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Nr. 22. so. v. 1929 blütenbiologische Versuche an Kernobstsorten und Schädlingsbekämpfungsversuche gegen amerikanischen Stachelbeermehltau, Blattkrank, heilen an Johannisbeeren, Johannisbeeren- Sänlenrost, Schorf und Obstmade, Blatt- und Blutlausbefall, ferner gegen Schwarzfäule an Rolkohlpslanzen, Braunfleckenkrankheit an Tomaten und Rosenmeltau. Geprüft wurden nock) zwölf verschiedene Raupenleimfabrikate. Die Abteilung für Bodenkunde und Agri- kultnrchemie berichtet über Düngungsversuche im Freiland, im Gefäß, in Töpfen und in Betonkästen, weiter über Bodenbedeckungsver- suche mit Asphaltpappe und über interessante Bodenmüdigkeitsversuche an Obstgehölzen in Baumschulen. Ausführlich werden die Neu aniagen wie Vegetationshalle, Gefäßversuchs anlage für Nährstoffmangelversuche u, a. be schrieben. Hum Schluß kommen die einzelnen Lehr- nbteilungen Obstbau, Baumschulwesen und Obstvcrwertung, Gemüsebau und Erwerbs gartenbau, Bienenzucht, Gartengestaltung und Blumenkunst zu Worte und berichten in kurzer Form über ihre Tätigkeit und Erfahrungen in den letzten Jahren. Nähere Ausführungen werden noch in unseren Zeitschriften „Der Obst- und Gemüsebau" und „Der Blumen- und Pflanzenbau" veröffentlicht werden. Ko. Wir bitten unsere Leser, sich zwecks Bestel lung, sowohl der hier besprochenen als auch anderer sonst gewünschter Bücher, an die Gärtnerische Verlagsgesellschast w. b. H., Berlin SW. 48, Friedrichstraße 1k, zu wenden . I t - Eine Freilandlehre des letzten Winters Von meinen drei Mahonien im Privatgarten stehen zwei voll auf der Nordseite des Hauses, aber frei von Beschattung durch Gesträuch; die dritte hat Sonne auf etwa drei Stunden, soweit sie nicht von einer unmittelbar dabeistehenden jungen Sehringe beschattet ist. Alle drei ver färbten im Froste ihre Blätter graulederbraun, die beiden nordseitigen treiben aber mächtig neu, während der dritte abgestorben ist. — Die Eschen laube hat im Sommer starken Schatten auf etwa einem Drittel ihrer Fläche. Der beschattete Teil ist erfroren. — In die stärkere von zwei Eber eschen hat sich in den beiden letzten Jahren eine Glycine geschlungen. Diese stärkere Eberesche erfror, während ihre nur drei Meter davon stehende etwas schwächer gediehene Schwester er- I halten blieb. Und so bieten sich noch mehr Bei- I spiele dafür, daß Beschattung das Holz f der jungen Triebe nicht auSreifen läßt, so daß es ihm an Widerstands kraft fehlt. Die Lehre von der Notwen digkeit guten Lichtes ist ja nicht neu. aber der letzte Winter hat sie so stark unterstrichen, daß es nur nützlich sein kann, an sie zu erinnern. Was Hilst da das deutsch« Bemühen Die Landwirtschaft verlangt dringend und aus gerechter Notwendigkeit bessere Preise für ihre Erzeugnisse. Schon durfte man der Meinung sein, es würde irgendwo und irgendwie aus all den wahrhaftig nicht kleinlaut vorgebrachten Bitten und Beschwerden der Landwirte die Folgerung gezogen werden, daß etwa? Ernstliches und Tatsächliches geschehen müsse, um die Preise zum mindesten zu festigen. Da lehrt uns nun Amerika wieder einmal, daß all unser Verlangen nicht weit über den Sturm im Wasserglas« hin ausreicht, auch beim guten Willen von oben her nicht. Die amerikanische Landwirtschaft will ihre Ueberschüffe an Weizen aus der reichen vor jährigen Ernte absetzen. Aber auch Kanada und Argentinien haben reiche Vorräte lagern, die zu Geld gemacht werden müssen. Das müßte