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244 Familie im Nachtkleide flüchten mußte und, trotz der aufopfernden Bemühun gen ihres Europäischen Bedienten, ihre Baggage zu retten, mehr als „tausend Dollars an Werth" verlor, außer „Zeichnungen, Skizzen, Mineralien, einem Herbarium und einer Flora, die kein Geld ersetzen kann." „Zufolge der über die Veranlassung des Feuers cingeleiteten Unter suchung", erzählt uns Herr Buckingham, „durfte man wohl vermuthen, daß dasselbe nicht zufällig entstanden, sondern vielmehr von einigen der zum Hause gehörenden Sklaven angelegt worden war. Der Besitzer desselben, Iudge Hale, war ein humaner, lieber Mann; aber er wohnte in einem anderen Hause, beinahe eine Meile von dem Hotel entfernt, und hatte die Verwaltung desselben Anderen überlassen; hierzu kam, daß er in der letzten Zeit unwohl gewesen und einige Tage das Hotel nicht besucht hatte. Mittlerweile übten der Verwalter und seine Gehülfen, die minder gerecht und billig als ihr Ge bieter waren, wie man sagt, eine ungebührliche Strenge über die Sklaven oder wenigstens über einige unter denselben aus, und Einsperrungen und Aus peitschungen kamen sehr häufig vor. Unter solchen Umständen pflegen die Sklaven die Häuser ihrer Tyrannen niederzubrcnnen, und oft gelingt es ihnen dadurch, es zu einem Verkaufe ihrer eigenen Personen zu bringen, wobei sie, der gegenwärtigen tyrannischen Behandlung entkommend, wenigstens die Hoff nung auf eine bessere haben." Uebrigcns ist es nicht so leicht, als man glauben möchte, zu entscheiden, ob die Sklaven oder ihre Gebieter durch das Fortbestehen der Sklaverei mehr gewinnen oder verlieren. Unser Verfasser macht den gewöhnlichen hierher passenden Unterschied zwischen Land- und Haussklaven. Die Haussklaven, sagt er, sind, in physischer Hinsicht, häufig besser daran, als die Bedienten in England — ; sie bekommen bessere Kost, haben weniger zu thun und fühlen sich vielleicht selbst glücklicher, so daß es wohl zu bezweifeln ist, ob nicht Manche darunter, wenn man ihnen die Freiheit anböte, dieselbe ausschlagcn würden. Die Lage der Landsklavcn wechselt dagegen mit dem Charakter ihres Gebieters oder Verwalters, so wie mit der Beschaffenheit der zu erzielenden Produkte, da der Anbau mancher derselben weniger mühsam als der anderer ist, während die Kost je nach der Billigkeit der Lebensmittel verschieden aussällt. Die kleinen Hütten der Landsklaven sind ziemlich gut gebaut und nett eingerichtet. Die armselige und knappe Sklavenkleidung dagegen schien Buckingham's Mitleid zu erregen, allein er vergißt dabei das warme Klima Die Behandlung derselben findet er im Allgemeinen nicht grausam. Die Sklaven haben in dieser Hinsicht ihre eigenthümlichen Mittel, ihre Gebieter im Zaume zu halten. Wir haben bereits die Gewalt des bei ihnen gebräuchlichen Feueranlegens kennen gelernt; ein anderes ihnen zu Gebot stehendes Mittel ist, mit „Schmollen" zu dro hen-, wird dasselbe in der That angewendet, so macht sich der Sklave dadurch nicht nur seinem Eigenthümcr unnütz, sonvcrn er vereitelt auch jede» weiteren Verkauf, da Niemand einen „schmollenden" Neger kaufen will. Außerdem bil den, wie aus manchen zufälligen Umständen sich ergiebt, das eigene Interesse und die öffentliche Meinung eine Schutzwehr gegen die strenge Behandlung der Sklaven, und auf diese Weise kömmi es selbst bei Dieberei und Brandstif tung, den beiden häufigsten Verbrechen der Sklaven, meist nur zu einer ober flächlichen Untersuchung. „Was die Sklaven in den Stand setzt", sagt unser Verfasser, „solche schändliche Praktiken meist ungestraft zu verüben, ist die Weigerung der be stohlenen Parteien selber, so wie des Hausherrn, bei dem die Dieberei vorge fallen, irgend eine strenge Untersuchung gegen die Person des Verbrechers ein- zulciten, da die Entdeckung des Diebes dem Eigcnthümer mehr Gefahr droht, als jenem selbst. Würde nämlich der Dieb als solcher überführt, so könnte ihn erstlich der Gebieter