Volltext Seite (XML)
Die Gartenvauwkrtschaft Nr. 8. 23. 2. 1928 Gärlnergehilsenprüsungen. Bei dem Gedanken, das; die Gärtnergehilfen- pcü^ungen wieder vor der Tür stehen oder znm Teil schon begonnen haben, zwangen sich dem objektiven Beobachter unwillkürlich die Fragen ans: Wie werden diesmal die Ergebnisse der Prüfungen auSfallcn? Werden Wissen und Können der Prüflinge durch sie treffens ge kennzeichnet? Und weiter: Wie wird sich oer Verlauf der einzelnen Prüfungen gestalten? Prüfungen sind Glückssache und ein not wendiges Uebel! Das ist allgemein bekannt. Auch sollen die Schwierigkeiten, die sich den prüfenden Herren bei der Beurteilung ent gegenstellen, nicht verkannt weiden. Und doch scheinen die Voraussetzungen, den Prüflingen die Prüfung Physisch und psychisch erträglich zu machen und eine einheitliche Beurteilung zu gewährleisten, nicht erschöpfend gegeben zu sein. Zunächst di« Ergebnisse der Prüfungen ganz allgemein. Sie sind so erstaunlich verschie den, daß man an Fehlurteile — nicht an ungerechte Urteile — glauben möchte. Die Verschiedenheit der Zensuren ist wohl in erster Linie in dem ständigen Wechsel der Zusammensetzung der Prüfungskommission be gründet. Viele Köpfe — viele Sinne! Der eine ist temperamentvoll, streng und barsch in seinen Ausdrücken, so daß den Prüflingen sofort der Glaube an sich selbst restlos ge nommen wird, während der andere in ruhiger Sachlichkeit und mit psychologischem Ver ständnis für die Jugend Vertrauen erwecken könnte. Manche legen den Hauptwerk auf die praktischen Fertigkeiten und manche auf das theoretische Wissen. Es ließen sich noch mehrere Eigenschaften aufzählen. Die Folgerung aus diesen kurzen Angaben ist aber, daß die Beurteilung der Lehrlinge nicht nach einem Maß stabe erfolgt, wo- durch sich erfahrungsgemäß Erbitterung ein stellt und das Vertrauen an die Gerechtigkeit erschüttert wird. Dieser einheitliche Maßstab muß sich wenigstens für einen Landwirtschasts- kammerbezirk sinken lassen. Wünschenswert sind natürlich Richtlinien für das Deutsche Reich, damit nicht das „genügend" einer Pro vinz dasselbe Werturteil bedeutet, wie das „gut" einer anderen. Nun zum Verlauf der Prüfungen. Der Leser möge sich — wenn es ihm möglich sein sollte — in die Lage eines Lehrlings vor der Prüfungskommission versetzen. Grund satz für die Prüfung soll sein, dem Prüfling in jeder Hinficht die Möglichkeit zu bieten, seine Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln zu können. In welcher Weise diese Möglich keit genommen wird, mögen nachfolgende Ein zelheiten, die zusammen eine Unmöglichkeit bringen, erläutern: 1. Der Lehrling bekommt vom Arbeit geber Bescheid, daß morgen Prüfung ist; oder gar erst um 9.30 Uhr, daß heute um 9 Uhr die Prüfung begonnen hat. „Also laus schnell hin". Erschrocken und bestürzt eilt er so schnell wie inöglich zum Prüfungs ort, um sich dort abgehetzt zu produzieren. Diesen Lehrling zu prüfen und durchfallen zu lassen, ist eine Ungehörigkeit. Warum soll der arme Lehrling die Vergeß lichkeit anderer so schwer büßen? Der Prü- sungstermin muß dem Lehrling wenigstens acht Tage vorher bekannt sein. 2. Vom Prüfling wird verlangt, daß er pünktlich ist, dann ist es auch recht und billig, daß die Prüfungskommission zur gegebenen Zeit zur Stelle ist. Das lange Warten — hinzu kommt noch die Wartezeit, die durch die Durchsicht der Tagebücher und schriftlichen Arbeiten entsteht — wird als eine unnötige Qual empfunden. Erscheint dann die hohe Kommission oder die einzelnen Herren treffen ein, so werden sie ihrer Ehre und Würde keinen Abbruch tun, wenn sie zum Gruße eiilen „guten Morgen" oder „guten Tag" wünschen. Die Unterlassung dieser üblichen Höflichkeit ruft sogleich bei den Prüflingen Niedergeschlagenheit hervor. Schlecht ge launt! Wünschenswert ist außerdem die Vor stellung der einzelnen