Suche löschen...
Gartenbauwirtschaft
- Untertitel
- deutscher Erwerbsgarten ; Berliner Gärtner-Börse ; amtl. Zeitung für d. Gartenbau im Reichsnährstand u. Mitteilungsblatt d. Hauptvereinigung d. deutschen Gartenbauwirtschaft
- Verleger
- [Verlag nicht ermittelbar]
- Erscheinungsort
- Berlin
- Bandzählung
- 44.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929
- Umfang
- Online-Ressource
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf4 (G)
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490717721-192900007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490717721-19290000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-490717721-19290000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Gartenbauwirtschaft
-
Band
Band 44.1929
-
- Ausgabe Nr. 1, 3. Januar 1929 -
- Ausgabe Nr. 2, 10. Januar 1929 -
- Ausgabe Nr. 3, 17. Januar 1929 -
- Ausgabe Nr. 4, 24. Januar 1929 -
- Ausgabe Nr. 5, 31. Januar 1929 -
- Ausgabe Nr. 6, 7. Februar 1929 -
- Ausgabe Nr. 7, 14. Februar 1929 -
- Ausgabe Nr. 8, 21. Februar 1929 -
- Ausgabe Nr. 9, 28. Februar 1929 -
- Ausgabe Nr. 10, 7. März 1929 -
- Ausgabe Nr. 11, 14. März 1929 -
- Ausgabe Nr. 12, 21. März 1929 -
- Ausgabe Nr. 13, 28. März 1929 -
- Ausgabe Nr. 14, 4. April 1929 -
- Ausgabe Nr. 15, 11. April 1929 -
- Ausgabe Nr. 16, 18. April 1929 -
- Ausgabe Nr. 17, 25. April 1929 -
- Ausgabe Nr. 18, 2. Mai 1929 -
- Ausgabe Nr. 19, 9. Mai 1929 -
- Ausgabe Nr. 20, 16. Mai 1929 -
- Ausgabe Nr. 21, 23. Mai 1929 -
- Ausgabe Nr. 22, 30. Mai 1929 -
- Ausgabe Nr. 23, 6. Juni 1929 -
- Ausgabe Nr. 24, 13. Juni 1929 -
- Ausgabe Nr. 25, 20. Juni 1929 -
- Ausgabe Nr. 26, 27. Juni 1929 -
- Ausgabe Nr. 27, 4. Juli 1929 -
- Ausgabe Nr. 28, 11. Juli 1929 -
- Ausgabe Nr. 29, 18. Juli 1929 -
- Ausgabe Nr. 30, 25. Juli 1929 -
- Ausgabe Nr. 31, 1. August 1929 -
- Ausgabe Nr. 32, 8. August 1929 -
- Ausgabe Nr. 33, 15. August 1929 -
- Ausgabe Nr. 34, 22. August 1929 -
- Ausgabe Nr. 35, 29. August 1929 -
- Ausgabe Nr. 36, 5. September 1929 -
- Ausgabe Nr. 37, 12. September 1929 -
- Ausgabe Nr. 38, 19. September 1929 -
- Ausgabe Nr. 39, 26. September 1929 -
- Ausgabe Nr. 40, 3. Oktober 1929 -
- Ausgabe Nr. 41, 10. Oktober 1929 -
- Ausgabe Nr. 42, 17. Oktober 1929 -
- Ausgabe Nr. 43, 24. Oktober 1929 -
- Ausgabe Nr. 44, 31. Oktober 1929 -
- Ausgabe Nr. 45, 7. November 1929 -
- Ausgabe Nr. 46, 14. November 1929 -
- Ausgabe Nr. 47, 21. November 1929 -
- Ausgabe Nr. 48, 28. November 1929 -
- Ausgabe Nr. 49, 5. Dezember 1929 -
- Ausgabe Nr. 50, 12. Dezember 1929 -
- Ausgabe Nr. 51/52, 23. Dezember 1929 -
-
Band
Band 44.1929
-
- Titel
- Gartenbauwirtschaft
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Anna EnderS-Dix. Eine blühende Phantasie bedarf der Gärt nerzucht eines lauteren und strengen Geistes. « Je größer der Selbstgehalt eines Künstlers, desto stärker das Eigenleben seiner Werke. Wenn das Leben uns hart anfaßt, fühlen wir zuweilen etwas wie Abneigung gegen diejenigen, welche uns durch Verzärtelung schwächten. Immer teurer aber werden uns jene, die es mit Liebe verstanden haben, uns'abzuhärten und zu stählen. Laßt Tate» sprechen! Noch wenige Wochen, und die Zeit der Vor bereitungen ist vorüber. Die