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Der Handelsgärtner
- Bandzählung
- 6.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf5
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1824034628-190400003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1824034628-19040000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1824034628-19040000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Der Handelsgärtner
-
Band
Band 6.1904
-
- Ausgabe No. 1, 2. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 2, 9. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 3, 16. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 4, 23. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 5, 30. Januar 1904 1
- Ausgabe No. 6, 6. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 7, 13. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 8, 20. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 9, 27. Februar 1904 1
- Ausgabe No. 10, 5. März 1904 1
- Ausgabe No. 11, 12. März 1904 1
- Ausgabe No. 12, 19. März 1904 1
- Ausgabe No. 13, 26. März 1904 1
- Ausgabe No. 14, 2. April 1904 1
- Ausgabe No. 15, 9. April 1904 1
- Ausgabe No. 16, 16. April 1904 1
- Ausgabe No. 17, 23. April 1904 1
- Ausgabe No. 18, 30. April 1904 1
- Ausgabe No. 19, 7. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 20, 14. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 21, 21. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 22, 28. Mai 1904 1
- Ausgabe No. 23, 4. Juni 1904 1
- Ausgabe No. 24, 11. Juni 1904 1
- Ausgabe No. 25, 18. Juni 1904 1
- Ausgabe No. 26, 25. Juni 1904 1
- Ausgabe No, 27, 2. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 28, 9. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 29, 16. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 30, 23. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 31, 30. Juli 1904 1
- Ausgabe No. 32, 6. August 1904 1
- Ausgabe No. 33, 13. August 1904 1
- Ausgabe No. 34, 20. August 1904 1
- Ausgabe No. 35, 27. August 1904 1
- Ausgabe No. 36, 3. September 1904 1
- Ausgabe No. 37, 10. September 1904 1
- Ausgabe No. 38, 17. September 1904 1
- Ausgabe No. 39, 24. September 1904 1
- Ausgabe No. 40, 1. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 41, 8. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 42, 15. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 43, 22. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 44, 29. Oktober 1904 1
- Ausgabe No. 45, 5. November 1904 1
- Ausgabe No. 46, 12. November 1904 1
- Ausgabe No. 47, 19. November 1904 1
- Ausgabe No. 48, 26. November 1904 1
- Ausgabe No. 49, 3. Dezember 1904 1
- Ausgabe No. 50, 10. Dezember 1904 1
- Ausgabe No. 51, 17. Dezember 1904 1
- Ausgabe No. 52, 24. Dezember 1904 1
- Register Register 4
-
Band
Band 6.1904
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- Der Handelsgärtner
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1902 und 188000 dz 1900. In zweiter Linie richtet sich unser Export nach der Schweiz, und hierbei ist zunächst das Rheinland und Baden, sowie der Elsass, mit Frühgemüse beteiligt. Die Ausfuhr dahin weist ständig eine Stei gerung auf, so dass unser Export innerhalb 2 Jahren um 50% zugenommen hat. An dritter Stelle steht England, wohin wir bekanntlich äusser Zwiebeln, Wurzel- und Knollengemüse (Meerrettich, Sellerie) verschicken. Auch hierbei ist eine ständige Steigerung zu verzeichnen, und es dürfte sich der Export dahin noch ganz bedeutend ausdehnen lassen. Die drei genannten Länder schliessen 5/6 unserer gesamten Ein fuhr nach dem Ausland in sich, und kommen jedenfalls auch in Zukunft für den