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Der Handelsgärtner
- Bandzählung
- 6.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf5
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1824034628-190400003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1824034628-19040000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1824034628-19040000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Der Handelsgärtner
-
Band
Band 6.1904
-
- Ausgabe No. 1, 2. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 2, 9. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 3, 16. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 4, 23. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 5, 30. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 6, 6. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 7, 13. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 8, 20. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 9, 27. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 10, 5. März 1904 1
- Ausgabe No. 11, 12. März 1904 1
- Ausgabe No. 12, 19. März 1904 1
- Ausgabe No. 13, 26. März 1904 1
- Ausgabe No. 14, 2. April 1904 1
- Ausgabe No. 15, 9. April 1904 1
- Ausgabe No. 16, 16. April 1904 1
- Ausgabe No. 17, 23. April 1904 1
- Ausgabe No. 18, 30. April 1904 1
- Ausgabe No. 19, 7. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 20, 14. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 21, 21. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 22, 28. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 23, 4. Juni 1904 1
- Ausgabe No. 24, 11. Juni 1904 1
- Ausgabe No. 25, 18. Juni 1904 1
- Ausgabe No. 26, 25. Juni 1904 1
- Ausgabe No, 27, 2. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 28, 9. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 29, 16. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 30, 23. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 31, 30. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 32, 6. August 1904 1
- Ausgabe No. 33, 13. August 1904 1
- Ausgabe No. 34, 20. August 1904 1
- Ausgabe No. 35, 27. August 1904 1
- Ausgabe No. 36, 3. September 1904 1
- Ausgabe No. 37, 10. September 1904 1
- Ausgabe No. 38, 17. September 1904 1
- Ausgabe No. 39, 24. September 1904 1
- Ausgabe No. 40, 1. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 41, 8. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 42, 15. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 43, 22. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 44, 29. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 45, 5. November 1904 1
- Ausgabe No. 46, 12. November 1904 1
- Ausgabe No. 47, 19. November 1904 1
- Ausgabe No. 48, 26. November 1904 1
- Ausgabe No. 49, 3. Dezember 1904 1
- Ausgabe No. 50, 10. Dezember 1904 1
- Ausgabe No. 51, 17. Dezember 1904 1
- Ausgabe No. 52, 24. Dezember 1904 1
- Register Register 4
-
Band
Band 6.1904
-
- Titel
- Der Handelsgärtner
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No. 12. Sonnabend, den 19. März 1904. VI. Jahrgang. DerJ/ande/sgärfner. • Hermann pi- jf{an dels- Zeit ang für den deutsehen Gartenbau. -Ftuomasacr- Leipzig, Südstrasse 33. Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig = Gohlis. Leipzig-Qohiis. Organ des „Gartenbau=Verbandes für das Königreich Sachsen E. G." „Der Handelsgärtner“ kann direkt durch die Post unter No. 3222a der Postzeitungsliste bezogen werden. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr: für Deutschland und Oesterreich^Ungarn Mark 5.—; für das übrige Ausland Mark 8.