das amerikanische Geschäft eineiigen, wenn nicht die amerikanische Wirtschaftsleitung so vorsorg lich und beweglich wäre, als sie es tatsächlich ist. Sie hat — vielleicht nach dem englischen Bei spiele an der Konkurrcnzkohle — die Frachten zu Land und zu Wasser erheblich herabgesetzt und damit dem Handel Anaebotsmöglichkeitcn gegeben, durch den er beide Konkurrenten ohne weiteres aus dem Felde schlägt. Also stand der Preis nicht nur still, sondern sank erschreckend. Was hilft gegenüber all diesen Machenschaften Protest der Landwirte und guter Wille der Reiches? Man muß offenbar die Sache weit tiefer anpacken als auf der Ebene der Notgesetze, wenn man das Uebel an der Wurzel packen will. Klare Worte Selten ist in den landwirtschaftlichen Tagun gen und Erörterungen der letzten Monate klarer und leidenschaftsloser gesprochen worden, als in der Maiversammlung der badischen landwirt schaftlichen Organisationen eiuschl. der Landwirt schaftsbank und des Gcnossenschaftsverbandes. Praktisches Geschäftsdenlen war der Grundzug der Verhandlungen. Die Einigungsbestrebungcn unterstrich auch der Innenminister und führte u. a. aus: „Selbsthilfe und Staatshilfe müssen jetzt zu- sammenwirken, um landwirtschaftlicher Pro duktion und landwirtschaftlichem Absatz eine neue Grundlage zu schaffen. Wenn mangelnde Erkenntnis in den Reihen der Landwirte bisher versäumt hat, in der Produktion sowohl wie in der Regelung des Absatzes mit der Landwirt schaft des Auslandes gleichen Schritt zu halten, so erkennen wir heute, daß darin eine der tiefsten Ursachen unserer Not zu erblicken ist. Deswegen begrüße ich, daß in der Durchführung der NotstandSaktion, wie sie jetzt vom Reich mit erheblichen Mitteln ein- aeleitet worden ist, versucht wird, die deutsche Landwirtschaft unter einen Hut zu bringen. Aber eines dürfen di« Landwirte nicht außer acht lassen: sie müssen Vertrauen und Geduld haben. Was man in Jahrzehnten versäumt hat, kann man in zwei Jahren nicht einholen. Auch der Landwirt mutz sich Erkenntnis ver schaffen über die Zusammenhänge der Pro duktion, des Absatzes, des Handels und des Ver kehrs. Auch bessere landwirtschaftliche Schulen sind notwendig." Damit sind Kernfragen berührt, an deren Lösung auch der deutsche Gartenbau größtes Interesse hat. persönliche Mitteilungen ES sind verstorben: Joh. Schroeder, Münster (Wests.), Dcz.^r. Münster und Osnabrück. Adolf Keller, CoSwig, Bez.^ir. Meißner Land«. * GeschäftsjubilSum von Johannes Dlabka Am 1. Juni begeht der bekannte und allge mein geschützte Cyclamen-Spezialist Johannes Dlabka, Berlin-Zehlendorf, sein 25jähnges Ge- schäftsjubiläum. Durch seinen unermüdlichen Fleiß und durch sorgfältiges, zielbewusstes Arbeiten ist es ihm gelungen, seinen Cyclamen zuchten Weltruf zu verschaffen. Da er auch in rein menschlicher Beziehung unter den Kollegen durch sein allzeit liebenswürdiges und korrektes Wesen beliebt und bekannt geworden ist, werden viele sicherlich für den Werdegang dieses Mannes Interesse haben. Deshalb seien hier einige Daten angeführt. Am 25. April 1869 wurde er in Luckenwalde geboren und erlernte unweit davon in den Jahren 1883—1886 bei der Firma Gebr. Grob in Wittenberg/Elbe den Gärtnerberuf. Nach seiner Lehrzeit war er als Gehilfe in Dölitz b. Leipzig, Weißense« b. Berlin und Pankow b. Berlin, tätig; sodann von 1891 bis 1892 als Obergehilfe bei einer der ersten Gärt nereien, der Firma I. Maron Sohn in Triest. Im Herbst 1892 übernahm er die