deutschen Gemüseexport in Betracht. Zu erwähnen ist hierbei noch, dass unsere Ausfuhr nach Russ land ganz bedeutend zurückgegangen ist, da man jedenfalls infolge der schnellen und besseren Verbindung direkt von Frankreich und Süd holland aus versorgt wird; ganz abgesehen da von, dass die russische Frühgemüsetreiberei auf einer bedeutenden Höhe steht; es handelt sich somit dort um die Einfuhr im Herbst und Winter. Wenn man die gesamten Bewegungen unseres auswärtigen Gartenbauhandels zusam menfasst, so kann wohl konstatiert werden, dass eine gewisse Stabilität vorhanden ist. Das bedeutet wohl, zieht man die allgemeine wirtschaftliche Weltlage in Betracht, keinenfalls einen Rückschritt. Diese Zahlen mahnen uns aber auch auf der andern Seite unsere eigene Produktion immer mehr auszudehnen, und den von Jahr zu Jahr steigenden Bedarf vor allen Dingen in Obst und Gemüse, selbst zu decken. Unsere landwirtschaftliche Gärtnerei muss sich noch höher entwickeln, denn wir besitzen auch in Deutschland Landesteile, die eine rationelle Ausdehnung des Obst- und Gemüsebaues er möglichen, so dass die grossen Summen, welche jährlich für diese Erzeugnisse nach dem Aus land gehen, im eigenen Lande bleiben können. Dahin zu streben, bleibt für die nächsten Jahre eine unserer wichtigsten Aufgaben. Welche Abzüge kann der Handelsgärtner bei der Steuer einschätzung machen? I. Aus unserem Leserkreise wurde dieser Tage eine Anfrage an uns wegen der Abzugsberech tigung bei Steuereinschätzungen gerichtet und daran die Meinung geknüpft, dass es vielen Gärtnern erwünscht sein werde, wenn wir im „Handelsgärtner“ einmal kurz die Frage be handelten , was ein Handelsgärtner bei der Selbsteinschätzung zur Steuer in Abzug bringen könne. Wir kommen diesem Wunsche gern nach, bemerken aber zugleich, dass die Steuer verhältnisse landesgesetzlich gereglt sind und daher die Vorschriften vielfach voneinander ab weichen. Halten wir uns zunächst an die Be stimmungen, welche im Königreich Preussen und im Königreich Sachsen gelten. Aehn- lich, wie in Preussen, ist die Frage auch in den thüringischen Staaten, den Fürsten tümern Lippe und Anhalt, geregelt. In Preussen dürfen in Abzug gebracht werden: 1. Die zur Erwerbung, Sicherung und Er ¬ haltung des Einkommens verwendeten Aus gaben, Schuldzinsen und Renten, sowie die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden, dauern den Lasten. Hierher gehören auch Unter stützungen von Angehörigen, zu denen der Steuerpflichtige gesetzlich oder vertragsmässig verpflichtet ist. Ist der Gärtner Eigentümer des Grundstücks, so gehören hierher die Hypo thekenzinsen, Grundsteuer, Brandkassengefälle, Gas- und Wasserzins, Wassermessermiete usw. Aber es kommt auch in Abzug die Aus gabe für Hausanstrich, Abputz, Dachdecker arbeiten usw., da dies Ausgaben sind, welche zur Erhaltung des Hausgrundstücks notwendig sind. Dasselbe gilt von den Reparaturen und Renovationen an Gewächshäusern, Frühbeeten, Heizungsanlagen, Düngergruben usw. Nicht abgezogen dürfen dagegen werden Verwendungen zur Verbesserung und Ver mehrung des Vermögens, zur Geschäftserweite rung, Kapitalanleihen oder Kapitalabtragungen, welche nicht lediglich als durch eine gute Wirtschaft gebotene und aus den Betriebsein nahmen zu deckende Ausgaben anzusehen sind. Es darf also nicht in Abzug gebracht werden, was zum Bau eines neuen Gewächshauses, zur Anschaffung neuer Frühbeetfenster usw. nötirg ist, wohl was für Anschaffung gärtnerischer Gerätschaften verbraucht wurde. 