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ist unerbittlich, tr dringt von neuem in ihn, er solle seine Tbat ent setzlich finden, er solle eS bereuen, Blut der Protestanten vergossen zu haben. Lord Macguirv schweift, und man richtet ihn hin. (Schluß folgt.) Frankreich. Tallcyrand's Witz. Der Witz muß zu den ersten Mächten dieser Welt gerechnet werden; er ist ein rein persönlicher Voriheil, der uns in jedes Ver hältnis begleitet, und der einzige, dessen uns Vas Alter nicht be raubt. ILaS man auch immer in anderen Beziehungen für Uriheile über Herrn von Talleyrand gefällt haben mag, Freunde und Feinde kommen darin überein, daß er außerordentlich viel Witz besessen habe. Die natürlichen Folgen eine» solchen Rufes hat er denn auch erdulden müssen; eS gtebt keine zierliche Anekdote, keinen faden Scherz, ja selbst kein Wortspiel, die man ihm nicht zugeschrieben hätte, immer von dem sprüchwörtlichen Grunvsatze ausgehend, daß dem, der da hat, gegeben wird. Er, der auch in dieser Hinsicht überreich war, fand, daß man ibm zu viel gäbe und oft Dinge, die er sehr gern entbehrt hätte. Bis die Zeit zur Veröffentlichung seines politischen Testamentes herangrnahr wäre, wünschte daher der Fürst wenigstens das Unheil über seinen Witz zu berichtigen. Die Lcser mögen nach den folgenden Auszügen aus seinen eigenen Notizen über denselben urtheilen: Als Mirabeau Herrn von Talleyrand in der konstituirenden Versammlung widerlegte, sagte er zu ihm: „Ich will Sie in einen Kreis von Sünden einschließen." — „Wie", entgegnete dieser leb haft, „sollten Sie vielleicht Lust haben, mich zu umarmen?" Als Minister der auswärtigen Angelegenheiten unter dem Direk torium war Herr von Talleyrand noch nicht reich ober kümmerte sich wenigstens noch nicht darum, eS zu scheinen. Er halte sich einen Wagen bauen lassen, dessen Eleganz ganz Paris bewunderte, be zahlte ihn aber nicht. Der Sattler, der sein Geld gern habe» wollte, entschloß sich, den Minister auf seinem Hose zu erwarten, und über- reichte ihm seine Rechnung gerade im Augenblick des EinsteigenS. „Nichts ist natürlicher", sagte Herr von Talleyrand, „da man Euch etwas schuldet, so müßt Ihr bezahlt werden." — „O, Bürger Minister, wie bin ich Euch verbunden! Die Zeiten sind so schlecht, Ihr erzeigt mir einen wahren Dienst." — „Dabei kann von keinem Dienste die Rede sevn; man muß seine Schulden berichtigen." — „Ihr werdet mich also bezahlen, Bürger Minister, und wann?" — „Wann? Ihr seyd sehr neugierig!" — Und der arme Sattler', den diese Antwort für den Augenblick verblüffte, konnte sich nach zwei Sekunden davon überzeugen, daß vcr Wagen ganz prächtig davon- roltte. Napoleon, der die Erpresser nickt leiden mochte, fragte einmal Herrn von Talleyrand, ob es wahr scv, daß er reich wäre. — „Ja, Bürger erster Konsul." — „Aber wie gehl das zu?" — „Ich habe am Abend vor dem 18. Brumaire viel Renten gekauft und dieselben am Tage darauf wieder verkauft." Der Graf Ludwig von Narbonne deklamirte einst Verse in seiner Manier dem Herrn von Talleyrand vor. Dieser unterbrach ihn, um ihm einen Mann zu zeigen, welcher gähnte: „Sieh nur, Nar- bonne", sagt» er, „Du sprichst immer zu laut." Eines Tages fragte man Herrn von Talleyrand uach der Adresse der Fürstin von Vauvemont: „In der Straße St. Lazare", ant wortete er, und da die Nummer ihm entfallen war, so fügte er hinzu: „Sie brauchen nur den ersten besten Armen zu fragen, dem Sie begegnen; denn die kennen alle ihre Wohnung." Der General Montbrun, der einst bei einein Mittagessen bet