nicht den Händen der öffentlichen Gerechtigkeit überliefern, ohne des flir denselben gezahlten Kaufpreises verlustig zu gehen; er könnte ihn aber auch zweitens nicht etwa selber mit einiger Strenge bestrafen, da er da durch nur Haß gegen sich erregen und die Sklaven selbst dazu bestimmen würde, am Ende gar das Haus niederzubrennen oder sonst auf eine andere Weise bas Eigcnthum zu zerstören; endlich, wenn er je die Absicht har, den auf der Thal Ertappten zu verkaufen, so würde die Ueberführung und Bestrafung desselben nur dazu beitragen, den Preis herabzusetzen. Aus diesen Gründen wird daher bei solchen Ereignissen gewöhnlich ein Auge zugcdrückt, und der glückliche Dieb, der dieses sicht, wird dadurch nur ermuntert, bei jeder vorkommenben Gelegen heit sem schändliches Handwerk fortzutreibcn." lieber die Kosten, so wie über Vie Emancipation der Sklaven, hören wir noch Folgendes: „Im Lanie der mit einem Manne aus Kentucky ange knüpften Unterhaltung, der, mit dem Anbau von Gctraide und Viehmästen be schäftigt, selbst ein bedeutender Sklavenhalter war und an allen den Angriffen gegen die Abolitionisten Theil nahm, versuchte eS derselbe, zu zeigen, daß, Alles genau berechnet, die Sklaverei am Ende mehr den Eigcnthümcrn als den Skla ven zum Unglücke und zur Plage gereiche, da dieselbe ihre Kapitalien ver schlänge, ihre Interessen anszchrtc und sich als ein beständiges Hinderniß für die Fortschritte des aügemeinciicn Wohlstandes erweise. Er sagte, daß er die Arbeit des freien Weißen mit der res Negersklaven nicht nur durch angestellte Rechnung, sondern durch thatsächlichen Versuch verglichen, und daß er die Sklavenarbeit immer als die theuerste erkannt habe. So würde eS zum Bei spiel, um einen guten männlichen Sklaven zu erhandeln, 2iM> Dollars kosten. Da nun das Diskonto in Kentucky zehn Prozent beträgt, so würde dies aus 200 Dollars jährliche Kosten anzuschlagen seyn; wollte man indeß das Leben versichern lassen, so würde es wenigstens noch fünf Prozent kosten, also 300 Dollars jährliche Kosten betragen. Fügt man hierzu noch die nothwen digen Unterhaltungskosten im gesunden Zustande, so wie die Ausgaben in Krankheitsfällen, nebst der Besoldung der weißen Aufseher, die je einer Abthei- lung von Sklaven vorgesetzt sind, und andere zufällige Ausgaben, so dürfte wohl, wenn man Interessen, Versicherungs-, Unterhaltungs- und BewachungS- Koste.- zusammenrcchnet, ein Sklave auf nicht weniger als Soo Dollars oder 100 Pfd. Sterling (700 Thlr.) jährlich zu stehen kommen, und doch würde er am Ende nicht mehr als die Hälfte der Arbeit eines Weißen verrichten, der für dieselbe Summe gemiethet werden könnte, ohne daß es einer Auslage an Kapital oder der Verpflichtung zur Pflege in Krankheitsfällen bedürfte." „Derselbe Herr trug uns zwei Beispiele von listiger Arbeitsscheu vor, die sich auf seinem Gute ereignet hatten. Ein männlicher Sklave nahm nämlich absichtlich Medizin, die er zu dem Zwecke aus dem Dispensatorium stahl, um sich krank zu machen und so der Arbeit zu entgehen, und als er von dem Arzte untersucht wurde, fand es sich, daß er seine Zunge mit Senf bestrichen, um dadurch das Ansehen eines gefährlich Kranken zu erhalten. Ferner, eine Skla vin brachte, um nicht für ihren Gebieter arbeiten zu dürfen, eine solche Ge schwulst an ihren Armen hervor, daß sie das Mitleid aller derer erregte, die sie sahen; inzwischen wurde dieselbe Person, die, zu Bette liegend, den ganzen Tag über stöhnte und ächzte, dabei ertappt, wie sie des Nachts für einige Leute in der Nachbarschaft, von denen sie besondere Bezahlung erhielt, Kleider wusch (zu welchem Zwecke sie fast bis mitten an den Leib in einem hinter den Bäumen versteckten Weiher stand); sodann bekannte sie, um der Peitsche zu ent gehen, daß sie die Geschwulst an ihren Armen hervorbrachte, indem sie sie in einen Bienenstock hineinließ und sie daselbst so lange hielt, bis sie von den Bienen gänzlich durchstochen waren ; wenn aber