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Der Handelsgärtner
- Bandzählung
- 5.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf5
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1824034628-190300002
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1824034628-19030000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1824034628-19030000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Der Handelsgärtner
-
Band
Band 5.1903
-
- Ausgabe No. 1, 3. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 2, 10. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 3, 17. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 4, 24. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 5, 31. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 6, 7. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 7, 14. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 8, 21. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 9, 28. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 10, 7. März 1903 1
- Ausgabe No. 11, 14. März 1903 1
- Ausgabe No. 12, 21. März 1903 1
- Ausgabe No. 13, 28. März 1903 1
- Ausgabe No. 14, 4. April 1903 1
- Ausgabe No. 15, 11. April 1903 1
- Ausgabe No. 16, 18. April 1903 1
- Ausgabe No. 17, 25. April 1903 1
- Ausgabe No. 18, 2. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 19, 9. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 20, 16. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 21, 23. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 22, 30. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 23, 6. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 24, 13. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 25, 20. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 26, 27. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 27, 4. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 28, 11. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 29, 18. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 30, 25. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 31, 1. August 1903 1
- Ausgabe No. 32, 8. August 1903 1
- Ausgabe No. 33, 15. August 1903 1
- Ausgabe No. 34, 22. August 1903 1
- Ausgabe No. 35, 29. August 1903 1
- Ausgabe No. 36, 5. September 1903 1
- Ausgabe No. 37, 12. September 1903 1
- Ausgabe No. 38, 19. September 1903 1
- Ausgabe No. 39, 26. September 1903 1
- Ausgabe No. 40, 3. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 41, 10. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 42, 17. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 43, 24. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 44, 31. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 45, 7. November 1903 1
- Ausgabe No. 46, 14. November 1903 1
- Ausgabe No. 47, 21. November 1903 1
- Ausgabe No. 48, 28. November 1903 1
- Ausgabe No. 49, 5. Dezember 1903 1
- Ausgabe No. 50, 12. Dezember 1903 1
- Ausgabe No. 51, 19. Dezember 1903 1
- Ausgabe No. 52, 26. Dezember 1903 1
- Register Register 4
-
Band
Band 5.1903
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- Der Handelsgärtner
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No. 6. Sonnabend, den 7. Februar 1903. V. Jahrgang. DerJ-fandelsgärlner. v Hermann puz Handels-Zeitung für den deutschen Gartenbau, -"tna Leipzig, Sudstrasse 33. Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig = Gohlis. Leipzig-Gohlis. Organ des „Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen E. G." „Der Handelsgärtner“ kann direkt durch die Post unter No. 3222a der Postzeitungsliste bezogen werden. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr: für Deutschland und Oesterreich^Ungarn Mark 5.—; für das übrige Ausland Mark 8.