Vollarbeit beginnt, und es bleibt i^nig Zeit mehr für allgemeine Aufgaben. Läuft auch unser Rechenjahr erst im Sommer ab, so ist doch für jeden bedachten Mann bei uns der Winter die Zeit, um Wege und Er folg der abgelaufenen Pflanzzeit noch einmal nach- zuprüsen. Und wie das für den einzelnen selbst verständlich ist, so will auch das Ganze unserer Organisation rückschauend überdacht und zu An schlüssen gebracht werden um uns zu zeigen, ob wir auch im großen vorangekommen sind oder nicht. Wer die Landesverbandsberichte liest und auch örtliche Berichte nicht versäumt, wird viel an erkennenswertes Streben flch offenbaren sehen. Wackere Vertreter der Reichsverbandsgedanken sind vielerorten am Werke, die vordringlichen Fragen der Zeit zu besprechen, zu klären und den Mitgliedern näherzubringen. Ueberall, wo gesundes Leben in den Berufsorganisationen herrscht, weiß man heute, daß der Neuaufbau des Gärlnerberufes auf neuen Grundlägen das drin gendste Gebot der Stunde ist. Dieser Neuausbau muß von innen heraus erfolgen, vom technisch fachlichen wie vom wirtschaftlichen Gesichts punkte her. Er stellt beiden, den Reifen sowohl wie dem Nachwuchs« nicht geringe Aufgaben. Die Lehrlingsausbildung, gegründet auf der berufs amtlichen Anerkennung der Lehrbetriebe, schließt allein schon heute andere Aufgaben in sich als früher. Sie gibt dem Lehrling Rechte der Bil- oungsforderuug, dem Meister Pflichten, die vor dem allgemein nicht bestanden und nur von ein zelnen in umfänglichem Maße geübt wurden. Die Gchilsenprüfungeu werfen ihre Lichter auch auf den Lehrherrn, und es sähe übel aus, wenn von einem begabten Lehrling am Ende seiner Lehr zeit gesagt werden müßte — und das soll schon vorgekommen sein — „Schade, daß er nicht bei einem besseren Lehrherrn mar!" Zu diesen Lehr- herrenpslichten gehört vor allen Dingen die An leitung zu fachlich einwandfreier Führung des Tagebuches, das weniger ein Arbeitskalender als vielmehr ein Knlturenbuch sein soll und sein muß, wenn es einen vertieften Zweck haben soll. Das ist ein Gebiet, auf dem noch viel Naum für Taten, für Erfüllung der in den Versamm lungen zu hörenden Erfordernisse frei ist. Die Schule hat zwar die Aufgabe, die Tagebuch führung zu überwachen, aber die Art der Tage- buchfnhrung anzugeben ist Meistersache. Bon den Schwierigkeiten und Verlegenheiten, die da er wachsen können, will ich lieber nicht sprechen. Sie zu überwinden, ist eine Aufgabe von Jahr zehnten. Unmitteloarer aber wird den Gärtner der wirtschaftliche Neuaufbau erfassen. Er wird sich nicht damit absinden zu sagen, er habe bis Copyrighl 1928 by Ernst Keils Nachf. (Aug.-Scherl) G.m.b. H., Berlin SW 68. goldene Tafeln aus der Dämmerung blinkten. Tafeln mit furchtbaren Zahlen, die Toten der württeMbergischen Regimenter Olga, König Friedrich. Hunderte von Offizieren, Tausende von Soldaten. Immer wieder und immer wieder müssen wir uns einsetzen, predigten die Tafeln. Der Gedanke ist alles, der Mensch nichts. Hatte er sich in Amerika drüben wirklich eingesetzt? Als er Kolonist wurde? Oder hatte er nur an sich gedacht — Kulturarbeit oder Eigennutz? Als er wieder im Sonnenlicht stand, schüttelte er den Gedanken ab. Er durfte ja an der neuen