Herren, damit die Prüf- linge wissen, wer sind die Prüfenden, wer ist Gast! 3. Di« Prüfung ist eine körperliche und geistige Anstrengung. Warum läßt man die jungen Leute den theoretischen Teil oft zwei bis drei Stunden lang, stehend verbringen? Manchem werden die Knie schwach und zit terig, so daß der Geist auch müde werden muß. Und wenn erst der häufig sehr enge Raum vom Dabaksqualm ganz gefüllt ist, dann ist's aus mit dem Denkvermögen der Prüflinge. Muß denn bei einer Prüfung geraucht werden? Aus erziehlichen Gründen ist auch der Alkoholgenuß zu vermeiden. Welche Meinung und Achtung bekommen die Prüf lingen vor der Kommission samt Gästen, wenn vor Beginn eine Flasche „Asbach Uralt" ge holt wird oder wenn gar die Gäste durch lautes Betragen und Zwischenreden die Prü fung stören? 4. Bezüglich der praktischen Prüfung "ist folgendes zu erwähnen: Alle gärtnerischen Handfertigkeiten, man kann auch sagen Be wegungen, sind motorische Bewegungen. Ihre Durchführung kann nur an dem Objekt, mit dem sie eingeübt wurden, fehlerfrei und sicher erfolgen. Mit der Auftragserteilung — z. B. Schneiden von Stecklingen — und mit dem Anschauen (langes Wahrnehmen) des Objektes treten die Vorstellungen auf die Schwelle des Bewußtseins und die Muskeln in Funktion. Man kann also bei einer Prü fung nicht von einem Jugendlichen — das sei betont — erwarten, daß er den Auftrag, Pelargonienstecklinge zu schneiden, fehlerfrei und sicher ausführt und die wesentlichen Merkmale hervorhebt, wenn ihm Trades- cantien gereicht werden mit der Bemerkung: „Nehmen Sie an, es sind Pelargonien." Eben- sowenig kann der Prüfling Asparagus Spren geri verpflanzen unter demselben Hinweis oder mit feuchtem Sand als Begoniensamen die Fertigkeit des Aus säens beweisen. Wie kann der Lehrling sein Können zeigen, wenn ihm zwei Pelargonien (in Wirklichkeit Asparagus Sprengcri) zum Verpflanzen zur Verfügung stehen, oder wenn zum Aussücn eine Fläche von 10 am? gewährt wird!? Der Jugendliche hat keine Vorstellung, wenn ihm eine Tonscha'.e zur Aussaat vorgesetzt wird: „Nehmen Sie an, es ist ein Mistbeet kasten." Er ist wie vor den Kopf geschlagen und versagt. Grundbedingung für eine erfolg reiche praktisch« Prüfung ist das Vorhanden- sein des erforderlichen Materials an Erd arten, Pflanzen und Geräten in genügender Menge. Außerdem ist dem Prüfling die Frei heit zu lassen, die Arbeit so auszuführen, wie er sie in seinem Lehrbetriebe gelernt hat. Er darf nicht veranlaßt werden, sie anders zu machen, weil er dadurch kopfscheu wird und die Arbeit als falsch enrpsindet. 5. Das sogenannte „Fallenstellen" führt bei den Prüfungen leicht zu Uebertreibungen — das Änbieten eines Kopierstiftes zum Etiketten schreiben oder einer ballentrockenen Pflanze zum Verpflanzen ist an sich harmlos. Aber z. B. dem Lehrling wird eine Azalie zum Einwickcln gegeben. Er säubert den Topf. Beim Einwickeln stellt sich heraus, daß der Bogen zn klein ist. Ihm wird ein kleinerer Asparagus Sprengeri gereicht: „Nehmen Sie den". Der Lehrling wickelt den Topf ein, diesmal natürlich ohne zu säubern. Darauf großes Hallo und Aeußerungen „Reingefallen". Der Prüfling ist mit Recht erbittert, denn der Prüfungspunkt „Säubern" war erledigt, es war nur noch die Fertigkeit des Einwickelns zu zeigen. Derartige Fallen und vor allen Dingen die schadenfreudigen Kundgebungen werden als Schikanen empfunden, machen die momentane Scham zur inneren Empörung und führen schließlich zu Mißtrauen und Un- sicherheit. 