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No. 22. Sonnabend, den 30. Mai 1903. V. Jahrgang. Derjfandelsffär/ner. "nmmm “ Kandels-Zeitung für den deutsehen Gartenbau, -em Leipzig, Südstrassc 33. Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig = Gohlis. Leipzig-Gohlis. Organ des „Gartenbau=Verbandes für das Königreich Sachsen E. G." „Der Handelsgärtner“ kann direkt durch die Post unter No. 3222a der Postzeitungsliste bezogen werden. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr: für Deutschland und Oesterreich-Ungarn Mark 5.—; für das übrige Ausland Mark 8.—. Das Blatt erscheint wöchentlich einmal Sonnabends. — Inserate kosten im „Handelsgärtner“ 30 Pfg. für die fünfgespaltene Petitzeile. Die Gartenbau-Ausstellung zu Düsseldorf 1904. Die Veranstalter der Düsseldorfer Ausstellung haben mit der Durchführung ihrer Pläne nicht ihre eigenen Wege gehen können, ohne die jenigen Gärtnerkreise herauszufordern, die sich nun einmal berufen fühlen, bei einer grossen Gartenbau-Ausstellung mitzuwirken. Es war bisher bei solchen Unternehmen üblich, und beispielsweise in Hamburg, Berlin, Dresden, Leipzig, Erfurt stets der Fall, dass die Aus stellungen aus gärtnerischen Kreisen hervor gingen und, dass die Leitung auch in der Hand von Fachmännern, von Beginn an, lag. Nun hat in Düsseldorf sich ein Ausstellungskomitee gebildet, welches mit der Kunst auch die Gärt nerei vereinigen möchte und die unbedingte Tat sache, dass die ersten Schritte ohne Hinzu ziehung der grösseren, rheinischen Gärtnerfirmen geschehen sind, hat böses Blut gemacht. Wir haben uns, als die erste Nachricht von der zu veranstaltenden, internationalen Kunst- und Gartenbauausstellung bekannt wurde, an eine der angesehensten Firmen des Rhein landes gewandt und um Auskunft über die Art und Bedeutung des geplanten Unternehmens gebeten und daraufhin wurde uns die sonder bare Antwort zu teil, dass man nicht nur in Düsseldorf, sondern ebenso im ganzen Rhein land von dem Plane überrascht sei. Auch in dem ersten Aufruf war kein einziger Gärtner unterzeichnet. Inzwischen haben sich die Ver hältnisse geklärt. Das erste Rundschreiben der Veranstalter hat in den gärtnerischen Kreisen gute Aufnahme gefunden, es sollen nahezu 100 Fachmänner dem Komitee beigetreten sein und gegenwärtig ist man, wie wir schon in einer der letzten Nummern mitteilten, damit beschäftigt, das Programm iestzulegen. Warum man nicht, ehe überhaupt mit dem ganzen Projekt an die Oeffentlichkeit getreten wurde, die angesehensten Fachmänner, vor allem die Inhaber der grösseren Firmen des Rheinlandes zu einer vertraulichen Besprechung eingeladen und einigen dieser Herren den Aufruf mit unterzeichnen liess, ist uns unverständlich. Ebenso finden wir keine Erklärung dafür, wes halb man nicht die verschiedenen gärtnerischen Vereine und Verbände des Rheinlandes sofort nach Konstituierung des Komitees eingeladen und hinzugezogen hat. Man muss doch für ein in so grossem Stil geplantes Unternehmen Freunde und Mitarbeiter werben und jeder, der auch im kleinen sein Scherf lein zum Gelingen des Ganzen beiträgt, sollte willkommen sein. Eine jede Gartenbauausstellung legt bekannt lich dem Beteiligten grosse Opfer an Zeit und Geld auf, das wissen diejenigen, die Ausstel lungen im umfangreicheren Masse jemals unter stützt haben, recht wohl. Ausserordentlich gross sind aber diese Opfer, wenn es sich um eine Dauerausstellung, wie die in Düsseldorf geplante, handelt. Aus diesem Grunde sollte auch den Gärtnern von vornherein die Mög lichkeit gegeben sein, an den Beratungen und Vorarbeiten teilzunehmen. Die letzteren sollten aber auch am Gewinn eines derartigen Unter nehmens partizipieren, damit ihnen für die vielen Ausgaben und ihre Mitwirkung ein ent sprechender Nutzen in Aussicht gestellt wird. Die Kunstgegenstände gewinnen nur dadurch, dass sie von einer Ausstellung, wie die Düssel dorfer, angenommen werden. Der Name des Künstlers wird bekannt, die Ausstellungsräume