—. Das Blatt erscheint wöchentlich einmal Sonnabends. — Inserate kosten im „Handelsgärtner“ 30 Pfg. für die fünfgespaltene Petitzeile. Die Reblaus und deren Ausbreitung im Auslande. In den vom Kaiserlichen Gesundheitsamt herausgegebenen Denkschriften über die Bekämpfung der Reblaus werden wir auch über den Stand der Ausbreitung im Auslande unterrichtet. Bei der Bedeutung der inter nationalen Reblauskonvention aber dürfte es für unsere geschätzten Leser von Interesse sein, zu erfahren, was man in unseren Grenzstaaten, überhaupt in allen Weinbau treibenden Ländern der Welt unternimmt, um diese Schädlinge zu bekämpfen. Wir haben auf dieses Thema wiederholt im „Handelsgärtner“ hingewiesen und die Befürchtung ausgesprochen, dass im deutschen Reiche die Verstaatlichung der An zucht von Reben bevorstehen dürfte; ein wohl darauf hinzielender Entwurf liegt gegenwärtig dem Bundesrate zur Beratung vor. In Oesterreich-Ungarn hat bedauer licherweise die Ausbreitung der Reblaus zu genommen, trotzdem sowohl die Anpflanzung von amerikanischen Reben wie auch die Be kämpfung durch Schwefelkohlenstoff in bedeu tend umfangreicherer Weise durcbgeführt worden ist. Im Jahr 1901 konnte allein in Oester reich in 114 Gemeinden das Insekt neu fest- gestellt werden, wodurch nahezu 24 000 Hektar Weinbaufläche hinzukam. In dem gleichen Jahre dienten in Oesterreich 260 Hektar zur Anzucht von amerikanischen Reben. Zum Teil wurden die Desinfektionsmittel unberechnet ge liefert, wobei ausschliesslich Schwefelkohlenstoff zur Anwendung gelangte. Es wurden davon gegenüber den vorangegangenen Jahren 50 000 kg mehr verbraucht. Ferner kamen 41/2 Millionen Wurzel- und Schnittreben zur Verwendung, wo von vieriünftel unberechnet abgegeben sind. Im ganzen waren Ende 1901 in Oesterreich 18 000 Hektar mit amerikanischen Reben be pflanzt. In den staatlichen Versuchsstationen wird ferner grosse Sorgfalt auf die Erzielung widerstandsfähiger Hybriden verwendet und man hofft hierdurch mit der Zeit befriedigende Re sultate zu erlangen. Nach einem Gesetz vom 4 April 1902 werden zunächst die von der Reblaus befallenen Weingärten von der Grund steuer befreit. Ausserdem erhalten solche Besitzer, welche früher zerstörte Gelände wieder be pflanzen wollen, unverzinsliche Darlehn aus Landesmitteln, zum Teil aus Reichsmitteln. In Tirol und Böhmen wurde ferner der Handel mit bewurzelten Reben nur in besonderen Fällen gestattet, und hierüber genaue Vor schriften erlassen. Leider hat auch die Aus breitung des Schädlings in Steiermark bedeu tende Fortschritte gemacht, während in Tirol infolge des strengen Ueberwachungsdienstes ein Stillstand konstatiert werden konnte. — In Ungarn ist der Umfang der mit Reben be pflanzten Flächen ständig in der Zunahme be griffen. Mit amerikanischen Reben waren 38 000 Hektar bepflanzt; ferner können 35 000 Hektar oder 1/7 der Gesamtfläche als durch die Reblaus verseucht angesehen werden. Aus den staatlichen Rebenanlagen in Ungarn wurden im Jahre 1901/2 23 Millionen ameri kanische Reben, bewurzelte oder Schnittlinge abgegeben. Auch in Kroatien und Slawonien sind nahezu 12 °/ 0 der gesamten Rebengelände von der Reblaus befallen, ohne dass zwar neuerdings eine weitere Ausdehnung festgestellt werden konnte. Die Kosten zur Reblausbekämpfung in Italien betrugen im Jahre 1900/1 gegen 900 000 Lire; die dortige Regierung verwendet bei mässig angegriffenen Distrikten Schwefelkohlenstofi, bei stark verseuchten Weinbergen werden die Stöcke ausgerottet und verbrannt. 