Zeit Mitarbeiten, den Weltverkehr, der neue Bahnen suchte, mitaufbauen. Reue Tradition schaffen. Und als die alte kämpfte, hatte er sich nicht geschont, nur der Tod hatte ihn ausgelassen. Pflichterfüllung im Leben ist stets Kulturarbeit, klang es in ihm. Selbst wenn man nur Bäume schlägt oder Säcke trägt. Der Gedanke ist alles — Der Zug fuhr ihm nicht schnell genug, als er setzt den Weg nach dem Schwäbischen Meer zu suchte. Biel'zu oft hielt er, viel zu langsam gings. Endlich rechts der Bahn eine große Halle, Flugzeuge davor, der alte Platz, der für Luft schiffe jetzt nicht mehr benutzt wurde, Häuser, Weichen, über die die Wagen rasselten. Die Station. Und auf ihr, winkend und rufend, Udenhof. „Willkommen in Deutschland!" Geisenheim wollte fragen, aber der alte Herr drängte ihn ins Auto. „Kommen Sie nur, Quartier ist bestellt, aber heute abend sind Sie mein Gast. Meine Frau ist zu allen Fischern in der Stadt gelaufen um Felchen. Der See ist noch zu kalt, die Felchen stehen zu tief." Er triumphierte. „Aber wir haben sie doch er gattert." „Herr Professor —" „Und Steinwein, Frankenwein. Mann, wissen Sie denn noch, was ein Bocksbeutel ist?" Wieder wollte der unterbrechen. „Meine alte Hede weiß ja gar nicht, was sie alles für Sie tun soll. Natürlich mußt du die Zigarren von Dannemann heraus holen," sagte sie, „die Brasilzigarren, heim- kehrende Amerikaner müssen gebührend ge feiert werden." Er redete ununterbrochen, bis der Wagen an dem Wärtcrhäuschen vorbeifuhr. Der ein armige Wächter, ein alter Invalide des Luft- jchijsbaus, grüßte. Der frühere Marine-Luftschifführer Geisen heim hat mittellos in Argentinien nach dem Kriege längere Zeit auf verschiedene Weise ver- fucht, eine befriedigende Beschäftigung zu finden. In dieser Zeit hat sich die jüdische Tänzerin Sonja vergeblich um ihn bemüht, die mit ihrem jetzigen Gatten Sin aus dem gleichen Schiss wie G nach Europa fährt; sie trägt G. die Abwei sung immer noch nach. G. hat zufällig seinen alten Vorgesetzten, den Vorkämpfer im Luftschiff bau, Prof. Udenhof, wiedergetrossen, ist von die sem, der in Friedrichshafen einen neuen Zeppe lin baut, mit dem er Handelsfahrten zwischen Europa und Südamerika ausführen will, drüben zunächst als Vertreter der Luftschiffbaugesellschaft beschäftigt worden und kehrt nun nach dem Bo densee zurück. Bei seiner Vertretertätigkeit hat G. Luisa Souza kennen gelernt. Trotz des Wider standes der in Argentinien hoch angesehenen Tante und Erzieherin LuisaS haben sich beide über ihre Liebe ausgesprochen. Tante und Nichte befinden sich auf einer Reise in die Pampas. G. ist in Deutschland eingclroffen. (13. Fortsetzung.) Am anderen Abend fuhr Geisenheim dem Bodensee zu. „Hier kannst du gar nicht so weit fortreisen, daß du nicht mehr da bist", hatte Hilde zum Abschied gesagt. „In zwei Wochen komme ich nach." Die Nacht schlief er unruhig. Die Räder sangen so aufpcitschende Dinge, am Morgen sah er die Donau neben sich, eine Stadt, ein Münster. Das alte Ulm. Fast zwei Stunden mußte er dort warten. Es trieb ihn, nach der TraditionSlosigkeit argeistinischer Städte, die quadratisch, nüchtern und praktisch aus dem Camp aufwachsen, hinein in die alten Winkel, an Giebeln