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Gartenbauwirtschaft
- Untertitel
- deutscher Erwerbsgarten ; Berliner Gärtner-Börse ; amtl. Zeitung für d. Gartenbau im Reichsnährstand u. Mitteilungsblatt d. Hauptvereinigung d. deutschen Gartenbauwirtschaft
- Verleger
- [Verlag nicht ermittelbar]
- Erscheinungsort
- Berlin
- Bandzählung
- 43.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928
- Umfang
- Online-Ressource
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf4 (G)
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490717721-192800006
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490717721-19280000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-490717721-19280000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust: S. [10]-[11] von Heft Nr. 16 kleben zusammen, konnten nicht gescannt werden
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Gartenbauwirtschaft
-
Band
Band 43.1928
-
- Ausgabe Nr. 1, 5. Januar 1928 -
- Ausgabe Nr. 2, 12. Januar 1928 -
- Ausgabe Nr. 3, 19. Januar 1928 -
- Ausgabe Nr. 4, 26. Januar 1928 -
- Ausgabe Nr. 5, 2. Februar 1928 -
- Ausgabe Nr. 6, 9. Februar 1928 -
- Ausgabe Nr. 7, 16. Februar 1928 -
- Ausgabe Nr. 8, 23. Februar 1928 -
- Ausgabe Nr. 9, 1. März 1928 -
- Ausgabe Nr. 10, 8. März 1928 -
- Ausgabe Nr. 11, 15. März 1928 -
- Ausgabe Nr. 12, 22. März 1928 -
- Ausgabe Nr. 13, 29. März 1928 -
- Ausgabe Nr. 14, 5. April 1928 -
- Ausgabe Nr. 15, 12. April 1928 -
- Ausgabe Nr. 16, 19. April 1928 -
- Ausgabe Nr. 17, 26. April 1928 -
- Ausgabe Nr. 18, 3. Mai 1928 -
- Ausgabe Nr. 19, 10. Mai 1928 -
- Ausgabe Nr. 20, 17. Mai 1928 -
- Ausgabe Nr. 21, 24. Mai 1928 -
- Ausgabe Nr. 22, 31. Mai 1928 -
- Ausgabe Nr. 23, 7. Juni 1928 -
- Ausgabe Nr. 24, 14. Juni 1928 -
- Ausgabe Nr. 25, 21. Juni 1928 -
- Ausgabe Nr. 26, 28. Juni 1928 -
- Ausgabe Nr. 27, 5. Juli 1928 -
- Ausgabe Nr. 28, 12. Juli 1928 -
- Ausgabe Nr. 29, 19. Juli 1928 -
- Ausgabe Nr. 30, 26. Juli 1928 -
- Ausgabe Nr. 31, 2. August 1928 -
- Ausgabe Nr. 32, 9. August 1928 -
- Ausgabe Nr. 33, 16. August 1928 -
- Ausgabe Nr. 34, 23. August 1928 -
- Ausgabe Nr. 35, 30. August 1928 -
- Ausgabe Nr. 36, 6. September 1928 -
- Ausgabe Nr. 37, 13. September 1928 -
- Ausgabe Nr. 38, 20. September 1928 -
- Ausgabe Nr. 39, 27. September 1928 -
- Ausgabe Nr. 40, 4. Oktober 1928 -
- Ausgabe Nr. 41, 11. Oktober 1928 -
- Ausgabe Nr. 42, 18. Oktober 1928 -
- Ausgabe Nr. 43, 25. Oktober 1928 -
- Ausgabe Nr. 44, 1. November 1928 -
- Ausgabe Nr. 45, 8. November 1928 -
- Ausgabe Nr. 46, 15. November 1928 -
- Ausgabe Nr. 47, 22. November 1928 -
- Ausgabe Nr. 48, 29. November 1928 -
- Ausgabe Nr. 49, 6. Dezember 1928 -
- Ausgabe Nr. 50, 13. Dezember 1928 -
- Ausgabe Nr. 51, 20. Dezember 1928 -
- Ausgabe Nr. 52, 27. Dezember 1928 -
-
Band
Band 43.1928
-
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- Gartenbauwirtschaft
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Da ist zunächst der Beamte. In den unteren Klassen reicht eS nicht, oben ist es ost mehr als wie die Wirtschaft ertragen kann. Ob man nun aber gerade dort Werte schasst, die die bohen Gehälter wert sind, da wäre ein Frage zeichen hinzuzusehen. Betrachten wir die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer allgemein, so ergibt sich das folgende: Zunächst die Arbeit selbst. Sie wird n der Regel mechanisch ausgefährt, von Idealismus ist da nichts wahrzunehmen, denn nicht das Wie- und Was-man-schafft gibt den Ausschlag, sondern die Bewertung der Arbeit crsolgt durch die