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WöcklnNich erickcml» drei Nimimcrn. Prännmcrationk- PrciS 22z Sar. (5 Td>r.) picrtcljäßrUch, 3 Th!r. für das qan;c Jahr, ohne Er Höhung, in allen ZheUcn der Prcukiichcn Monarchie. Magazin für die Man px.ümmerirt auf dieses Lileraiur Blalt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. StaUS-ZUlimg HFriedrichögr. Nr. 72); in der Pronin; so wie ini Auslande bei den WohUöbl. Ppg-Aem!crn. Literatur des Auslandes. 143 Berlin, Montag Len 29. November 1841. Portugal. Lissabon. Von einem Passagier der Brigg „Oscar". °) Alle Seestädte, wenigstens die vielbesuchten, gleichen ein ander; denn die Eigenheiten des Landes, in welchem sic liegen, und der Nation, von der sie bewohnt sind, werden durch die vielen Fremden, die von allen Seiten heranströmcn, sehr bald verwischt. Eine Beschreibung von Lissabon ist daher durchaus keine allgemeine Charakteristik von Portugal oder der Portugiesischen Nation, sondern nur eine Beschreibung von — Lissabon. Wirft man einen Blick auf die Landkarte, so sieht man, wie sich der Tajo kurz vor seiner AnSmundung ins Meer zu einem ge räumigen Bassin erweitert, dessen Waffcrmaffe sich durch einen ver- hältnißmäßig engen Ausfluß in den Ocean ergießt. Dieser Ausfluß ist cS, der den Hasen oder besser die Rhede von Lissabon bildet, ein beschwerlicher, wenn nicht gefährlicher Ankerplatz, und zwar ganz besonders zur Zeit der Fluth, deren Stärke durch den Gegen druck der großen Wassermasse des erwähnten Bassins bedeutend er höht wird, — so wie auch zur Zeit des Regens, welcher ein schnelles Anschwellen jenes engen Ausflusses verursacht. Auf dem nördlichen Ufer desselben liegt nun die Hauptstadt Portugals, wie Rom, auf sieben Hügeln. Von dem Fort San Julian, dessen Feuerbcckcn mit dem gegenüberliegenden Bugio-Feuer dem Seemann leuchten, bis zum großen Bassin, sind die Ufer des trüben, gelblichen Tajo mit Häusern besetzt, die anfänglich durch dunkelgrüne Orangenbäume, deren Zweige kaum die Last der goldenen Früchte zu tragen ver mögen, durch Weinrebe», graue Oliven, Cppressen, Feigen- und Wallnußbäume von einander getrennt sind, spater aber immer dichter zusammenrückcn und endlich die Stadt selbst, ein amphithealralisch aufsteigendes Labyrinth von Gebäuden, bilden. Die unterste Reihe derselben besteht aus lauter Waaren-Magazinen. Diese sind hin und wieder durch schmale, steile Gäßchen getrennt, welche Eintritt in die Stadt gewähren, jedoch alle durch Zoll-Beamte bewacht werden, bis man zur Praya dos RomulareS gelangt, wo eine breite steinerne Treppe dm anlangenden Reisenden direkt in das Herz von Lissabons eleganter Welt führt. Ein Endchen weiter hinauf gelangt man zu einem großen mit schönen Gebäuden aus Portugals besserer Zeit umgebenen und mit der Reiter-Statue König Johann's VI. geschmückten Platze. Dies ist die Praoa do Commcrcio. Hier legen die kleinen Dampfböte an, die täglich mehrmals zwischen beiden Ufern hin und her fahren. Hier ist eS auch, wo sich die sogenannte Quadra befindet, welche höchst Portugiesische Einrichtung eine nähere Betrachtung verdient. Vier Kanonenböte sind so ausgestellt, daß sie die Ecken eines regelmäßigen Quadrates bilden. Innerhalb dieses imaginairen Qua drates müssen alle fremde Schiffe, die nach Lissabon kommen, vor Anker gehen, damit sie um so leichter von den Zoll-Beamten bewacht werden können; und