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48 eine Reihe von Anstalten, die mit den Armcnschulcn (clwritx sclwols) für die Kinder der Arbeiter nichts gemein haben. Einige von ihnen, namentlich die xrswwsr «ciwols, waren ursprünglich Freischulcn für die Armen-Kinder be. stimmtcr Distrikte. Allmälig aber hat sich ihre Bestimmung geändert, als der Unterricht, den sie ertheilten, für die Bedürftigen unnütz wurde. Der Staat, dem keine direkte Kontrole znstand, konnte oder mochte diese Umgestaltung nicht hindern. Hin und wieder haben dies zwar die Gerichtshöfe versucht, aber nur mit geringem Erfolge. ES ist nicht zu leugnen, daß diese Unabhängigkeit der Unterrichts-Anstalten manche Mißbräuche begünstigt hat. So eristirt in gewissen Ortschaften die Schule nur noch dem Namen nach, während die ihr zugcwiesenen Einkünfte zu ganz anderen Zwecken verwendet werden. Andere Stiftungen giebt cs, wo die Ueberschüffe der Einnahme, die durch den steigenden Werth des Grundbesitzes gewonnen werden, nur die Kuratoren bereichern. Dennoch aber hat der Staat gezögert, sich in die Freiheit der geistlichen Körperschaften und der Privat-Jnstitute einen Eingriff zu erlauben. Das Einzige, was er that, war, daß er vor einigen Jahren eine Kommission beauftragte, die Mißbräuche zu untersuchen, die sich in die Verwaltung der Schulen eingeschlichen hatten. Nach der Meinung vieler Sachverständigen wäre es nun wünschenswerth, daß man den Staat sich noch thätigcr beim Unterricht bethciligcn sähe, daß er einen Lehrplan vorschlüge und von den Direktoren Garantiecn für die Wahl guter Lehrer fordere. Eine so beschränkte Einmischung der Negierung scheint die Freiheit des Unterrichts nicht zu gefährden. Sie würde übrigens nur von der gesetzgebenden, nicht von der verwaltenden Behörde geübt werden können, da alle Schulen, als Privat-Jnstitute, nur den obersten Gerichtshöfen unter worfen find. Diese haben darüber zu wachen, daß die Bestimmungen in den Stiftungs-Urkunden der Schulen erfüllt werden, dürfen aber nicht weiter ge- hcn. Die Minister, als Verwalter ihrer respcktiven Abtheilungen, haben nicht das geringste Recht, den Unterrichts-Anstalten Vorschriften zu machen. Da jedoch von einer anderen Seite das Bcdürsniß, die großen HülsS- quellen, welche dem Dolksunterrichtc zugewicsen sind, auf eine den Forderungen der Zeit entsprechendere Weise zu verwenden, sich täglich fühlbarer macht, so wird die Regierung wahrscheinlich gezwungen werden, aus ihrer passiven Rolle herauszutretcn. Aber auch dann wird sie nicht unterrichtend, sondern nur überwachend auftreten. Durch den Vorschlag gemeinsamer Lehrpläne und Prüfungen für die Schulen gleichen Ranges wird sie der ausschließlich klassi schen und klcrikalischen Richtung entgegcnarbeitcn; nie aber wird sie es wagen, die Selbständigkeit derselben gänzlich aufzuhebcn, weil dies ein Umsturz eines der Hauptgrundsätze der englischen Verfassung wäre und einen nicht zu be wältigenden Sturm im Lande erregen würde. (Fortsetzung folgt.) Die Erpedition des Sir I. C. Roß nach dem Siidpolarmeer. Der vollständige Bericht über die Entdeckungsreise, welche Sir JameS Clark Roß in den Jahren 1830—43 nach dem Siidpolarmeer auf den Schiffen „Erebus" und „Terror" unternommen und die so interessante Er- gcbniffe in terrestrischer sowohl als in magnetischer Hinsicht geliefert, ist be kanntlich erst im vorigen Jahre veröffentlicht worden. Mit Vergnügen fügen wir hinzu, daß auch bereits eine deutsche Ueberseßung dieses Berichtes uns vorliegt, °) und zwar in einem sowohl für die ernste Belehrung als für die leichte Unterhaltung geeigneten