1901 exi stierten in Italien 49 staatliche Anstalten, welche sich mit der Anzucht und der Vered lung der amerikanischen Reben beschäftigten. Die Untersuchung findet meist durch die Wan derlehrer für Ackerbau statt, doch haben in einzelnen Provinzen diese Nachforschungen in folge ungenügender Mittel nicht mit der nötigen Gründlichkeit durchgeführt werden können. In Süditalien treten nur wenige Bezirke hervor, dagegen haben sämtliche sizilianischen Kreise eine Zunahme zu verzeichnen; es ist dort nahezu 1/5 der gesamten Weinbaufläche von der Reblaus befallen. Im Jahre 1901 waren von den 69 Provinzen des Königreichs 38 durch die Reblaus verheert. Ein Rückgang ist trotz der Aufmerksamkeit, welche die Regie rung der Sache zuwendet, kaum in den nächsten Jahren zu erwarten, da weder ge nügende Mittel bewilligt werden, noch die not wendige Gründlichkeit der Untersuchung durch geführt wird. Die Schweiz überlässt es den einzelnen Kantonen, gegen die Reblaus anzukämpfen. und man ist zum Teil mit recht gutem Erfolg bestrebt , die Ausbreitung der Schädlinge zu verhindern. Im Kanton Zürich sind bei spielsweise im Januar 1902 263 Reblausherde ermittelt, und dieser einzige Kanton hat seit 1886 über 11/4 Million Franken gegen die Seuche ausgegeben. Ueberall legt man Ver suchsfelder zur Anzucht amerikanischer Reben an, wendet ausserdem auch den Neuanlagen grosse Aufmerksamkeit zu und benutzt fast ausschliesslich zur Desinfektion der verseuchten Stellen Schwefelkohlenstoff. Die Wieder anpflanzung und das Vertrauen für die ameri kanischen Unterlagen hat vor allem im Kanton Genf ständig zugenommen. Der grosse Rat hat ferner am 22. Mai 1902 ein Gesetz an genommen, wodurch ganz besonders das Genfer Weinbaugebiet geschützt werden soll. Es sind Sachverständigenkommissionen ernannt, ausser dem wird bestimmt, dass von den bedrohten Kantonen jährlich entsprechende Summen zum Schutz der gesunden Anlagen und zur Be schaffung amerikanischer Reben und Unter lagen eingestellt werden. Im Kanton Waadt hat die Rebstation grosse Mengen Holz von amerikanischen Reben kommen lassen, und dieses zum Selbstkostenpreis abgegeben. Ausser dem wurden im ganzen 624 Versuchsweinberge angelegt und zahlreiche Personen in der Ver edlung der Reben unterrichtet. Bei der Be deutung des Weinbaues für die westlichen und südlichen Kantone der Schweiz ergibt sich schon die Notwendigkeit, auf das Intensivste gegen die Reblaus anzukämpfen. Ueber Spanien liegen bedauerlicherweise irgendwelche amtliche Nachrichten nicht vor. Im ganzen sollen ca. 900 000 Hektar durch die Reblaus infiziert sein, hiervon sind etwa 50 000 Hektar durch amerikanische Unterlagen neubesetzt, doch dringt weder über die Aus dehnung, noch den gegenwärtigen Stand etwas an die Oeffentlichkeit; trotzdem ist aber mit Sicherheit anzunehmen, dass in den meisten Provinzen die Reblaus festen Fuss gefasst hat. — Die Nachrichten aus Frankreich, dem uns am meisten interessierenden Grenz land, sind leider auch höchst ungenügend. Es werden nur verschiedene Erlasse erwähnt, wo nach einzelne Bezirke als verseucht erklärt worden sind; ferner ist in einer Reihe von südfranzösischen Gouvernements der freie Ver kehr mit Reben jeder Herkunft gestattet. Für Russland hat der Minister für Acker bau am 7. Mai 1902 verordnet, dass die Ein fuhr von Reben, Setzlingen und Holz nach den Gebieten am Schwarzen Meer, dem Gouverne ment Tiflis usw. untersagt wird; in Ausnahme fällen ist die Erlaubnis der Behörde einzuholen. In Bessarabien macht die Verbreitung der Reb laus immer weitere Fortschritte und die ver wüsteten Weingärten werden in seltenen Fällen wieder angepflanzt. Der Rückgang der Weinbaufläche in Ru mänien um nahezu 6 000 Hektar innerhalb 3 Jahren ist hauptsächlich auf die Zerstörung der Reblaus zurückzuführen. Die staatlichen Institute sind auf das Regste bemüht, amerika nische Reben für Neuanpflanzungen zu ver breiten und geben grosse Mengen davon un entgeltlich an die Weingartenbesitzer ab. — Aus Serbien liegen Nachrichten vor, wonach eine