Obergärtner stelle bei der Firma O. Leidenroth in Merse burg und hatte zum ersten Male im Jahre 1893 die Freude, die von ihm kultivierten Cyclamen mit dem ersten Preis der Silbernen Staats medaille ausgezeichnet zu sehen. Vom Jahre 1900 an war Joh. Dlabka aus schließlich in Berliner Gärtnereien als Ober gärtner tätig, bis sich ihm 1904 die Gelegenheit bot, in Zehlendorf eine sechs Morgen große Gärtnerei mit Vorkaufsrecht zu pachten. Mit kaum nennenswerten Mitteln ging es ans Werk; zunächst wurden alle Häuser und Kästen selbst, ohne Gewächshausfirma, hergestellt. Dann wurde mit Marktpslanzen-Kulturcn, die sämt lich M. Kukley abnahm, begonnen. Im zweiten Jahre wurden schon Cyclamen und Hortensien bevorzugt. 1968 waren die blauen Hortensien Dlabkas die größte Sondcrkultur Berlins. Von Cyclamen wurden die besten Schaupflanzcn, zirka 200 Stück, zur Samenkultur aufgestellt. Bereits im Jahre 1912 erschien ein Artikel über die prächtigen Züchtungen und vorbild liche Kultur der Dlabkaschen Cyclamen; beson ders wurde die Rosa von Zehlendorf hervor gehoben. Ferner wurden noch Chrysanthemum, blaue Hortensien, Primula chin. und Calla lobend erwähnt. 1912 und 1913, auf den Aus stellungen im Reichstagsgcbäude, erregten die Durchzüchtungen in Fachkreisen allergrößte Be wunderung. Da infolge der überaus regen Nachfrage und wachsenden Beliebtheit der Cy clamen der Samen nicht mehr ausreichtc, mutzten die Kulturen bedeutend vergrößert wer den. Im Jahre 1915 zeigte sich Leuchtfeuer, genannt Lachsrot, ziemlich konstant, so daß 1916 der erste Samen unter Lachsrot verkauft werden konnte. Bis 1919 wurde diese Farbe mit größter Sorgfalt fortgesetzt verbessert und konnte im Jahre 1920 dem Handel als „Dlabkas Leucht feuer", zusammen mit der herrlich gestreiften Art „Harlekin" übergeben werden. Auch heute noch arbeitet Joh. Dlabka an der Erzielung neuer, prächtiger Farben mit un ermüdlichem Fleiß und großer Ausdauer, wo bei besonders erwähnt sei, daß er im Laufe des April dieses Jahres bereits 60 Jahre alt geworden ist. Wir wünschen dem Jubilar von ganzem Herzen noch weiters so schöne Erfolge, wie sie ihm sein bisheriges arbeitsreiches Leben gebracht hat. lich sehr bedrohlich. Die paar Pasiagiere waren seekrank und lagen apathisch in ihren Kojen. Ich war neben dem Kapitän auf der Brücke. Am Abend lag das Schiff ganz tief mit dem Bug im Wasser, und der Kapitan rechnete da- mil, daß wir den Morgen nicht erleben würden. „In der höchsten Not erschien ein großer britischer Panzerkreuzer, der auf unsere SOS- Rufe herbeigeeilt war. Es gelang, die Passagiere zu retten und auch die Mannschaft bis auf die paar armen über Bord gegangenen Kerle. Ich war mit dem Kapitän noch immer auf der Brücke. Der Mann wollte natürlich sein Schiff nur als letzter verlassen. Neben uns stand, gleichfalls angeseilt, mein treuer Diener. „Da sehe ich plötzlich eine dunkle Gestalt neben uns. Auch der Kapitän bemerkt sie, winkt, ruft etwas. Es ist der Fremde... Er berührt die Schulter des Kapitäns... Eine ungeheure Sturzwelle erhebt sich wie eine große, gläserne Wand, schlägt nieder... „Der Platz, auf dem der Kapitän gestanden hatte, war leer! Hilfreiche Matrosen bargen erst meinen Diener und dann mich. Der Fremde war verschwunden. Ich habe ihn seitdem nicht wieder gesehen. Ob er ertrunken ist?" „Er ist nicht ertrunken," sagte Francis leise. Ihn fror trotz der indischen Hitze. Nach einiger Zeit, die die Herren schweigend verbrachten, erschien