Gewände, indem der deutsche Herausgeber, Herr Julius Seybt, diejenigen geologischen und meteorologischen Details, welche nur für den Naturforscher von Fach ein näheres Interesse haben, alle andere Leser jedoch gewöhnlich abzuschrccken pflegen, weggelassen oder zu- sammengezogen hat. Eben so ist die Tagebuchsform des englischen Originales in die Form einer fortlaufenden Erzählung verwandelt, was ebenfalls für die Lektüre weniger ermüdend ist. Um jedoch darzuthun, daß der Herausgeber seine Aufgabe begriffen und dasjenige, was in dieser Reisebeschreibung hauptsächlich das Interesse fesselt, auch ins Auge zu fassen wußte, theilcn wir hier die einleitenden Worte mit, mit welchen er die den Erdmagnetismus betreffenden Zwecke der Reise darzu- legen sucht, und werden die Leser daraus auch ersehen, was sic in dem Buche selbst finden und daraus lernen können: „Seit dem ersten Jahrzehcnt dieses Jahrhunderts begann die Vertheilung der magnetischen Kraft über die Erde die Aufmerksamkeit ausgezeichneter Ge- lehrten Europa's und namentlich Humboldt's aus sich zu ziehen, und schon die ersten Beobachtungen bestätigten die seit langem gehegte Vermuthung, daß die Abweichungen in der Richtung der Magnetnadel auf verschiedenen Punkten der Erde gewissen Gesetzen unterliegen. Bekanntlich bleibt nur an wenigen Orten der Erde die Magnetnadel in paralleler Richtung mit dem Meridian, d. h. sie zeigt fast nirgends gerade nach dem astronomischen Nordpool, sondern weicht mehr oder minder nach Osten oder Westen ab; eben so behält die Magnet nadel ihre horizontale Lage nur ans dem magnetischen Aequator bei, der zwar in der Nähe des geographischen Aequators, aber nicht parallel mit demselben liegt, und neigt sich mit ihrer Süd- oder ihrer Nordspitze immer mehr, je ') Emdeoungsreise nach dem Südpolarmccre in den Jahren I8N— 181». Von Sir James Clark Roß. Deutsch von Julius Seuln. Mil Abbildung und einer Karle. Leipzig, Karl B. Lor», 1817. näher sie dem entsprechenden Pole der Erde gebracht wird, wo sie eine senk rechte Stellung annimmt; zu diesen zwei Elementen, der magnetischen Decli- Nation und Jnclination, tritt noch ein drittes, die Intensität, d. h. die Stärke der magnetischen Kraft auf einem gegebenen Punkt der Erde. Außer diesen regelmäßigen Variationen sind aber noch an der Magnetnadel tägliche Stö rungen zu bemerken, die oft an den entferntesten Punkten der Erde gleichzei tig stattfinden. Der Wunsch, die Gesetze, welche diesen Störungen zu Grunde liegen, zu erforschen, gab Anlaß zur Gründung eines magnetischen Vereins unter Leitung des Prof. Gauß, auf dessen (und Humboldt'S) Veranlassung magnetische Observatorien in Altona, Augsburg, Berlin, Bonn, Braunschweig, Breda, Breslau, Kassel, Kopenhagen, Dublin, Freiberg, Göttingen, Green wich, Kasan, Krakau, Leipzig, Mailand, Marburg, München, Neapel, St. Pe tersburg und Upsala gegründet wurden, wo jährlich sechsmal und später vier- mal an bestimmten Tagen in Zwischenräumen von fünf Minuten gleichzeitige Beobachtungen angcstcllt wurden. So zahlreich auch diese Stationen find, so verbreiten sie sich doch nur über einen verhältnißmäßig kleinen Theil der Erde, und cS konnte nur zur Förderung der Wissenschaft gereichen, daß die achte Versammlung der britischen Gesellschaft 1838 sich dieser Sache annahm und der Regierung die Errichtung von magnetischen Observatorien in Kanada, Ceylon, St. Helena, Van-Diemcnsland und Mauritius oder auf dem Kap der guten Hoffnung, so wie die Absendung einer Erpedition zur Erforschung der magnetischen Phänomene in den höheren südlichen Breiten zwischen den Meri dianen von Neuholland und