Reihe von Kreisen und Bezirken durch die Reblaus verwüstet ist, so dass der Aus tausch von Reben oder Rebteilen innerhalb der näher bekanntgegebenen Landesteile verboten wird. Auch der Einfuhr von Tafel- und Kelter trauben wendet die Regierung mehr Aufmerk samkeit zu und hat Massnahmen erlassen, um die Einschleppungsgefahr zu vermeiden. In Bulgarien sollen Klima und Boden zur Verbreitung der Reblaus ausserordentlich günstig sein, denn der trockene Sommer und Herbst ermöglicht oft sieben bis acht Gene rationen in ein- und demselben Jahre. Ge flügelte Rebläuse kommen gleichfalls gegen über Deutschland massenhaft vor. Sie sollen in Bulgarien zu Milliarden (?) auftreten. Sehr geklagt wird von den Weinbauinspektoren, dass sich die Ortsbehörden viel zu wenig der Durch führung der Schutzmassregeln annehmen. Man kann deshalb wohl sagen, dass nahezu ganz Nordbulgarien verseucht ist und seit 1889 die Reblaus auch im Süden jenseits des Balkans sich eingebürgert hat. Die vorliegende Stati stik weist eine kolossale Zunahme der be fallenen Gebiete auf; es liessen sich bis 1901 gegen 20 000 Hektar als befallen feststellen. Die kostspielige Anwendung des Schwefelkohlen stoffes ist nicht üblich; man rodet mehr aus und pflanzt amerikanische Reben an; nur bei kleinen Herden wird mit Schwefelkohlenstoff desinfiziert. Vom Staat aus sind 24 Wein bauinspektoren tätig; ferner existieren 9 be hördliche Rebschulen, wozu noch 11 Privat- Des Vaters Vermächtnis. Aus dem Leben einer Gärtnerstochter. Erzählung von A. Burg. (11. Fortsetzung). Nachdruck untersagt. Der Tag, an dem der erste Reif gefallen, war gleich zeitig für Dr. Kenzius ein Unterrichtstag bei Erwin und da er Margarete seit einer Woche nicht gesehen hatte, wanderte er hinaus nach der Gärtnerei. Das junge Mädchen erschien immer erst nach Verlauf von ein oder zwei Stunden, nach dem er mit Erwinin Gegenwart von Tante Verena gelernt hatte. Dann brachte sie eine Erfrischung, dampfenden Tee, Biskuits und früher auch herrliche, im Garten gereifte Früchte. Es folgten nunmehr die Stunden traulichen Beisammen seins, die Dr. Kenzius nicht gegen alle rauschenden Ver gnügungen vertauschen mochte. Auch heute war es so. Tante Verena strickte, Erwin durchblätterte seine Bücher und ging in Gedanken noch ein mal alles das durch, was ihm der Doktor erzählte, Margarete arbeitete an einer Stickerei und der Doktor lehnte sich be haglich im Stuhl zurück, so dass sein Gesicht im Schatten blieb und er ungehindert seine Blicke hinübersenden konnte nach dem feinen, vornübergeneigten Profil, das zu sehen er gar nicht satt werden konnte. Erwin begann zu plaudern. Er erzählte allerlei aus der Schule. „Die Lehrer wundern sich jetzt immer mehr über mich,“ sagte er mit knabenhaften Stolz. „Warum denn das,“ fragte Margarete etwas zerstreut. „Nun, weil ich jetzt immer alles weiss und fleissiger bin, mit Lust meine Arbeiten mache. Fritz hat neulich erzählt, ich hätte einen Privatlehrer. Da haben mich die andern zwar ausgelacht, aber das ist mir ganz gleich, wenn ich nur weiter lernen kann.“ Margarete hob die Augen und sah den Jungen prüfend an. „Was willst du mit dem vielen Gelernten machen, wenn du erst Gärtner bist?“ fragte sie. Der Junge wurde rot und senkte die Augen. Dr. Kenzius antwortete für ihn: „Aus dem Jungen können Sie keinen Gärtner machen, Fräulein Winternitz, es steckt was ganz anderes in ihm.“ Was sich die junge Tante schon oft im stillen gesagt, das wurde ihr gegenüber jetzt zum erstenmal mit klaren Worten ausgesprochen. Es berührte sie schmerzlich, diese Hoffnung ihres Lebens bedroht, ja umgeworfen zu sehen. Erwin fühlte dies wohl unbestimmt heraus, er stand auf und lehnte sich, wie abbittend an Margarete. „Sei nicht bös, Tante Lete, ich möchte einmal ein Doktor werden, wie Herr Dr. Kenzius.