sind geschützt, die Gemälde etc. sind zu hohen Preisen versichert und man wird somit in Künstlerkreisen keine Bedenken tragen, die Ausstellung zu beschicken. Die Kunstgegen stände gelangen unbeschädigt und ohne ein- gebüsst zu haben in die Hände ihres Besitzers zurück. Wie ganz anders ist es im Gartenbau! Die tägliche Pflege und Unterhaltung der Pflan zen, die öftere Erneuerung der Gruppen, ebenso das Eingehen mancher wertvoller Topf- und Dekorationspflanzen, erlegen jedem Gärtner grosse Opfer auf. Die Düsseldorfer Künstler müssen den Gartenbau haben; sie werden da durch dem Ganzen ein ansprechendes, freund liches Gepräge geben. Gerade deshalb sollte man dabei doch die Wünsche und Ansichten der Gärtner berücksichtigen und nicht die in zwischen ernannte engere Kommission vielleicht nur zum Gutheissen der bereits gefassten Be schlüsse bestimmen. Es ist ein Akt der Ge rechtigkeit den Handelsgärtnern und Baum schulenbesitzern das Wort zu gönnen und wird zu einer wohlwollenden Auffassung in unseren Kreisen beitragen. Der „Verein selbständiger Gärtner für Rhein land und Westfalen“ hat inzwischen ein Zirkular an die Oeffentlichkeit gelangen lassen, dessen Inhalt von vielen Tageszeitungen nachgedruckt wurde. In demselben wird mitgeteilt, dass den Düsseldorfer Gärtnern, ebenso wie dem obigen Verein über die Ausstellung nichts weiter be kannt sei, als was die Tageszeitungen veröffent lichen, — dass zwei angestellte gärtnerische Fachleute Rundreisen, auch nach dem Ausland, gemacht hätten und belgische Firmen zur Teil nahme zu bestimmen suchen etc. Hierbei wurde einstimmig eine Resolution angenommen, worin die Versammelten ihr Misstrauen gegen die geplante Ausstellung aussprechen und das Recht in Anspruch nehmen, dass auch die Vereine bei den Beratungen und Schlussfas sungen hinzugezogen werden. Ausserdem wird betont, dass der Plan, eine Ausstellung abzu halten unter Ausschluss der Gärtner des Rhein landes, gefasst sei, auch die Ausdehnung auf das Ausland wird auffällig kritisiert. — Wir sprechen dem betreffenden Verein, ebenso wie dem Gärtnerverein zu Düsseldorf und anderen Korporationen durchaus nicht das Recht ab, ihre Interessen zu wahren und ihrem Befremden Ausdruck zu geben. Trotzdem hätten wir ge wünscht, dass es in einer anderen Form ge schehen wäre, dadurch wird der guten Sache, die in der Entwicklung begriffen ist, unbedingt geschadet. Es lassen sich gewiss Mittel und Wege zu einer gegenseitigen Annäherung fin den, damit durch ein gemeinsames Zusammen wirken die besten Erfolge erreicht werden. Wie sich nicht anders erwarten liess, hat die Ausstellungsleitung auf dieses Zirkular des Vereins geantwortet und sagt darin, dass man wohl den Rat hervorragender Fachleute eingeholt habe und auch an die grossen Garten bauvereine sich um Beteiligung wandte; neun deutsche Regierungen hätten bereits eigene Kommissare ernannt und einzelne Städte Kol lektiv-Ausstellungen in Aussicht genommen. Der bekannte Gartenbauarchitekt H. Jürgens in Hamburg, der die grosse Hamburger Aus stellung 1897 durchführte, stehe als technischer Beirat der Leitung zur Seite. Auch gehörten dem Ausschuss bis jetzt 6 Düsseldorfer Gärtner an, und der „Verein der Gartenbau-Künstler vom Rheinland und Westfalen“ hätte sich be reits im Februar auf das Wärmste für das Unternehmen ausgesprochen. Betont wird ferner die günstige Finanzierung und die Be teiligung der industriellen und gewerblichen Gärtnerei. Auch andere der Leitung gemachte Vorwürfe werden zurückgewiesen und es soll demnächst ein Aufruf mit Anmeldungsformularen zur Beteiligung an alle deutschen Gärtner ge schickt werden. Im Interesse der ganzen Sache wünschen wir, dass dieser Streit so schnell als möglich geschlichtet wird, da beide Teile keinen Nutzen daraus erzielen. Die Veranstalter der „Düssel dorfer Kunst- und Gartenbau-Ausstellung“ haben sicher die besten Absichten verfolgt und glaub ten, im Recht zu sein, da sie die Mittel für das Unternehmen