, Oel u. s. w. nicht bloß für die Bedürfnisse der Sladt, sondern auch zur Aus fuhr nach Moilah, Jambo, Dschedda, Konfuda, Hoveiva, Mokka, Maffuah und besonders nach Medina und Mekka. In der letzteren Zeit sind mehrere Getraide-Lieferungen nach Indien und nach verschiedenen Punkten des In- dischcn Oceans abgcgangcn. Die nach Arabien bestimmten Waaren werden gegen Kaffee, Gummi, Weihrauch, Gewürze, Indische Leinwand und Kasche- mire ausgetanscht. England nimmt jetzt anch an diesem Tauschhandel Theil, in der Hoffnung, großen Vorthcil davon zu ziehen. Kosseir wird aber immer in seinen Handelsbeziehungen zu Indien von Sue; abhängig bleiben. DicPr letztere Hafen wird, vermöge seiner größeren Nähe zu Europa, immer wichtiger seyn als Kosseir, zumal wenn man den alten Kanal des Ptolemäus wiedcr- berstellt. Jetzt könne» weder die Arabischen, noch die Europäischen Fahrzeuge die Schwierigkeiten überwinden, welche der Norden des Rothen Meeres zu gewissen Jahreszeiten darbietet. Kosseir ist für den Handel nach Said und Nubien eben so wichtig, wie sür den Handel nach Unter-Aegypten und dem Mittelmeer?. England konnte die mannigfachen Vorthcile, welche diese Handelsstation darbietet, nicht aus den Augen verlieren. Auch unterstützt sein dortiger Kon- sular-Agent mit allen Mitteln den Personen- und Waaren-Transport nach dem Nil, den die Indischen Paketböte in Kosseir ausladen, ehe er nach Suez weiter befördert wird. Auch sieht man dort Handelsschiffe aus Bombay, Kalkutta und selbst aus London ankommcn. Einige dieser Fahrzeuge sind von Suez, wenn dies das Ziel ihrer Reise war, sogleich wieder nach Kosseir zu- rückgckehrt, um in dem Hafen Getraidc-Ladungcn auszunchmen, und Mehmed Ali hat den ausdrücklichen Befehl gegeben, diese Handels-Verhältnisse auf da- beste zu unterstützen. Unter solchen Umständen hat die Französische Regierung auch einen Konsular-Agenten ernannt, der die Interessen seiner Landsleute in diesen Gegenden wahrzunehmen hat. Spanien. Die Diplomaten von Madrid. (Nach der Revue 6e pari«.) (Fortsetzung.) Doch kehren wir zur heutigen Diplomatie zurück. Am Hofe Madrid- glänzte die sanfte lächelnde Schönheit Maria Christinens, der Mutter und Regentin. In den Armen hielt sie ihre beiden Infantinnen, die, gleich der Mutter, mitten im Bürgerkriege lächelten. Sie regierte glücklich und ver jüngte Spanien durch ihren Geist, ihre Jugend und Schönheit, als plötzlich