Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrSnumeraiions- PreiS 22^ Sgr. (s Tblr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für da« gan;c Jahr ohne Er< Höhung, in allen 'Theilen der Preußischen Monarchie. M Literatur a g a z i n für die Man prinumerirt auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. Swats-Feitung (AriedrichSstr. Rr. 72); in der Provinz so wie im Auslände bei Len WodUSbl. Post.Aemtecn. des Auslandes. Berlin, Montag den 4. Oktober 1841 Nord - Amerika. Die drei Menschen-Nacen in den Vereinigten Staaten. Vom Grafen von Castelnau. Von den drei sich schroff von einander unterscheidenden Menschen- Racen, welche Nord-Amerika bewohnen, sind zwei aus fremden Him melsstrichen dahin verpflanzt worven; die eine siedelte sich aus freiem Willen, um ihre Cristen^ zu verbessern, darin an, die andere aber wurve gewaltsam der glühenden Sonne Afrika'S entführt, um durch ihren Schweiß den fruchtbaren Boden der südlichen Staaten urbar zu machen; die dritte Race, welche den Usurpatoren ihres Bodens ewig fremd bleibt, zieht sich hartnäckig vor der Civilisativn zurück und nimmt nicht allein die Traditionen und die Gebeine ihrer Väter mit sich fort, sondern treibt auch die unzähligen Büffelheerdcn vor sich her, mit denen sie so viele Jahrhunderte hindurch dce Herrschaft über diese unbcgränzten Einöden theilte. Die Söhne Amerika'S, die einfachen Kinder der Natur, hoffen auf diese Weise die sie verfol gende hunvertköxflge Hpdra durch Hunger zu tödten, wie einst ihre muthmaßlichen Stammältern, die Chinesen, durch eine wenige Fuß hohe Mauer die Einfälle der Barbaren auS dem Norden adzuhalten wähnten. Der Charakter dieser drei Racen ist durchaus von ein ander verschieden, und wenn man einen jeden derselben vurch ein Wort wiedcrgeben sollte, so möchte man sagen, die Betriebsamkeit sep daS Kennzeichen der ersten, die Lächerlichkeit charaktcrisire die zweite, und der hervorstechendste Zug der dritten Race sey die Grausamkeit. Die Amerikanische Freiheit geht sparsam mit ihren Wohlthaten um, die sie nur auf die Weißen ausdehnt; sie gestattet zwar dem Neger, zu leben, aber nur unter dem Druck der Arbeit und ohne ihm politische Rechte zu bewilligen, und was den Indianer anbe trifft, so verweigert sie ihm selbst vaö Leben. Dieser Zustand der Dinge macht auf denjenigen, der zuerst einen Blick vorauf wirft, einen unangenehmen Eindruck, und er scheint ihm sowohl den Vor schriften des Christenthums, wie denen einer liberalen und gcsunvcn Politik, zuwider zu laufen; dringt man aber tiefer in die Verhältnisse der Amerikanischen Gesellschaft ein, so überzeugt man sich, daß, wenn auch das Recht gcmißbraucht wird, dies nur geschieht, weil da» große Gesetz der Nothwendigkeit es fordert. Zuvörderst kann der fruchtbarste Theil der Vereinigten Staaten, waS man auch immer dagegen einwenden möge, gar nicht von Weißen angebaut werden; nur der Neger allein kann unter der brennenden Sonne Florida's und in den Sümpfen Karolina's und Louisiana's auSdauern. Warum giebt man aber dcn Neger nicht frei und dingt ihn auf Lohn zur Arbeit?. DaS wäre ein Ding der Unmöglichkeit; denn Jeder, der das Kolonial-Spstem studirt hat, weiß, daß einzig die Furcht vor der Peitsche den Neger auS seiner angeborenen Trägheit aufschüttelt. In den sengenden Strahlen der Sonne zu schlafen, ist sein einziges Verlangen, und wenn ihn der Hunger aus diesem lethargischen Zustande ansrllttelt, so begnügt er sich mit wenigen, ganz groben Nahrungsmitteln, ja, er zieht cS selbst vop, sich mit Insekten, Spinnen und Gewürm zu sättigen, als daß er sich zur Arbeit bequemen sollte; dann beginnt er bis zur völligen Erschöpfung aller seiner Kräfte zu tanzen, und legt sich daraus wieder zum Schlafe nieder. Man braucht hloS auf St. Domingo zu blicken, das früher die ganze Welt mit Zucker versorgte und jetzt diesen Artikel selbst einführen muß. Um nur einige Erzeugnisse zu produziren, sicht sich die Neger-Regierung dieser sogenannten Re publik genöthigt, die Arbeiter vom Boden abhängig zu machen und allen Offizieren der Armee, das heißt den Eigenthümern, zu gestatten, ihre Dienstleutc „mit einem mittelmäßig starken Rohre" zu züchtigen. Auf den Englischen Antillen wird die Frcigebung der Sklaven jetzt allgemein für eine unheilvolle Maßregel gehalten. In den Bereinig ten Staaten giebt man ziemlich überall zu, daß die Einführung der Neger auf Amerikanischen Boden, trotz aller Vortheile, die dein Süden daraus erwachsen, doch ein offener Schaden für das Land sey- Wie aber sich davon befreien? Der Vorschlag, sie nach Afrika zuruckzubringen, ist unausführbar und findet selbst von Seiten der Neger den heftigsten Widerstand. Sie frei im Lande zu behalten, ist auch nicht thunlich, denn die nördlichen Staaten, wo dies ge schehen, sind ln einen Zustand gänzlicher Entsittlichung