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No. 3. Sonnabend, den 17. Januar 1903. V. Jahrgang. Derjfandelsffärfner. Verantwortlicher Redakteur: Hermann Pilz, Leipzig, Südstrasse 33. 7/ y y Py • f pe. y y y P y Für die Handelsberichte und nanaeis-Zeitung für den deutschen Gartenuiu. denfachtichenTetyerantwort ich: § VLL• 1 IldId-KV 9 Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig = Gohlis. Leipzig-Gohlis. Organ des „Gartenbau =Verbandes für das Königreich Sachsen E. G." „Der Handelsgärtner“ kann direkt durch die Post unter No. 3222a der Postzeitungsliste bezogen werden. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr: für Deutschland und Oesterreich-Ungarn Mark 5.—; für das übrige Ausland Mark 8.— Das Blatt erscheint wöchentlich einmal Sonnabends. — Inserate kosten im „Handelsgärtner“ 30 Pfg. für die fünfgespaltene Petitzeile. Die Enquete der Thüringischen Staaten in Beziehung auf die rechtliche Stellung der Gärtnerei. II. Wenn wir in unserem ersten Artikel im all gemeinen zu der Enquete des Weimarischen Ministeriums Stellung genommen haben, so wollen wir heute im einzelnen die Rundfrage einer Betrachtung unterziehen. Es wird sich bei einer Konventierung derselben zeigen, dass man in Weimar gewillt ist, die Frage auch wieder ganz formell zu lösen und die Sache, wie man im Leben zu sagen pflegt, „übers Bein zu brechen“. Man hat das Bestreben, die Gärtnerei ohne weiteres zu einem hand werksmässigen Betrieb zu „erniedrigen“. Wir haben schon angedeutet, dass wir darin aller dings eine Degradation erblicken,' bei aller Hochachtung und Wertschätzung, die wir vor dem Handwerk haben. Das Weimarische Ministerium leistet sich folgenden bemerkenswerten Satz: „Allgemein wird die Auffassung vertreten, dass die Kunst- und Ziergärtnerei bezüglich ihrer Angehörigen durchaus dem Handwerk ähnliche Verhältnisse aufweist, da sie genau wie dieses auf das Meister-, Gesellen- (oder Gehilfen-) und Lehr lingswesen gegründet ist und in wirtschafts politischer Hinsicht dieselben Bedürfnisse auf weist, wie das Handwerk." Hier wird Richtiges und Falsches unver standen durcheinander gemengt. Zergliedern wir uns einmal den ominösen Satz! Also: „Allgemein wird —“, wie sagt Faust? „Hier stock’ ich schon, wer hilft mir weiter fort?“ Eine allgemeine Auffassung ist überhaupt in dieser Frage nicht zu konstatieren, und es würde dem Weimarischen Ministerium schwer werden, einen Beweis für die von ihm aufge stellte Behauptung beizubringen. Die angebliche „allgemeine Auffassung“ findet man nämlich, was die Gärtnerei-Zugehörigen anlangt, nur in den Gehilfenkreisen. Hier hat man allerdings aus gewissen sozialpolitischen Gründen mehr fach die Meinung vertreten, dass die Gärtnerei ein „Handwerk“ sei, aber diese Stimmen sind doch keineswegs ausschlaggebend. In den Kreisen der selbständigen Handelsgärtner aller Branchen und in ganz Deutschland protestiert man mit Entrüstung gegen die Insinuation, dass die Gärtnerei als ein Handwerk anzusehen sei, ja gerade gegen die Unterstellung unter das „Handwerk“ als solches haben sich die Kund gebungen auf den Verbandstagen der deutschen Handelsgärtner gerichtet. Selbst diejenigen Prinzipale, welche auf unserem vermittelnden Standpunkt stehen und in der Unterordnung der Gärtnerei, soweit sie gewerblichen Charakter trägt, unter die Reichsgewerbeordnung keines wegs ein Unglück, sondern einen Vorteil er blicken würden, weisen die Meinung zurück, dass die Gärtnerei, es komme eine Branche derselben, welche wolle, in Frage, jemals unter die „handwerksmässigen Betriebe“ gerechnet werden könnte. Was bringt denn nun eigentlich das Wei marische Ministerium vor, um die Gärtnerei zu einem „handwerksmässigen Betrieb“ zu stempeln? Bezüglich der „Angehörigen“ weise sie. durchaus dem Handwerk ähnliche Verhältnisse auf, da sie auf Meister-, Gesellen- und Lehr lingswesen gegründet sei. Wo steht denn das geschrieben? Von woher ist dem Ministerium diese Aufklärung geworden? Wir haben in der deutschen Gärtnerei allerdings Gärtnerlehrlinge, weil