“ Der Doktor lachte gezwungen. „Ein Doktor — aber nicht ganz wie ich, mein Junge, das bitt ich mir aus, ich wünsche in dir etwas Besseres zu sehen.“ Margarete strich dem Knaben über die Haare und sah ihm in die Augen. „Es steht dir natürlich später frei, Erwin, dir deinen Beruf zu wählen, ich hätte mich nur gefreut, wenn ich die Gärtnerei einst hätte in deine Hände legen können.“ Und während sie das sprach, fragte sie sich, wem sie nun wohl einst das Besitztum überlassen würde, was daraus werden sollte. Ihr schien es, als stürze das Gebäude all ihrer Pläne und Hoffnungen zusammen und sie stand allein, ein schwaches, hilfloses Weib. Der Knabe schwieg, er war noch zu jung, um über den Wünschen anderer die eigenen zu vergessen. Dr. Kenzius blickte forschend in Margaretes Gesicht. „Fräulein Margarete,“ sagte er endlich, — er gestattete sich jetzt öfters, sie so zu nennen — „zürnen Sie mir, dass ich Ihren Neffen auf den Weg der Gelehrsamkeit gelenkt habe?“ Sie schüttelte den Kopf. „Zürnen? Wie kleinlich und töricht wäre das von mirl“ „Sehen Sie ihn einmal genau an, unsern Erwin,“ fuhr er fort, „müssen Sie nicht selbst sagen, dass aus diesem Holz kein Gärtner gemacht wird? Sehen Sie diese Augen, diese Träumeraugen und Forscheraugen, in denen man die Sehn sucht liest, mehr zu ergründen, als die Praxis; höher hinaus zu gehen. Sehen Sie diese schmale hohe Stirn, die Stirn eines Denkers, der jener Welt Aufklärung, Wahrheit geben will. Sehen Sie diese schmalen Hände, diesen schlanken, schmächtigen Körperbau, ein Körper, der sich dem Geist unterordnen will und der sich nie in die rauhe Arbeit, so wie Sie das glauben, fügen würde. Auch wenn ich nicht gekommen wäre, so hätte Ihnen der Junge eines Tages gesagt, dass er am Gärtnerberuf keine Freude fände.“ Margarete lächelte, während Erwin mit halbem Verständ nis diese Beschreibung seiner kleinen Person hinnahm. Tante Verena sandte ihre ruhigen Augen von einem zum andern, und schüttelte unmerklich den Kopf. „Sie verstehen es gut, die Sache eines andern zu ver fechten,“ meinte das junge Mädchen, aber vielleicht haben Sie Recht, die Jahre werden uns belehren. Jedenfalls, mein Junge, habe ich nie daran gedacht, dich in deiner freien Ent schliessung beeinträchtigen und durchaus zum Gärtner machen zu wollen.“ „Also Sie zürnen auch mir nicht?“ Er fragte es noch einmal, nur, um ihre Augen noch ein mal auf sich gerichtet zu sehen. „Muss ich es wiederholen?“ fragte sie, und ihr Blick, der fast etwas Weiches bekam, wenn er sich ihm zuwandte, traf seine durstigen Augen. Es wollte ihm heut schwer werden, ein ruhiges Gespräch zu führen. Die Sehnsucht, Margarete endlich all sein Em pfinden zu gestehen, drohte die Ufer seines Herzens zu über fluten. In gepresster Stimmung erhob er sich bald, um zu gehen. Wie immer verabschiedete er sich mit ritterlicher Höflichkeit von der alten Dame, mit einem kräftigen Hände druck von Erwin. Margarete begleitete ihn bis vor die Haustür. Dort blieb er noch einen Moment stehen; ihm war, als müsste er noch ein freundliches hoffnungerweckendes Wort von ihr hören. Aber er selbst brachte nichts mehr über die Lippen und auch das Mädchen schwieg. Da fasste er ihre ihm zum Abschied gebotene Hand und wie schon einmal zog er sie in übermächtigem Gefühl an die Lippen. Sie entzog sie ihm schnell; fast heftig kamen die Worte aus ihrem Mund: „Das sollen Sie nicht, ich will es nicht I“ und beflügelten Schrittes eilte sie ins Haus zurück. Kenzius wandte sich langsam zum Gehen. Auf dem breiten Hauptweg ging ein breitschultriger Mann stolz an ihm
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