2. Die regelmässigen jährlichen Abschrei bungen für Abnutzung von Wohnhaus, Ge wächshäusern und sonstigen Betriebsgebäuden, Maschinen, Betriebsgerätschaften usw., soweit solche nicht bereits unter den Betriebsausgaben verrechnet sind. Wieviel im einzelnen Falle an Abschreibung gerechtfertigt ist, lässt sich im voraus nicht sagen. Die Abschreibungen am Grundstück betragen meist 5%. für Pferd und Wagen etwa 10%> für Frühbeetfenster etwa 20% usw. Sie sind in jedem Falle ver schieden, je nachdem der Gegenstand in einem Jahre mehr oder weniger abgenutzt ist. 3. Versicherungsprämien. Hat sich der Gärtner gegen Feuer-, Hagel-, Glas-, Unfall- Schaden usw. versichert, so darf er die jähr lichen Prämien in Abzug bringen, soweit die selben 600 Mk. pro Jahr nicht übersteigen. Das gilt auch von den Prämien, die er etwa zu zahlen hat, wenn er in einer Lebensver sicherung, Kranken-, Witwen- und Waisen oder Pensionskasse ist. Versicherungsprämien für die Frau und die Kinder sind dagegen nicht abzugsfähig. 4. Geschäftsunkosten und solche indirekte Abgaben, welche zu den Geschäftsunkosten zu rechnen sind. Was gehört zu den Geschäfts unkosten ? a) Die Miete für einen Blumenladen mit Binderäumen (nicht aber eine etwa vermietete Privatwohnung). Benutzt jedoch der Gärtner auch Räumlichkeiten seiner Privatwohnung zu geschäftlichen Zwecken als Arbeitsstube für Binderinnen, als Wohnung für das Personal, oder zu Logisräumen, so kann er den an teiligen Mietzins für diese Räumlichkeiten in Abzug stellen. Abzuziehen ist der gezahlte Pacht, wenn der Gärtner die Gärtnerei nur gepachtet hat. b) Das Gehalt für das kaufmännische Per sonal, für Obergärtner, Gärtnergehilfen, Garten arbeiter , Markthelfer, Binderinnen, Laufbur schen usw. Nicht hierher gehört der Lohn für ein Dienstmädchen, das im Familienhaus halt beschäftigt wird, da nichts abgezogen wer den darf, was für den eigenen Haushalt ge ¬ braucht wird. Daran ändert es nichts, wenn das Dienstmädchen hin und wieder auch vorüber gehend im geschäftlichen Betriebe einmal mit tätig ist. Auch die dem Gehilfen oder Lehr linge gewährte Naturalverpflegung kann in ihrem Werte abgezogen werden. c) Die gesetz- oder vertragsmässig zu ent richtenden Beiträge zur Kranken-, Unfall-, In validitätsversicherung für die Angestellten. d) Schliesslich durch die geschäftlichen Aus gaben an Porto, Papier, Heizung, Licht usw. in den Betriebsräumen. Damit ist die Reihe der Abzüge erschöpft. Nicht ganz so günstig, wie in Preussen, sind die Gärtner in Sachsen gestellt. In Sachsen sind abzugsfähig alle Ausgaben, die zur Er langung, Sicherung und Erhaltung des Ein kommens gemacht werden, insbesondere die Schuldzinsen. Desgleichen alle indirekten Ab gaben, welche zu den Geschäftsunkosten zu rechnen sind, und ebenfalls die Geschäftsun kosten selbst. Hier gilt das bereits oben unter 1 und 4 Gesagte. Dagegen darf in Sachsen nicht abgezogen werden, was der Steuerpflichtige etwa an Unterhalt an seine Angehörigen freiwillig ge währt, z. B. ein Nadelgeld an die Tochter, freie Wohnung an die Eltern usw. Wohl aber sind auch in Sachsen abzugsfähig Unterstützungen, welche auf Grund rechtlicher Verpflichtungen zu zahlen sind. Dahin gehören Renten an unterstützungsbedürftige Eltern, Kinder, En kel usw. Nicht abgezogen werden dürfen ferner in Sachsen auch die Prämien für Lebens-, Un fallversicherung, sowie Beiträge zu einer Pen- sions-, Sterbe- und Krankenkasse. Hinsicht lich der Beiträge zu einer Feuer-, Glas-, Hagel versicherung usw. gilt dasselbe wie in Preussen. Desgleichen hinsichtlich der Beiträge, welche anteilig für die Angestellten kraft gesetzlicher Vorschrift zu leisten sind. Auch sollen Aus gaben, welche zu Bodenmeliorationen erfolgen, nicht als abzugsfähig gelten. Im grossen ganzen ist die Frage der Abzugsfähigkeit, wie man