6. Aus psychologischen Erwägungen her- aus hat jede Mißfallensäußerung zu unter, bleiben, wie: Rcingefallen! Ich bange mich vor Ihnen! Ich kann Sie doch nicht auf die Menschheit loslassen! Menschenskind, er zählen Sie doch nichts von Methoden, die vollkommen veraltet sind! Man steckt Pelar gonien so lang wie möglich, wie Sie stecken (kurz), ist glatter Unsinn! Na ja, das sagen die Herren Lehrlinge bald (wir machen das so), Sie dürfen nur nicht denken, daß wir das glauben! Daraus habe ich nur gewartet! Falsch! Derartige Aeußerungen sind unpsycho logisch und verwirren den Jugendlichen. Der wohlwollend Prüfende sucht den Prüfling auf den richtigen Weg zu bringen und vermeidet jede Einschüchterung. Besonders verfehlt ist das „Falsch" nach einer Antwort oder Aus führung einer Arbeit, die nach Ansicht des Lehrlings richtig sind, weil er die Erfahrung in Schule oder Lehrbetrieb gewonnen hat Ebenso unangebracht sind Aeußerungen: „Das wissen wir, daß bei Ihrer Firma die Lehrlinge nicht an die praktische Arbeit herankommen, schreiben Sie es Ihrer Firma zu, wenn Sie durchfallen." Was nützen dem Lehrlinge solche Worte? Er ist der Leidtragende und wird noch verwirrter. Wenn ein Betrieb nicht die geeignete Ausbildung bringt, dann soll er aberkannt werden. Wer empfindet nicht fol gende Worte als beleidigend, die im Bei- sein von durchgefallenen Prüflingen einem Gärtnereibesitzerssohne gegenüber geäußert wurden: „Ich habe Ihnen noch fünf bis sechs Punkte „zugeschustert", sonst wären Sie durchgefallen!! 7. Di« Fragestellung bei den Prüfungen ist oft recht unklar, so daß der Prüfling un möglich den Kernpunkt erfassen kann. Und ost läßt sich eine Frag« in verschiedener Hin sicht beantworten. Bringt dann der Prüf ling nicht das Schlagwort, das der Prüfende beherrscht oder haben will, dann ist di« Antwort „falsch". Ein Beispiel: Was geschieht mit einer Pflanze, die zu viel ge gossen wird? Der Lehrling zählt alle ihm bekannten Erscheinungen auf: Gelbwerden, Ver sauern der Erde, Wurzeltätigkeit hört auf usw. Nein, nein! Sie stirbt den Erstickungs tod! Die Hauptfachs bei jeder Antwort ist doch, daß der Prüfende erkennen kann, der Lehrling hat beobachtet, gelernt und kann seine Antworten begründen. In jedem Betriebe wird anders gearbeitet, oft ganz gegensätzlich, der eine nimmt leichte Erde, der andere schwere; der eine steckt ties mit Pikierholz, der andere flach ohne Pikier- Holz usw. Von diesen Gesichtspunkten aus, daß für gärtnerische Arbeiten der Erfolg aus schlaggebend ist, und daß die Ansichten ver schieden sind, hat die Beurteilung der Ant worten zu erfolgen. Andernfalls geschieht dem Lehrling Unrecht! Die praktischen Fragen sollen möglichst von den Spezialisten (Arbeit gebern und Arbeitnehmern) gestellt und nicht dem Kommissar allein überlassen werden: „Ach, prüfen Sie nur weiter; Sie können Las doch besser als wir." Zum Schluß sei noch besonders betont, daß die Lehrling« auch wirklich in den Kul turen geprüft werden, in denen sie ausgebildet sind, und daß ihre schriftlichen Arbeiten und Zeichnungen bewertet werden. Ist es ver ständlich, daß eine Kulturausarbeitung als „abgeschrieben" bezeichnet wird, ohne den Be- weis erbringen zu können? Die gärtnerische Allgemeinbildung, theoretische und praktische, müßte noch mehr Gegenstand des Berufsschul- unterrichtcs sein. Mögen diese Zeilen bei allen Beteiligten die Erkenntnis auskommen lassen, daß unsere Lehrlinge noch junge Gärt ner und seelisch empfindsame, in der Entwick lung begrisfene Menschen sind, denen wir mit gutem Beispiel vorangehen sollen. S. 2- Kundgebung des uulerelblschen Obstbaues. Am Sonnabend, den 11. Februar fand im Rahmen eines Landvolktages in Stade eine Kund- gebung des Obstbaues des Reg.