Kap Horn, anempfahl. Mit ihrer gewöhnlichen Bereitwilligkeit beschloß sofort die englische Regierung, diesem Wunsch zu ent sprechen, und rüstete zu diesem Zwecke die beiden Schiffe „Erebus" und „Terror" aus, deren Kommando sie dem Capitain Sir James Clark Roß, dem Sohn des berühmten Nordpolreisenven, anvertraute. Die Geschichte die ser interessanten Reise in die höchste südliche Breite, die man bis jetzt hat er reichen können, legen wir hier dem Publikum vor. Die Entdeckung eines Kontinents") und eines thätigen Vulkans °°) an den äußersten Gränzen der Erde, die mannigfachen Fährlichkeiten in den von ewigem Eis starrenden Meeren, in welchen die Schiffe drei Sommer lang verweilten, und die Notizen über den Zustand von Van-Dicmensland und Neuseeland werden gewiß das Interesse des mehr als flüchtige Unterhaltung suchenden Lesers anregen, wäh rend die bedeutenden wissenschaftlichen Erfolge der Reise in mehreren Zweigen der physischen Geographie, die Bestimmung dcS wahren magnetischen Südpols und die botanischen Notizen von vr. Hooker, mit höchst schätzenswcrthcn Nachweisen über die geographische Vertheilung der Pflanzen, die Aufmerksam keit der Gelehrtrn von Fach auf sich ziehen werden." Mannigfaltiges. — Rheinerinnerungen. Gedichte von Gustav Erhard. Genau genommen, Erinnerungen aus einer Reise nach, an und von dem Rhein, denn über 20 der 70 Lieder haben nichts mit dem Rhein zu thun. Die muntere Muse des Dichters besingt mit offen-frohem Sinne nicht sowohl die tief im Gcmüth empfangenen Eindrücke, als das auf der Hin- und Rück wanderung Geschaute: Hügel und Gewässer, Städte und Burgen, bedeutungs volle Mensche», Sagen und Denkmäler. Das Haus auf dem Graben in Frankfurt erhält eben so wohl seine Spende, als der Königstuhl in Rhcnse, oder Burg Stolzensels, oder die Fürstengruft in Weimar. Eine Lyrik, die im Herzen verborgene Saitcn anschlägt, in noch nicht vernommenen Lauten sich kundgiebt, des Hörers Gcmüth durch Neuheit, Tiefe, Wahrheit und Adel der Gedanken ergreift und fortreißt, ist unserem Sänger fremd. Seine Lieder sind ein poetisches Rundgcmälde mit Intervallen. Auch dies ist annehmbar und wird ihm hoffentlich manchen Rheintouristen zum Freunde, manchen seiner Freunde zum Nheinsahrer machen. Viel Artiges ist in seinen Liedern, selbst auch Satirisches, wie in Nr. 17, „Frauenlob". Eine Anzahl ungefcilter Verse und matter Gedanke» wollen wir so wenig Nachweisen, als von dem Gelun genen mittheilen. Herr Erhard hat sein gutes Recht geübt, im freien Dichter- walde mitzufingen, und Viele werden es ihm Dank wissen. Unstreitig bes- scr ist, die Wanderfreuden verklären fich daheim zu poetischen Gestalten und Nachgenüsscn, als wenn fie unter Büchern, Akten oder Finanz-Spe kulationen verduften und verstirben. Zu billigen ist auch, daß ein Sänger von der Elbe dem Vater Rhein seine Huldigung darbringt. Vielleicht findet fich dereinst ein Nheinlandödichtcr bei unserer Elbe ab. Doch ist die Konjunktur offenbar zu jenes Gunsten: am Rhein Natur, Geschichte, Sagen, großartigste Architektur, Volksleben, Völkervcrkehr; an derElbe nichts von all' dem letzteren, nichts als — auch dieser jedoch sehens- und bcfingenSwerth — ein CykluS lieblicher und romantischer Naturbildungcn im Vor- und Hintergründe einer reizenden Fürstenstadt. E. K. '1 Victoria genannt. ") Der Vulkan „ErebuS" nntenn 78" S. Br. iß >2,tu« F. hoch. Da- Parrhge- birge und der „Terror" lw.dW F.> liegen den, Südpol noch näher. "') Bibliothek Secrctair in Dresden. — Dresden, 1817. «Ms»--——. Herausgtgkben und redigirt von I. Lehmann. Im Verlage von Veit «r Comp. Gedruckt bei A. W. Hayn.