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Der Handelsgärtner
- Bandzählung
- 5.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf5
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1824034628-190300002
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1824034628-19030000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1824034628-19030000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Der Handelsgärtner
-
Band
Band 5.1903
-
- Ausgabe No. 1, 3. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 2, 10. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 3, 17. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 4, 24. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 5, 31. Januar 1903 1
- Ausgabe No. 6, 7. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 7, 14. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 8, 21. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 9, 28. Februar 1903 1
- Ausgabe No. 10, 7. März 1903 1
- Ausgabe No. 11, 14. März 1903 1
- Ausgabe No. 12, 21. März 1903 1
- Ausgabe No. 13, 28. März 1903 1
- Ausgabe No. 14, 4. April 1903 1
- Ausgabe No. 15, 11. April 1903 1
- Ausgabe No. 16, 18. April 1903 1
- Ausgabe No. 17, 25. April 1903 1
- Ausgabe No. 18, 2. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 19, 9. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 20, 16. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 21, 23. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 22, 30. Mai 1903 1
- Ausgabe No. 23, 6. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 24, 13. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 25, 20. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 26, 27. Juni 1903 1
- Ausgabe No. 27, 4. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 28, 11. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 29, 18. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 30, 25. Juli 1903 1
- Ausgabe No. 31, 1. August 1903 1
- Ausgabe No. 32, 8. August 1903 1
- Ausgabe No. 33, 15. August 1903 1
- Ausgabe No. 34, 22. August 1903 1
- Ausgabe No. 35, 29. August 1903 1
- Ausgabe No. 36, 5. September 1903 1
- Ausgabe No. 37, 12. September 1903 1
- Ausgabe No. 38, 19. September 1903 1
- Ausgabe No. 39, 26. September 1903 1
- Ausgabe No. 40, 3. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 41, 10. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 42, 17. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 43, 24. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 44, 31. Oktober 1903 1
- Ausgabe No. 45, 7. November 1903 1
- Ausgabe No. 46, 14. November 1903 1
- Ausgabe No. 47, 21. November 1903 1
- Ausgabe No. 48, 28. November 1903 1
- Ausgabe No. 49, 5. Dezember 1903 1
- Ausgabe No. 50, 12. Dezember 1903 1
- Ausgabe No. 51, 19. Dezember 1903 1
- Ausgabe No. 52, 26. Dezember 1903 1
- Register Register 4
-
Band
Band 5.1903
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- Der Handelsgärtner
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Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.“ Es ist nun ganz gleichgültig, ob hier der Lehrling in einem gewerblichen Betriebe, in einem kaufmännischen Geschäft oder in dem Betriebe einer Gärtnerei angestellt ist, die obige Bestimmung gilt für Lehrlinge in allen Betrieben, denn es kann darüber kein Zweifel walten, dass der Lehrherr, er sei Kaufmann, Hand werksmeister oder Gärtner, kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über den Lehrling ver pflichtet ist. Ist doch das Wesentliche jeden Lehrver hältnisses das Schutzverhältnis in geistiger wie körperlicher Hinsicht, und dieses Schutzverhält nis fordert gebieterisch die Aufsichtsführung des Lehrherrn. Wenn auch z. B. ein