—. Das Blatt erscheint wöchentlich einmal Sonnabends. — Inserate kosten im „Handelsgärtner“ 30 Pfg. für die fünfgespaltene Petitzeile. ■——^iwi ■im i —ama—m——■ Die Arbeitsverhältnisse in ausländischen Gärtnereien. II. Wenn wir in der Beschreibung der eng lischen Arbeitsverhältnisse deren geregelte Zu stände hervorgehoben haben, so werden wir finden, dass sie in schroffem Gegensätze zu denjenigen der französischen Gärtnereien stehen. Die wirtschaftliche Lage in manchen Gegenden Frankreichs gibt uns, selbst mit deutschen Verhältnissen verglichen, kein freundliches Bild, Sie lässt dann recht deutlich das Bestreben der deutschen Regierung hervortreten, den An gestellten immer mehr Mittel und Wege zu verschaffen, dass es ihnen unter verhältnis mässig günstigen Bedingungen möglich wird, sich eine gute Lebensstellung zu erringen. Weder in England, wie wir ja schon gesehen haben, noch in Frankreich gibt es so viele Gartenbau- und Fortbildungsschulen, wie wir sie heute in Deutschland haben, die selbst weniger bemittelten, strebsamen jungen Leuten Gelegenheit bieten, ihre praktische Tüchtigkeit durch entsprechende theoretische Kenntnisse zu erhöhen. Hat nun auch Frankreich schon seit Jahren eine sich des besten Rufes erfreuende Gartenbauschule in Versailles, so ist es doch nur wenigen Privilegierten vergönnt, diese Schule zu absolvieren, da nur eine beschränkte Zahl Zöglinge zugelassen sind. Während man in England im allgemeinen die gleichen Arbeitsbemessungen sowohl in kleinen wie in grossen Gärtnereien und zwar nicht allein auf die Hauptzentrale des englischen Gartenbaues, London und seine Umgebung beschränkt, sondern auf das ganze Inselreich ausgedehnt findet, treten uns in Frankreich die widersprechendsten Gegensätze entgegen. Jede einzelne Gegend hat andere Zustände und diese sind selbst an demselben Orte oft ganz verschie denartig, wie das am auffallendsten in und in der Nähe von Paris wahrzunehmen ist. Ganz natür lich erscheint es. dass sich die Verhältnisse von Nord- und Südfrankreich nicht decken können, da sich der Unterschied im Klima zwischen den beiden Landesteilen zu sehr geltend macht. Paris, sowie das ganze nörd liche Frankreich besitzt beinahe dieselbe Durch schnitts-Temperatur wieSüdwestdeutschland.und während dort beispielsweise zur jetzigen Jahres zeit noch eine grimmige Kälte herrschen mag, beginnt im Süden unter dem Einfluss der lachenden Frühlingssonne alles in Vegetation zu treten. Ganz wesentlich ist auch der Cha rakterunterschied zwischen der Bevölkerung der beiden Teile Frankreichs, und es ist bekannt, dass der Nord- den Südfranzosen inbezug auf seine Leistungsfähigkeit und Ausdauer bei weitem übertrifft. In der Umgebung von Paris finden wir ein buntes Gemisch von gärtnerischen Betrieben. Auffallend sind die vielen Frühgemüsetreibereien, die den Pariser Markt stets mit frischem Ge müse versorgen und im stände sind, die Kon kurrenz der südländischen Produzenten aus zuhalten. Neben diesen sind es die grossen Baumschulen, die sowohl bei Paris wie auch besonders in Orleans und Angers etc. sehr zahlreich vertreten sind. Die enormen Gewächs hausanlagen, wie sie in England existieren, kommen in Frankreich weniger häufig und nicht in denselben Dimensionen vor, dennoch gibt es natürlich auch hier eine ganze Reihe guter und hervorragender Pflanzengeschäfte. In diesen verschiedenen Arten von Betrieben weichen die Arbeitsverhältnisse dann auch in auffallender Weise von einander ab. Beim Personal ist kaum ein merklicher Unterschied zu konstatieren, wenn man auch in besseren Gärtnereien, wie guten Pflanzengeschäften, mehr wie in anderen, auf viel seitig ausgebildete Elemente Wert legt. Der nord französische Arbeiter, denn auch in Frankreich unterscheidet man nicht zwischen Gehilfen und Arbeiter, zeichnet sich durch seine hervor ragende Ausdauer, Fleiss und Geschicklichkeit aus. In vielen Fällen hat er eine mehrjährige Lehrzeit