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3S führt? Wie viel besser war es für uns, wenn wir Beide dem Heiland dienten, damit wir, wenn er einst als Richter der Welt wiederkehrt, nicht das Eine zu seiner Rechten und das Andere zu seiner Linken stehen müßten, sondern ewig vereint und in seiner Gesellschaft lebten! Da er für uns sich geopfert hat, so ziemt es uns armen Sündern nicht, von unseren vorhabenden Opfern zu spre chen, zumal ihre Wirkung nur zu unserem Heile ist!" Molapo antwortete ihr in noch gerührterem Tone, als vorher: „Dein Gewissen ist sehr aufgeregt, Mamussa; Dein Herz blutet! Ich selbst mache mir den Vorwurf, daß ich auf dem schmalen Psade, der zum Leben führt, lässig wandle. Wohlan! auch dieses Unrecht will ich bekennen. Nachdem ich aus den Händen meines Vaters eine Gattin, wie Dich, empfangen, hätte ich keine zweite nehmen sollen. °) Allein ich that es in meiner Unwissenheit und vor der Ankunft der Boten Gottes, die uns zuerst eheliche Tugend gelehrt haben. Habe ich nicht, seitdem sie unter uns erschienen sind, meinen Leidenschaften einen Zügel angelegt? Ohne ihr donnerndes Wort würde ich jetzt ein mäch tiger Häuptling sey»; ich würde ein Frauen- Haus (Harem) haben wie mein älterer Bruder, meine Onkel und die anderen kleinen Stammesfürstcn. Aber nein, Mamussa hat größeres Recht als ich; der Bote Gottes sagt nur ver nünftige Dinge. Tausend Sünden streiten wider mich; lasset mir noch eine kleine Zeit — ich hoffe, daß Gott mir die Kraft verleihen werde, die da nöthig ist, um ihm zu folgen." Darauf knieten alle Drei nieder, um für einen reuigen Sünder die Hülfe von Oben zu erflehen. Mamussa sagte, als sie wieder aufstand: „Jetzt ist mein Gewissen erleichtert; ich will meinen armen Gatten nicht mehr mit zu vielen Ermahnungen quälen." Einige Monate später kam Molapo selbst und sagte mir, daß er jetzt allen Lockungen der Welt entsagt habe und Christo allein dienen wolle; „denn" — sagte er — „indem ich sein Leiden erzählen und erklären hörte, habe ich endlich gefühlt, daß er uns geliebt hat." Sein Herz wallte über von Freude, von einer Freude, die keine Schilderung verträgt, deren leb hafter und sanfter Ausdruck aber in den Zügen des Neophpten sich malte. Es war erbaulich, zu hören, mit welcher Inbrunst er von dem Heilande sprach, dessen göttliches Beispiel der Entsagung uns besser belehrt, als die schönsten Moralgespräche. Ohne Zeit zu verlieren und der Gewohnheit meiner anderen Proselyten folgend, führte Molapo seine zweite Frau in aller Güte wieder zu ihrer Mutter. Sie erhielt einige Stück Vieh, einiges Pelzwerk, neue Kleider, ein Evangelium und ein Gebetbuch. Molapo hatte nur einige Gefäße und einen Korb aus Binsen von ihr bekommen. Nachdem er aber eine Predigt über Ananias und Saphirs gehört, zeigte ihm seine beunruhigte Seele im Traum diese Gegenstände, und er beeilte sich, sie ihrer Besitzerin zurückzu stellen. Nun erfolgte das Aufgebot seiner christlichen Verheiratbung mit Ma mussa. Die Trauung selbst wurde nach Art der patriarchalischen Ergötzlich- keiten unter freiem Himmel vollzogen; auch wäre die Kirche von Morija viel zu klein gewesen, um die vielen Heiden aufzunehmen, die aus allen Gegen den des Reiches als Zuschauer gekommen waren. Die Ceremonie war einfach, aber so feierlich, daß sie den alten Moschesch bis zu Thränen rührte. „Der Januar-Mond" — sagte er zu seinen ver sammelten Unterthanen — „bringt meinem Stamme allemal ein doppeltes Fest — das Fest des neuen Jahres und das der Erstlinge vom Getraide. Am Abend bringt man eurem Könige einen gekochten Kürbiß. Seine Kinder sammeln sich um ihn, und er reicht ihnen den Kürbiß, damit jedes von ihnen einen Imbiß thue, von dem jüngsten bis zum ältesten. Ihr Vater und ihre Mutter thun alsdann ein Gleiches, und dies ist das Zeichen, welches den Ackerleuten ankündigt, daß sie von jetzt ab den Ertrag ihrer Felder genießen können. Ihr wisset, daß bei dieser