kauf männischer Lehrling nicht der väterlichen Zucht seines Lehrherrn unterstellt ist, wie ein ge werblicher, so hat doch dies keinen Einfluss auf die dem Prinzipal obliegende Aufsichts führung. Jeder Lehrherr soll den Lehrling zur Arbeitsamkeit und den guten Sitten anhalten. Das spricht sowohl das Handelsgesetzbuch als die Gewerbeordnung aus und das gilt analog von jedem Lehrlingsverhältnis, es mag ein Be trieb in Frage kommen, was für einer will. Wenn der Gärtner aber dafür verantwortlich ist, dass sein Lehrling während der Dauer der Lehrzeit auf gute Sitten hält und nichts be geht, was wider dieselben ist, so spricht auch dies wieder für das Vorhandensein der Auf sichtspflicht während und äusser derArbeits- zeit. Das letztere muss ausdrücklich betont werden. Bei einem Lehrling, der, wie es in Gärtnereien der Fall ist, in das Haus des Lehr herrn aufgenommen wird und bei ihm in Wohnung und Kost steht, ist die Aufsichts pflicht nicht mit der Beendigung der Arbeit im Betriebe erloschen. Sie erstreckt sich viel mehr auch auf die dem Lehrling zu seiner Erholung eingeraumte freie Zeit. Wer es duldet, dass der Lehrling in seiner freien Zeit sich auf der Strasse herumtreibt, und Rüpelein ausübt, ist haftbar. So wurde ein Lehrherr in Anspruch genommen, dessen Lehrling mit Steinen vor dem Hause geworfen und dabei eine Scheibe eingeschlagen hatte. Das Urteil führte aus, dass der Lehrherr sich vergewissern müsse, wie und wo sein Lehr ling die freie Zeit verbringe. Der Gärtner hat also auch dafür Sorge zu tragen, dass der Lehrling, sobald seine Arbeit getan ist, die Erholungszeit in anständiger Weise verbringe. Er hat seine Spiele, Lektüre, seinen Umgang zu überwachen und kann sich nicht damit ent schuldigen, dass der Lehrling ja in seiner freien Zeit machen könne, was er wolle. Das soll eben nach der Auffassung des Reichsge richts nicht der Fall sein und der Unfug, der von den Cigaretten schmauchenden, angetrunkenen Lehrlingen so häufig an Sonntagen verübt wird, fällt auf den Lehrherrn zurück! Hat er einen Lehrling, der zu lockeren Sitten neigt und bereits dumme Streiche gemacht hat, so soll er ihn auch in der freien Zeit nicht sich selber überlassen, sondern im Hause halten oder ihn sich anschliessen lassen, wenn er selbst mit seiner Familie einen Spaziergang unternimmt. Wir müssen freilich erleben, dass das Lehrverhältnis von heute uns allzuviel von dem patriarchalischen Charakter eingebüsst hat, der ihm in früheren Zeiten innewohnte, wo der Lehrling am Tische des Lehrherrn sass und gewissermassen ein Familienglied bildete. Je mehr sich dieses Verhältnis lockerte, desto mehr trat auch die Aufsichtspflicht ausserhalb der Arbeit in den Hintergrund und oft sind die Lehrlinge in grossen Geschäften gänzlich auf sich angewiesen. Darauf nimmt aber das Gericht, wie wir aus obigem Urteil sehen, keine Rück sicht. Von Bedeutung aber ist nun der zweite Satz des § 832, der eine Entlastung des Lehr herrn mit sich bringt. Die Ersatzpflicht soll nicht eintreten, wenn der Lehrherr seiner Auf sicht genügt hat. Wann ist dies der Fall? Hier wird immer der einzelne Fall entscheiden müssen. Eine Verletzung der Aufsichtsführung wird nur da vorliegen, wo Zeit, Ort und Ge legenheit eine solche mit Notwendigkeit be dingen. Es kann dem Lehrherrn nicht ange sonnen werden, seinen Lehrling beim Schul- oder Kirchenbesuch auf dem Wege zur Schule oder Kirche zu begleiten oder abzuholen, um zu vermeiden, dass auf diesem Wege durch dumme Streiche Schaden angerichtet wird. Das würde zu weit führen, und der Lehrherr würde sich schliesslich dahin gelangt sehen, dass er zur Beaufsichtigung seiner Lehrlinge ein be sonderes Personal halten müsste, um seiner Verpflichtung in der