sieht, ziemlich gleichartig geregelt. Der Gärtner muss nun bei der Selbstein schätzung klar und deutlich diese Abzüge auf dem Formular angeben, so dass die Steuer behörde sieht, welche Abzüge und in welcher Höhe sie vom Deklaranten gemacht wurden. In unserem nächsten Artikel werden wir der süddeutschen Staaten zu gedenken haben. Rundschau. Handel und Verkehr. — Die Ernte Ostgaliziens von 1903 ist nach dem Bericht des Kaiserl. Konsulats in Lemberg nicht günstig. Es wurde geerntet auf 14373 ha 904832 dz Kraut, auf 45864 ha 515 507 dz Erbsen, auf 16891 ha 235235 hl Pferdebohnen, auf 7221 ha 79887 hl andere Bohnen, auf 15 270 ha 171 552 hl Wicken, auf 3 782 ha 52 237 dz Raps, auf 63 ha 990 dz Zuckerrübensamen, auf 7 116 ha 9 703 dz Klee samen, auf 150 ha 604 dz Mohn, auf 2838 ha 121318 dz Luzerne, auf 627 ha 22 260 dz Esparsette, auf 2 770 ha 42912 dz Timothee- grassamen und auf 10580 ha 1941480 dz Mohrrüben. Die Ursachen des minder günstigen Ergebnisses wird auf das starke Auftreten der Mäuseplage, der Kälte und Trockenheit, sowie der Regenperiode, die zur Zeit der Ernte be gann und Hagelschläge im Gefolge hatte, zurückgeführt. — Gartenbauhandel Griechenlands. Es liegt jetzt eine genaue Darstellung des Gartenbauhandels in Griechenland für das Jahr 1901 vor. Danach wurden nach Griechenland eingeführt: Frisches Gemüse 182 576 Oka (18257 Drachmen), aus Deutschland 8986 Oka (898 Drachmen;) frische Früchte 121753 Oka (48701 Dr.), aus Deutschland kamen Früchte nicht; zubereitete Früchte 93202 Oka (107 767 Dr.). Auch getrocknete Früchte führte Deutsch land nicht dahin aus; Gemüsekonserven 4517 Oka (27 102 Dr.), aus Deutschland 349 Oka (2 154 Dr.). Die Ausfuhr Griechenlands betrug (wir sehen von Korinthen, anderen Rosinen, Feigen, Apfelsinen u. s. w. ab) in frischen Tafelfrüchten 53 714 Oka (10743 Dr.), in getrockneten 73 177 Oka (29 271 Dr.). Nach Deutschland kamen nur 2 260 Oka (904 Dr.) getrocknete Tafel früchte; Küchengewächse führte Griechenland 238941 Oka (59 735 Dr.) aus, wovon Deutsch land ebenfalls nicht beteiligt war. — Handel mit Cuba. Die Einfuhr nach Cuba an Bäumen und Pflanzen betrug 1902 an 266 551 kg im Werte von 25 055 Peso. Aus Deutschland kamen 2001 kg (111 Peso). Am Fruchthandel war Deutschland nicht beteiligt, wohl aber am Gemüsehandel, wo von 1 467 626 Gallonen (903 652 Peso) 459 Gallonen (290 Peso) auf die deutsche Einfuhr fallen. Im Frucht- und Gemüsekonservenhandel machte Deutsch land Fortschritte. Von 2 826814 kg (209 546 Peso) Gemüsekonserven lieferte es 4095 kg(l 352 Peso). Von in Essig oder Brühe eingesetzten Gemüsen von 807 278 kg (118 759 Peso) 2117 kg (1107 Peso). Fruchtkonserven führte Cuba 1 714425 kg (79555 Peso) ein, wovon auf Deutschland 105 kg (16 Peso) entfielen. Es handelt sich bei dem deutschen Export hier erst um Versuche. Aber wir glauben, dass unsere Erzeugnisse sich mehr und mehr die Gunst der Cubaner erringen werden. Cubas Ausfuhr an Gemüsen belief sich auf 1995444 kg (64597 Peso), an Früchten (äusser Bananen, Pomeranzen und Citronen) 317 113 kg (9 281 Peso), an Ananas auf 16196961 kg (451260 Peso). Nach Deutschland kam nur Ananas und zwar 1424 kg (132 Peso). Rechtspflege. — Unzulässiger Nebenverdienst eines Angestellten. Ueber den Nebenerwerb An gestellter entschied das Gewerbegericht Han nover in einer Streitsache. Ein Gehilfe hatte in den dienstfreien Stunden für eigne Rechnung Arbeiten ausgeführt und dabei auch den Kunden seines Prinzipals seine Tätigkeit gewidmet. Das wurde für unzulässig und die sofortige Entlassung nach § 124 a der Gew.