Talleyrand auf sich batte warten lassen, erschöpfte sich deshalb in Entschuldigungen. „Nun, nun, Sie sind der Letzte", erwiederte der Fürst, „was will das aber sagen? Sie waren auf kein Schlachtfeld eingelaven, denn da wären Sie sicher der Erste gewesen." Herr von Talleyrand kam in Paris auf der Post mit einem angesehenen Fremden zusammen an; dieser fragte ihn, zu welchem Gebäude die Kuppel gehöre, die sich in der Luft abzeichnete. — „Zum Pantheon", erwiederte der Fürst. — „Ah", meinte der Fremde, „dort wird ja wohl das dankbare Vaterland die sterbliche Hülle der große» Männer beisetzen, die eS berühmt gemacht haben?" — „Richtig", entgegnete Talleyrand.... „unterdessen aber setzt man Senatoren dort bei." Der ehemalige Bischof von Autun fiel bei Napoleon nach seinem Aufenthalte in Bayonne in gänzliche Ungnade; man schrieb dies der Meinung zu, die er im Rathe gegen den Spanischen Krieg abgege- bo»; er hatte dieselbe in folgender Weise ausgesprochen: „Spanien ist für Frankreich eine große Pachtung; das Einkommen und die Ab gaben werden gehörig entrichtet, der Boden aber ist noch nicht recht bekannt, und man würde Alles aufs Spiel setzen, wenn man ihn durch sich selbst sich wollte verwerthen lassen." Man sprach mit Entrüstung von dem Benehmen des Marschalls Herzogs von Ragusa. Mit Bitterkeit sprach man von den Wirkun gen des Schritts, den man die Initiative des Abfalls nannte. „O, mein Gott", sagte der Fürst, „das Alles beweist nur so viel, daß seine Uhr vorging; denn alle Welt ward ja zum Vcrräthcr." Ludwig XVIII. sagte einst zu ihm: „Ich bewundere Ihren Ein fluß auf alle Begebenheiten Frankreichs. Wie haben Sie eS gemacht, um zuerst das Direktorium und später die kolossale Macht Napoleon's zu brechenk" — „Mein Gott, ich habe nichts dazu gelhan", ent gegnete der Fürst; „es ist aber in mir etwas Unerklärliches, waS alle Regierungen, die mich vernachlässigen, ins Unglück stürzt." „Warum", sagte er eines Tages, „warum sollten diese Leute nicht Frankreich retten? Haben die Gänse deck baS Kapitol ge rettet." Erzürnt über die Opposition, welche Herr von Talleyrand in der PaieS-Kammer bei dem Gesetz-Entwurf über een Spanischen Krieg an den Tag gelegt hatte, wollte Ludwig XVIII. ihn auf eine milve Weise ins Eril schicken. „Haben Sie nicht die Absicht, aufs Land zu gehen?" fragte er ihn. — „Nein, Sire, Ew. Majestät müßte sich denn nach Fontainebleau begeben wollen; dann würde ich die Ehre haben, Sie zu begleiten, um den Pflichten meines Amtes zu genügen." — „Nicht doch, das will ich nicht sagen; ich frage, ob Sie nicht nach Ihrem Landsitze zu gehen gedenken?" — „Nern, Sire." — „O!... sagen Sie mir doch, wie weit ist es von Paris nach Valence?" — „Sire, es mögen vielleicht 14 LieueS weiter seyn als von Paris nach Gent." Gegen Ende des Jahres 1818 sagte ihm ein Bittsteller, er sey in Gent gewesen. „In Gent, ist das gewiß?" — „Wie so?" — „Ja, sagen Sie mir aufrichtig, ob Sie sich dahin begeben hatten, oder ob Wie jetzt nur von dort wiederkehren.... Denn sehen Sic, ich war meincrjkilS auch in Gent; wir waren unser vielleicht sicben- biS achthundert; zurückgckehrt von dort sind aber meines Wissens mehr als funfzigtausrnd!" Bei dem ersten Ball der Oper unter der Verwaltung dcS Herrn De1av.au, gerade als die Menge der Masken eingelassen werden sollte, überbrachte ein Gendarm eine sehr eilige Depesche, und in Folge derselben wurde die Uhr des Foyers plötzlich ungehalten. Der fromme Polizei-Präfekt, da er die Maskenbälle nicht zu verbieten wagte, hatte dieS sinnreiche Mittel