Aufsichtsführung nachzu kommen. Das kann ihm nicht angesonnen werden. Eine gewisse Selbständigkeit soll auch der junge Lesrling schon haben, er soll nicht beständig am Gängelbande gehalten werden. Aber der Lehrherr soll ihn nicht aus den Augen verlieren. Er soll kontrollieren, was er treibt, wo er sich befindet, um so die Gewalt über ihn auch in der freien Zeit nicht zu verlieren. Ein erfahrener Lehrherr wird in dieser Be ziehung immer das Rechte treffen und wenn er einen Lehrling hat, der dazu neigt, über den Strang zu hauen, so wird er die Zügel fester anziehen. Sonach ist die Hapftpficht für die Lehrlinge lange nicht so bedenklich, wie jene Haftpflichten des Gärtners, deren wir in No. 27 des „Handelsgärtner“ gedacht haben. Rundschau. Handel und Verkehr. — Die Apfel- und Birnen-Ernte in Frankreich ist nach den neuesten Nach richten durchaus ungenügend und es wird in recht wenigen Landstrichen möglich sein, den eigenen Bedarf an Tafel- und Kelterobst zu decken. Nur die Departements Seine Inferieure und Calvados werden mehr ernten als sie selbst verbrauchen können. Sonst haben fast überall die Frühjahrsfröste und die Schnee stürme des April den Blütenansatz vernichtet. Eine Folge davon ist, dass ausserordentlich hohe Preise gefordert werden. Anfang August wurden für den Waggon von 5000 Kilo 750 bis 900 Fres, für Mostäpfel verlangt. Auch für Birnen notierte man Ende August 500 bis 600 Fres, für 5000 Kilo. Es ist das im Verhältnis zu früheren Jahren eine aussergewöhnliche hohe Verwertung des Rohmaterials. Inzwischen sind in Frankreich bedeutende Abschlüsse mit der Schweiz und in Spanien gemacht worden; trotzdem werden für einheimische Obstsorten gern die doppelten Preise bezahlt, da die zu Most zu verwendenden Obstsorten aus dem Auslande nicht zu beziehen sind und sicher die Qualität der Obstweine dadurch beein trächtigt wird. — Die Einfuhr von Obstkonserven aus Südaustralien nach London ent wickelt sich von Jahr zu Jahr mehr und hat in der letzten Saison ganz bedeutende Dimen sionen angenommen. Es sind nicht nur Kern- und Steinobstsorten, sondern auch Beeren, vor allem Himbeeren, die mit grosser Sorgfalt in Viktoria (Ostaustralien) eingekocht und von da nach den englischen Häfen befördert werden. Gegenwärtig existieren dasei bst etwa 20F abriken, welche sich mit der Konservierung von Früchten und Beerenobst beschäftigen. Ein Hauptabsatz gebiet ist ferner Südafrika, wohin ganz be deutende Mengen auch frischer Früchte, in Kühlräumen verpackt, wandern. — Der Umfang des Obstversandes im Handelskammerbezirke Dresden umfasste im Jahre 1902 über 5 000000 Kilo. Das meiste Obst ging nach Chemnitz, Leipzig und Berlin. Äusser der Stadt Dresden wurden di e höchsten Frachtsummen in Stauchitz und Mügeln bei Oschatz festgestellt. — Zum Pflaumenexport nach Eng land wird uns mitgeteilt, dass aus der Um gebung von Zerbst allein nahezu 300 Eisen bahnwaggons halbreifer Pflaumen zum Versand gekommen sind, und in den letzten Tagen noch ständig einzelne Waggons nachfolgen. Die Preise sind in diesem Jahre durchaus be friedigend. Rechtspflege. — Ist der Coupon ein Zahlungs mittel? Am 2. Oktober 1900 bezahlte je mand in einer Blumenhandlung Waren im Preise von 4 Mk. mit einem am 1. Oktober fällig gewesenen Zinsschein der Deutschen Grund schuldbank. Der Geschäftsinhaber merkte sich auf der Rückseite Name und Wohnort des Zahlenden vor. Inzwischen fallierte die Bank und der Käufer wurde nun auf Rücknahme des Coupons verklagt. Das Berliner Landgericht hat ihn auch verurteilt, weil er den Coupon nicht ausdrücklich an Erfüllungsstatt, sondern nur „erfüllungshalber“ angenommen habe, so dass das frühere Schuldverhältnis noch fortbestanden habe. Dafür spreche schon, dass der Geschäfts