vorbei, durch enge Straßen und Gassen, bis er vor dem Münster stand. Es war ein schöner Frühlings tag, und die Sonne schien warm, Kinder spielten an den altersgrauen Steinmauern der Kirche, die Tür stand offen. Alte Kirchen und alte Bur gen hatten es ihm von jeher angetan, so trat er aua, yeule ein. Drinnen kein Mensch, es war wohl nicht die Zeit, in der die Leute beteten. Bunte Schilder an den Wänden, die Wappen alter Geschlechter, deren Etandesherren hier der Ewigkeit entgegen- schlicfcn. Er las die altertümlichen Jnichristen, die von hochweisen Ratsherren und wohledlen Rittern berichteten, bis in einer Nische nur her gearbeitet und werde auch künftig arbeiten müssen, denn das ist wohl vollaus richtig, schließt aber lange nicht alles in sich, was nottut. Es darf nicht bei den ehrenwerten Worten von der Kollegialität und dem Zusammenschlusse bleiben, sondern es muß orts- und bezirksweise klarge stellt werden, an welche Arbeiten mit Aussichten auf Erfolg herangetreten werden kann. Nur kein Zusammenrufen ohne praktisches und handgreif- uches Ziel! Die Absatzfrage stellt sich da eigent lich von selber in den Vordergrund, mit ihr dis Ausgestaltung des Preisbildungswesens. Und von da aus entwickelt sich dann das Programm zwangsläufig von selber. Man muß aber den ersten Schritt klar und herzhaft tun, sonst kommt man nicht in Gang, sondern bleibt stehen, wo man immer stand. Zu den Taten, für die der Gärtner außerdem ein offenes Ohr haben muß, gehört eine stramme Gefolgschaft zum Reichs- verbande. Er muß sooft, wie auch neuerdings wieder, seine Mannen Herausrufen zum Kampfe für Rechte des Berufes, für Fortentwicklung des Fach- und Wirtschaftsdenkens, der Organisation. Das geht jeden ohne Unterschied an, und der Reichsverband steht anders da in seiner viel verzweigten Vertretung der Berufsinteressen, wenn er, wie die bayerische Bauernkammer, sagen darf, daß die Gärtnerschaft geschlossen hinter ihm steht, als wenn er bei jedem Ver suche zum Vorankommen au die Lauen und Kalten denken muß, die er neben den Rührigen mitschleppen und unverdienten Nutzen ziehen lassen muß. C. Wie die Akten jungen... 2 Ich habe hier und da mein Ohr hingehalten und Habs ein bißchen anders gehört. Beim Gärtner zwitschern die Jungen wirklich ein wenig anders als einst die Alten sangen, oder singen durften, da sie noch jung waren. Mehr als ein Alter hat mir gesagt: In meiner Lehrzeit hats nur geheißen: schaff! Und wenn die Rede aufs Lernen kam, hieß es: Mach die Augen auf, dann „Bon Echterdingen her", sagte Udenhof. Die Straße auf das Werk zu staubte, der Wagen fuhr rasch an einem zweiten Tor vor bei und hielt vor den Hallen. „Kommen Sie, Geisenheim!" In der ersten Halle trat ihnen Baumeister entgegen. „Gut, daß Sie da sind, Geisenheim!" Viele Worte waren nicht seine Sache, die fest zupackende Hand sagte mehr. Der Pro fessor legte den Finger auf die Lippen und ging Wetter. In der größeren, zweiten Halle Drehbänke und Streben von Duraluminium, Kessel dazwischen, Werkzeug. Eine eiserne Tür ging auf, und vor ihnen, in der größten Halle, lag das Schiff. Ganz bezogen jetzt schon, silbergrau. Die mächtige Halle süllend- Geisenheim blieb stehen, er merkte nicht, daß hinter ihm die