ausgcsuneen, um dadurch uner laubten Zusammenkünften vorzubeugen. Herr von Talleyrand, dem man die Sache am anderen Tage erzählte, äußerte: „DaS heißt doch den Eiser im Anhalten etwas zu weit treiben, wenn man schon eine Uhr durch die Gendarmerie anhaltcn läßt." Mannigfaltiges. — Französische Dichterinnen. Unter dem Titel: „Poeti- sche Meisterwerke Französischer Frauen vom IZten bis zum lSten Jahrhundert"') hat ein Herr Philippe Busoni ein eben so galantes als nützliches Buch herauSgegeben. Denn eS macht uns nicht bloß mit den dichterischen Frauen, sondern auch mit der poetischen Sprache dieser sechs Jahrhunderte bekannt, zu welchem Ende denn auch ein Wörterbuch zum Verftändniß aller veralteten Ausdrücke beigegeben ist. Schon im INten Jahrhundert hatte Frankreich sieben schrift stellernde Frauen, unter denen dir zu den Normannen nach Eng- fand gekommene ßlade üe b'i-niioo sich durch die Fruchtbarkeit ihrer Muse und besonders durch die Anmuth ihrer Fabeln auSzeichnete. Aus dem IVten Jahrhundert sind uns nur von zwei und aus dem litten nur von drei Frauen Gedichte überliefert. Dagegen hat das litte Jahrhundert unter zwölf Dichterinnen Namen nne Diana von Poitiers, Maria Stuart und Jeanne d'Albret aufzuweisen. DaS 17lk Jahrhundert, zum Theil daS Siede üe I.ouw XIV., prangt mit 27 weiblichen Dichter-Namen, unter denen der des Fräuleins von Scudery, der Madame DcshouillereS, der Demoiselle DeScarteS und der Madame Lecamus. Endlich daS I8te Jahrhundert mit den bekanntesten Namen (Gräfin von BeauharnaiS, Frau von Sta'el, Prinzessin von Salm-Dyck, Gräfin von GenliS ic.) hat 26 Dich terinnen zu dieser Sammlung geliefert, die also im Ganzen die Lebens-Skizzen und die besten Poeficen von 77 Französischen Dich terinnen enthält. — Französisches Synonymik»n. Ein wcrthvollrr Beitrag zur Bereicherung der Sprachwissenschaft sind die kürzlich erschienenen Svuonzluo« branyai« von Laiaye. Nicht in der Weise gewöhnlicher Synonymen-Lcrika, eine alphabetische, d. h. ganz zufällige Zusam menstellung von Wörtern aus allen Sprachgebieten, sondern eine be griffsmäßige und grammatische Entwickelung des Allgemeinen auS dem Besonderen ist diese mit vielem Fleiß, aber auch mit Geist zu- sammengelragene Arbeit. Der Verfasser benutzte dabei ein bisher noch unedirteS Manuskript Condillac'S, der für den Peinzen von Parma ei» Französisches Wörterbuch bearbeitet hatte, ferner Guizoi'S schätzbare philologische Studien und endlich die grammatischen Forschungen des Auslandes, von denen, wie er selbst zugiebt, Frankreich jetzt in dem selben Maße lernen kann, als eS früher der Lehrer des Auslandes war. Herr Lafaye verspricht, falls der eben erscheinende Band, der übrigens auch ein für sich abgeschlossenes Ganze hildet, Anerkennung finde, eine Fortsetzung seiner Studien herauSzugebcn. Man braucht nur einen Blick in das reichhaltige Buch zu thun, um an dieser An erkennung nicht zu zweifeln. Auch wird es ihm bei dem verhältniß- mäßig sehr billigen Preise (es sind 628 Seiten eng gedruckt in groß 8. und kostet etwa 2 Thlr. 20 Sgr.) gewiß nicht an zahlreichen Käufern fehlen.") ') Oiws^-S'oruvre voetigue» gx, sr-ne-i-" Seoul« le treiriemo »leol» zu,qu'«u Sin-ueueieme. „ — "> In Berlin Und Eremdare diese» auch für Deutsche Sm'achfoesLrr in terenamen Werkes, so wie des vorder genannten über die Französischen Dich terinnen, in der Buchhandlung der Herren Äther und Cvmp. ,u finden- Herausgegeben von der Expedition der Allg. Preuß. StaatS-Zeitung. Redigirt von I. Lehman». Gedruckt bei A. W. Hayn.