inhaber sich Namen und Wohnung des Kunden auf der Rückseite notiert habe. Der Kunde bleibe Schuldner, bis die Einlösung des Cou pons erfolgt sei. Dagegen ist Berufung ein gelegt worden. Das Oberlandesgericht hat erst ein Gutachten der Handelskammer einzuholen beschlossen darüber, ob es Verkehrssitte sei, dass Coupons stets nur erfüllungshalber und nicht „an Erfüllungsstatt“ angenommen werden. Das Gutachten wird voraussichtlich das erstere bestätigen. — Wenn in einem Zeugnis nur ge sagt wird, dass der Angestellte sich bestrebte, seine Arbeiten zur Zufriedenheit zu erledigen, so ist das nach einem Urteil des Oberlandes gerichtes Cöln kein ordnungsgemässes Zeugnis über die Leistungen des Angestellten, weil es nur den guten Willen des Klägers, nicht aber, was er erreicht und getan hat, bescheinigt. Da solche Zeugnisse misstrauisch angesehen würden, könnten Zweifel entstehen, ob der Angestellte auch tatsächlich auf seinem Posten etwas geleistet hat. Der Arbeitgeber war da her verpflichtet, das Zeugnis entsprechend ab zuändern. (Urteil des Oberlandesgerichts Cöln vom 23. Januar 1903.) — Ist ein Streik force majeure, höhere Gewalt? Diese Frage ist auch für uns Gärtner von hohem Interesse. Hat ein Gärtner eine grosse Warenlieferung zugesagt, und er kann die Lieferung nicht einhalten, weil seine Gehilfen streiken, kann er sich dann auf höhere Gewalt berufen, wenn man ihn in An spruch nimmt? Die Frage lässt sich nicht auf einmal abtun. Es wird darauf ankommen, ob die Schuld an dem Streik den Prinzipal trifft oder nicht, ob derselbe plötzlich ausbricht oder langsam vorbereitet wurde, so dass der Arbeit geber auch seine Massnahmen treffen konnte. Aber es wird auch zu berücksichtigen sein, ob Gattungswaren, z. B. Sämereien, Knollen und Zwiebeln, Keime, Reiser u. s. w. in Frage kommen, oder Waren, die nicht durch andere zu ersetzen sind. Bei Gattungswaren nimmt das Bürgerl. Gesetzbuch keine Rücksicht da rauf, ob dem Lieferanten bei Versäumnis des Lieferungstermines ein Verschulden zur Last fällt oder nicht, ebensowenig enthält es für den Fall der höheren Gewalt eine Ausnahme bestimmung, sondern lässt den Schuldner nach § 279 schlechtweg haften, so lange es über haupt möglich ist, noch Ware dieser Gattung zu schaffen. Er kann sich daher nicht darauf berufen, dass in seinem Betriebe ein Ausstand ausgebrochen ist und dadurch die Verzugsfolgen ausschliessen, mag das Ereignis auch noch so plötzlich und ohne sein Verschulden eingetreten sein. Um nicht in Verzug zu geraten, wird er sich in solchem Falle schleunigst anderweit decken müssen, was ja freilich oft mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein wird. Erst dann wird er den Streik als Entschuldigungs grund für sich geltend machen können, wenn die Lieferung der betreffenden Ware an sich unmöglich geworden ist. (Objektive Unmöglich keit.) Bei Uebernahme von Arbeiten und Lie ferungen, auch in der Landschaftsgärtnerei, ja gerade hier ist das von Wichtigkeit, und es bleibt also immer das beste, sich durch eine Streikklausel zu schützen. — Aus der Geschichte der Ent eignungsprozesse. Seit fünf Jahren schwebt ein Prozess zwischen dem Handelsgärtner Wünschenmeyer und der Stadt Wernigerode, der wieder einen interessanten Beitrag zur Ge schichte der Expropriationsstreitigkeiten liefert. Herr W. hat seine Gärtnereien in der Nähe des Güterbahnhofes der Harzquerbahn. Als dort die Chaussee infolge der Gleislegung sehr schmal wurde, beabsichtigte die Stadt, ein Stück vor springenden Gartens zu erwerben, wobei die Strassenfluchtlinie durch das unterste Gewächs haus gelegt werden sollte. Nun verlangte W„ dass die Stadt das Gewächshaus auf ihre Kosten verlegen und ihn für etwa 75 Mistbeetfenster, deren