in europäischer Tracht, doch mit einem Turban nach indischer Sitte auf dem schönen dunklen Kopf, einer der benachbarten indischen Fürsten. Er begrüßte den ihm be kannten Obersten und auch Francis, ließ sich in einem der Korbsessel nieder und zündete sich mit der umständlichen Ruhe und Langsamkeit des Orientalen eine Zigarette an. „Mister Bridgeman, ich ich war heute unten am Hafen," sagte der Maharadscha, „dort arbeiten Ihre Elefanten, nicht wahr?' Der Engländer nickte bejahend. „Die Ele fanten meines Vaters, Hoheit," bestätigte Francis. „Gut, gut," sagte der Inder. „Es ist unter den Elefanten einer mit schönen, weißen Zähnen und Hellen, fast weißen Flecken auf den Ohren. Er hat einen guten Mahout." Bridgeman lächelte. „Ja, das ist Radha, Hoheit. Hat er Ihnen gefallen?" „Seinetwegen bin ich hier, denn eigentlich wollte ich heute abend Heimreisen, aber ich hoffte, Sie hier zu finden, Mister Bridgeman. Sie kennen unsere indische Passion? Sie wissen, oass weitze Elefanten oder solche Tiere, die weiße Zeichen tragen, für uns besondere Bedeutung haben? Würden Sie, Mister Bridgeman, mir den Elefanten verkaufen? „Das Verkaufen von Elefanten ist nicht meine Sache, Hoheit," meinte der Engländer mit ver bindlichem Lächeln. „Aber ich glaube, kotz mein Vater nichts dagegen einzuwonden hätte, wenn ich in seinem Namen Ihnen den Elefanten schenke. Es kommt mir nur aus das Bewußtsein an, Euer Hoheit einen Dienst erwiesen zu haben." Der Inder schüttelte Francis die Hand. „Seien Sie meiner Dankbarkeit versichert," sagte der Fürst. Es war ihm sichtlich unangenehm, beschenkt worden zu sein. Sein Stolz lehnte sich dagegen auf. „Es wird mir eine Freude sein, Ihnen ein Gegengeschenk machen zu dürfen", sprach der Fürst nach einer Weile. Damit war die Unterredung beendet, der Inder verbeugte sich, grüßte aus orientalische Art und verließ den Äaum. So kam Radha als Rcitelefant des Maha radscha an dessen Hof, er kam in die heilige Stadt am Ganges und trug eine Haudah auf dem Rücken. Er hatte goldene Reifen um die weißen, blitzenden Stoßzähne, er trug eine Kette mit Edelsteinen über der Stirn, wenn er vor Festzügen durch die Straßen ging und wenn sich der Fürst dem Volke zeigte. Es waren aber zwei Männer, die mit ihm gekommen waren und die seiner warteten und pflegten: Ghautal, der Alte, und Mali, sein Sohn. VIN. Der große Ruf. Es wär wieder Ostmonsumzeit, und Dürre herrschte im Dschungel. Die Wildelefanten hat ten sich in bestimmte Gegenden zurückgezogen, und die Späher, die „Trachus", batten leichtes Spiel, die Herden zu bestätigen und einzukreisen. Da waren erfahrene, alte Mahouts mit ihren „Decoys", den Lockelefanten: Mali auf dem schneczähnigen, mächtigen Radha, den der Maha- radscha geschickt hatte, Sudu auf dem riesenhaften Kara-Nagy, dessen Zähne mit kupfernen Ringen verziert waren, auch Toomai mit seinen Söhnen war gekommen und sein Bruder. Sie waren seit Wochen schon in den Hügeln hinter den Elefanten her. Nun stand die Herde im Tief- dschungel am Flüßchen zwischen halbtrockenen Sümpfen. Man hatte eine große, sehr starke Keddha angelegt, eine solche von Rotholz und Ebenholz, Eisenholzstämmcn und Cooholz. Kein Elefant, auch der stärkste nicht, hätte diese Keddha zertrümmern können. Sir Charles Bridgeman und sein Sohn Fran cis waren ständig im Dschungel und überwachten die Arbeit. Hunderte von Hindus waren da und viele Männer vom Norden, auch braune Tamilen und andere Leute. Die Keddha