Arbeitszeit. Facbarbeiter oder g l.rnte Arbeiter verdienen 0,80 bis 1,20 NM. die Stunde, Monteure, Bauhandwerker usw. auch mehr. Sagen wir also: Ein Facharbeiter verdient im Durchschnitt 1 RM. die Stunde. Das ist bei der gegenwärtigen Kaufkraft der Mark noch kein Verdinst, der die Anlegung eines Bankkontos notwendig macht. Nun rechnen aber eininal wir, die wir doch Meiftcr sind, da wäre wohl eigentlich dle Arbeitsstunde mit einer Mark zu niedrig bewertet, denn jeder kleine Handwerksmeister nimmt mir für seine Flickarbeit wenigstens 2 NM- für die Stunde ab, halbe Stunden werden natürlich für volle Stunden berechnet, und eine Stunde für den Weg darf ich ausser dem auch noch bezahlen. Wir Mollen nun aber mal nicht so wie dieser und jener sein; wir sehen für unsere Arbeit nur pro Stunde 1 RM. an, wir verzichten auch noch auf Leu üblichen Meisterzuschlag, wir berechnen also ganz ein fach den Verdienst einer Gärtnerfamilie nach dem gewöhnlichen Arbeitstarif. Es ergibt sich dabei folgendes: Rechnen wir den Tag mit zehn Stunden im Jahresdurchschnitt (sehr ost und bei sehr vielen sind es mehr), rechnen wir weiter 300 Arbeitstage (weniger sind es be stimmt nicht), macht 3000 RM. Jahresver- dienst für den Meister. Nun die Gärtnersfrau: Rechnen wir pro Tag fünf Stunden zu je 0,10 RM. — macht 600 RM. jährlich; be rechnen wir hierzu noch die Arbeit von zwei Kindern, mit zusammen 400 RM-, so kommen wir aus einen Jahresverdienst von zahlen mäßig 4000 NM. für die Gärtnerfa milie. Die Sache aber ist noch die, daß in Wirklichkeit bezahlte Arbeitskräfte das, was wir im Jahre um 4000 RM. schaffe«, noch nicht für 5000 RM- zustande bringen würden, denn wir schaffen noch wesentlich anderes als die bezahlte Arbeitskraft. Unsere Frauen schaffen zuweilen auch mehr als wir selbst; wir beachten das nur nicht und meinen, das muß so sein. Aber, wie dem auch sei, bleiben wir bei dem errechneten Arbeitsverdienst von rund 4000 RM. Was meinen die Kollegen, wie gut wir uns da ständen? Es gebe da wohl kaum noch so eigentliche Kleinbetriebe, diese hätten sich schon längst zu Mittelbetrieben und eventuell wohl auch hier oder dort zu größeren Betrieben ent wickeln können. Leider ist nun die ganze Rech nung eben doch anders. Nicht ein jeder Kollege hat erst einmal 4000 M. Umsatz in Fällen, wo alle Arbeit von der Familie allein verrichtet werden muß. Der Verdienst steht dann aus dem anderen Blatt, oft reicht dieser kaum an den Arbeitslohn eines ungelernten Tages arbeiters heran, d. h., die ganze Gärtnerfamilie hat im Jahre nicht soviel verdient, wie dieser allein. Nun brauchen wir Kleinen aber noch nicht zu meinen, daß unsere Mittel- und Groß betriebe alle miteinander Werte schaffen, die da sehr viel mehr gelten. Geschäftstüchtige und gute Rechner kommen zwar schon ein Stück auf wärts, das bringt aber der Kleine in diesem Falle auch zustande, denn wenn er rechnet, ver schleudert er nicht so seinen Arbeitswert. Aus nahmen von der Regel begegnen wir aber dort, wo man zwar nicht rechnet, diese Kopfarbeit aber durch sinnloses Schuften zu ersetzen sucht. In solchen Fällen bleibt der Kollege stehen, wo er steht, diese Art ist wie altes Leder, das kein Schuster weichbelommt. Diese Kollegen (bitte nichts für ungut) kommen zwar nicht vorwärts, aber Pleite gehen, — den Gefallen tuen sie doch keinem. Nicht viel anders liegen die Verhältnisse auch in kleinen Mittelbetrieben; man schafft es so zur Not mit billigen Hilfskrüsten, 1000 RM. vom Verdienst frißt das Pferd; wo man dennoch aufbaut, ist es in vielen Füllen eine