Platz verloren ging, zu entschädigen. Das wäre auch recht und billig gewesen. Aber die Stadt Wernigerode scheint es nur auf das letztere abgesehen zu haben. Man hat daher die Fluchtlinie dicht am Gewächshaus vorbei gelegt, wodurch natürlich ebenfalls das Ge wächshaus wertlos geworden ist. W. verlangte daher trotzdem Verlegung des Gewächshauses und Enteignung der für ihn unbrauchbaren Gartenfläche. Im Jahre 1898 klagte er auf 20 000 Mk. Die erste Instanz wies ihn ab. Er legte Berufung ein und das Oberlandes gericht wies die Sache ans Landgericht zurück. Dieses sprach ihm jetzt 1/3 seiner Forderungen zu, legte ihm aber 8/4 der Kosten auf. Er legte deshalb anderweit Berufung ein. Nach vielen Terminen verwarf das Oberlandesgericht diese zweite Berufung und jetzt legte der Ge- bin überzeugt, dass man nötigenfalls selbst ein grösseres Opfer nicht scheuen wird, um der Bank eine so tüchtige und be währte Kraft zu erhalten.“ Während der Assessor sprach, ruhten die Augen des anderen noch immer mit demselben durchdringenden Blick auf seinem Gesicht; aber er hatte sich nun einmal vorgenommen, es nicht mehr zu bemerken, und als ihm trotz seines kleinen, erwartungsvollen Schweigens eine Antwort nicht zuteil wurde, sprach er noch hastiger und mit noch vertraulicherer Neigung des Oberkörpers weiter: „Oder täusche ich mich nicht, wenn ich vermute, dass Sie aus anderen Gründen einen Platz verlassen wollen, auf welchem Sie bisher mit so trefflichem Erfolg und mit so un verkennbarer, innerer Befriedigung gewirkt? Seien wir ganz aufrichtig gegeneinander, lieber Freund, wie es sich unter ehrenwerten Männern geziemt! Es gefällt Ihnen nicht, mich zum Vorgesetzten zu haben, nicht wahr? Unsere Meinungen gehen zu häufig auseinander und ich begreife, dass es Sie verletzen musste, wenn ich hier und da meinem Willen gegen den Ihrigen Geltung verschaffte. Aber ich gebe Ihnen mein Manneswort, dass es niemals meine Absicht war, Ihnen wehe zu tun, und ich verspreche Ihnen, dass ich künftig mein mög lichstes tun werde, die Wiederholung solcher kleinen Reibereien zu verhindern. Ich vergesse ja nicht, dass ich mich noch immer sehr tief in Ihrer Schuld befinde, und die aufrichtige Dankbarkeit, welche ich für Sie und für Ihre verehrte Gattin im Herzen trage —“ Friedrich Püttner machte eine jähe, ungestüme Wendung gegen den Sprechenden hin und erhob den Arm, als wenn er ihn mit der geballten Faust in das Gesicht schlagen wollte. Mitten in seiner eifrigen Rede verstummte der andere, ohne indessen seine Stellung nur um eines Fingers Breite zu ver ändern. Sekundenlang standen sie einander mit totenbleichen Gesichtern und verhaltenem Atem gegenüber. Dann liess Püttner seine Hand langsam auf das grosse Kassenbuch nieder sinken. „Genug!“ sagte er tonlos. „Haben Sie mir noch etwas Geschäftliches mitzuteilen, Herr von Randow?“ „Er weis alles! Magda hat ihm gebeichtet!“ hatte es des Bankdirektors Hirn durchzuckt, und fast wie eine Er leichterung hatte er diese Gewissheit empfunden. Das stolze Selbstbewusstsein des Aristokraten, die furchtlose Kampfbereit schaft des ehemaligen Korpsstudenten hatten angesichts der drohenden Haltung seines Gegners rasch über jede andere Empfindung den Sieg davongetragen, und nicht der winzigste Rest der vorigen Beklemmung war in seiner Brust zurück geblieben. „Ihr Benehmen ist mir vollkommen unverständlich“, er widerte er kalt, sich zu seiner ganzen, stattlichen Grösse emporreckend, „aber ich sehe ein, dass es zwecklos ist, unsere Unterhaltung an diesem Orte fortzusetzen. Nach Schluss der Kontorstunden werde ich Sie um eine nähere Erklärung er suchen !