aufbringen, auch das Programm für den gärtnerischen Teil mit Hilfe einiger Fachmänner vorzubereiten. Hier bei hat man aber ganz offenbar die Bedeutung einer grossen, deutschen Gartenbau-Ausstellung, sowie es die 1897er Hamburger war, verkannt. Was würde z. B. die Künstlergenossenschaft in Dresden dazu sagen, wenn die dortigen Handelsgärtner eine internationale Kunst- und Gartenbau-Ausstellung planten und hierzu aus Berlin, Hamburg, Hannover etc. einige Künstler kommen liessen, um mit diesen die Grundzüge des Programms zu beraten, ohne auch nur von den Künstlervereinen in Dresden und Leip zig, irgend welche Notiz zu nehmen? Es sind der Redaktion des „Handelsgärtner“ in den letzten Tagen in dieser Angelegenheit von ver schiedenen Seiten Mitteilungen zugegangen, so dass es notwendig war, der Angelegenheit einige Zeilen zu widmen. Dass man das Ausland zur Beteiligung ein laden will, und damit der Ausstellung einen internationalen Stempel aufdrückt, halten wir bei der Lage Düsseldorfs durchaus richtig. Vielleicht wäre es aber hierbei zweckmässig, einen Modus zu finden, wodurch das über wiegende Hervortreten des Auslandes im In teresse des deutschen Gartenbaues vermieden wird. Die Teilnahme der holländischen, bel gischen, ebenso französischen Firmen an den vorgesehenen temporalen Ausstellungen dürfte nur ein vielseitigeres Bild bieten; man wird ja ohnedies genug Pflanzen belgischen Ursprungs auf der nächstjährigen Düsseldorfer Ausstellung finden. Es bleibt immer wieder bedauerlich, dass eine gemeinsame Beratung der hierbei interessierenden Kreise nicht früher stattgefunden hat, wodurch sich dieser unwillkommene Zwist vermeiden liesse. Wir haben alle Ursache jede Veran staltung, seien es nun Ausstellungen oder Feuilleton. Frühlingsstürme. Gärtner-Roman aus der Gegenwart von Alfred Beetschen. Schluss. Nachdruck untersagt. Heinz, der in Hamburg, namentlich während der letzten Streik-Periode seine Kräfte, indem er sie dem Ganzen auf opferte, für sich selbst brach liegen lassen musste, war in diesen Tagen ganz in seinem Elemente. Mit so gutem Appetit hatte er schon lang nicht mehr gegessen, als jetzt, da ihm Tante Emilie wieder kochte. Als Rombergs bewährter Hausarzt dem Domgärtner ge stattete, sich vorläufig vom Fenster seines Schlafzimmers aus — „nur so aus der Vogelperspektive“ lauteten seine eigenen Worte — über den Stand der Dinge in der Krauterei zu unterrichten, war die Hauptsache der Wiederherstellungsarbeiten bereits getan. Die ins Erdreich gerissenen Unterwühlungen waren mit frischer Erde zugeschüttet, die vom Hagel zer trümmerten Gewächshäuser ersetzt und die verwüstet gewesenen Teppichbeete und Kulturen wieder in einen der Domgärtnerei würdigen Zustand gebracht. Meister Romberg schaute mit grossen Augen auf die sich inzwischen vollzogene Verwandlung. Der harte Schlag, der finanziell einen bedeutenden Verlust im Gefolge hatte, zitterte noch in ihm nach, als er die von den Strahlen der Junisonne umspielte Walstatt bedächtig und mit dem untrüglichen Blick des Kenners in Augenschein nahm. „Die Burschen haben sich famos gehalten; das werd’ ich dem Paulsen nicht vergessen!“ murmelte er, die Stirn an die Fensterscheibe gepresst, vor sich hin. Eben wollte er einem der Gehilfen was zurufen, als er sich noch recht zeitig auf das Verbot des Arztes besann. Noch durfte er sich nicht der frischen Luft aussetzen, musste sich schonen. Leider! Wie gern hätte er selbst Hand angelegt, der un ermüdliche, rastlos tätige Mann! Das blosse Zusehn, wie’s andere machten, war nicht seine Sache. Aber das bedenk liche Gesicht seines Arztes und die flehenden Mienen der Schwester hatten ihm deutlich genug zu verstehen gegeben, dass er parieren müsse. „Ein Mann von meinen Jahren darf sich nicht erkälten“ sprach er hüstelnd zu sich selbst. „Man ist in jenes Zeit alter gekommen, in welchem Vorsicht die einzige Tugend mehr ist. „Ja, ja, — man wird alt und müde und mürbe.