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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumcraüonS-Preis 22) Sildergr. (j Thlr.) viertel,ndrlich, 3 Thlr. siir dsS ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt aus dieses Literatur- Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. StaatS-Zeitung (Friedrichs- Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllödl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. .W- 20. Berlin, Mittwoch den io. Februar 1842 Schweden. Der Hof der Königin Christine zur Zeit ihrer Minderjährigkeit. Empfang zweier Gesandtschaften in Stockholm.") In der Jahreszeit, wo man sich der Schlitten nicht bedienen konnte, ge schah das Reisen damals zu Pferde. Der Gras D'Avaur"), welcher 1634 von Seiten Frankreichs nach Schweden geschickt wurde, um den Frieden zwischen Polen und Schweden zu unterhandeln, gebrauchte 200 Pferde für sich, sein Gefolge und seine Bagage. Das Land mußte dieselben kostenfrei stellen ; da mals wie noch jetzt folgten Knaben und junge Mädchen denselben, um von der nächsten Station sie zurückzuführen, und Letztere ritten so tapfer wie die Ersteren. Die Gasthäuser befanden sich noch nicht in dem Zustande, um vor nehme Reisende aufnehmen zu können. Diese so wie die Königlichen Personen übernachteten gewöhnlich in den an der Straße liegenden Prediger-Wohnungen. Doch waren diese Häuser lange nicht das, was sie jetzt sind. Ogier meint, daß deren Acußeres mehr einem Gänse- oder Hühncrstall als einer menschlichen Wohnung geglichen hätte; im Innern wären jedoch immer einige recht gut ausgcstattctc Zimmer anzutreffen gewesen. Aus der ihm bei einem Landpre diger aus einer Vergnügungs-Ncise nach Fahlun gewordenen Ausnahme schließt Ogier, daß die Gastfreiheit da, wo nicht auf Geld-Ersatz im Voraus zu rechnen war, doch nicht sehr groß gewesen scp. Er erzählt, daß, als er eines Abends auf einer Vergnügungs-Reise den Weg verfehlt habe und er endlich ein Predigerhaus angetroffen, er lange vergeblich an die Thür habe klopfen müssen und ihm nur die Deutschen Worte: „Ich gebe Euch viele Reichsthaler" Eingang verschafft hätten. Er sey darauf in ein großes Zimmer geführt wor den, wo die Töchter des Predigers nebst mehreren Dienstmädchen sich befunden hätten. „Erfroren und ermüdet, wie ich war", sagt er, „näherte ich mich sogleich dein Kamine, wo ein gutes Feuer brannte. Alle staunten mich schwei gend wie ein Wunderthier an, und nur als ich meinen Pelz öffnete und man mein vergoldetes Dcgcngchänk wahrnahm, entfernte sich eine der Mägde, um den Herrn des Hauses, den Prediger, der mit einem Arzt von Upsala zu Abend speiste, zu holen. Es dauerte nicht lange, so trat er ins Zimmer mit einer Miene, die dem zornigen Aussehen sehr nahe war. Ich fragte darauf, ob er Latein spreche? „Versteht sich", war seine Antwort. Man kann sich meine Freude denken, als ich dies vernahm. Run konnte ich durch Worte mich verständlich machen. Ein tüchtiges Glas Branntwein erfrischte meine erstarr ten Lebenskräfte, so daß ich meine Reise-Ungclcgenheitcn erzählen konnte. „Ihr wäret gewiß betrunken", unterbrach mich der Geistliche, „als Ihr von Euren Reisegefährten abkamt?" So beleidigend diese Frage auch war, so konnte sie mir weniger auffallen, da ich wußte, daß jener Zustand hier Keinem zur Schande angerechnet wurde. Darauf erhielt ich ein gutes Abend essen und theilte mit dem Doktor über Nacht ein und dasselbe Zimmer; glück licherweise konnte ich mich ebenfalls Lateinisch mit ihm unterhalten. Am Mor gen des anderen Tages erhielt ich von dem Geistlichen Schlitten und Pserd und hatte die übrige Reisegesellschaft bald wieder eingeholt; vor meiner Ab reise mußte ich indessen noch eine tüchtige Portion Branntwein verzehren und auf die Gesundheit der damaligen Königin Christine und der Königlichen Witwe Maria Eleonora, so wie des Ambassadeurs Wohlergehen trinken. Der Doktor versicherte, daß der Branntwein ein probates Gegengift wider Melancholie und schlechtes Wetter sey." — Branntwein und starkes Bier konnten damals bei einer guten Ausnahme nicht fehlen. Allein auch Spanische, Französische und Rhein-Weine wurden der Ambassade auf allen Nachtquartieren vorgesetzt. Starkes Bier (öl) fand sich überall, sowohl in den Städten wie in den Dörfern. Recht viel trinken zu können, gehörte zum guten Ton, und gingen die Wirthe immer mit gutem Beispiel voraus. „In Hcdemora", erzählt Ogier, „wurden wir schon früh zeitig von dem Bürgermeister, bei welchem wir auf der Durchreise wohnten, geweckt, und er selbst trank, auf seinen Knicen liegend, in Spanischem Wein die Gesundheit der beiderseitigen Monarchen und des Ambassadeurs und dessen Gefolges Wohlergehen. Darauf wurde der Tisch gedeckt, wo es sehr reichlich herging und viel Französischer und Rhein-Wein getrunken wurde." *) Auszug (Uls Caroli Oxerii Lplltrmerläeki, r>ivo liier Uinilvum, 8uoeienili ed 1*olouiettiu 1634 —1635. ") Dessen Gcsandtschasts - Secreiair der Verfasser dieser