“ Erhobenen Hauptes wollte er sich zum Gehen wenden. Da gewahrte er am anderen Ende des Saales einen riesenhaft gebauten alten Herrn, welcher dort im Gespräch mit einem der Buchhalter verweilte. Seihe Augen öffneten sich weit wie bei dem Anblick einer entsetzlichen, geisterhaften Er scheinung und knirschend pressten sich seine Zähne auf einander. Für die Dauer einer Sekunde blieb er unentschlossen, wie in heftigem, inneren Kampfe stehen, dann trat er zum zweitenmale auf Friedrich Püttner zu. „Vorerst habe ich allerdings noch eine kleine, geschäft liche Angelegenheit mit Ihnen ins reine zu bringen“, sagte er in vergeblichem Bemühen, das Beben seiner Stimme hinter einem gleichmütig trockenen Ton zu verbergen. „Im Namen der Bank habe ich gestern dem Freiherrn von Kerstens einen Wechsel über dreissigtausend Mark diskontiert. Die Bureaux waren bereits geschlossen, und da das Geschäft ein ganz un bedenkliches ist, zahlte ich die Valuta vorläufig aus meinen eigenen Mitteln. Hier ist das Accept! — Veranlassen Sie die erforderlichen Eintragungen und zahlen Sie mir den Betrag nach Berechnung unserer Provision und der Zinsen auf der Stelle aus!“ Er legte das Papier, welches er seinem Portefeuille ent nommen hatte, auf Friedrich Püttners Pult und ging dann rasch, ohne die Antwort des Kassierers abzuwarten, zu dem alten Herrn hinüber, der jetzt unter ziemlich lebhaften Gesti kulationen auf einen anderen Bankbeamten einsprach. „Guten Morgen, mein lieber Herr Oberst!“ rief er ihm. mit forcierter Jovialität entgegen. „Hat man Ihnen denn nicht sogleich gesagt, wo ich zu finden bin? Welch ein angenehmes’ Ungefähr führt Sie schon heute von Ihren friedlichen, heimischen Penaten in das lärmende Gewühl der Stadt?“ Das Antlitz des als Oberst angeredeten Herrn, welches noch soeben von einer drohenden Zorneswolke beschattet ge wesen war, erhellte sich rasch bei dem Anblick des Assessors. Er schüttelte ihm kräftig die Hand und liess sich willig von ihm fortziehen. „Ich wollte Sie eigentlich nicht in Ihrer Arbeit stören“, meinte er, denn eine Angelegenheit wie die meinige ist für einen Mann, der gewöhnt ist, nur mit Hunderttausenden oder gar mit Millionen zu rechnen, am Ende doch bloss eine lächerliche Bagatelle. Aber es wäre mir auch ohne Ihr Da zwischenkommen wohl schliesslich nichts anderes übrig ge blieben. Das ist ja eine ganz heillose Wirtschaft bei einer solchen Bank. Man schickt mich von einem zum andern und kein Mensch weiss etwas von meinen lumpigen zwölftausend Talern.“ Randow lächelte überlegen; aber er hielt den Arm seines Begleiters fest, als fürchte er, dass der Oberst plötzlich auf den Gedanken kommen könnte, seine Nachfragen bei den Buchhaltern von neuem zu beginnen. „Natürlich waren Sie da bereits in der grössten Sorge, dass sie verloren sein könnten!“ scherzteer. „Nun, ich hoffe, es wird mir nicht schwer fallen, Sie von dieser Angst zu befreien.“ Randow hatte die Tür seines Kabinetts geöffnet und den alten Herrn höflich zum Vortritt genötigt. Ein rascher Seiten blick nach dem Platze Friedrich Püttners hatte ihm gezeigt, dass jener den Wechsel des Freiherrn von Kerstens beiseite gelegt hatte und wieder über seinem Kassenbuch beschäftigt war. Die Hände des Bankdirektors ballten sich zu Fäusten und seine Fingernägel gruben sich tief in die Haut der Hand flächen ein; aber dem Besucher gegenüber bewahrte er doch auf das vollkommenste seine weltmännische Sicherheit und seine heitere Laune. „Die Ynclan von der neuen Ernte sind inzwischen glück lich angekommen“, plauderte er, dem Schränkchen seines Diplomatentisches eine kleine Zigarrenkiste entnehmend, und Sie sollen der erste sein, lieber Herr Oberst, der sie probiert. Auch ein Gläschen Portwein gefällig?“ „Danke! danke!“ meinte der alte Herr, „darf vor Tisch
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