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No. 42. Sonnabend, den 15. Oktober 1904. VI. Jahrgang. DerJ-fande/sgär/ner. "Hermann" Gundels-Zeitung für den deutsehen Gartenbau, -mzaa.. Leipzig, Sudstrasse 33. Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig-Gohlis. Leipzig-Gohlis. Organ des „Gartenbau=Verbandes für das Königreich Sachsen E. G.“ „Der Handelsgärtner“ kann direkt durch die Post unter No. 3222« der Postzeitungsliste bezogen werden. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr: für Deutschland und Oesterreich-Ungarn Mark 5.—; für das übrige Ausland Mark 8.—. Das Blatt erscheint wöchentlich einmal Sonnabends. — Inserate kosten im „Handelsgärtner* 1 30 Pfg. für die fünfgespaltene Petitzeile. Wer trägt im Blumen- und Pflänzenhandel bei Sendungen aus dem Auslande die Gefahr des Transportes? So rege auch unser Pflanzen- und Blumen handel mit dem Auslände ist, er würde sicher lich noch eine grössere Stabilität annehmen und gewinnen, wenn die Verhältnisse nicht so lägen, dass der deutsche Käufer immer gewissen Gefahren ausgesetzt ist. Welche Ge fahren für ihn beim Bezug aus Frankreich. Italien usw. vorliegen, und wie diesen Ge fahren entgangen werden kann, wollen wir in Nachstehendem einmal untersuchen. Die Frage ist durch ein Gutachten der Handelskammer zu Leipzig wieder in den Vordergrund des In teresses gerückt worden. Eine französische Blumenausfuhr-Firma hatte einen Blumenhänd'er in Leipzig auf Bezahlung des Kaufpreises für gelieferte Blumen verklagt, die aber auf dem Transport gelitten hatten und unverkäuflich geworden waren, weshalb der Empfänger die Bezahlung verweigert hatte. Die französische Firma erhob nunmehr Klage. Der Beklagte schützte vor, dass es Handels brauch sei, dass bei der Einfuhr lebender Blumen aus Frarkreich nach Deutschland wäh rend des Transportes der Verkäufer, der Lieferant im Auslände, die Gefahr der Be förderung zu tragen habe. Er habe dafür ein zustehen, dass die Blumen in Deutschland In gutem und brauchbarem Zustande ankämen. Die Handelskammer in Leipzig hat die Frage nach dem Bestehen eines solchen Handels- brauches verneint. In den „Mitteilungen der Handelskammer“ vom August dieses Jahres heisst es, dass ein solcher Handelsbrauch den Bestimmungen in § 447 des deutschen Bürgerl. Gesetzb. und ebenso denen in Art. 100 des französischen Code commercial. in Verbindung mit Art. 1583 und 1585 des Code civil wider sprechen würde. Es könne daher von einem solchen gar nicht die Rede sein, auch pflegten die ausländischen Versender auf ihren Rech nungen ausdrücklich die Bemerkung zu haben, dass sämtliche Blumen und Pflanzen auf Ge fahr des Bestellers reisten. Dem Versender liege hiernach nur die Sorge für eine sach gemässe Verpackung ob. Was hier von Bezügen aus Frankreich ge sagt ist, gilt von Bezügen aus dem Ausland überhaupt und die Frage der Gefahr des Trans portes ist deshalb eine ausserordentlich wichtige. Mag es sich um den Bezug von Schnittgrün oder Schnitiblumen aus Oesterreich, Frankreich oder Italien, um Lorbeerbäume. Koniferen usw. aus Belgien, um Blumenzwiebeln und Baum schulartikel aus Holland, um Blumenkohl-Säme reien aus Dänemark usw. handeln, immer wird die Frage der Gefahr des Transportes mass gebend sein, wenn die bestellten Erzeugnisse in einem mangelhaften Zustande am Orte ihrer Bestimmung ar,kommen. Der ausschlaggebende § 447 des Bürgerl. Gesetzb. für Deutschland besagt folgendes: „Versendet der Verkäufer auf Verlangen „des Käufers die verkaufte Sache nach „einem anderen Orte als dem Erfül- „lungsorte, so geht die Gefahr auf den „Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache „dem Spediteur, dem Frachtführer oder der „sonst zur Ausführung der Versendung be- „stimmten Person oder Anstalt ausgeliefert „hat. „Hat der Käufer eine besondere Anwei- „sung über die Art der Versendung erteilt „und weicht der Verkäufer ohne dringenden „Grund von der Anweisung ab, so ist der „Verkäufer dem Käufer für den daraus ent „stehenden Schaden verantwortlich.