Tür zufiel, daß er allein war. Kein Arbeiter in dem Raum, kein Mensch. Draußen faßte der Professor seinen Ingenieur am Aermel. „Ich glaube, er hat mich für einen Schwätzer gehalten, ich habe nur von Felchen und Steinwein gesprochen, aber er sollte sehen, allein sehen." Baumeister knurrte. „Die Geschichte vom verloren Sohn und vom Kalb, das geschlachtet wird, kommt doch immer wieder vor. Da arbeitet man jahrelang . . ." „Und nun kommt unser bester Führer zurück, ifl's nicht so, Baumeister?" Der brummte: „Na ja doch!" Drinnen ging Geisenheim um daS Schiff herum, die Halle war fast zu klein, Spitze und Ende des Schiffes stießen beinahe an die heute noch geschlossenen Tore, die sich nun bald öffnen würden. Vorn an der Gondel stand ein Gerüst für die Arbeiter, da stieg er hinauf, trat in die Führergondel. Alles fast fertig, die nautischen Instrumente, der Befehlsapparat, die Funkstation. Und aus dem Tisch lag ein Blatt, wie achtlos hingelegt. Besatzung des Schiffes: Kommandant — Geisenheim, Chef ingenieur — Baumeister — folgten Namen und Namen, aber die las er nicht mehr, nur den einen, wieder und wieder. Hier stand er, und um ihn das Schiff, das erste deutsche Handelsluftschiff nach dem Kriege. Das Neue, das Morgen. Und er war der Führer. Es hielt ihn nicht mehr. Er sprang die Stufen herunter, lief durch die Hall«, stieß in der Tür fast mit Udenhof zusammen. „Ist das wahr?" „Unsere neuen Schiffe müssen jüngere Leute kommandieren als ich. Wir wollen ja nicht nur das eine bauen, sondern viele. Na ja doch!" „Und ich?" „Sie sollen sie führen", knurrte Udenhof. 22. Wieder einmal war Luisa allein, wie es ihr am liebsten war, in die Steppe hinausge ritten, dem Gaucho entgegen, der die Post für Santa Isabel holen sollte. Nach dem Ueber- maß von Geselligkeit der ersten Wochen war die Reaktion bei ihr eingetreten, ein Ueberdruß, wirst du schon was lernen! Ganz recht, geschasst muß werden, und die Augen müssen ofsengehalten werden. Aber die Zeiten sind anders geworden, und die Jungen nicht nur, sondern auch dis Alten sehen deutlich die größeren Ausgaben, die heute dem Gärtner gestellt sind. Manch ein Reifer wünscht sich heute, daß er noch einmal Lehrling sein könnte, Lehrling im heutigen Sinne. Und dieser Gedanke ist eS, der trotz des ungleichen Liedes Alte und Junge zusammcnhält und zu sammenhalten mug, und das gesunde Lied der Jungen ist Musik im Ohr jedes rechtlich denken den Alten. Krieg der Einfuhr! Das ist leichter gesagt als durchzusühren. Darüber muß man sich klar sein, wenn man nickt das Kind mit dem Bade ausschütten und sich selber über die Füße gießen will. Die Reihe unserer Bedürsniffs, die wir vom Inlands her überhaupt niemals befriedigen oder doch nicht ausreichend befriedigen können, ist keineswegs klein. Wir müssen schon, ob wir wollen oder nicht, in den sauren Apfel der Einfuhr beißen. Aber das ist richtig, daß wir mancherlei Einge führtes entbehren und abweisen könnten, wenn die Entwicklung unserer eigenen Produktion voll kommener und wenn unsere Geschicklichkeit ein wenig größer wäre, den Geschmack und die natio nale Treue auch in Wirtschaftsdingen besser zu erziehen und zu pflegen. Der Geschmack des. Käufers läßt sich lenken, wenn