bekanntlich kein Meister vom Himmel fällt, und diese Gärtnerlehrlinge werden, nach dem sie ihre Lehre ordnungsgemäss absolviert haben, Gehilfen. Das ist alles! Hat der Ge hilfe Geld oder eine gute Mitgift in Aussicht so macht er sich selbständig, ohne dass ihn jemand nach seinen Kenntnissen fragt, sich um seine Qualifikation kümmert, oder ihn eir „Meisterstück“ ablegen lässt. Braucht er doch schon kein „Gesellenstück“ abzulegen. Der „Gärtnermeister“ ist eine unbekannte Grösse in unserem Berufsleben. Was nun aber die Etappen der Lehrlings- und'Gehilfentätigkeit in der Laufbahn eines Gärtners anlangt, so ähneln sie ganz denen, die im kaufmännischen Beruf gang und gäbe sind. Der Kaufmannslehrling und der Gärtnerlehrling lernen aus und erhalten von ihrem Prinzipal ihr Lehrzeugnis. Dann werden sie Gehilfen, der erstere Kommis, der letzere Gärtnergehilfe. Von irgend welcher Ab legung einer Prüfung ist nie mehr die Rede. Ob der Gehilfe und wann er sich selbständig machen will, ist ihm vollständig überlassen und er kann in dieser Beziehung ganz nach seinem eigenen Gutdünken schalten und walten. Es fehlen vollständig die Kautelen, welche im Handwerksbetriebe für die Ausbildung der Ge werbsgehilfen und Handwerksmeister gegeben sind. Man kann also mit voller Berechtigung den Satz des grossherzoglichen Ministeriums folgendermassen umgestalten: „Allgemein wird die Auffassung vertreten, dass die Kaufmann schaft bezüglich ihrer Angehörigen durchaus dem Handwerk ähnliche Verhältnisse aufweist, da sie genau wie dieses auf das Meister-, Ge sellen- (oder Gehilfen-) und Lehrlingswesen ge gründet ist.“ Und nun wollen wir einmal sehen, wie die Angehörigen des Handelsstandes, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, einmütig gegen diese Unterstellung sich verwahren würden! Die Angehörigen des Gärtnerstandes aber können diese Verwahrung mit gleichem Rechte ein legen ! Wir sehen, dass davon gar keine Rede sein kann, dass ein Berufszweig schon dadurch zum „Handwerk“ werde, weil bei ihm Lehrlinge und Gehilfen vorhanden sind. Spricht denn sonst noch etwas für die Annahme einer „handwerks mässigen“ Gärtnerei? Ja, meint das Wei marische Ministerium, die Gärtnerei weist „in wirtschaftspolitischer Hinsicht dieselben Bedürf nisse auf, wie das Handwerk“. Wir haben es hier mit einer leeren Redensart zu tun. Man kann diesen Satz ohne weiteres auch auf den Handel und seine Angehörigen anwenden. Gewiss, die Angestellten der Gärtnerei haben das Bedürfnis, der Kranken-, Unfall- und In validitätsversicherung teilhaftig zu werden, wie die Handwerkslehrlinge und Handwerksgesellen. Aber ist das nicht auch bei den Handlungs lehrlingen und Handlungsgehilfen der Fall? Gewiss, den Gärtnergehilfen würde gedient sein, wenn sie Streitigkeiten mit ihren Arbeitgebern vor dem Gewerbegericht ausfechten könnten. Auch den Arbeitgebern würde das oft lieber sein. Aber haben die Handelsangestellten nicht auch dieses Interesse? Wissen wir nicht, dass sie seit Jahren energisch für kaufmännische Schiedsgerichte eintraten und dass zur Zeit dem Bundesrat ein Entwurf zugegangen ist, welcher sich mit kaufmännischen Sonderge richten beschäftigt? Was aber sonst die all gemeine Lage der Gärtnereiangestellten anlangt, so unterscheidet sie sich doch in ihrer Eigen art ganz bedeutend von der des Handwerks gesellen, denn der Gehilfe in der Gärtnerei tritt zu seinem Arbeitgeber, wenn auch das frühere patriarchalische Verhältnis nicht meh besteht, doch in ganz andere Beziehungen als der Arbeitnehmer in handwerksmässigen oder fabrikmässigen Betrieben. Wenn man aber auch den zweiten Satz des Rundschreibens ohne weiteres auch auf den Kaufmannsstand an wenden kann, so zeigt das, dass er eben keinen Beweis für die Annahme erbringt, dass die Kunst- und Ziergärtnerei als „Handwerk“ auf zufassen sei. Im Handwerk stellt die Hand ein Werk dar. Daran wollen und. müssen wir festhalten. Danach heisst das Handwerk! In der Gärtnerei ist eine geschickte Hand wohl auch ein Erfordernis. Aber die Hand