“ Man sieht schon daraus, dass für die ganze Frage, wer die Gefahr der Beförderung zu tragen hat, wieder die Frage nach dem Er füllungsort massgebend ist. Wo erfüllt der französische Blumenhändler, der einem deutschen Gärtner Blumen sendet? Wo erfüllt der bel gische Baumschulenbesitzer, der auf Bestellung einem Gärtner in Deutschland Obst- oder Rosen wildlinge zuschickt? Die rechtlichen Vorschrif ten darüber decken sich im Ausland vollständig mit den unsrigen. Für Deutschland aber be stimmt § 269 des Bürgerl. Gesetzb. folgendes: „Ist ein Ort für die Leistung weder be- „stimmt, noch aus den Umständen, insbe- „sondere aus der Natur des Schuldverhält- „nisses zu entnehmen, so hat die Leistung „an dem Orte zu erfolgen, an welchem der „Schuldner zur Zeit der Entstehung des „Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. „Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebe- „triebe des Schuldners entstanden, so tritt, „wenn der Schuldner seine gewerbliche „Niederlassung an einem anderen Orte „hatte, der Ort der Niederlassung an die „Stelle des Wohnsitzes. „Aus dem Umstand allein, dass der „Schuldner die Kosten der Versendung über- „nommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass „der Ort, nach welchem die Versendung zu „erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.“ Wir sehen, dass also zwei Arten des Er füllungsortes in Frage kommen. Der gesetz liche Erfüllungsort und der vertragsmässige. Der letztere ist für den Gärtner, der aus dem Auslande bezieht, ganz besonders wichtig. Der gesetzliche Erfüllungsort ist der Wohnort oder Niederlassungsort des Lieferanten. Ist bei dem Handel über die be treffenden Pflanzen oder Blumen gar nichts verabredet worden, so erfüllt der Lieferant, wenn er die Ware in Brüssel, Gent, Haarlem, Nizza usw. dem Spediteur oder der Eisenbahn zur Beförderung übergibt. Mit dieser Ueber- gabe sind seine Verpflichtungen erledigt. Da ran ändert es nichts, dass er dem deutschen Abnehmer zugestanden hat, dass er die Kosten bis Berlin oder Dresden oder Stuttgart tragen wul, denn das soll nach dem Gesetz nicht massgebend für den Erfüllungsort sein. Der gesetzliche Erfüllungsort für den deutschen Handelsgärtner in bezug auf die Verpflichtungen aus dem Vertrage, also in erster Linie für die zu leistende Zahlung ist aber ebenfalls der seiner Handelsniederlassung. Der Gärtner zahlt also den französischen Lieferanten in Berlin, Dresden, Leipzig usw. und wenn er auf Zah lung verklagt werden soll, oder auf Abnahme der Ware usw., so muss der französische oder italienische Exporteur ihn in Deutschland am Platze der Gärtnerei verklagen. Daran ändert es nichts, dass der Gärtner den Kaufpreis portofrei dem Verkäufer zu übersenden hat. Wenn aber der französische Lieferant am Sitze seines Geschäftes erfüllt, wenn er mit der Auf gabe der Pflanzen an den Spediteur oder die Eisenbahn seinen Obliegenheiten nachgekommen ist, so ist es natürlich, dass von diesem Mo ment an auch die Gefahr der weiteren Beför derung, wie es das Gesetz ausdrücklich aus spricht, auf den Handelsgärtner, der die Ware bezieht, übergeht. Verderben die Schnittblumen unterwegs wegen übergrosser Hitze, leiden die Sämereien durch Nässe, die Baumschulartikel durch Frost usw., so haftet der auswärtige Lieferant nicht mehr für diesen Schaden, viel mehr trifft er den Empfänger, den Gärtner in Deutschland. Diese gesetzliche Bestimmung kann, wie die Handelskammer in Leipzig sehr richtig hervorgehoben hat, nicht durch Handels brauch aufgehoben werden. Der Brauch kann sich nicht über das Gesetz stellen l Nur in einem Falle würde der Handelsgärtner den Schaden, der etwa auf dem Transport entstände, nicht zu tragen haben, nämlich dann, wenn der ausländische Lieferant etwa nicht mit der nötigen Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu Werke gegangen wäre, d. h. die Pflanzen nicht sorg lich verpackte, nicht die kürzeste Route gehen liess usw. Dann träfe den Verkäufer selbst ein Verschulden und damit auch die Haftpflicht. Der Gärtner brauchte für die verdorbene, man gelhafte Ware Zahlung nicht zu leisten. Dieser rechtliche Zustand ist nun für den deutschen Gärtner, der aus dem Ausland bezieht, nicht eben günstig, denn der auswärtige