die Geschwulst sich zu legen be gann, so wiederholte sie das Mittel, um jene von neuem zu beleben und frisch zu erhalten." „„Wenn die Dinge sich so verhalten"", fragte ich hierauf, „„warum giebt man den Sklaven nicht lieber die Freiheit?"" Ich erhielt zur Antwort: daß man allerdings vor einiger Zeit in Kentucky allgemein dafür gestimmt war, es zu thun, besonders, da man sah, daß der Nachbarstaat Ohio, ohne Skla ven, weit schnellere Fortschritte im Wohlstände machte, als Kentucky mit den selben; und daß wahrscheinlich in wenigen Jahren die Sklaven-Emancipation in der That durchgehen würde; daß man aber kürzlich, durch das Eingreifen der Abolitionisten in den nördlichen Staaten sich verletzt fühlend, beschloß, keine fremde Eingebung von Anordnungen oder irgend eine Einmischung in die „inneren Jnstitututionen" zuzulassen. Hierzu gesellte sich noch der Bei stand der übrigen südlichen Sklavenstaatcn, die gemeinschaftliche Sache mit der Bevölkerung von Kentucky machten und zu dem Entschlusse sich vereinigten, nichts in Folge von Drohung oder Zwang zu unternehmen, sondern vielmehr die geeignete Zeit ruhig abzuwarten und sodann unabhängig und frei von aller Einschüchterung zu handeln." Mannigfaltiges. — England im Jahre 1841. Das neueste Heft der fflontlil^ Idevieve <Mai, 1842) enthält bereits eine kritische Anzeige von Friedrich von Raumer'S kürzlich erschienenem „England im Jahre 1841", bekanntlich einem Nachtrage zu „England im Jahre I83S", von welchem Buche eine zweite Auflage noth- wcndig geworden. Das Supplement ist, wie der Neviewer sich ausdrückt, „mit charakteristischer Leichtigkeit, aber auch nicht ohne eine gewisse Autoritäts- Miene" abgesaßt und behandelt eine unzählige Menge von Dingen, „die, so interessant auch viele derselben dem Deutschen Leser seyn mögen, doch dem Englischen aus Zeitungen und anderen Quellen so bekannt sind, daß eine Ueber- setzung wohl nicht »öthig ist." Gleichwohl unterläßt die Koviorv nicht, ihrer Anzeige sogleich eine ganze Phalanx von Auszügen aus dem Raumerschen Buche anzuhängen, was jevcnsalls ein Beweis ist, daß Manches darin enthalten, was allerdings ins Englische übersetzt zu werden verdient. Besonders angc- sprochen hat een Reviewer folgender Passus über Englands Weltstellung: „Ich kenne keine größere Aufgabe in der Weltgeschichte, als die, welche Eng. land obliegt, und welche es bereits gelöst hat oder (ich lebe der Ueberzeugung) noch lösen wird. Alexanders des Maccdoniers geniale Entwürfe fielen mit seinem frühzeitigen Tode zu Boden. Rom gründete seine Macht lediglich auf das Schwert uuv den Untergang anderer Völker, um dann selbst an langer, selbst verschuldeter Krankheit dahin zu sterben. Der Muhammedanismus war, im Verhältniß zum Christcmhume, nur ein verwerflicher Rückschritt und Napo- lcon's Reich nur ein Meteor hochmüthigcr Tyrannei. Das Päpstliche Reich des Mittelalters hatte einen ewigen Inhalt für Erziehung des Menschen geschlechts; doch erstreckte es sich damals bloß auf Europa und verfiel in mancherlei Jrnhümcr. Die Jrrthümer sind aber nicht das Wesen, und dies Wesen wird alle Kunststücke politischer Seiltänzer überdauern. England ist das erste, die ganze Erde umfassende, alle Völker verbindende Reich. Aber in der räumlichen Ausdehnung liegt keinesweges das Hauptgewicht und der Hauptwerth, sondern in der höchsten materiellen Thätigkeit, verbunden mit wissenschaftlichen Fortschritten und der löblichsten Sorgfalt für religiöse Entwickelung. England ist das Auge des Geisteck, welches sich nach allen Himmelsgegenden richtet, durch alle Zonen bewegt und der Menschheit eine großartige Zukunft bereitet. Vor dieser edel», allumfassenden, glorreichen Bestimmung verlieren die so laut und so heftig geführten Streitigkeiten der einheimischen Parteien alle Bedeutung oder find nur der Schatten zu dem höheren Lichte." HeranSgegeben von der Expedition der Mg- Preuß. StaatS-Zcitung. Nedigirt von Lehman». Gedruckt bei A- W. Hayn.