optische Täuschung, da die Bauerei doch zumeist L conto vor sich geht. Ausnahmen nach anderer Seite hin gibt es natürlich, aber immer, wo es d o ch vorwärts geht ans eigener Kraft, ist "der Betriebsinhaber ein guter Rechenmeister. Großbetriebe, da kann ich nicht so mit reden, da hat man nur so im Vorübergehen einmal hineingeschaut. Gorgast gibt es nur eins im Deutschen Reich; wer von den Kollegen noch keinen richtiggehenden, wirklich muster gültigen Großbetrieb gesehen hat, sollte sich dort einmal umschauen. Daß allerdings auch Großbetriebe Pleite gehen, soll ebenfalls Vor kommen; es ist nicht alles Gold, was glänzt. Nun noch einige Worte über Arbeitswert nach anderer Seite hin. Wenn früher die Not an mich herankam, ließ ich die Arbeit auf meiner Klitsche liegen und ging auf Land schaft. In der Regel kam ich auf einen schlech ten Tagelohn, durfte nach einem Monat die Rechnung schicken und dann noch drei Monate auf den kargen Verdienst warten. Und dann vertrat der Kunde noch die Meinung, daß man für das viele Geld die Arbeit lieber selbst machen könne. Einer tat es denn auch einmal, wenigstens zur Hälfte in der Weise, daß er seine Bäume soweit zurecht gestutzt hatte, als er mit seiner Leiter reichen konnte. Diesen Herrn ließ ich natürlich stehen und gab ihm den guten Rat, entweder den oberen Teil seiner Baumriesen nun auch selbst noch zu ver murksen oder besser die Kronen bis herunter zur Hälfte lieber gleich abzujägen, damit er so große Not nicht alle Jahre habe. In einem anderen Falle hatte mich ein Kollege aus dem Felde geschlagen dadurch, daß er um 10 Pf. pro Stunde billiger zu arbeiten ver- fprach. Dieser Freund gab halt nichts aus Ar beitswert. Es ist das noch nicht ein so be sonderer Ausnahmesall, denn bei uns im Gartenbau ist leider auch heute noch der Begriff Arbeitswert eine unbekannte Gegend. Sollte es uns doch einmal besser und menschenwürdiger ergehen, wir würden übermütig. Und aber was dann? Hans im Glück war doch auch froh, als er seinen Stein los war! MfMMirarbM Wir bitten unsere Leser, durch die Wiedergabe kleiner Anekdoten oder Begebenheiten zu dem Ausbau der Sonntags stunde beizutragen. Die Verwaltungsresorn fängt an, ernstliche Lichter und Schatten voraus- zuwersen. Bisher war es verhältnismäßig stille in dieser Sache. Man setzte vielleicht in ein zelnen davon berührten Kreisen Hoffnungen daraus, daß auch diese Suppe nicht so heiß ge gessen werde, als sie gekocht wird. Die größere Straffheit aber, mit der nicht erst seit Parker Gilberts Mahnung unsere Reichsstelleu ihren wirtschaftlichen Aufgaben obliegen, die klarer herausgestclltcn Ziele, die schärfer umrissenen Wege "und zuletzt wohl auch die erfolgreiche Entschiedenheit der Reichsstellen in der Eisen- srage, die eine bis ans Persönliche grenzende und jedenfalls das Persönliche nicht scheuende Er- fassung der Sache mit sich brachte, all das scheint Besorgnis und Bewegung in die bisher zurückhaltend gebliebenen Kreise bringen zu wollen. Das Vorspiel des Angriffs des Reichs bankpräsidenten Dr. Schacht auf die zu geringe Sparsamkeit der Gemeinden rief zwar lebhafte Proteste mit vielen sachlich berechtigten Gegou- gründen und Beweisen hervor, aber ein auf merksames Auge vermißt in denselben doch ganz ein Eingehen auf einen Punkt der Verwaltung, der dauernd böses Blut im Lande macht und machen wird, so lange das Uebel besteht. Oder haben die gemeinsamen Verteidigungen der Städte etwa gesagt, warum heute Gemeinden, die früher mit zwei oder drei Bürgermeistern und einer gegen heute geringen