Ceremonie die Kinder ihren Erzeugern vorangehen. Vielleicht, ihr Kinder der Unsrigen (bann besu), wird an mich die Reihe kommen, in den Kürbtß der Christen zu beißen. Ihr Glaube, ihre Bücher, ihre Sitten — Alles scheint mir bei ihnen so liebens würdig: nichts ist so schön, wie das Evangelium! Im Geiste schon bekehrt, warum bin ich's nicht auch im Herzen? Ich habe erleben müssen, daß Mo lapo mir aus dem Wege der Weisheit und des Glückes vorangegangen ist!" Der König konnte seine Aufregung, die übrigens voll inneren Grames war, nicht verbergen. Sein Sohn dagegen fühlte ein unaussprechliches Glück, und seitdem hat er mit Lydia (dies ist der Taufname seiner Frau) in voll kommenster und innigster Eintracht gelebt. Er ist schlicht, dcmüthig, mittheil- sam und immer heiter. Jeder liebt ihn und hört ihn gern reden, selbst den alten Mokaschane, seinen Großvater, nicht ausgenommen, der ihn rufen läßt, um aus seinem Munde zu hören, daß, den Erlöser lieben und ihm Nach folgen, der Wahlspruch der Christen sey. Der junge Prinz hat die Weihe der Taufe noch nicht erhalten; sie wird ihm aber bald ertheilt werden, wenn es Gott gefällt.""') ft Bi! diesem Bolte sucht der Baler für seinen Sohn die erste und rechtmäßige Frau; selten giebt er ihm auch Beischläferinnen. 'ft Außer den beiden Missions-Instituten im Lande der Bassuto'S hat die evangelische Missions-Gesellschaft zu Paris noch fünf andere in Süd-Afrika gegründet, und bald wird ein achtes entstehen. Das Journal der Evangelischen Missionen, von welchem ft-it I« Jahren allmonatlich eine Lieferung erscheint, berichtet über die neuesten Ereignisse auf den verschiedenen Stationen, die zusammen II Misstonaire zählen, und enthält außerdem zahlreiche schäfchare Notizen über Geographie und Statistik des Landes. Die Französischen Missionaire in Asrika haben mehrere geographische Karten einiger Gegenden des noch unerforschten Landes veröffent licht, allerlei merkwürdige Natur-Erzeugnisse nach Europa geschifft und die bis dahin gänzlich unbekannte Setschuana-Sprache den Europäern ausgeschlossen. Spanien. Die Briese und politischen Schriften des Kardinals Granvella. In den so eben erschienenen „Oocumens meckus, pour l'lüswiro «Is krsnos" °) treten die Staatsschriften zum ersten Male in die Oeffentlichkeit, die der Kardinal Granvella, Premier-Minister unter Karl V. und Philipp II., hinterlassen hat. Seit zweihundert Jahren war die Handschrift ein Gegen stand der Neugierde und der Nachforschung für Alle, die sich historischen Un tersuchungen hingeben; ihre Wichtigkeit wurde von Allen anerkannt, die über die Geschichte des litten Jahrhunderts geschrieben °°), aber sie lag so lange vergraben in den Archiven von Besancon, daß man die Hoffnung aufgab, dazu zu gelangen. °°°) Seit dem Tode des Kardinals (zu Madrid 1886) hielt man es für eine ausgemachte Sache, daß er eine ungeheure Masse von diplomatischen Korre spondenzen und Denkschriften hinterlassen habe, die sich über einen Zeitraum von ZO bis 4« Jahren verbreiten und in denen die geheimen Federn aller großen Ereignisse des litte» Jahrhunderts enthalten sind. Die Verhandlun gen Karl's V. mit England, Frankreich, den protestantischen Fürsten Deutsch lands, die Verwaltung der Herzogin von Parma in Flandern und vor Allem die wichtigen Verhandlungen, die dem Vertrage von Chatcau-Cam- bresis vorhergingen und denen der gelehrte de Thou die Revolution der Niederlande und die Bürgerkriege Frankreichs zuschreibt, Alles vermuthete man darin erklärt zu finden. Allein lange Zeit hat man von diesen Doku menten weiter nichts gewußt, als ihre Existenz. Leute, welche sie gesehen haben, wurden so von dem großen Umfang derselben erschreckt, daß sie nicht wagten, sie näher zu betrachten, und cs kam nichts von ihnen aus der Abtei St. Vincent, wo sie aufbewahrt wurden, heraus. Die Geschichte der Manuskripte, wie sie in der Vorrede des gedachten Werkes und bei Menage (Meimxiima >11. l) gegeben wird, ist außerordentlich merkwürdig. Der Kardinal hinterließ in seinem Hause zu Besancon 8 bis 6 Kisten mit Depeschen in allen Sprachen. Sie wurden bald nach seinem Tode auf den Boden gebracht, wo Ratten und Regen wetteiferten, sie zu zerstören. Da aber der neue Besitzer der Wohnung die Kisten benutzen wollte, so ver kaufte er deren Inhalt an die Krämer der Stadt. Hierdurch kamen einige Trümmer von Dokumenten in die Hände gebildeter Leute, und Boisot, Abt von St. Vincent, wurde darauf aufmerksam. Dieser machte sich sogleich auf, die Papiere aus den Händen der Hunderte von Besitzern zu befreien und sie zu sammeln, und nachdem er einen großen Theil gerettet hatte, untersuchte er sie, brachte einige Ordnung hinein und ließ sie, um eine zweite Zerstreuung zu verhindern, in 80 große Folianten binden. Boisot, der 1394 starb, legte sie in der Abtei St. Vincent nieder. Im darauf folgenden Jahrhundert hatten mehrere Gelehrte Zugang zu diesen Handschriften. Flechicr benutzte sie für sein Leben des Ximenes. Leibnitz machte einigen Gebrauch davon bei seiner Sammlung von Dokumenten für das Mittelalter; der erste Versuch jedoch, von diese» Handschriften etwas zu veröffentlichen, wurde erst im vorigen Jahrhundert gemacht, wo der Biblis- thckar der Abtei, Dom Leveque, einige Auszüge unter dem Titel .Mmoires flu vsräinal kr-mvells" herausgab. Dieses Werk enthält einige Berichte an Philipp II., ein Breve Paul's UI. an Karl V. und des Kaisers Antwort neben einigen kleinen Stücken aus dem Privatleben Granvella's von geringem Interesse. Nach diesem Versuche ging aber der Benediktiner Berthold, einer jener Männer, die sich von keiner Mühe und Arbeit zurückschrecken lassen, an das gewiß nicht leichte Werk einer methodischen Anordnung der Handschriften. Der bloße Anblick des Stoffes würde jeden anderen, weniger entschlossenen Geist zum Weichen gebracht haben. Achtzig Folianten in verschiedenen Spra chen, vom Zahn der Zeit, vom Zahn der Natten entstellt, ganze Stücke vom Regen verlöscht, welche Schwierigkeiten für den Arbeiter! Zehn Jahre weihte Berthold der Durchlesung und Ordnung, als ihn der Tod inmitten seiner Mühen von der Arbeit abries. Ein ihm verwandter Geist, Grappin, setzte das begonnene Werk fort, und schon wurde er durch Ludwig XVl. zur Her- auSgabe anfgcmuntert, als die Revolution ausbrach und das Unternehmen wieder 40 Jahre ruhte. Im Jahre >834 veranstaltete Guizot die Herausgabe der vocumelUs meckir», und die Staatsschriften Granvella's zogen sogleich seine Aufmerksamkeit auf sich. Er setzte zu Besancon eine besondere Kom- Mission zur Vergleichung dieser Schriften nieder, und wir haben die ersten Früchte derselben in den vorliegenden zwei Bänden. Der darin umfaßte Zeitraum erstreckt sich von der Konferenz in Calais 1321, wo Wolsey eine Verständigung zwischen Karl V. und Franz l. am Vor abend ihres ersten Krieges herbeiführen wollte, bis zum Jahre 1844, dem Ende des vierten Krieges zwischen diesen beiden Monarchen. Die wichtig sten Dokumente darin sind die Instructionen, welche Karl V. seinen Gesandten während des Waffenstillstandes vom Vertrag zu Cambrcy, 1829, bis zum dritten Krieg, 1838, giebt. Karl war damals nicht nur vom Schmalkaldischen Bunde in Deutschland bedroht, sondern auch von einem Bündniß zwischen Heinrich Vlll. und Franz. Während aber Letzterer sich mit Deutschland und ft r V»!. 4. Nur!'. Imiirbu.ri« 'ft Man vergleiche über ähnliche handschriftliche Schätze der König!. Bibliotheken in Pari« und Brüssel die Vorrede zum dritten Bande der trefflichen „Deutschen Geschichte im Zeitalter der Reformation", von Leopold Ranke. "ft Vergraben ist leider da« rechte Wort für Handschriften und Bücher in so vielen angeblich öffentlichen Bibliotheken. Wer würde cS künftig glauben wollen, daß in einem Lande wie Frankreich noch Bibliotheken sind mit Schriften, an deren Auffindung und Zugäng lichkeit man im Jahre I84l noch verzweifelte?