bildet das Werk an sich nicht. Die Pflanze ist kein Ergebnis der Hand, sie ist ein Erzeugnis der allwaltenden Mutter Natur. Mit der Hand ist in der ganzen Kunst- und Ziergärtnerei allein nichts getan. Die Hand vermag einen goldenen Ring zu bilden, einen kunstvollen Schrein, eine sinnreich konstruierte Maschine herzustellen, ein Brot zu backen, eine Hose zuzuschneiden, aber keine frische Blume, keinen Baum oder Strauch zu gestalten! Nur in der Binderei ist die Hand die Gestalterin des Werkes. Wenn man hier von „handwerksmässigen Betrieben“ reden will, so mag das noch eher eine Be rechtigung haben und wir meinen nun, dass auch hier das Wort nicht das richtige ist, weil auch in der Binderei doch noch mehr nötig ist als das Walten einer geschulten Hand. Auch in jeder Binderei ist Blumenpflege und damit Kenntnis des Charakters der Pflanzen und ihrer Bedürfnisse notwendig. Das geht über die Anforderungen hinaus, die man an einen Hand werker stellt. Doch erscheint uns hinsichtlich der Binderei die Ansicht des Weimarischen Ministeriums noch am einwandfreisten. Wir sind daher auch stets dafür gewesen, dass Be triebe mit Bindereien ohne weiteres gewerb lichen Betrieben beizufügen und der Gewerbe ordnung zu unterstellen sind. Der Möller’sche Erlass, auf den das Rundschreiben gleich zu Anfang Bezug nimmt, und den es zu des avouieren das Bestreben hat, trifft in dieser Be ziehung durchaus das Richtige. Das Rundschreiben beruft sich im weiteren auf das Oldenburgische Staatsministerium und auf dasjenige Württembergs. Diese Bezugnahme müssen wir als eine durchaus unglückliche be zeichnen. Die Ansicht des Oldenburgischen Staatsministeriums ist „allgemein“, — wir Feuilleton. Frühlingsstürme. Gärtner-Roman aus der Gegenwart von Alfred Beetschen. Fortsetzung. Nachdruck untersagt. Als am letzten Samstagabend der Aprilwoche Hilde Liermann ihr gewöhnliches musikalisches Pensum geendet und zum Schluss auf allgemeinen Wunsch der kleinen Familien gesellschaft das bekannte Lied: „Ich schnitt’ es gern in alle Rinden ein“ mit ihrer silberhellen, weichen Sopranstimme vorgetragen hatte, ging Heinz, der indessen mit einem grossen Entschluss gekämpft, auf das vom Klavier aufstehende Mädchen zu und bat es um zwei Worte unter vier Augen. Die beiden Nachbarskinder, welche schon von klein auf Jugendgespielen gewesen, oft untereinander geschmollt, mehr aber miteinander gelacht und herumgetollt hatten, waren mit den Jahren sehr intim miteinander geworden, als ob sie Bruder und Schwester gewesen wären. Als deshalb Heinz mit seltsam bewegter Stimme und einem eigentümlichen Glanz in seinen schwarzen Augen sie heute in die Fensternische geleitete, um ihr, wie schon oft mals, etwas, was sein Herz bedrücken mochte, anzuvertrauen, glaubte sie, das Klopfen seines Herzens vernehmen zu können. Schon wollte sie eine bange Ahnung befallen, da sie einen Einblick in das gespannte Verhältnis der beiden Romberg gewonnen hatte, als ein verlegenes Lächeln das gebräunte Gesicht des Jugendfreundes umspielte. „Du. Hilde“, sprach er halb flüsternd und trat ganz nahe, mit dem Rücken gegen die andern gewendet, an das stattliche Mädchen heran, um dessen reine Stirne die blonden Löckchen wie Goldfäden flatterten, — „du, Hilde, — ich hätte dir etwas zu sagen.“ „Was denn, Heini?“ und ihre blauen Augen sahen halb bittend, halb forschend zu dem in seltsamer Verwirrung da stehenden jungen Mann empor. „Das, — was du eben vorhin gesungen hast.“ Und als sie nicht gleich verstand und mit den Achseln zuckte, ergriff er hastig ihre Hand und stotterte fast wie ein Schulknabe, der sich eines Streiches überführt sieht: „Den Schluss des Liedes meine ich, den Refrain, — du hast ihn mir aus dem Herzen gesungen, mir ihn ahnungslos vorweg genommen. Denn heute habe ich es gefühlt wie nie, dass mein Herz dein ist und es immer, immer bleiben muss. Sprich schnell ein Wort, Kind, — willst du mir gehören für immer und ewig?