Zahl von der Pike auf geschulter Beamten wohlgefahren sind, heute neben der vielerorts vermehrten Bürger meisterzahl ein Dutzend und mehr neugewordcne „Direktoren" als Befehlshaber über nie vordem gesehene überschwollene Beamtenkörper haben müssen? Oder haben sie etwa eine Erklärung dafür gegeben, warum es bester sei, dienstfremds Menschen in Amt und Würden zu stellen statt dienstgeschulter? Oder warum und wieso es richtiger sei, die Posten nach Parteizugehörigkeit anstatt nach Dienstbefähigung zu vergeben? Die großtönenden Erklärungen der Städte hätten einen ganz anderen Widerhall im Lande ge funden, wenn sie wenigstens ein kleines Zipfelchen vom Schleier über diesen Krebsschaden gelüftet hätten. Gerade im Eisenstreite haben unsere obersten Stellen bewiesen, daß sie Gemeinwohl und Gerechtigkeit über alles stellen und der un ehrlichen Politik der Sachverschiebuna und Sach verschleierung schnurstracks entgcgenstehen. Und ehe sich nicht die Verwaltungspolitik in diesen Faden gelegt hat, wird keine Ruhe werden. Es steht das ganze nichtbeamtete Volk hinter dem Reformgedanken. Wir brauchen und wollen Be amte und wollen ihre Berufsfreudigkeit und be rufliche Freiheit. Aber durch alle Schichten und Parteien querdurch geht die erbitterungsvolle Ueberzeugung, daß der Friede und die wirtschaft liche Gesundheit erst jenseits des Aufräumens mit den ungesunden Nachwehen der Jnflations- und Sozialisierungspolitik liegen kann. Wir wären.weder.sochrandnockusp vprMt,>yüL,Mr„ geworden sind, wenn wir in diesen Dingen Ver trauensstärkung durch die Gemeinden erleben dürften. Verhältnismäßig leichter hat es der große Kreis der Staatsbeamten, in dem der Rei- nigungsprozeß weiter als in den Gemeinden ge diehen ist und energischer weitergedeihen wird, wenn die Rcichsstcllcn — woran zu zwei'ein kein Grund besteht — bei der Klarheit und Festigkeit ihres Reformwillens mit oosr ohne Gilbertschem Einschlag bleiben. Wir haben Sehnsucht nach einer unantastbaren und makellosen Beamten schaft. Darum ist die Verwahrung des Begmten- bundes, welche dieser Tage der Oesfentlichkeii übergeben wurde, em erfreuliches Zeichen, denn sie wird nicht das Ende, sondern den Anfang vo Ueberlegungen darstellen, deren Konsequenzen dec Reform nur dienlich sein können. Vom Ländcrunfug. Man mag darüber streiten, wie unßr Vaterland richtig einzuteilen sei. Aber über jeden Streit erhaben bleibt doch die Ansicht, daß über 200 zerstreute und vom Mutterstaate abgetrennt liegende Ländcrsetzchen für unsere Zeit ein unglaublicher Unsinn sind. Als man noch, um mit Scheffel zu reden, Gersprenz ver trinken konnte, war der verzettelte Besitz be greiflich. Als das Reich noch Lehen vergab, mehr um zu schwächen, als um zu stärken, da waren die Ländchen und Güter politische Scheidemünze. Nun hängen da noch die 200 Fetzen überständiger L'hensgejchichte und g g n- standslos gewordener Liliputherschergewalr und machen Verwaltungskosten für nichts und wieder nichts. An „Nationalstolz" ist da wirk- lich nicht viel zu verletzen, und eine gesunde Reform wird sich auf die zwei kurzen Worte beschränken können: Weg damit! „Bund zur Erneuerung des Reiches". Seit Jahrzehnten suchen vernünftige Leute das Vorherrschen der Parteilichkeit in den öffent lichen Angelegenheiten zurückzudrängcn. Sie haben allezeit empfunden und bewiesen gesehen, daß die vorgefaßte Meinung, welche Grundlage jeder Partei ohne Ausnahme ist, zu Schiefheiten in den Entschlüssen und zu ungerechten Zwie trächten führen muß. Nicht nur das: die Ein stellung auf Parteiboden