-Bez. Stade statt. Herr Claus Kolster-Wöhrdcn, der Vorsitzende des Landesobstbauverbandes, schilderte die katastro phale Notlage des Obstbaues in diesem bekannten Spezialnnbangebict. Die schlechte Witterung der letzten Jahre hat im Verein mit einem ver nichtenden Schädlingsbefall und den Auswir kung«» der Bananen- und Apfelsineneinfuhr das einstmals blühend« Gebiet an den Stand des Ruins gebracht. Nachstehende Forderungen, welche den zu ständigen Stellen übergeben wurden, sind ein stimmig angenommen worden: Die im Niederelbischen LandeSobstbau- oerband zusammengeschlossenen Erwerbs obstzüchter der Ricderclbe befinden sich seit drei Jahren in einer verzweifelten Notlage, hervorgerusen durch völlige Mißernten, Schädlingsbefall und die ungehemmte zoll freie Einfuhr von Obst und Südsrüchten, die einen Verkauf auch von eiuwaudfreiem Obst saft unmöglich machen. Wir »er langen, daß unverzüglich Maßnahmen ge troffen werben; da die Mittel zuni Lebens unterhalt fehlen, besteht außerdem die Ge fahr. daß alle Erwerbsobstzüchter zur Ver zweiflung getrieben werden. Folgende Forderungen müssen schnell stens erfüllt werden. 1. Zinslich tragbare Kredite, 2. Beschränkung der Einsuhr von Apfel sinen und Bananen, 3. Für jedes Psund aus dem Ausland eingeführtes Obst einen Zoll von 10 Goldpfennigen, 4. Revision der Handelsverträge nach Punkt 3 zugunsten des heimischen Obstbaues, ö. Schaffung eines ReichsgesetzeS, nach dem 5ü?L der Obstzollcinnahmcn zur För derung des deutschen Obstbaues als jährliche Beihilfe zu geben sind. 6. Errichtung von Obstbaukammern. Vie deuksche Ernie 1927. — Anwendung der Sartellverordnung in der Eisenindustrie, lleberspaunung des Sarkellgedantens in der Zementindusirie. — Dr. Lurlius gegen die landwirtschaftliche Hilfsaktion? Die Politik der deutsche« Kartelle wird bekanntlich durch das Reichswirtfchaftsministe- rium kontrolliert, das in der „Verordnung gegen Mißbrauch wirtschaftlicher Nachstellun gen" vom 2. November 1923, der sogenannten „Kartellverordnung", das Machtmittel besitzt, monopolistischen Tendenzen der Kartelle zu be gegnen. Das NeichSwirtfchaftsministerium ist auf Grund dieser Verordnung berechtigt, sobald es die Ueberzeugung hat, daß die betreffenden Verträge und Vereinbarungen (über Produk tion, Absatz, besonders auch Preisfestsetzungen usw.) die Gemeinwirtschaft oder das Gemein wohl schädigen, für die Beteiligten für unver bindlich zu erklären, die Durchführung der Verträge zu untersagen oder die Politik der Verbände einer dauernden Kontrolle zu unter ziehen, damit allen Sonderinteressen einen Riegel vorzuschiebeu und die Abnehmer zu schützen. Zu diesem Vorgehen hat sich der Reichs wirtschaftsminister vor kurzem entschlossen, er hat u. a. die Abschriften der Verträge fol gender Verbände angeordnet: 1. Vertrag der Rohstahlgemeinschaft. 2. Verbandsvertrag betr. Halbzeug, Eisen bahn-Oberbaumaterial und Formeisen. 3. Vertrag des Stabeisenverbandes. 4. Verbandsvertrag betr. Bandeisen- Vereinigung. 5. Vertrag betr. Grobblechverband, einschließlich der Verträge mit dem Stahl- werksverband, Düsseldorf. 6. Gesellschaftsvertrag des Walzdraht verbandes, einschließlich der Verträge mit der Deutschen Drahtwalz werke A.-G-, Düsseldorf. Der eigentliche Grund zu diesem Vorgehen ist die von diesen Verbänden beschlossene Eisen preiserhöhung, die mit der Erhöhung der Produktionskosten (Löhne!) begründet wird. Der Reichswirtschaftsminister bearbeitet die Eisen preisfrage persönlich, seine Anordnungen in der Preisfrage fußen auf den Untersuchungen, die Generaldirektor von der Porten (vom industriellen Reichstrust) und Herr Sufat (Stat. Reichsamt) während der Lohnverhandlungen an Ort und Stelle durchgeführt hatten, sie sind als Warnungssignal für die Zukunft zu werten, denn der Minister hat im übrigen die Absicht, zwischen Eisenerzeugern und Eisenverarbeitern eine Verständigung hcrbcizuführen, und die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft ge genüber dem Auslande nicht durch Preissteig«, rungen zu belasten. Daß auch eine noch so straffe Kartellierung oft den Kartellmitgliedern nicht den ersehnten Vorteil bringt, zeigt die Entwicklung der Zementindustrie. Diese verfolgt seit Jahren, wie behauptet wird, ganz einseitige Monopol bestrebungen. Sie soll die Preis« auf einer Höhe gehalten haben, die den