Lieferant wird stets behaupten, dass er ordnungsgemäss geliefert, die Pflanzen gut verpackt und mängel frei zur Bahn abgefertigt hat. Der Schaden muss auf dem Transport eingetreten sein und da die Gefahr des Transportes den deutschen Gärtner trifft, so mag er mit den Pflanzen und Blumen machen, was er will, vor allem hat er Zahlung zu leisten. Will er dagegen etwa später die Firma auf Schadenersatz belangen, so hat er das in Frankreich, England, Däne mark usw. zu tun, und was bei solchen Pro zessen im Ausland herauskommt, weiss jeder mann. Man muss sich deshalb zu helfen wissen, Und das einzige Mittel ist, einen Erfüllungs ort vereinbaren. Die Handelskammer Leip zig hat schon in ihrem Gutachten darauf hin gewiesen, dass die ausländischen Versender von diesem Mittel Gebrauch machen. Der Gärtner in Deutschland muss dasselbe tun. Wenn er von einem ausländischen Lieferanten kauft, so muss er bei der Bestellung gleich als Bedin gung setzen, dass er nicht ab dort, sondern ab hier bestellt. Er schreibt dem ausländischen Züchter: „Liefern Sie mir ab hier 100 Stück Rhododendron - Hybriden zum Preise von 2 50 Mk. das Stück“, oder „liefern Sie mir — Erfüllungsort Leipzig — 125 Stück Cocos Weddelliana“ usw. Dann ist zum Ausdruck ge kommen, dass die Handelsniederlassung des Die internationale Obstausstellung in Düsseldorf. I. Eine Obstausstellung von ausserordentlichem Umfang und einer ungeheuren Menge in Bezug auf das Gebotene wurde am 8. Okt. in Düssel dorf eröffnet. Bei den so überaus zahlreichen Einsendungen spielte die Platzfrage eine grosse Rolle und dieselbe mag der Leitung dieser Sonderausstellung manches Kopfzerbrechen ver ursacht haben. In allen zur Verfügung stehen den Hallen mussten die Erzeugnisse von über 600 Einzelausstellern untergebracht werden, wo bei der verdienstvolle Leiter dieser Ausstellung die Genugtuung hatte, dass trotz aller geg nerischen Angriffe dennoch speziell aus allen Gegenden Deutschlands eine nur um so grössere Beteiligung erfolgt ist. Auch das Ausland, im besonderen Frankreich und Oesterreich, war durch grosse Kollektivausstellungen vertreten, die dem Besucher deutlich zeigten, auf welcher hohen Stufe der dortige Obstbau steht. Wir wollen daher am Schluss unseres Berichtes noch insbesondere die Frage erörtern, welche Lehren und welchen Nutzen der deutsche Obstzüchter von der Beteiligung des Auslandes ziehen soll. Durch die rastlose Tätigkeit und weitgehenden Vorbereitungen des Leiters dieser Sonderaus stellung, Freiherrn A. von Solemacher konnte die Ausstellung eine Ausdehnung annehmen, dass sie wohl zu den grössten Veranstaltungen diese,, Art gezählt werden darf und vor allem auch zur Hebung unseres deutschen Obstbaues ganz wesentlich beitragen muss. Wer am Freitag Nacht diesen ungeheuren Eingang von Kisten und Körben in buntem Durcheinander sah, die Vorbereitungen kannte und am Sams tag Nachmittag die fertige Ausstellung besuchte, der muss auch besonderes Lob dem Obstbauin ¬ spektor Schulz zollen,welcher mit bewunderungs werter Ruhe und Ausdauer alle die hundertfachen Anordnungen traf und auf Tausende von Fragen mit einer sich immer gleichbleibenden Klarheit Antwort gab. Auch der Himmel hatte ein Ein sehen’und spendete für den Sonntag herrliches Herbstwetter, welches nach der gelungenen Arbeit die Feststimmung noch erhöhte. Wie schon oben erwähnt, spielte die Unterbringung eine grosse Rolle, so dass verschiedene Ab teilungen ganz voneinander entfernt ausgestellt werden mussten, wodurch ein wirkungsvolles Gesamtbild nicht geschaffen werden konnte. In der grossen Hauptblumenhalle hatten Frankreich, die Schweiz, Holland, Hessen etc. ihre Erzeugnisse ausgestellt, während in der Hörder-Halle die österreichische Kollektivaus stellung Platz fand. Die Halle D hatte die preussische Landwirtschaftskammer ebenso die Geisenheimer Lehranstalt für ihre Sortimente belegt; die Halle F war für die belehrenden Sammlungen, die Vorführung von Einzelsorten, Handelsobst etc. reserviert. Bevor wir in unserem nachfolgenden Be richte näher auf die einzelnen Einsendungen eingehen, möchten wir zunächst noch der Frage näher treten: welchen Nutzen hat die Beteiligung des Auslandes bei einer deut schen Obstausstellung. Wenn man die ausgestellten schönen Früchte der französischen Aussteller sah, so konnte man auf den Gedanken kommen, dass bei unseren westlichen Nachbarn, durch das Klima begünstigt, nur grosse und edelgeformte Früchte ohne jede Mühe und Aibeit wachsen und mittelmässige Früchte, wie sie von ein zelnen deutschen Beteiligten, namentlich bei der Abteilung Handelsobst, ausgestellt waren, in Frankreich überhaupt nicht anzutreffen sind. Wer aber daraus schliessen wollte, dass uns dadurch eine nicht zu überwältigende Konkurrenz durch die französischen Einsendungen er wachsen würde, dem möchten wir nur raten, eine französische Obstausstellung zu besuchen, wo er ebensogut wie bei uns, neben erst klassiger Ware, solche zweiten und dritten Ranges zu sehen bekommt. Es ist ja selbst verständlich , dass bei solchen Einsendungen des Auslandes nur das Beste vom Besten aus gesucht wurde, wie das übrigens viele unserer deutschen Aussteller sicherlich auch getan haben, und durch die sorgfältige und vornehme Packungsart noch ein ganz besonderer Erfolg erzielt wird. Gerade in der Aufmachung und in der Verpackungsart sind unsere französischen Konkurrenten uns bei weitem überlegen, wir haben auch schon in unsern frühsren Berichten darauf hingewiesen, wie vorbildlich die fran zösischen Einsendungen bei den Sonderaus stellungen für Frühobst auch für die deutschen Aussteller geworden sind. Wenn der deutsche Züchter die gleiche Sorgfalt auf die Verpackung seiner Tafelfrüchte verwendet, wie dieselbe bei den verschiedenen Obstausstellungen in so mannig facher Art durch die französischen Einsendungen gezeigt worden ist, so kann der Erfolg und der materielle Nutzen nicht ausbleiben. Wir haben wieder auf dieser Ausstellung die Ge legenheit wahrgenommen , namentlich bei der Vorführung von Einzelsorten, den Vergleich zu ziehen zwischen deutschem und ausländischem Obste und wir haben gefunden, dass in manchen Gegenden unseres Vaterlandes bei entsprechen der Pflege genau so vollkommene Früchte er zielt werden, als in irgend einer Lage des Auslandes. Gleichzeitig haben uns auch die ausländischen Einsendungen gezeigt, welche Obstsorten dort in grösserem Masstabe ange baut werden, welche Sorten in den dortigen klimatischen Verhältnissen nicht so gut ge deihen wie bei uns. Ferner wurde uns aber namentlich auch die Gelegenheit geboten, uns über den Stand des ausländischen Obstbaues genau zu orientieren. Es steht daher zweifellos fest, dass aus aus ländischen Einsendungen für den deutschen Obstbau nur Nutzen und schätzenswerte Lehren zu ziehen sind. Wir werden daher auch be sonders bei der Besprechung der Kollektiv ausstellungen des Auslandes das für den deut schen Obstbau speziell erwähnenswerte hervor heben. In unserem Berichte über die Kollektiv-Aus stellungen wollen wir bei der österreich ischen Abteilung beginnen, welche in dem am Eingänge gelegenen freundlichen Hörder Pavillon untergebraebt ist. Die Dekoration dieser Halle wurde in allen ihren einzelnen Teilen im Jugendstil durchgeführt und zeigt wohl von künstlerischem Geschmack, jedoch wirkte das Gesamtarrangement sehr monoton auf den Besucher. Für die ganze Ausstellung des Obstes hat man für die Sortimente etc. ganz gleiche Körbe gewählt, welche sehr prak tisch und gefällig geformt dem Zwecke durch aus entsprachen. Ausserdem sind die verschie denen Originalpackungen in Kisten und Fässern vorgeführt. In dem mittleren Teil der Halle hat Tirol, seine herrlichen Früchte ausgestellt, welches unstreitig den ersten Rang in bezug auf Tafel obst und dessen Versand in den österreichischen Kronländern einnimmt. Ein Hauptvorzug des Tiroler Obstbaues liegt darin, dass die Zahl der im grossen angebauten Sorten und speziell der Winterobstsorten eine ganz beschränkte ist und dadurch ist der Tiroler Obsthandel in die Lage versetzt, grössere Mengen von dauerhaftem Winterobst zu liefern. Von den Hauptsorten, welche in grösserem Masstabe angebaut wer den, gehört mit zu den wertvollsten der aus Frankreich eingeführte „Weisse Wlntercalvill“.