verfallen; übrigens stößt sie auch die öffentliche Meinung aus der Gesellschaft der Weißen aus, und es entsteht so eine Kiass^won Parias. Doch scheint selbst dieses Vorurtheil für das Bestehen der Vereinigten Staaten durchaus nothwendig, denn sonst würde bald eine verderbte Mulattische Bevölkerung den kräftigen und arbeitsamen Menschen schlag verdrängen, der jetzt den Wohlstand dieses schönen Landes sichert. Wenn schon in den nördlichen Staaten, wo die freien Neger höchstens den hundertsten Theil der Bevölkerung auSmachen, der gleichen Uebelstände cintreten, wie würde es nicht erst mit den süd lichen stehen, wo fast zwei Drittel der ganzen Bevölkerung auS Negern bestehen? Obgleich cS Ausnahme-Beispiele giebt, so ist doch im Allge meinen genommen die Neger-Race nur eine niedere, von Natur unsittliche Abartung des Menschengeschlechts, bei der die thierischcn Functionen alle edlere GeistcSgaben unterdrücken. Als ich von Europa mit meinen Ideen von allgemeiner Freiheit anlangte und zum ersten Mal Sklaven sah, ergriff mich daö tiefste Mitleid über ihr trauriges Loos; ich sah sie zufrieden und glücklich ünd zeichnete in mein Tagebuch die Worte: Der Sklave kann lachen! Noch aber war meine Enttäuschung nicht vollständig. Eines TageS erfuhr ich, daß in Richmond eine Sklavcn-Versteigerung angesetzt sey; eine Zeit lang war ich unschlüssig; meine Neugierde zog mich nach dem mir bezeichneten Verkaufs-Orte hin, während meine Grundsätze meine Schritte aufzuhaltcn strebten. ES schien, als heiligte ich in gewisser Hinsicht durch meine Gegenwart ein Menschenopfer; da ich aber in dem Lande als Reisender mich aufhielt, der alle Institutionen dessel ben studtrcn wollte, so mußte ich Alles kennen lernen, und ich ging also hin. Ich werbe nun einen Sklavenmarkt sehen, sprach ich zu mir selbst; unglückliche Gefangene werden sich meinen Augen dar- stellen, nackt, mit Mut bedeckt, welches die Peitschenhiebe aus ihrem mit Wunden bedeckten Köpper hervortreiben. Schon höre ich das Geschrei der Mutter, der man ihr Kind, des WeibeS, das man ihrem Gatten raubt, aber alle werden verkauft, verkauft für immer! In einem Magazin des Auctions-KommiffariuS wurde der Markt abgehattcn; mitten im Gedränge standen einige sehr wohl aussehende Neger, plaudernd und lachend. Die Barbaren, dachte ich bei mir, können lassen, während ihres Gleichen so grausame Qualen erdulden sollen. Ich suchte nach den Sklaven umher, aber vergebens; ich sah keine und erfuhr endlich, daß eS diejenigen wären, die ich so eben der Gefühllosigkeit beschul- digt hatte. Nur ein Einziger weinte; er begreift Wenigstens seine Lage, dachte ich und fragte ihn theilnebmend nach der Ursache seiner Betrübniß. „Ach", antwortete er, „ich bin für immer bcschtmvst; ich bin nur für MO Dollars verkauft worden, und für Iakob, der weniger stark ist als ich, hat man 700 bezahlt." Ich fühlte mich auf einmal ganz beruhigt und sah von jener Zeit an viele Tausend Neger verkaufen, ohne daß meine philanthropischen Ideen sich wieder geregt hätten.") Die Jnvianer besitzen einen höheren Geist, einen entwickelteren Verstand, welcher dem der weißen Race vielleicht ganz gleich kömmt, und doch ist ihre Verbannung politisch durchaus nothwendig; der Weiße und der Rothhäutige können nicht in cincm Lande bei ein ander wohnen; es scheint, als verderbe der Hauch dcS Einen die Luft, welche der Andere einathmen soll. Treüe Anhänglichkeit an ihre alten Traditionen und an die Gebräuche ihrer Väter ist allen Söhnen des Amerikanischen Bodens eigen; laßt sie in einer Schule erziehen, gewöhnt sie an die Sitten unserer großen Städte, nichts vermag sic zu fesseln; bei der ersten Gelegenheit werden sie in ihre Wälder entfliehen und daS bürgerliche Gewand mit der Decke und der Ablersercr vertauschen. Diese Religion der Erinnerung macht die Annäherung der Racen unmöglich, denn man stelle sich mitten unter der Amerikanischen Civilisativn die Huronen und die ÄusiogiS vor, wie sie nach ihren Gesetzen sich regieren, ihre Scheiterhaufen und Marterpfähle aufrichten und sich nach dem, was sie Menschen recht nennen, auf den Straßen oder vor den Kirchthürcn einander morden. Ihre gezwungene Auswanderung nach dem Wißen des Mississippi war zwar eine politische Barbarei, aber doch unumgäng lich nothwendig. Da die Bevölkerung Nord-Amerika'S aus dcn Abkömmlingen fast aller Völker besteht, so ist cs unmöglich, ihr einen besonderen Charakter beizulegrn; doch kann man wobl behaupten, daß die über wiegende Mehrzahl der Englischen Nation angchört. In Florida ') DerDersaner verrückt, wie man aus diesem und dem Folgenden geht, die Gramlinie .milchen Recht und Unrecht ganz nach Belieben und nach momenMnen Empfindungen. Als ob Unterdrückung nicht Unrecht bttede, wenn auch der Unterdrückte in den Druck ßch gefügt und sich nicht mehr darüber beklagt!