ihm ein be achtenswertes Kaufgut in beachtenswerter Weise vorgelegt wird. Das Kaufgut beachtenswert zu züchten, es überragend gegenüber dem Ausland erzeugnis und es beliebt beim Abnehmer z» machen, ist das große offene Geheimnis unseres Marktes. Zölle mögen nicht voll entbehrt wer den können, aber wichtiger als sie ist die volle Erschließung unserer inneren Produktionstüchtig keit. Gelingt uns das, dann bleiben uns die lästigen Gespenster, die wir durch Zölle bannen wollen, von selber vom Leibe. der sie das Alleinsein suchen ließ. In dem sie mit sich und ihren Gedanken fertig werden konnte. Seit Fritz Geisenheim Buenos Aires verlassen hatte, war keine Nachricht von ihm gekommen, «und sie hatte ja auch niemandes mit dem sie über ihn sprechen konnte. Die Tante war seit ihrer Ankunft auf der Hazienda kränklich, sie lag viel in ihrem Zimmer, das verdunkelt gehalten werden mußte, und duldete nur ihre alte Zofe um sich, di« seit Jahren den Dienst bei Doka Margareta kannte. Versuchte Luisa, ihr Gesell schaft zu leisten, dann wurde sie abweisend, „Junge Leute gehören nicht in Kranken^ zimmer, sondern unter Jugend. Lade dir Freunde ein, reite nach Dona Francia hin über, aber laß mich, ich habe zu tun." „Ich habe dir doch in Buenos Aires Gesellschaft leisten dürfen." „Santa Isabel ist nicht Buenos Aires/« ES war, als plagten Gedanken und Erinnerun gen sie, die erst hier aufgewacht waren. Luisa war energisch. „Dir bekommt dis Luft von Santa Isabel nicht, Tante." „So, so, die Lust! Das haben die Men schen herausgefundeu, damit sie die Mensche» immerzu herumschicken können. Wenn eine alte Frau tagelang im Wagen gesessen bat, dann hat sie das gute Recht, sich von den Strapazen auszuruhen." Das hinderte sie aber nicht, mit dem Mayordomo Jordans stundenlang über Büchern und Abrechnungen zu sitzen. Während dieser Konferenzen klang ihre Stimme oft sehr energisch und die des Beamten recht kleinlaut. Vicente Jordano rächte sich dann an dem Capataz, an den Gauchos und an den Peonen, wenn er wieder herauskam. In der Ferne tauchte ein kleiner Punkt auf, der rasch näher kam. Der Postreiter. Auch Lmsa setzte ihr Pferd in Galopp. „Hallo, Domingo!" „Senorita?" „Sachen für mich?'« Der Mann lachte über sein ganzes braunes Gesicht. „Mehr als man in einem ganzen Jahr lesen kann, Dona Luisa." Meist schrieben Freunde aus Buenos Aires, aber deshalb ritt Luisa nicht, nur des einen wegen. Und eben dieser eine hatte noch nichts von sich hören lassen. Aber dieses Mal war eS anders. Ein Brief aus Deutschland mit dem Stempel der kleinen Stadt, von der er so ost gesprochen hatte, ein Pack Zeitschriften, die Adresse auch von seiner Hand geschrieben. Luisa sprang aus dem Sattel, das Pferd durfte grasen. „Man hat mich hier empfangen, daß ich beschämt bin. Denke Dir, Luisa, ich komme nicht nur mit unserem ersten Schiff nach Amerika, ich bin sein Kommandant geworden, ich führe es. Du weißt vielleicht nicht, was es für einen Deutschen bedeutet, wenn cr an dem neuen Aufstieg seines Vaterlandes tat kräftig Mitarbeiten kann. Wir, die wir «S vcrlassen haben, taten das ja nur, weil wir an uns und unseren Volksgenossen verzweifel-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)