Mitthcilungcn, Herr Charles Ogier, war. - Uebcr den Empfang der Ambassade zu Stockholm am 14. Dezember 1634 berichtet Ogier Folgendes: An der Barriere der Stadt hatten der Reichs- Marschall und Reichs-Rath Arel Bauer, Bruder des Feldherrn, so wie Gustaf Horn, der Hof-Marschall der verwitweten Königin, zum Empfang der Am bassade sich eingefundcn und hielt der Reichs-Marschall, mitten im Schnee stehend, eine lange Anrede in Schwedischer Sprache, welche darauf durch den Hof-Marschall Horn ins Französische übersetzt wurde. Daraus bestieg die ganze Ambassade die in Bereitschaft stehenden Königl. Schlitten, deren Aus sehen eben nicht sehr besonders gewesen seyn soll, obgleich sie in Frankreich verfertigt waren, und hielt ihren Einzug in die Stadt. Am io. Januar 1638 war die feierliche Audienz bei der achtjährigen jungen Königin Christine, wo der Französische Ambassadeur Graf D'Avaur derselben vorgcstellt wurde. Zwei Reichs-Räthe nebst einem zahlreichen Ge folge von jungen Edelleuten dienten der Gesandtschaft zu Führern und gingen und fuhren de» Schlitten der Ambassade voraus. Das Palais der Königin, welches sich damals auf dem Riddarcholm befand, war ein altes großes, ge schmackloses Gebäude; die Treppen und der Weg, welchen der Ambassadeur gehen sollte, waren mit prächtigem Tuche belegt. Das Audicnzzimmer war das eigentliche Schlafzimmer der Königin. Sie saß unter einem Thronhimmel auf einer Erhöhung und erhob sich von dem Lehnsessel, sobald der Ambassa deur mit seinem Gefolge, welches demselben voranging, ins Zimmer trat; darauf grüßte sie einen jeden der Gesandtschaft mit einer leichten Verbeugung. Der Reichskanzler Graf Oxenstierna, der Königin Vormund, und die Reichs- Räthe standen zur rechten Seite des Thrones, zur Linken befanden sich die schöne Cousine der Königin, die achtzehnjährige Pfalzgräfin Christina Magda lene (später vermählt mit dem Markgrafen Friedrich VI. von Baden Durchlach), und sämmtlichc Frauen der Reichs-Räthe und des Hofes. Der Ambassadeur verbeugte sich dreimal und stieg die Stufen des Thrones hinan, um die Hand der Königin zu küssen. Darauf hielt er in Lateinischer Sprache eine für die Umstände paffende Rede. Die junge Königin hörte, wie cs schien, mit der größten Aufmerksamkeit zu, so daß man hätte glauben können, sie hätte jedes Wort verstanden. Der Reichs-Rath Salvius trat darauf vor und be antwortete im Namen der Königin jene Rede. Der Ambassadeur über gab darauf seine Kreditive der Königin eigenhändig und ersuchte, daß sein Gefolge derselben vorgestellt werden möchte, bei welcher Gelegenheit einem Jeden derselben die Hand der Königin zu küssen zu Theil wurde. Der Abzug der Gesandtschaft erfolgte in derselben Art, wie deren Einzug und war darauf Tafel beim Ambassadeur, wozu die Schwedischen Herren mit cingeladen waren. Am 20. Januar hatte der Ambassadeur seine Antritts-Audienz bei der verwitweten Königin Maria Eleonora, geb. Prinzessin von Brandenburg. Die Reichs-Räthe (höchste Civil-Würdenträger damaliger Zeit in Schweden» Matthias Soop und Jakob de la Gardic dienten der Gesandtschaft als Jntro- ducteure. Bengt Oxenstierna (ausgezeichneter Diplomat, wegen seiner vielen Missionen bekannt), Johann Oxenstierna, des Reichskanzlers Sohn, und Gustaf Horn waren ebenfalls anwesend. Die Gesandtschaft wurde zuerst in einem großen Saale, wo damals die Stände sich versammelten, eingeführt, der mit den Wappen aller Provinzen geschmückt war und darauf in das Audienz zimmer, doch nur wenigen von uns, erzählt Ogier, wurde cS gestattet, mit dem Ambassadeur cintretcn zu können. Die Königin Witwe stand in der Mitte eines großen viereckigen Zimmers, dessen Wände, Decke und Fußboden mit schwarzem Tuche auSgcschlageu war, ihr zur Rechten befanden sich die Damen des Hofes und einige der Reichs-Räthe zur Linken. Ogier erzählt, das die ganze Gesandtschaft von dem schönen Aussehen dieser Fürstin ergriffen worden und daß es nicht möglich sey, mehr Schönheit, Majestät und Liebenswür digkeit vereint zu sehen. Nachdem die Königin die Verbeugungen des Am bassadeurs und Gefolges erwiedcrt, näherte sich Graf DÄvaur ihr zum Hand kuß und hielt seine Antritts-Rede in Französischer Sprache. Ogier meint, daß dem Inhalte derselben von dem Gesandtschafts-Personal wenig Aufmerksamkeit gezollt worden sey, da Alles nur die Augen auf die schöne Fürstin gerichtet gehabt hätte. Der Reichs-Rath Salvius hielt darauf die Beantwortungs- Rede und nachdem der Ambassadeur seine Kreditive (Konim^Inol) überreicht hatte, befahl die Königin, ihm zu verstehen zu geben, daß cs ihr sehr leid thäte, nicht Französisch zu sprechen, um sich mit ihm unterhalten zu können. Darauf wurde das Gefolge zum Handkuß zugclaffen und gnädig entlassen. Der Fran zösische Ambassadeur und besonders Ogier scheinen von der Liebenswürdigkeit der Königin im höchsten Grade eingenommen gewesen zu seyn. Letzterer äußert, wie er sich nicht in voraus hätte denken können, so viel Herablassung mit so