durchgemacht und hat sich auch durch die Tätigkeit in verschiedenen Geschäften eine vielseitige fachliche Ausbildung angeeignet. Allerdings gibt es viele, die zeitlebens in der Gärt nerei bleiben, in die sie als Junge eingetreten sind, doch die vielfach dem Franzosen ange borene Unruhe lässt ihn meist nicht zu lange auf einer Stelle sitzen und Stellenwechsel ist daher ebenso häufig wie bei uns. Die ele mentare Schulbildung wie auch die fachliche, theoretische Ausbildung steht beim französischen Gärtner auf ziemlich niedriger Stufe und es ist z. B. heute noch selbst in Nordfrankreich nichts seltenes, dass man Angestellten begegnet, die weder lesen noch schreiben können. Oefters liegt es weniger an demBetreffenden selbst, dass es mit seinem theoretischen Wissen so schlecht be stellt ist, vielmehr ist ihm die Gelegenheit dazu bei weitem nicht in so mannigfacher Weise wie dem deutschen Gärtner geboten. Wie wir schon sagten, ist der Besuch der Gartenbau schule mit ziemlich grossen Unkosten ver knüpft, und die Schüler derselben setzen sich denn auch meistens aus Söhnen reicher Gärt nerprinzipale oder sonst j wohlhabender Kreise zusammen. Selbst die Volksschulen lassen in Frankreich, in einzelnen Gegenden ganz be sonders, viel zu wünschen übrig. Aber gerade diesen weniger gebildeten Leuten muss eine grosse Fertigkeit in der Ausübung von prak- tigen Arbeiten nachgerühmt werden. Beim französischen Gärtnerssohn macht sich über haupt mehr wie beim englischen das Bestreben geltend, in jungen Jahren viel zu sehen, auch im Auslande seine Kenntnisse zu bereichern. Unseren nachstehenden Betrachtungen ist in der Hauptsache Paris und Umgebung als Masstab zu Grunde gelegt. In grösseren Gärtnereien, wie Baumschulen und Pflanzengeschäften ist das ganze Personal einem „Chef“, der dem deutschen Obergärtner gleichkommt, unterstellt. Aeltere eingeschulte Arbeiter verrichten die besseren Arbeiten meist selbständig, während jüngere Leute zum Teil den ersteren zeitweise zur Aushülfe zugeteilt werden, oder direkt die Befehle des Ober gärtners auszuführen haben. In den vielen kleinen Marktgärtnereien, von denen die meisten nur 2—6 Leute beschäftigen, fällt natürlich auch der „Chef“ weg. und der Prinzipal, „Patron“, der von morgens früh bis abends spät selbst mitarbeitet, trifft alle notwendigen Anordnungen. Die „Schufterei“, wie man die Arbeit in den Pariser Gemüsegärtnereien ohne Bedenken nennen kann, spottet manchmal jeder Beschrei bung und auch die Wohnungen, welche in solchen Geschäften vielfach für die Gehilfen bezw. Arbeiter vorgesehen sind, entsprechen nichts weniger als den geringsten Anforderungen der Hygiene. Kommt es doch auch heute noch häufig genug vor, dass die Angestellten ihre Schlafstätte im Pferdestall auf einem pri mitiv aufgebauten Brettergestell haben, wo sie in eine Decke gehüllt von des Tages langer und schwerer Arbeit ausruhen. Der Gehalt ist diesen Verhältnissen entsprechend und nach unseren Begriffen ziemlich hoch, denn ein tüchtiger Arbeiter kann sich pro Tag bis auf 8 Fres, stehen. Auch die Kost, wenn solche vom Prinzipal gegeben wird, ist meist sehr gut, da bekanntlich die Franzosen selbst in beschei denen Verhältnissen gut und nahrhaft essen. Die Arbeitszeit wird in diesen Marktgärtne reien sogar nach deutschen Begriffen übermässig lang ausgedehnt und beträgt im Sommer 14—17 Stunden täglich. Morgens wird schon um 4 Uhr die Arbeit angefangen und abends erst um 9 Uhr und noch später Feierabend gemacht. Selbst im Winter schränkt sich diese Zeit nur um ein unbedeutendes, vielleicht 1—2 Stunden, ein. Dabei gibt es wenig und zu dem recht kurz bemessene Zwischenpausen. Um 8 Uhr sind zur Einnahme des sogenannten „Kleinen Früh stückes“ 10—15 Minuten gestattet, während von 11 —12 Uhr für das Dejeuner eine Stunde pausiert wird. Von 12 Uhr arbeitet