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576 seines eigenen Vermögens auf den Glanz der Bühne verwendet ha ben. Jetzt hat er jedoch diesen Posten abgegeben und lebt auf seinen Gütern. Kurz nach unserer Ankunft hierselbst wurde unser Thes von ihm zu einer Maskerade eingelade», die er in einem seiner Land häuser dicht bei Lissabon gab. Hier wurde Alles entwickelt, was der ausgesuchteste LuruS und der größte Reichthum vermögen, um einem Aste Glanz zu verleihen. Die Maskirten strahlten von Edelsteinen; auf einem herrlich dekorirtcn Theater wurde ein Gelegenheitsstück aufzeführt, in welchem die junge, liebenswürdige Tochter des Grasen die Hauptrolle spielte; die Gallerieen waren mit kostbaren Treibhaus- Gewachsen geschmückt, zwischen denen bunte Lampen schimmerten; die Anzahl der Gäste belief sich auf sechshundert. Diese Pracht, in welcher ein Farroba, ein Palmclla und einige Andere mit einander wetteifern, steht im schreiendsten Kontrast mit den Finanzen des Landes; aber das verblendete Volk glaubt in dem Lurus seiner Großen einen Beweis von Portugals Macht und Herrlichkeit zu erblicken. Der Herzog von Palmella verausgabte in den drei Wochen, während er bei der Krönung der Königin von England sein armes Vaterland als außerordentlicher Gesandter rcpräsentirte, aus eigenen Mitteln 108,000 Thaler. Und mit die sen unerschwinglichen Geldvpfern verbinden die Portugiesischen Großen keine andere Absicht, als Volksgunst und großen Anhang zu gewin nen, durch dessen Benutzung zu inneren Fehden sie die ökonomischen Verhältnisse immer mehr verwirren und zu Grunde richten. Die angesehensten und einflußreichsten außer den bereits genann ten Partcihäuptern sind: der Herzog von Terccira, (General); der Marquis Saldanha (General), der allgemein für Portu gals ersten Krieger gilt; Graf Bomfim, früher Günstling Dom Pcdro's, gegenwärtig Premier- und Kriegsminister, übrigens aber weder Diplomat noch Soldat; Sa da Bandeira (guter General und Haupt der radikalen Parteien), hat nach und nach alle Minister- Portefeuilles gehabt, ohne ein einziges behaupten zu können; Ma- gelhfles, den mau nach Palmclla mr den erfahrensten Diplomaten in Portugal hält; Manuel da Silva Pasos, er ist radikal und repräsentirt das junge Portugal u. s..w. Eine wohlthätige Einrichtung ist das Waisenhaus in dem früheren St. Geronimos-Kloster bei Belem und das damit vereinte, von unserem vortrefflichen Landsmann Borg eingerichtete Taub- stummen-Jnstitut. Ich besuchte das Waisenhaus an einem Sonn tage, als die Kinder eben in der Kirche versammelt waren, und folgte ihnen dann in die Säle. Alles deutete auf die größte Ordnung und Sauberkeit. Die Mittagszeit war herangekommen, — es standen lange, gedeckte Tafeln im Speisesaal, und die Kinder, welche an der Reihe waren, in der Küche zu helfen, füllten das Eisen in Schüsseln und setzten sie aus die Tische. Man gab mir davon zu kosten, ich fand es gut und schmackhaft. Die Anzahl der Kinder beläuft sich aus zweihundert. Sie tragen Jacken und Beinkleider von brau nem Tuch. Die Umgegend von Lissabon ist im Allgemeinen kahl. Sie trägt deutliche Spuren der mit Ler Erdoberfläche vorgegangenen Revolu tionen. Zahllose Hügel und Berge mit steilen, grasbedeckten Abhän gen gestatten oft dem Reisenden keine andere Passage, als durch tiefe Hohlwege, deren kläglichen Zustand man sich — besonders in der Regenzeit — leicht denken kann. Schmutzige Dörfer unterbrechen in geringen Abständen von einander häufig die grünende Fläche, und überall stößt man auf Ruinen von Häusern, welche durch das Erd beben zerstört wurden. Der Boden um Lissabon ist ganz vorzüglich und aus dem Grunde ist die Hauptstadt auch — wenigstens nach den Begriffen eines Schweden — ziemlich dicht bevölkert. Bei einem so bergigen Terrain sollte man glauben, daß es an schönen Aussichten nicht fehlen