brachte und bringt es oft genug mit sich, daß Vernunft und Wahrheit zurücktreten müssen, weil das Parteiprogramm oder die augenblickliche Parteianweisunq, die Parteitaktik, die Parteilist und Parteihinterlist es anders wollten. Mit wievielen Anträgen werden die öffentlichen Tagungen in Reich und Ländern herumgezogen, denen die Lüge auf dem Gesicht steht, daß sie nur eingebracht sind zu irgendeinem Parteizwecke, nichr der allgemeinen Wohlfahrt zuliebe; ja es kam nicht selten vor, daß die Antragsteller selber alle Ursache hatten, sich im voraus schon darüber zu freuen, daß die Annahme ihres Antrages unmöglich sei. Und zu der Hohlheit eines solchen politischen Lebens und seiner demoralisierenden Geflissent- lichkett kommt die Volkszerrissenheil, deren Wun den nie heilen können, wenn schief eingestellte und vor Unwahrhaftigkeiten nicht zurückschreckende politische Drahtzieher und Parteiführer absicht lich die Gegensätze hervorkehren und das Ge meinsame zu verhehlen suchen. Wenn heute der Gott, der das Herz ansieht, einmal modern wer den und was er im Strahlenblicke in den Men- schcuherzen sieht, auf einer Filmwand sichtbar machen wollte, wenn die Wahrheit der Gesinnun gen und daneben ihr Parteibild aufgezeigl wer den könnte, dann würde klar werden, in welchem Sumpfe tzunderttauscnde wandeln. Und alle diese Hunderttausende sind nicht nur an der Entfaltung der besseren Kräfte ihres eige- o ns» Daseins gebindert, sondern ihr Beispiel und ihr Wirken verbaut auch den besseren Elementen den Weg. Vor allem aber wird das gegenseitige Mißtrauen der Volksteile und einzelnen unter einander großgezogen, die innere Volksversein- dung, die uns hindert, rein und voll den Ge danken unsres Vaterlandes zu denken. Wir haben wohl den Krieg, weit darüber hinaus aber haben wir in Wahrheit unser Vaterland verloren. Es liegt uns ferne, die Parteien hinwegge wischt zu denken. Parteien galten einst als Ver treterinnen von Weltanschauungen, und Welt- „Hast du Angst, Fe?" fragte er. Sie schluckte und schüttelte den Kopf. Nun blieb er stehn. Seine Hände glitten über ihre Schultern und Arme. Die schwere Seide schmiegte sich weich ihrer Haut an. Ihr zarter Duft berückte ihn. Er wollte ihr ein liebes Wort sagen, aber sie warf sich ihm plötzlich schluchzend an die Brust. Indem er nach ihrer Hand faßte, tropfte es ihm aus ihren Augen heiß aufs Gelenk. „Fe!" jagte er erschrocken bittend. „Ich — bin — sehr — unglücklich, Christel!" kam es zerrissen aus ihrem Mund. Sie suchte nach ihrem Taschentuch, schluckte wieder und trocknete ihre Augen. „Sie haben dich gequält?" fragte er. „Ach Christel, ich — ich hab' es mir leichter vorgestellt. Ich weiß nicht — ob ich's so durchhalten kann." Er umfaßte ihren Kopf und küßte sie lange aus den Mund. Sie gab sich dem Kusse ganz hin. Ein wenig schwankten sie dabei beide. Als sie sich befreite, um Atem zu schöpfen, sah er ihre nassen Augen im Schimmer der Lichter blitzen, der durch das Blätterwerk drang. „Es wird also doch einmal eine Trennung sein müssen. — Und zu wem wirst du halten, Fe?" „Fragst du noch?" Sie lehnte sich zärtlich an ihn. „Hörst du mein Herz klopfen, Christel?" „Ich fühl's", sagte er leise. „Siehst du, das war in diesen Stunden meine große Bangig keit: hat denn Fe ein Herz?" „Daran hast du gezweifelt?", »Ja, Fe. Mußt' ich nicht A' Sie hielt ihre Arme um feinen Nacken ge schlungen und lehnte die Schläfe an seine Schulter, zu ihm ausblickend. „Ich hatte mir's ganz anders ausgedacht. Ein lustiger Streich sollt' es sein. Blitzgeschwind bei dir, und