-Ordn. für gerechtfertigt erklärt. In der Begründung heisst es: Einen gelegentlichen Nebenerwerb sich zu verschaffen, soll dem Angestellten nicht ver wehrt sein, wenn er einen solchen zu erzielen vermag, ohne mit seinen Dienstpflichten in Widerstreit zu geraten. Würde also der Gehilfe hin und wieder einmal, wenn sich ihm Gelegen heit dazu bot, solche Arbeiten vorgenommen haben, so liesse sich hiergegen nach Lage der Sache nichts einwenden. Allein tatsächlich ist er doch viel weitergegangen. Er hat sich zur Erlangung von Aufträgen sogar an die Kund schaft seines Dienstherrn gewandt, indem er diese gelegentlich auf seine S ondertätigkeit auf merksam machte. Da musste der Prinzipal fürchten, dass der Gehilfe ihm seine Kundschaft abwendig machen werde und die Entlassung IX. Zwischen dem Doktor und dem Hause Winternitz ent wickelte sich bald ein zwangloser Verkehr. Manchmal kam Erwin zu seinem neuen Lehrer in dessen Wohnung, oder der Doktor kam in die Gärtnerei. Erwin lebte auf. Seine geistigen Fähigkeiten erschlossen sich der anschaulichen Lehrweise des Doktors, wie Blumen beim Sonnenschein. Ohne Angst besuchte er jetzt die Schule, denn seine Rechenaufgaben, seine Grammatikregeln waren ihm keine un verständlichen Hieroglyphen mehr. Er sagte nicht mehr mühsam auswendig Gelerntes her, sondern klar Begriffenes, das ihm nun für immer im Gedächtnis bleiben würde, weil er es verstanden hatte und es ihm infolgedessen einfach und natürlich erschien. Der Doktor zog sich mit seinem Schüler zu den gemein samen Studien in das grosse Wohnzimmer zurück, das gegen Nordwesten liegend in diesen schwülen Sommertagen an genehme Kühle gewährte. Hier und da war Fritz mit dabei. Der aber wurde bald zerstreut und blieb immer öfter weg. Kenzius beschäftigte sich mit Erwin nie länger als höch stens zwei Stunden. Ehe er dann fort ging, trat er noch zu den beiden Frauen in die Laube, trank eine Tasse Kaffee mit ihnen, oder erfrischte sich an dem prachtvollen Frühobst, das im Winternitzschen Garten gereift war. Margarete fühlte sich nach einiger Zeit dem fremden Gast gegenüber weniger befangen. Oft vertiefte sie sich selbst mit ihm in anregende Gespräche. Eine neue Welt ging ihr auf, der enge Kreis, in dem sie bis jetzt glücklich gewesen, erweiterte sich; wie Nebel, die eine Landschaft ver hüllt haben, so wichen nach und nach die Schatten der Un kenntnis von ihrer Seele. Mit einemmal erkannte sie, dass ihr kleines blühendes Eden nur ein einziger Fleck von einer grossen, unendlichen, an Schönheit und Glanz reichen Welt war. Die Worte „Italien“, „Aegypten“, „Indien“, waren ihr früher nur Worte gewesen. Jetzt begannen sich ihr bei ihrem Klang bunte, zaubervolle Bilder zu erschliessen. Sie sah die Siebenhügelstadt, vom azurblauen Himmel überstrahlt mit ihrem Volk von Schönheitsfanatikern und Künstlern, sie hörte in Gedanken versunken das Meer rauschen und seine ' Wellen rastlos der Unendlichkeit entgegenrollen, himmelhohe Berge erhoben sich vor ihren Augen, auf deren Schneegefilde die Sonne purpurnen Schein warf. Sie wanderte im Geist durch die Strassen von Paris, durch das Gewühl schöner, geputzter Menschen, an glänzenden Schaufenstern vorbei, an Palästen und Kasernen der Armut; Gelächter und Flüche schlugen an ihr Ohr; Augen in Freude glänzend, Augen im Tränenflor sahen sie an. — Oder sie erblickte vor sich endlos die Wüste, eine kleine Schar weisser Gestalten auf Kameelsrücken sie durchkreuzend und am Horizont in mär chenhafter Schönheit mit schlanken Türmen, schattenver- heissenden Palmen, silbersprudelnden Wassern die „Fata Morgana“. Alles, was der Doktor ihr im Laufe des Gesprächs an Bildern entrollte, erschien ihr selbst wie eine „Fata Morgana“ und wie aus einem Traum erwachend kehrte sie