man da gegen entweder ohne Unterbrechung bis Feier abend, oder macht um 7 Uhr eine halbstündige Pause für das „Diner“. Der Sonntag ist in den Gemüsegärtnereien wie ein gewöhnlicher Arbeitstag mit dem einzigen Unterschiede, dass abends schon etwa um 5 oder 6 Uhr aufgehört wird. Da in den meisten Geschäften Frank reichs Stunden- oder Tagelohn eingeführt ist, wird auch die Sonntagsarbeit vergütet. Ein anderes Bild geben uns die Verhält nisse in den grossen Baumschulbetrieben und Pflanzengeschäften. Die Arbeitszeit ist verhält nismässig etwas kürzer, die Löhne aber ganz bedeutend niedriger, dabei wird ebenfalls sehr anstrengend gearbeitet. In der Umgebung von Paris ibeträgt der Minimallohn für jugend liche Arbeiter 2,50 Fres, und steigt für ältere und tüchtige Angestellte bis zu 5 Fres. In Orle ans, Angers und den anderen gärtnerischen Zentralen Nordfrankreichs schwanken die Löhne zwischen 1,80 Fres, und 3,50, selten 4 Fres. An diesen letzteren Orten sind die Lebensmittel und besonders auch der Wein, ohne den der Franzose nicht leben könnte, bedeutend billiger als in Paris. Die Arbeitszeit dauert von morgens 6 bis abends 7 Uhr, seltener von 5 bis 8 Uhr. die 8-Uhr-Zwischenpause fällt in diesen Ge schäften weg, so dass die Arbeit während des ganzen Tages nur einmal von 11 —12 Uhr unterbrochen wird. Wohnungen haben die An gestellten in Baumschulen gar nicht und in Pflanzengeschäften nur ganz selten, doch sind sie gewöhnlich etwas menschenwürdiger ein gerichtet als in vielen Marktgärtnereien bei Feuilleton. Frühlingsstürme. Gärtner-Roman aus der Gegenwart von Alfred Beetschen. 5. Fortsetzung. Nachdruck untersagt „Anlass oder nicht“, replizierte Willi Petrenz, seinen Stummel in die Ecke werfend, — „es ist überall etwas faul im Staate Dänemark! Jetzt heisst's entweder — oder! Nur nichts halbes, sonst haben wir trotz aller Anstrengungen das Nachsehen und der ganze Rummel wäre für die Katze!“ „Bis auf den Katzenjammer, in den man sich brüderlich zu teilen hätte!“ Der Schutzbefohlene des „Roten Ochsen“ lachte, aber es klang gequält, wie auf Kommando. „Na. — also?“ fragte er dann mit einem scheuen Seiten blick, „bist du mit von der Partie nach Hamburg? Morgen früh fahr ich ab.“ „So rasch kann ich doch nicht alles über Bord werfen; ich werde erst mit Vater nochmals Rücksprache nehmen, vielleicht, dass er sich doch noch in letzter Stunde um stimmen lässt!“ „Hoffen wir das beste!“ hohnlächelte Willi Petrenz. Dann liessen sie dieses Thema fallen und verabschiedeten sich noch in derselben Stunde. Achtes Kapitel. Am Abend desselben Tages empfing der Weltumsegler den in der Domgärtnerei angestellten Gehilfen Caspar Wald vogel in längerer Audienz unter vier Augen. Auch für diesen Fall musste der Gasthof zum „Roten Ochsen“ herhalten, nur mit dem Unterschied, dass das Ge spräch diesmal nicht in der Hinz und Kunz zugänglichen Gast stube, sondern in dem von dem vielgereisten Logiergast be wohnten Fremdenzimmer im zweiten Stockwerk zum Austrag gelangte. Von einem wechselseitigen Meinungsaustausch konnte eigentlich nicht die Rede sein, da der gewandte, wieselflinke Petrenz die Kosten der Unterhaltung fast ganz allein bestritt und mit einem Monolog aufwartete, dass dem etwas schwer fälligen Casper — so wurde er in der Gärtnerei kurzweg ge nannt — bald wirbelig wurde und sein Vorrat an Geistes gegenwart gerade noch dazu hinreichte, um zu allem, was jener mit überlegenem, herablassend-gönnerhaftem Ton an den Mann zu bringen suchte, Ja und Amen zu sagen. „Und wenn der Alte Euch alle zum Teufel jagt“, schloss Petrenz seine vertraulichen Mitteilungen in höherer Mission, „so kann Euch das ganz schnuppe sein. Jeder erhält sein Teil aus der Streikkasse, so dass er nicht gleich auf dem Pflaster liegt, — verstanden?