lachen wollt' ich mit dir, so recht lustig und diebisch, wie Kinder, die hinter die Schule laufen. Ich wollte dir nichts vorklagen." „Ich danke dir, daß du gekommen bist, Fe. Und wann seh' ich dich wieder?" „Zunächst in Berlin. Ich soll das Turnier mitmachen." „Da werd' ich dann also unter den Zu schauern stehn und dich sehen. Wenigstens aus der Ferne. Und wird es eine Möglichkeit geben, daß wir uns auch sprechen?" -,Jch hoffe es. Denken werde ich viel, viel an dich. Und du wirst bei mir sein, in Ge danken mir zureden, mir helfen. Und kann ich's nicht mehr ertragen, dann flieh' ich in deine Arme. So wie heute." „Aber dann nicht mit Tränen, Fe." „Vielleicht lern' ich's wieder, zu lachen! — So, nun muß ich gehn. Mrs. Printer dirigiert sie zur Fontäne. Dort tu' ich so, als hätt' ich sie verloren gehabt. — Noch einen Kuß, Liebster. — Ich bin nicht ganz so oberflächlich, wie ich vorausgesetzt hatte. Ich hab' wirklich ein Herz, Christel." Ein letzter Kuß, so inbrünstig, daß er fast schmerzte. Dann glitt sie von ihm, gewann rasch die Stufen, die vom Eichsnhof in den Rosengarten führten, und mischte sich bei der Fontäne unter die Zuschauer. Sobald sie den dunklen Seiden mantel wieder abstreifte, wurde sie von ihren Angehörigen erkannt, die ans den weiteren Entfernungen nur immer Ausschau nach ihrem Hellen Kleid gehalten hatten. Im Nu war sie umringt. Christian sah aus der Menge zu. ... Fe hatte also doch ein Herz . . . Daß er daran hatte zweifeln können! * Christian kannte den neuen Golfplatz. Die Aufgabe, die dem Gartenarchitekten hier gestellt war, hatte ihn stark gefesselt. Er war mehr mals auf seinen Motorradfahrten von der Chaussee Pfaueninsel-Wannsee abgebogen und hatte sich von dem Leiter der Winterarbeiten den Plan erklären lassen. Das Spiel war in vollem Gang«, als Christian eintraf. Vor dem hübschen Weißen Klubhaus mit der im Halbrund vorspringenden Tanzterrasse öffnete sich ein weites Talrund mit malerisch sich einschmiegenden Waldstücken. Da und dort waren einzelne Kiefern stehen gelassen worden, die wls Kulissen das Bild einfaßten. Zwischen den verschiedenen hoch gelegenen Wäldchen be fanden sich die glattgeschorenen Rasenstücke, aus denen die blumentopfgroßen Löcher das Ziel für die Golfbälle bildeten. Es gab Entfernun gen bis zu vierhundert Metern von Grün zu Grün. Die einzelnen Parteien verstreuten sich über das weite Gelände. Die bunten Farben der Damenkleider, die charakteristischen Golfanzüge der Herren belebten das Helle Grün der Rasenfelder und das dunklere der Baumgruppen. Jenseits des Spielgeländes er- - hoben sich in immer neuen Wellenlinien di« märkischen Wälder zwischen Potsdam und Lichterfelde, nach Süden zu überschnitten von den mattblau schimmernden Höhenzügen des Fläming. Weit und breit sah man kein Haus. Die nahe Großstadt schien wie im Wald ver sunken. Man glaubte sich inmitten einer Thüringer Derglandschaft. Soeben begannen die Hauptwettkänrpfe der Damenklasse. Christian hatte durch Zerner, den Landrat-Stellvertreter, der feinen Kreis stadt-Klub hier vertrat, eine Einladung er halten. Fe hatte ihm nur das Programm ge schickt, dem ein Zettelchen beilag: „Daumen halten — und immerzu nett an mich denken!" Das tat er ja nun auch. Er sah sie drüben an dem kanzelartig aufragenden grünen Start platz, genau gegenüber der Terrasse, als sie den ersten Schlag tat. Sie besaß eine fabelhafte Schwungkraft. Wie sie ausholte, sich bei festem Stand, nur leicht federnd, um die eigene Achse drehte und den Treibschläger mit tödlicher Sicherheit genau