Kartellmitgliedern im Ansange, nach ersolgreich durchgeführter Rationalisieruna, übermäßige Gewinne brachte. aber auch das Aufkommen von Außenseitern begünstigte. Die Folge war wachsendes Inter esse für diesen Industriezweig und steigende Konkurrenz, so daß sich heute die hohen Preise nicht mehr halten lassen und innerhalb des Kartells erbebliche Meinungsverschiedenheiten darüber entstanden sind. Dazu kommt von außen der Vorwurf, daß die Preispolitik der Zementindustrie die Durchführung des Woh nungsbauprogramms erschwere. Der Grundgedanke der Kartellbildung darf eben nur sein: Gemeinsame Durchführung der Rationalisierung der Betrieb« und des Ab satzes und Vereinheitlichung der Preisbildung, aber nicht Ausnutzung der wirtschaftlichen Machtstellung. Zu Len Beratungen des Reichskabinetts über die Hilfsmaßnahmen für die Landwirt schaft verlautet, nach Mitteilung der „Land wirtschaftlichen Wochenschau", daß der Reichs wirtschaftsminister Dr. Curtius seine Zu stimmung zu der vom Reichser- nähru ngsministerium geforderten Aktion davon abhängig zu machen gedenke, daß die Landwirtschaft bei den Handelsvertragsverhand lungen Opfer bringe, die sie bisher abgelehnt habe. Das gelt« besonders von den Verhandlungen mit Polen. Unter anderem sei der autonome Satz von 1,— RM. für Kar toffeln auf 0,40 RM. im Falle eines Zoll kontingentes zu senken. Auch bei den noch um strittenen Fragen der Handelsverträge mit der Tschechoslowakei und mit Ungarn werde die Landwirtschaft die notwendige Rücksicht auf deren Jmportwünsche nehmen müssen. Ins besondere müsse eine Senkung des Zollsatzes für Braugerste erfolgen. Dazu bemerkt die „Landwirtschaftliche Wochenschau": Sollte sich diese uns aus absolut zuverlässiger Quelle zugegangene Nachricht be wahrheiten, so würde das bedeuten, daß der Reichswirtschaftsministcr praktisch überhaupt jede wirksame Hilfsaktion für die Landwirt- schäft ablehnt. Aus den Erörterungen der letzten Wochen ist klar hcrvorgegangen, daß nicht nur alle maßgebenden landwirtschaft lichen Führer, sondern auch der Reich-ernäh- rungsminister den größten Nachdruck darauf legen, die Rentabilität der Landwirtschaft, un abhängig von den besonderen Notständen des Augenblicks, wieder herzustellen. Da die Un rentabilität der Landwirtschaft zum großen Teil auf die landwirtschaftlichen Konzessio nen in den bisherigen Handelsverträgen zu rückgeht, ist gerade auf eine grundlegende Acn- derung der bisherigen Handelspolitik im Sinne des ausreichenden Schutzes der Landwirtschaft Wert gelegt worden. Auch augenblickliche Not standsaktionen anderer Art können di« Agrar- katastrophe höchstens um einige Monate hinaus- schieben, aber nicht verhindern, wenn nicht der rentable Absatz der Agrarerzeugnisse sicher gestellt wird. Di« oben wiedergegebene Auf fassung des Reichswirtschaftsministers würde also darauf hinauslaufen, daß die Landwirt schaft zugunsten kleiner Teilhilfen auf die Möglichkeit der dauernden Rentabilität ver zichtet. Diese Haltung ist mit den bisherigen Erklärungen der Neichsregierung und des Reichspräsidenten zur Hilfsaktion für die Land wirtschaft nicht zu vereinbaren. Falls der Reichswirtschastsmmister von den oben wieder- gegebenen Gcdankengängen nicht endgültig ab rückt, werden sich weitergehend« Konsequenzen kaum vermeiden lassen. Dr. Chr. Die in den namentlich gezeichneten Abhand- lungen zum Ausdruck kommenden Ansichten und Urteile sind die Meinungsäußerungen der Verfasser. Schriftleitung K. Fachmann, Berlin. Der- antwortlich für den wirtschaftspolitischen Teil, die Verbandsnachrichten und die Unterhaltung?- beilage E. Häußler, Berlin; für die Marktrundschau: Dr. Christ opett, Berlin; für den Anzeigenteil: M. Bethge, Berlin. Verlag: Gärtnerische Verlagsgescllschaft m. b.H., Berlin SW 48. Druck: Gebe. Radetzki, Berlin SW 48. Schluß deL redaktionellen Leiter.