dann tief aufatmend zurück in die Wirklichkeit. Was früher nie geschehen, geschah jetzt oft. Bei der Arbeit schweiften ihre Gedanken ab in unbestimmte vage Fernen. In ihrem Herzen, das sie so gefeit geglaubt gegen alle weichen Regungen, erhob die Sehnsucht langsam ihre Flügel. Und Margaretens sonst so klare Augen bekamen einen neuen, träumerischen Glanz. Manchmal, wenn es ihr so recht zum Bewusstsein kam, dass die ruhige Sicherheit ihres Wesens erschüttert war, so wollte sie fast etwas wie Groll gegen den Doktor erfüllen. Wäre er nie gekommen, so sagte sie sich, so lebte sie noch in Frieden und Stille wie vorher und besässe ihre Ruhe und Sicherheit, die jetzt so oft einer unbestimmten Unruhe Platz machen wollte. Freilich nach aussen merkte niemand an Margarete eine Veränderung. Nach wie vor erfüllte sie ihre Pflicht, war überall, wo ihre Augen nötig waren, vergass selten eine An ordnung, die sie zu geben sich vorgenommen, wusste im ganzen Bereiche des Geschäfts von allem, wie es stand und was geschehen musste und ihre Stimme klang so klar und sicher wie sonst. Nur Dietrich sah ihr manchmal so selbstvergessen for schend, oft traurig, ins Gesicht und dann überschlich sie ein Unbehagen, als könnte der junge Mann merken, dass Marga rete nicht mehr so rückhaltlos in ihrem Berufskreis aufging. Und doch, was war denn eigentlich geschehn? Sollte sie, die charakterfeste Tochter ihres energischen Vaters, sollte sie ihre Sicherheit verlieren, weil ein Fremder, der die Welt gesehen, gekommen war, ihr von dieser Welt zu erzählen? Aber er sprach nicht davon, er hatte nicht die schöne Rednergabe des Doktors. Margarete suchte sich strenge Vorwürfe zu machen, dass sie sich bestricken lassen wollte durch den Zauber des Un bekannten, das Veranschaulichungstalent eines Fremden. Aber musste sie diesem nicht schiesslich dankbar sein, dass er Erwins schlummernde Fähigkeiten zu wecken sich bemühte, dass er im Begriff war, aus dem Jungen, der bis jetzt apatisch und freudlos hingelebt, einen frischen, natürlichen Menschen zu machen? Denn je mehr Erwins Geist sich bildete, desto mehr verlor er seine Schüchternheit und wenn er auch immer nicht an Knabenvergnügungen Gefallen finden konnte, so begann er sich doch als Mensch zu fühlen, dessen Eigenart Daseinsberechtigung hat. Kenzius aber arbeitete nur selten an seinem philo logischen Werk, das er angefangen hatte. Auch in sein Leben war etwas Neues, Unerklärliches gekommen. Mit dem Scharfsinn, der spöttischen Ueberlegenheit des skeptischen Weltmanns suchte er seine Gefühle für die schöne angebetete Margarete zu analysieren. Er wusste es wohl, dass Marga rete an wissenschaftlicher Bildung hinter vielen Damen seiner Bekanntschaft zurückstand. Aber welch’ ein Weib müsste sie werden, wenn einer es verstände, sie loszureissen von der Scholle, die alle ihre Fähigkeiten in sich festhielt — sie hineinzupflanzen in die freie Welt, zu ungehinderter Entwick lung! Welch’ ein Weib! Manchmal, wenn Kenzius auf dem Ruhebett lag, das er mit seinen türkischen Decken bedeckt hatte, und aus der feinduftenden Zigarre blaue Rauchringel in die Luft sandte, stellte er sich vor, wie er an der Seite dieses erwachenden Weibes die Welt durchstreifen, ihr all die Stätten zeigen würde, deren Beschreibung schon in ihren herrlichen Augen so viel begeistertes Feuer entfacht hatte. Er stellte sie sich vor, befreit von den Vorurteilen der Kleinstadt, von ihrem heiligen Pflicht- und Arbeitseifer — schönheitdürstend — schönheitgeniessend! Und er stellte sie sich auch vor in weichen, seidenen Gewändern, die ihrer klassischen Schön-
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