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Wöchentlich ericheinen drei Nummern. PränumerationS-Präs 22z SIlb-rgr. (j THIr.) vicrteliäbrlich, Z Tdlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prhnuminn aus diese« Literatur- Blatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. Staat«- Zeitung (Friedrich«- Straße Nr. 72); in der Pronin; so wie im Auslände hei den WohUcitt. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 94. . Berlin, Montag den 8. August 1842. Polen. Die Wahl des Königs in Polen.") Die Meinung einiger Polnischer Historiker, daß die Könige in Polen schon von alterSher durch Wahl zu ihrer Würde gelangt sind, findet in meh reren Beispielen, welche die Geschichte bis in die sagenhafte Zeit hinauf auf bewahrt hat, ihre Bestätigung. Doch wurde bei der Wahl des Königs anfangs immer zugleich auf die Erbfolge, dann aus die Verwandtschaft Rücksicht ge nommen, und erst in späteren Zeiten wurde der König ohne alle Nebcn- rücksichten aus seine Abstammung erwählt. Die Geschichte Polens berichtet demgemäß, daß die Wahlen bis auf Wladyslaw Jagjello sich an die Linie der Piasten, von Wladyslaw bis Sigismund August an die Zagjellonische ManncSlinie angeschloffen haben. Kasimir Jagjello, den Micchowita den ersten gewählten König nennt, war noch nach der Erbfolge erwählt; er wurde, nachdem Wladyslaw bei Warna gefallen war, zu Sieradz zu dessen Nachfolger berufen und in Folge eines Beschlusses des Reichstages zu Piotrowo verwarnt, daß Boleslaw, der Herzog von Masowien, die Krone erhalten würde, wenn er selbst länger sich der Uebcrnahme derselben weigere. Johann Albrecht, Alerander, Sigismund I. waren ebcnsalls nach der Erb- folge gewählte Könige, und zwar mit Uebcrgehung ihres ältere» Bruders Wladyslaw, der bereits in Böhmen regierte. Aus den Zeiten Sigismund'S l. hat man Bestimmungen über das Recht der Wähler, welches den Herzogen von Masowien, dem Hochmeister der Kreuzritter und den Söhnen verstorbener Könige ausdrücklich abgesprochen wird. Für die erste wirkliche Königswahl in Polen gilt die Hcinrich's von Anjou; sie gab die Norm für alle folgende Wahlen ab. Sobald der Thron entweder durch den Tod des Königs oder durch gesetz liche freiwillige Entsagung der Krone für erledigt erklärt worden war, berief der Primas, als Jntcrrer (borkrol), einen Reichstag, welcher der Con- vocationstag hieß. Auf diesem wurden Beschlüsse, die für das Inter regnum nothwendig waren, gefaßt; cs wurde die General-Conföderation unterschrieben, vornehmlich war aber der Zweck desselben, den Wahltag (electinnw üie8) für einen neuen König festzusetzen. Der Zeitpunkt, bis zu welchem die Wahl erfolgen mußte, war nicht genau bestimmt; nach dem Tode Jvhann's III. kam die neue Wahl erst nach acht Monaten zu Stande. Die Zwischenzeit vom Convocationstagc bis zum Elcctionstagc wurde zu Vorbe reitungen zur Wahl benutzt; auf Landtagen, welche relutioumn (««. «lies) hießen, gaben die Landboten ihren Kommittenten Rechenschaft über die Wirk samkeit des Convocationstages, es wurden die Landboten zu dem Wahltage bestimmt, auch wurde über die Thron-Kandidaten berathen, die entweder auswärtige Prinzen oder Inländer seyn konnten. Zu de» wählbaren Inlän dern gehörten nicht nur die Söhne und Verwandten des verstorbenen Königs, sondern auch jeder Edelmann der Republik Polen. Auf dein ConvocativnStage vom Jahre I6S6 setzte man aus Abneigung gegen die Königin und die König lichen Prinzen fest, daß derjenige für einen Feind des Vaterlandes angesehen werden sollte, der einem Eingeborenen zum Throne zu verhelfen wagen würde; doch wurde diese Bestimmung während des Interregnums vom Jahre 173» wieder aufgehoben, wodurch im Jahre 1764 die Wahl Stanislaw August's möglich ward. Das Recht, den König zu wählen, hatten nicht nur alle Senatoren und der Adel durch besonders dazu auserlesene Deputirte, sondern jeder Edelmann für seine Perlon, wenngleich er sich in die übrigen Berathungen des Elcctions- tagcs nicht zu mischen hatte. — Die Frage, ob jeder Adlige bei der Wahl seine Stimme abgeben sollte, entstand vor der Wahl Heinrich'S. Jan Zamojski, damals Landbotc von Belz, erklärte, daß dieses Recht jedem Adeligen werde» müßte, da ein Jeder persönlich zur Landesvertheidigung sich zu stellen ver- pstichtet wäre. Dieser Ansicht stimmte die Majorität bei, und man befolgte sic auch später genau, obgleich ein eigentliches Gesetz darüber nicht erlassen wurde. Während der General-Confödcration in de» Jahren 1606 und 1733 wurde der Adel zu den Wahltagen wie zur allgemeinen Landesvertheidigung berufen. Außer de», Adel erhielten auch seit Wladyslaw's IV. Wahl einige Städte das Recht, durch Deputirte für einen neuen König zu stimmen. Solche ') Au« dem dritten Hege de« Werke«-. 