auf die Stelle des Balls, die sie berechnet hatte, niedersausen ließ, das war schon ein hübsches Bild. Der weiße Ball durch schnitt die Luft, von vielen Augen in der Ge schwindigkeit kaum erfaßt, und blieb achtzig Meter davon genau am Rande des ersten Grüns liegen. In der Gruppe von Berufs spielern und Liebhabern des Golfspiels, Herren wie Damen, die Fe und di« Kampfrichter um gaben, herrschte ein fast sakrales Schweigen. Das Golfspiel soll ja weltentrückend wirken. Da gibt es also keine lauten Rufe, keine Bei« sallsbezeugungen. Die notwendigste Verständi gung wird im Flüsterton oder in leisem Murmeln durchgeführt. Bei dem ersten meister lichen Schlag von Fe fand sich nur Blick zu Blick in stummer Zustimmung. Ein paar Se kunden lang zeichnete sich die schlanke Mädchen gestalt im flotten, Hellen Kleid gegen den blauen Waldhintergrund und den weißbewölkten Himmel als feine Silhouette ab. Sie reichte ihrem Caddie, dem Jungen, der sie mit dem Schlagerfack begleitete, den Treibstock und tauschte ihn gegen den leichteren, für den zweiten, sanfteren Stoß auf dem Grün ge eigneten, aus. Christian unterschied ihre schlanke Gestalt noch, als sie tief unten, jenseits des ersten Waldstücks, den Sieg am neunten Loch ausfocht. Es herrschte nur eine Stimme der Bewunderung über ihre meisterliche Ueber- legenheit. Auch Frau Theres war da — an einem großen Teetisch auf der Terrasse präsidierte sie — und stimmte laut in den Beifall ein. Christian mußte sie begrüßen. Auch Frau Esser, seine Gönnerin, befand sich am Tische von Frau Theres. Sie machte wieder ihre drolligen Be merkungen über die Stiefelkönigin. „Ich bin nämlich als Anstandswauwau mitgeschleppt wor den", sagte sie zu Christian. „Seitdem Theres getrennt von ihrem Manne lebt — Benno ist, nebenbei gesagt, ein Dilettant, daß er sich so blamabel hat ertappen lassen —, ist sie wieder so schüchtern und anlehnungsbedürftig geworden wie ein Backfisch zu Großmutters Zeiten. Sie will dadurch vielleicht noch jünger wirken — aber die Gören von heute beweisen ihre Jugend ja gerade durch ihre beispiellose Frechheit. Nun sehen Sie bloß mal die nackten Knie von dem Tauentziengirl da drüben, Christel Eyck, — nein, sehen Sie lieber nicht hin, sonst werden Sie mir hier noch ganz verdorben." Er mußte seinen Bekannten, der sich endlich seines offiziellen Auftrages entledigt hatte, heranziehen und ihn vorstellen. Mau plauderte, hörte auf die Meldungen von den einzelnen Grüns und hörte belustigt den kleinen Bosheiten von Frau Esser zu. Frau Theres kam neben ihr nicht auf. Natürlich wollte sie die Gelegenheit wahrnehmen, dem jungen Land rat zu zeigen, wie erfahren sie in Golfdingen sei. Sie hatte doch den großen Vorzug ge habt, mit Fräulein von Borowsky in Schuls- Tarasp zu spielen. Aus dieser Zeit stammte ja ihre Freundschaft mit ihr. „Ja, und eine besonders vorteilhafte Errun genschaft aus dem Engadin war ihre Haus freundin Frau von Glon!" warf Frau Esser ein, indem sie nachsichtig lächelnd die Teetasse an die Lippen führte. Frau Theres schnappte «S auf, tat aber so, <rlS hätte sie's nicht verstanden. Der Assessor hakte sofort ein. „Frau von Glon soll plötzlich spurlos verschwunden sein, hört' ich?" fragte er Christian. Der erwachte aus seiner Versunkenheit, fand sich aber nicht gleich zurecht. An seiner Statt antwortete Frau Esser trocken: „Nicht so ganz spurlos. Sie gibt sich in Berlin W. redliche Mühe/ Herrn Benno Strahl in seinem Strohwitwer- tum zu trösten." (Fortsetzung folgt.)
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