“ „Aber“ — wollte der etwas begriffsstutzige Caspar ein wenden, indem er sein Hütchen in den abgearbeiteten Händen hin- und herdrehte, „aber, — es — “. Doch der andere liess ihn gar nicht zu Worte kommen, sondern fuhr eifrig fort: „Wehe aber den Abtrünnigen, die es sich beikommen lassen, ihre Mitbrüder zum Narren zu halten und hinter ihrem Rücken die Arbeit wieder aufzu nehmen, — solcher Verrat an unserer guten Sache würde schonungslos geahndet. Die in Hamburg, wo sozusagen der Kopf des Streikkörpers residiert“, — der Sprecher begeisterte sich augenscheinlich selbst an der Bilderpracht seiner Suada — „die in Hamburg sehen und hören alles. Bei ihnen, dem eigentlichen Streik-Komitee, läuft die ganze Bewegung “ „Auf eins hinaus!“ ergänzte Caspar mit triumphierendem Grinsen. „Unsinn!“ erklärte der andere barsch. „In hundert Fäden zusammen! So wars gemeint, — verstanden?“ „Jawohl, in hundert Fäden zusammen!“ echote Caspar Waldvogel mechanisch, während sich die hundert Fäden in seinem armen Kopf zu einem unentwirrbaren Hirngespinst knäuel zusammenballten. „Und noch eins!“ deklamierte Herr Petrenz, indem er, um sich ein gewichtiges Ansehen zu geben, mit einem Blei stift auf die Tischplatte tippte, „wahrt die Disziplin, was auch geschehen möge! Zeigt und beweist es durch Euer Verhalten, dass Ihr Männer von Takt und Bildung und keine Lumpen proletarier seid,“ — hier lächelte der gute Casper naiv — verlegen —, „zeigt, dass Ihr nicht umstürzen, sondern auf bauen wollt. Als ich mich in der Schweiz aufhielt, ich meine nicht die böhmische und nicht die sächsische, sondern die wirkliche eidgenössische Schweiz! — da ging ich am hellen Tage beim prächtigsten Sonnenschein am 1. Mai hinter der roten Fahne her, und kein Mensch hat mir das übel ge nommen. Wir defilierten vor der ganzen Einwohnerschaft der alten Stadt Basel und machten Opposition in Reih und Glied, aber, wohl verstanden, anständig, immer hoch anständig! Ob das nun ein Studenten-, ein Ostermontags- oder ein Demon strationszug der Arbeiter war, — war alles eins! Publikum und Polizei verhielten sich bei solchen Anlässen immer muster haft, und die freie Hansastadt an der Elbe wird darin der freien Schweiz nicht nachstehen wollen, wenn die Gärtner gehilfen ihre Rechte zu verteidigen die erforderlichen Anstalten treffen. Wir haben freilich mit anderen Faktoren zu rechnen, aber wenn wir niemand herausfordern und uns würdevoll benehmen, wird uns auch in Hamburg niemand was anhaben können.“ „Also, sag das, lieber Freund, deinen Kollegen und Ge nossen in der Domgärtnerei und nehmt den Kampf mit dem halsstarrigen Alten kalten Blutes auf. Es wird kein Kampf mit dem Drachen werden. Euer Vater Romberg weiss zu gut, was er dem Ansehen seines altrenommierten Geschäftes schuldet, als dass er gerade jetzt, wo der Sommer mit der besten Um satzzeit vor der Türe steht, sich seiner besten Arbeitskräfte entäussern sollte.“ Mit Kräftigem Handschlag, Aug in Auge, trennten sich die beiden. Der Mann im „Roten Ochsen“ atmete erleichtert auf, als dieser letzte, den er heute „bearbeitet“, draussen war, und Kaspar Waldvogel tat desgleichen, als er die schwierige Audienz hinter sich und das holperige Pflaster wieder unter seinen Füssen hatte. Im Grunde fühlte er sich nicht wenig geschmeichelt von dem Vertrauen, das man ihm entgegenbrachte und er nahm sich vor, obschon ihm von der grossen Rede, die er hatte anhören müssen, nur das Wort „Disziplin" im Gedächtnis haften geblieben war, sich dieses ehrenden Vertrauens würdig zu erweisen. — In der auf diese Begebenheiten folgenden Nacht hatte Hilde Liermann einen wunderlichen Traum, der ihr noch lange hernach zu schaffen machte. Sie befand sich auf einer grossen Blumenwiese, die am Ufer eines Stroms gelegen war. Auf dem Wasser brandete ein Nebelgewoge, das in der Höhe einen braunrötlichen
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