8tLro^tuos°I(Polnische Mertdümer), Posen 18«, do« in der Form einer Encnklopädie die Vorzeit Polen« darstellt und manche interessante und umfassende Artikel enthalt. Städte waren Krakau, Posen, Wilna, Lemberg; in Preußen Danzig, Thorn und Elbing; für den König Michael stimmte auch Warschau, für Stanislaw August Kamieniez in Podolien. Unter einigen Wahl-Verhandlungen befindet sich auch die Unterschrift der Stadt Riga. Die städtischen Deputirten hatten nur die Rechte einzelner Adeliger und setzten ihre Unterschrift auf den Wahl- Diplomen hinter den Namen des gelammten Adels ihrer Wojewodschaft. Die in LchnSverbindung mit Polen stehenden Fürsten forderten zwar auch für sich das Stimmrecht bei der Königswahl, doch blieb es ihnen, gleichwie dem Heere, fortwährend versagt. Jeder im Heere stehende Edelmann konnte natürlich mit seiner Wojewodschaft stimmen. Während des Interregnums im Jahre 1632 bemühten sich die Kosaken vergeblich um diese Vergünstigung. Die versammelten Stände wiesen sie aber, empört über die Forderung, mit der Aeußerung zurück, wie sie, die zu keinen Berathungen zugclaffen würden, auf die Wahl des Königs einwirken zu wollen sich unterfangen könnten? In älterer Zeit geschahen die Wahlen nach dem Zeugnisse des Matthias aus Minchow in Piotrkowo und ausnahmsweise in Krakau, also an denjenigen Orten, wo überhaupt die meisten Zusammenkünfte stattfanden. Nachdem Lithauen mit Polen vereinigt war und man in Warschau zu berathen begann, wurde auch der Wahltag dahin verlegt. Aber da cs schwierig gewesen wäre, alle Wähler in dcr Stadt unterzubringen, so wurde zum Wahlplatz ein Feld zwischen Warschau und dem Dorfe Wola ausersehen, und hier fanden alle Wahlen bis auf die Heinrich'S und August's III. statt. Der Wahlplatz war mit einem Graben und Wall umgeben; nur drei Zu gänge blieben offen: dcr westliche für Grvßpolen, dcr südliche für Kleinpolcn, der östliche für Litbauen. In dem cingeschloffenen Raume wurde bei jeder Wahl ein hölzernes Gebäude, in dcr Gestalt eines Zeltes, erbaut, das mit Brettern gedeckt war und leinene Wände hatte. Es hieß sropa. Hier hatten die Senatoren ihren Sitz. Unfern desselben, doch innerhalb des Walles, ver sammelten sich unter freiem Himmel die Landboten; der Ort hieß Koto (dcr Krcis), und die Versammlung Koto rzver^kie. Die Edelleute, die nur für ihre Person stimmten, sammelten sich außerhalb des Walles auf dem Wahl felde bei den Fahnen ihrer Wojewodschaften, eine jede an dem von dem Groß marschall bestimmten Platze. Der Wahl-Akt selbst war durch keine gesetzliche Bestimmungen geordnet. Schon zur Zeit Sigismund August's verlangten die Stände eine Wahl- Ordnung; bei dcr Zusammenkunft zu J^drzejow im Jahre >576 setzte man zwar scst, daß auf dem ersten Reichstage nach der Krönung des Königs Stephan Batory genaue gesetzliche Vorschriften über den Akt der Königswahl erlassen werven sollten, doch kam dieser Vorschlag eben so wenig zur Aus führung, wie alle spätere. Alles, was wir über die Wahl wissen, beruht auf Gewohnheiten, nicht auf gesetzlichen Bestimmungen. An dem Tage, an welchem der Elcciions-Reichstag begann, wohnten die versammelten Stände einem feierlichen Gottesdienste in dcr St. Johannis kirche in Warschau bei, bei welchem entweder der Päpstliche Nuntius oder der Primas celcbrirte. Dann begaben sie sich zur Witwe dcö verstorbenen Königs, wenn sie sich in Warschau befand, um ihr ihr Beileid zu bezeugen. Im Namen des Senats sprach hier der Primas, im Namen der Ritterschaft dcr Marschall des letzten Reichstages. Rach dieser Ccrcmonic begaben sich Alle auf das Wahlfelv, die Senatoren in die 8^op», die Landboten in das Koto, um unter dem Vorsitze des letzten Rcichtags-Marschalls einen neuen Marfchall zu wählen. Bevor dieser nicht ge- wählt war, konnten die Berathungen nicht beginnen. Bei der Wahl August's II, ließ man, ohne Rücksicht auf die alten Gewohnheiten, den gcsammten Adel zur Marsckallwahl zu und zog dieselbe, im Widerspruch mit den Gesetzen von >678 und I6S0, nach welchen sie gleich am ersten Tage bccndigt werden sollte, vierzehn Tage lang hin. Die späteren Gesetze von I69S und >736 steuerten ähnlichen Uebelständen nicht. Bei der Wahl Sigismund'S lll. gab es sogar zwei Marschälle zugleich, den KaSpar Dambinski von dcr Zborowskischcn Partei und Pawel Orzechowski Seitens der Zamojskischcn Partei. Bci der Wahl August's II1. folgte Antoni Poninski auf Franciszek Radzewski, als dieser auf Leszczynski'S Seite übertrat, in der Marschallwürde. Dcr neue Landtags-Marschall leistete einen Eid, daß er, seiner Pflicht ge treu, dem erwählten Könige das Wahl-Diplom nur in gesetzlicher Form und auf allgemeine Zustimmung ausfertigcn wolle. Darauf bcgab sich eine Depu tation, die aus einem Großpolnischen, einem Kleinpolnischen und einem Lithauischen Landboten bestand, in die xrop» des Senats, mit dcr Nachricht, daß die Ritterschaft einen Marschall gewählt habe. Drei Mitglieder des Senats begleiteten diese Landboten zur Ritterschaft zurück und luden dieselbe