be stand auS einem langen, trichterförmigen Lauf aus leichteren Balken, verengerte sich allmäh lich und lief in einen großen, runden Hof aus, der aus gewaltigen Hölzern gebaut war. Dieser Hof konnte nach dem Laus zu durch ein mächtiges, schweres Balkentor gesperrt werden. Rings um den Hof befanden sich hinter den Balkcnwändcn Banke zum Sitzen für die Zu- ichauer, wohlverdeckt in den Zweigen und über höht; aus ihnen sollten die Gäste sitzen, wäh rend der Fang, das Ricsenschauspiel, vor sich ging. Der Resident war erschienen, um mit seinen Damen dem Fang beizuwohnen, und der Maharadscha und andere indische Fürsten waren auf ihren Jagdelefantcn gekommen. Die unzähligen Treiber bewegten sich von der Flutzseite auf die Herde zu. Die Zuschauer saßen mäuschenstill auf ihren Plätzen, und auch die rings um die Keddha ausgestellten Scheucher waren noch ganz still, denn es galt, die Elefan ten langsam in den Zaun zu treiben und nicht vorzeitig zu erschrecken. Mann bei Mann gin gen die Treiber vor, langsam, vorsichtig. Die Herde wich den vielen Menschen scheu aus, be eilte sich aber nicht. Eine uralte Kuh, deren Ohren einst von Tigerkrallen geschlitzt waren, machte den Anfang, ein riesiger weißzähniger Bulle folgte. Dann wogten die Rücken der Mütter, der jüngeren Kühe und Bullen heran, am Schluß marschierten wieder zwei ältere Bul len, deren Stoßzähne hell blitzten. Es waren im ganzen siebenundzwanzig große Elefanten und neun kleine Tiere. Langsam wackelte die Masse fort vom Fluß, die ganze, schmale Land zunge zwischen den Sümpfen entlang, um nach den Wäldern der Blue-Hills zu gelangen. So erschienen die ersten Elefanten in der breiten Mündung des Keddhazaunes, des Ein laufes. Hier stutzten sie und wollten umkehren — aber die Treiber erhoben ein schreckliches Geheul, Schüsse dröhnten und Brände flammten auf. Mit schrillem Trompeten polterten die Elefanten weiter in den Laus, liefen — dicht gedrängt — weiter, kamen in den schmalen Hals des Einganges und stutzten wieder, denn vorn erweiterte sich die Umzäunung, und Men schenlaute waren zu hören. Hier aber, hinter dem verbreiterten Raum, schien die Welt ver sperrt ... Da stürzten von allen Selten Hunderte brauner Menschen herbei, zahme. Elefanten drängten, Raketen knatterten, Schwärmer zischten! Die Herde polterte dröhnend, schrill trompetend, in den Hofraum — das schwere Balkengitter krachte herab, schloß sich! Die Elefanten waren in der Keddha! Dichtgedrängt, wütend mit den Rüsseln fuchtelnd, standen die Gefangenen in dem runden Raum. Die Menschen sprachen aufgeregt durcheinander, die Scheucher schrien und wehrten die gegen die Wände drängenden, tobenden Elefanten mit Stangen und Speeren ab. Allmählich legte sich der Lärm, doch mußte» manche der Bullen erst durch blinde Schüsse ins Gesicht und Speerstiche in den Rüssel gebändigt werden. Dann, nach vielen Stunden wütenden Ringens, wurden die Gefangenen stiller. Sie waren sichtlich müde. Die Nacht über flammten rings um die Keddha große Feuer und be leuchteten die mächtigen, grauen Rücken der Herde mit rötlichem Schein. Am nächsten Tage öffnete man das Tor der Keddha, und die großen „Boxer", die Tusker, betraten mit ihren Mahouts auf den Rücken die Keddha. Es waren gewaltige Recken: Kara-Nagh, Radha, Bürstcnwedel "und zwei andere riesige Jagdelefanten des Maharadscha, ungeheuere, erfahrene Tiere. Sie suchten die Gefangenen zu beruhigen, streichelten sie mit den Rüsseln, brummten und murmelten