“ Traurig, resigniert liess er seine Blicke schweifen . Plötzlich zuckte er jäh zusammen. Was war das? Ging dort nicht Heinz? Ach, Unsinn! Wohl gar noch am hellen Tag Gespenster sehn! Und doch — jetzt kommt sie näher die Gestalt, die seinem Sohn so täuschend ähnlich sieht. Jetzt steht sie still, gibt Anweisungen, sie kommen und gehn. — „Emilie! Emilie!“ schrie der Alte plötzlich durch die aufgerissene Tür seines Gemaches, dass es beängstigend durch das Haus gellte. Als die Gerufene erschien, glaubte sie beinahe, der Schlag habe den Bruder gerührt. Mit zitterndem Finger zeigte er durchs Fenster: „Dort, das ist Heinz! Wie kommt er ohne mein, ohne mein — —!“ Ermattet sank er auf einen Stuhl. „Reg’ dich nicht auf, Bruder, ich bitte dich! Heinz kam aus freien Stücken, da er hörte, was dich für ein Unglück heimgesucht. Er wollte dir beistehen in deiner Not und verlangte gleich, zu dir gelassen zu werden. Aber mit Rück sicht auf deinen Zustand Richard, der du bei Heinrichs Ankunft ein weit schlimmers Gesicht zeigtest, als heute musste das Wiedersehen verschoben werden. Heute, — wenn du willst — —“ „Der Racker!“ kam es halb schmerzlich, halb frohbewegt von den bebenden Lippen des Alten. „Wäre Heinz nicht gekommen, Paulsen und seine Leute hätten die Sache da unten“ -— die Sprechende wies nach dem Garten — „nicht so glücklich bewältigt.“ „So, so! Ein Racker ist er, der Heinz! Er soll “ „Da ist er ja schon!“ brachte die Schwester, welcher diese ersehnte Wiederbegegnung zwischen Vater und Sohn schon manche bange Stunde verursacht hatte, mit Schluchzen hervor. „Ja, da bin ich, Vater,“ sprach Heinz, der beim Anblick der Veränderung, die in den Zügen des also Angeredeten vor gegangen war, seine Ergriffenheit nicht verbergen konnte. „Seid wieder gut miteinander, Richard! Sieh, er kommt mit ausgestreckten Händen. Lasst alles begraben sein, wie den Maienhagel, von dem im Garten nun auch nichts mehr zu sehen ist.“ „Bis auf die Spuren, — die Spuren,“ ergänzte Meister Romberg, seinen Sohn scharf, von unten herauf, ansehend. Er nahm die dargebotene Rechte des Zurückgekehrten und hielt sie während des Folgenden, das er langsam, mit fast feierlicher Stimme, sprach, in der seinen. „Siehst du,“ hob er an, „ich hab’ doch recht behalten! Euer leichtsinnig begonnener und traurig zu Ende geführter Streik war ein rechter Wechselbalg, eine Grosstadtrange, auf die Ihr Euch weiss Gott was eingebildet habt, und mit der es kein gutes Ende nehmen konnte. Ich will dir hier keine Strafpredigt halten, denn erstens bin ich noch zu schwach, um viel reden zu können, zweitens hast du, wenn ich mich recht in deinen Blicken auskenne, deine Strafe schon weg. Auch Erfahrungen sind Strafen und du dürftest, nehme ich an, deine heilsamen Lehren daraus gezogen haben. Jeder hat solche Erfahrungen zu machen und jeder hat etwas auf dem Kerb holz seines Schöpfers. Auch ich muss da etwas angekreidet stehen gehabt haben, dass mir der liebe Gott dieses hässliche Unwetter auf den Hals geschickt hat. Daran, dass du beim ersten Hören von dem Schaden, den die Domgärtnerei durch den austretenden Barschbach erlitten, auf die Unglücksstätte geeilt bist und gleich mit Hand angelegt hast, dem Uebel nach Kräften zu steuern, — daran, Heinz, erkenne ich meinen Sohn und darum halte ich deine Hand in der meinen. Du hast gesühnt, wenn du etwas zu sühnen hattest, und wirst von deinen Reformplänen geheilt sein.“ Heinz wollte etwas entgegnen, doch ein Blick Emilies, die hinter dem Lehnstuhl des Bruders stand, liess ihn mit seiner Ansicht über diesen Punkt noch zurückhalten. Später findet sich immer noch Gelegenheit, der Sache Erwähnung zu tun, dachte er. Kein Baum fällt auf den ersten Streich. Einunddreissigstes Kapitel. Wochen waren inzwischen ins sonnenüberflutete Land gegangen. Sie hatten den strahlenden Sommer gebracht und die brausenden Frühlingsstürme mit ihrer schlimmen Gefolg schaft in Vergessenheit geraten lassen. Der heimtückische Barschbach hatte sein ungestümes Wesen abgelegt und nie-