könnte, — und man hat dergleichen auch, so wie man den Gipfel eines Berges erreicht; dies ist aber für einen Fremden kaum möglich, denn in der Nähe der Stadt sind alle Wege mit hohen, die Aussicht hemmenden Mauern eingefaßt, zwischen denen er in der Mittagssonne bald umkommt, ohne weder rechts oder links inS Freie sehen oder gelangen zu können. In der Stadt selbst findet sich nur eine einzige Promenade, und diese ist, obgleich schön und geschmackvoll, nicht größer als der Platz Karl'S XIII. in Stockholm, oder kaum so groß. Aber auch diese ist — wie Alles hier — mit Mauern umgeben und der Eingang mit Polizei- Beamten besetzt, die jeglichem Individuum in Secmannstracht den Eintritt verwehren müssen. Aus diesem Grunde wurden selbst die Eleven dbr Brigg „Oscar" abgewiesen, als sie eines Tages beab sichtigten, sich daselbst eine kleine Motion zu machen, — obgleich sie in Uniform waren. Dieser Mißgriff wurde zwar später mit all der ausgezeichneten Artigkeit abgestellt, deren wir uns von den hiesigen Autoritäten überhaupt zu erfreuen haben; jene Anordnung beweist jedoch, in welchem Mißkredit sich hier ein Stand befindet, der vielleicht mehr als alle andere zum Gedeihen eines Landes beiträgt. Zu der Zeit, wo Portugal sowohl durch seine Macht zur See, als durch Bildung, Heldenmuth und Reichthum zu den ersten Nationen Europa's gehörte, würde es schwerlich Jemand eingefallen sepn, die von Ost indien und dem Kap heimkehrenden Seeleute von irgend einem Orte auszuschließcn; ihr Stand genoß der Achtung, die er verdient; — man rechnete es sich zur Ehre, zu ihnen zu gehören, und das Land florirtc. Gegenwärtig ist cö umgekehrt. Früher besaß Lissabon allein gegen 400 Schisse von 800—600 Tonnen Gehalt, die vorzüglich zum Handel nach Süd-Amerika verwendet wurden; gegenwärtig findet man in diesem Hafen kaum 80 Schiffe für den auswärtigen Handel, und sie haben durchschnittlich nicht mehr als 180 Tonnen Gehalt. Fast alle Ausfuhr-Artikel werden durch fremde Schiffe Hcrauszegckcn reu ter Expedition der Allg. Preuß. Traats ?eüm transportirt. Die einzige Ausnahme davon macht der Handel zwilchen Lissabon und Cork, der durch Portugiesische Fahrzeuge betrieben wirb. Sic führen von St. UbeS aus Salz hinüber und bringen Butter dafür zurück. Im Allgemeinen haben die politischen Unruhen fast allen regelmäßigen Handel vernichtet, und dieser wird sich nicht eher wieder erholen, als bis die Währung sich gelegt und die ewigen Ministerwechsel ihr Ende erreicht haben. Was nun die Brigg „Oscar" — unstreitig das schönste Schiff von denen, die gegenwärtig auf dem Tajo liegen — anbclangt, so will ich nur hier ankühren, daß wir vollständig ausgerüstet sind, um wieder in See zu stechen, und demgemäß auch in einigen Tagen nach dem Laplata-FIuß absegeln werden. Die Bemannung ist wohl auf, und die Eleven haben sich bereits in Allem, was zum Scc- dienst gehört, gute Kenntnisse erworben. UebrigenS ersparen mir die Briefe der Eleven an ihre Aeltern und Verwandte in Stockholm, die mit dem meinigen zugleich abgehen, alle Niithcilungcn über Einzelne an Bord der Brigg. Lissabon, den 26. April 1841. ,C. C —r- Mannigfaltiges. — Die Belgier und die Französischen Literaten. Kein anderes Land ist in den letzte» Jahren von den Französischen Touristen so viel besucht und heimgesucht worden, als Belgien. ES liegt ihnen erstlich so nahe, fast vor den Thoren von Paris, und man kann also auch die kürzesten Ferien zu einer Reise ins Ausland benützen. Zweitens aber haben die Französischen Literaten eine per sönliche Malice gegen Belgien, das ihre meisten Schriften nachdruckt und sie — wie sie wohl glauben — um Hundcrttauscnbe bringt, die sie mehr an Honorar erhalten würden, wenn die fatalen Belgier nicht wären. Von den vielen Französischen Literaten, die kürzlich nach einander in Belgien gewesen und dann gegen dasselbe geschrie