freund lich. Viele der Gefangenen kamen ihnen ent gegen, als wollten sie Hilfe und Schutz haben, andere waren unwirsch. Dann machten die „Borer" aber Ernst: mit Rüsselschlägen und wuchtigen Zahnstößen wurde der wilde Führer bulle eingeengt und in eine Ecke gepreßt. Ge wandte Leute, die hinter den Mahouts saßen, sprangen zur Erde — mitten unter die Elefanten! Das wäret, die „Nosers", die Elefantenbinder. Sie übten ihr gefährliches Handwerk init großer s Geschicklichkeit und viel Mut aus. Auch drei Herren waren als Binder tätig, darunter Sir Francis selbst und der Sohn des Maharadschas. Die Binder schlangen hinterrücks ihre starken Manila- und Juteseile um einen Hinterfuß des Opfers, zogen die Schlinge sanft an und reichten das Seilende durch eine Lücke der Keddha. Dort warteten schon Leute, die die Stricke draußen um die Bäume schlangen. Arbeitselefanten zogen die Seile fest an. So wurde Elefant nach Elefant gebunden. Der schneezähnige, riesige Führerbulle war allein noch ungebändigt. Er tobte, er blies und stieß, drängte, trompetete wild. Ein Wunder, daß er die Männer auf den Nacken der Reit- clefanten, der „Boxer", nicht mit dem Rüssel herabriß und mit den Füßen zerstampfte — er schien die kleinen, schreienden Wesen da oben zu übersehen... „Aie, aie! Somalo!" schrie Mali dem blitzzähnigen Radha zu. „Arre, arre! Dant, do, Somalo!", rief Sudu, und der un geheuere Kara-Nagh stürzte sich schnaubend auf den wilden Führerbullen und stieß ihm die Zähne in die Flanke. Radha aber schlang seinen Rüssel um den Nacken des Tobenden und riß ihn vor wärts! Staub wirbelte, ohrenbetäubender Lärm schallte. Von den ringenden Elefanten ging eine scharfriechende Dunstwolke auf. „Arre, arre! Dant! Mail, mail!" Die Mahouts stießen mit dem Ankus. Die Umzäumung wackelte unter de» Stößen der ringenden Fleischberge, Dame» kreischten, Männer, schrien. Da rannte Radha den wilden Bullen mit der Stirn an! Eia Knall — die Masse wankte, fiel zurück! Mit einem Satz hatte der Sohn des Maha- radschas den Elefanten erreicht, hatte seinen linken Hinterfuß gefesselt. Zwei schwere Tusker zogen an — Radha schob, Kara-Nagh stieß — der zornige, keuchende Bulle stand zwischen zwei Bäumen, außerhalb der Keddha! Die Nooserele- anten nahmen die Seile ins Maul, schlangen ie fest — Männer eilten herbei, banden... Zwi- chen mächtigen Bäumen angebunden stand der riesige Führer der Herde! Der Kampf war zu Ende. Die Mütter der Kleinsten und ihre Kälber wurden freigelassen. Sie wollten — wie immer — anfangs nicht, sie drängten zurück. Aber ein paar Fcnerwerkskör- per machten sie fliehen — trompetend liefen sie fort! „Auch zu Glück und Freiheit muß man gc- zwungen werden", meinte Sir Charles. „Ist Freiheit — Glück? Siehe unsere Tusker! Welcher von ihnen sehnt sich nach Freiheit?" sagte Sir Francis. Ein paar Tage noch — und die große Keddha steht leer. Bis sich wieder buntes Volk sam melt, um neue Elefanten zu fangen, eine neue Herde, die hierher gedrückt wird. „Es ist sonderbar," meinte Sir Francis beim Fortrciten zum Maharadscha, „daß man den Elefanten nur durch den Elefanten besiegen kann und — sonderbarer, daß dies fast immer glückt..." - Der Maharadscha blickte den Briten von der Seite an. „Ja — sonderbar... Das ist nicht nur bei den Elefamcn so! Das ist auch so bei den Indern und bei anderen Völkern! Ihr Briten versteht das ja ..." Der Engländer schwieg. Denn er sah im Blick des anderen ein Glimmen ... (Fortsetzung jolgt^