“ Das kam alles so unvermutet und rasch, dass sie nichts zu erwidern vermochte. Eine Purpurwelle brachte ihre Wangen ins Glühen; ihr junger Busen drohte zu zerspringen, wie ge lähmt lag ihre Hand noch immer in der seinen. Dann flog ein Blick zu ihm hinüber, so vielsagend, so glückverheissend, dass Heinz das geliebte Mädchen, die treue Kameradin seiner Jugendsturm- und Drangzeit in aufwallender Herzensfreude an sich zog und den eben geschlossenen Bund fürs Leben mit einem innigen Kuss besiegelte. „Na, Ihr da drüben, seid so gut, •— was soll das heissen?“ liess sich die Stimme der mit feinem Gehör begabten Frau Liermann vernehmen. „Dass wir uns soeben verlobt haben!“ klang es trium phierend zurück. Die Wirkung dieser Worte war unbeschreiblich. Mama Liermann liess ihren Strickstrumpf samt einigen Maschen fallen und schloss in einem Freudenrausch die Augen. Vater und Sohn sahen sich, die Bierkrüglein, mit denen man sich eben ein Spezielles kommen wollte, in der Hand, sprach los wie versteinert an. Na ja, man hatte wohl so etwas schon langsam kommen sehen, aber dass die Bombe so ohne einleitende Feierlichkeit platzen würde, hätte man nicht für möglich gehalten. „Dass mein Vater die Erwählte meines Herzens gut leiden mag“, eröffnete Heinz das Gespräch, „habt Ihr alle schon daraus ersehen können, dass er Hilda von Zeit zu Zeit, so auch letzten Sonntag durch Fritz einen Blumengruss sandte. In Herzensangelegenheiten bin ich mein eigener Herr; in diesen Dingen will mein Alter auch nichts dreinreden. Hat er auch seine kleinen Eigenheiten und Mucken in geschäft licher Beziehung, in diesem Punkte lässt er jeden, auch den einzigen Sohn, nach seiner Faon selig werden. Und dass wir zwei selig werden, Hilda, gelt, dafür wollen wir schon sorgen!“ Hilda, die sich noch immer vor Glück kaum zu fassen wusste, schmiegte sich zärtlich an ihren Verlobten. „Die einzige Bedingung, die mein Vater stellt, ist die, dass die Verlobung noch geheim bleibt. Und dazu wird er wohl seine Gründe haben,“ „Herr Romberg weiss, was er will. An seinen Ansichten ist nicht zu rütteln,“ sprach Herr Liermann in feierlichem Tone, indem er sich durch den schwarzen Haarschopf fuhr und den verwilderten, mit grauen Fäden durchsponnenen Schnurrbart krampfhaft in die Höhe zwirbelte. „Auch ich bin, vorausgesetzt natürlich, dass meine Frau nichts dagegen einzuwenden hat, vollkommen damit einverstanden, dass wir dieses freudige Ereignis, zu dem ich Euch, liebe Kinder, von Herzen Gottes Segen wünsche, einstweilen noch für uns behalten.“ Nun war es um Frau Karoline Liermanns Standhaftigkeit geschehen. Die Rührung übermannte sie, so dass sie mit vor Erregung zitternden Fingern nach ihrem Taschentüchlein griff, um ihre Freudentränen zu verbergen. Sie nickte ihrem Gatten mit seltener Widerspruchslosigkeit ihr Einver ständnis zu und drückte in wehmutsvoller Erinnerung an ver schwundene Zeiten seine mit einem Siegelring geschmückte Rechte. Im Grunde ihres mütterlichen Herzens freilich, das mit Recht über den trefflichen Schwiegersohn etwas wie Stolz empfinden durfte, tat es ihr unendlich leid, die Neuig keit nicht gleich allen Bekannten mitteilen zu können. Sie dachte schon ein ganz kleines bisschen darüber nach, bei welchen ihrer Freundinnen eine Ausnahme angebracht sein möchte. Denn, dass sie auf die Dauer diesem Geheimnis nicht ge wachsen sein würde, wusste die gute Brautmutter schon jetzt. Fritz zeigte sich nicht minder erfreut. Er küsste seine Schwester, indem er gleichzeitig zum Scherz mit dem Finger drohte, kräftig auf die Wange, schüttelte dem Freund die Hand und gratulierte ihm mit warmen Worten. „Weisst, Heinz, wenn’s auch meine Schwester ist, — die Hilde ist ein Mädel, die ich nicht jedem gönnen möchte, aber Du, das weiss ich, wirst sie so glücklich machen, als es das brave Kind verdient!“ Dann erklangen die inzwischen herbeigeholten Rheinwein gläser, das Klavier wurde aufs neue geöffnet, und Fritz, der auch gelegentlich bei feierlichen Anlässen etwas auf den Tasten zusammenstümperte, griff mächtig in die Saiten, dass der Mendelssohn’sche Hochzeitsmarsch nur so vorüberdonnerte.