ben haben, nennen wir nur JuleS Janin, Alphonse Royer, Theophile Gauthier, Roper de Beauvoir, Andre Delrieu, Paul Vermond und Aler. Dumas. Die kürzlich erschienenen Reisebcmcrkungen des Letz teren ilsx<mr«ion« «ur le« borst« st» libin) geben einer Belgischen Zeitschrift zu folgenden Bemerkungen Anlaß: „DaS, was die Fran zosen an Esprit zu viel haben, fehlt ihnen dagegen an Gcmüth und an Rechtlichkeit des UrtheilS, ohne welche man ein anderes Volk unmöglich richtig beurthcilen kann. Wenn sie in ein fremdes Land cintreten, so ist das erste Wort, bas aus ihrem Munde kömmt, ein Witz; das Erste, was sie thun, ist, daß sie die komische Seite alles desjenigen, was sich ihren Blicken darbictet, aufgreifen, wobei sie in der Regel das, was nicht mit ihren eigenen Sitten und Gewohn heiten übereinstimmi, für lächerlich halten. Man gehe nur einmal an unsere Französische Gränzc, und man wird täglich diese Wahr nehmung bei den Reisenden machen können, die uns die Diligencen von drüben zuführen. Ja, unser armes Belgien hat ganz be sonders das Privilegium, die Mcdisance unserer Nachbarn hervor zurufen, ja nicht selten sogar auch ihren Zorn. Ist nicht unserer Stirn ein furchtbares Zeichen aufgedrückt: der Belgische Nachdruck? Keine Gnade, kein Mitleid giebt es für uns bei den Französischen Schriftstellern; wir sind sämmtlich literarische Räuber, Korsaren, die den Strang verdient haben. WaS wir auch sagen, was wir auch thun mögen, es ist und bleibt, wie sie behaupten, doch immer Nach druck. ES soll sich in Paris eine Gesellschaft gebildet haben, aus drücklich zu dem Zwecke, Alles zu verleumden, was in unserem klei- nen Lande geschieht. Doch besteht diese Gesellschaft hauptsächlich aus Schriftstellern, deren Werke man nicht nachdruckt, und daher ihr Zorn, inst« irae! Der Belgische Charakter läßt sich in folgenden wenigen Worten zusammcnfassen: Der Belgier druckt nach, der Bel gier trinkt Bier, der Belgier raucht Taback. Inzwischen braucht man darum nicht zu glauben, daß die Herren Franzosen nicht etwa selbst nachdrucken; man frage nur die Herren Baudry und Konsorten, bei denen man ein Assortiment von Nachdrucken Englischer, Jtaliä- nifcher, Deutscher und selbst — Belgischer Werke finden kann!" — Der Vorrath von Nachdrucken Belgischer Werke in Frankreich kann indessen nicht sehr bedeutend seyn, denn das einzige Belgische Tuch, das, so viel uns bekannt, die Franzosen bisher üachgedruckt, ist der treffliche Bericht des Herrn Jobard, KommiffarmS der Belgischen Regierung, über die Gewerbe-Ausstellung in Paris. Hören wir nun aber, wie die gedachte Belgische Zeitschrift gemein schaftlich mit uns Deutschen gegen die Rhetnlust der Franzosen an kämpft: „Herr Aler. Dumas", bemerkt sie, „obwohl er es nicht aus drücklich sagt, gehört doch auch zu denjenigen, die für Frankreich die Rheingränze wollen und der Meinung find, daß eine Nation groß werde, wenn sie einer anderen die politische Unabhängigkeit raubt. Mehr als eine Stelle seines Buches giebt davon Zeugniß. Doch was wundern wir unü darüber? Die Eroberung Belgiens, welche Affen, Beduinen und Nachdruckcr auch dessen Einwohner seyn mögen, ist ein Gedanke, der im Herzen aller Französischen Mitarbeiter der Zeitung ie üiöcie schlummert, die sämmtlich den Ehrgeiz haben, ein mal irgend eine Präfektur in unserem Lande oder jenseits des Rheins zu erhalten. Dieser Gedanke ist sogar bei denjenigen Franzosen, welche zur sogenannten Bewegungspartei gehören, mit den Begriffen von Natioualehre verwebt. Herr Dumas gehört zu dieser Kategorie; aber darum möge eS unS auch verstattct seyn, ihm mit dem Deutschen Dichter Nikolas Becker die aus dem Herzen kommenden Worte zu- zuruKn: Sie sollen cs nicht haben, das Belgien, um das sie schrci'n!" (Von.« ne I'anrer Par, cette itelxigue gue von« ennvoirer!) Rcdigirt rcn I. Lehmann. Erbruck, bei A. W. Havn.