es wird so streng und so pedantisch aus die Ausführung dieser Vorschrift gehalten, daß auch nicht der geringste Theil eines Schiffes die eingebildeten Linien überragen darf. DaS Schiff eines Schwedischen Eapitains war durch den Portugiesischen Lootsen dergestalt in der Quadra placirt worden, daß, als es sich in Folge der Ebbe um seinen Anker drehte, sein Hinterthcil ein wenig die imaginaire Linie überragte. Dies konnte die Zoll-Behörde unmöglich ungeahndet hingchcn lassen; der Eapitain mußte die Ver- säumniß des Lootsen mit einer ansehnlichen Geldstrafe büßen. Einem anderen schwedischen SchiffS-Capitain wehte der Wind seinen Hut über Bord, und er schickte einen Matrosen mit dem Boote ab, der ihn auffischcn sollte. Da er jedoch in seinem Eiser vergessen hatte, sich vom nächsten Kanonenboote die Erlaubniß dazu auSzubittcn, verlor er Hut und Boot. Zwar gelang eS den Be mühungen deS HauseS Torlades u. Cvmp-, den beiden Capitaincn mit vieler Mühe die Rückerstattung der Strafe und des BootcS auszu wirken, aber auf einen so günstigen Fall ist doch nicht immer zu rechnen, und dergleichen Händel sind stets äußerst lästig und zeit raubend. Man nehme einmal an, es fiele ein Mensch über Bord, so wäre er längst vom Strome sortgeriffcn, ehe man im Stande Die Brigg „SSear", Eavitain OeilMvub, verließ am ro. Skivber mzo Stockholm, ui» mü einer An;ahl po» iungcn, für den Secbienst lugimmten Mannern eine Jnßxuttwnö. Ncnd zu machen, und lief aus dieser auch dei russadon au gewesen, die lästigen Formalitäten zu erfüllen, die den Versuchen zu seiner Rettung vorangehcn müßten. Doch sind dies noch nicht alle Unannehmlichkeiten der Quadra. Derjenige Eapitain, welcher sich des Abends um 0 Uhr nicht an Bord scincs Schiffes befindet, muß fein bescheiden die ganze Nacht hindurch auf dem Lande bleiben. Wchn auch das Einschmuggeln hier so häufig vorkommt, daß die Portugiesische Negierung sich gc- nöthigt sieht, zur Verhütung desselben außerordentliche Maßregeln zu treffen, so bleiben diese doch fruchtlos, so lange das Volk durch die vielen Monopole der Regierung zur Schmuggelei gereizt, wenn nicht fast gezwungen wiro. Durch die gegenwärtigen Verhältnisse geräth aller Verkehr in Stocken; denn die Regierung hat sich nicht nur das ausschließliche VerkausSrccht des Rauchtabacks, Schnupf- tabacks, Siegellacks, der Karlen und der Seife, sondern sogar auch das der Fische Vorbehalten, welche Vorkaufsrechte sie einzeln ver pachtet. Aus jeden Fall sind die Pacht-Summen, die den Staats- Kassen durch daS gegenwärtige Zwangs-System zufließcn, wcit ge ringer als diejenigen, welche ein freier Handel an Zoll einbringcn würde. Weder in Rußland, noch in Spanien, noch in der Türkei trifft man dergleichen Einrichtungen, wodurch fremde Seefahrer nur abgeschreckt und dem Lande die besten HülfSquellen abgeschnitten werden. In der znsammcngcdrängten und verworrenen Häusermasse, aus welcher die eigentliche stavt, vom Tajo auS gesehen, zu bestehen scheint, sucht man vergebens irgend eine imponircude architektonische Schöpfung. Kein hoher Thurm strebt kühn den Wolken zu, — kein hochgcwölbter Dom verräth cin Gotteshaus. Der Königliche, aus einem röthlichen Stein erbaute Palast hat viel Aehnlichkeit mit einem Gefängniß, und die Kathedrale sieht man nicht eher, als bis man dicht vor ihr steht. Unterhalb der Stadt, weit nach San Julian zu, erhebt sich ganz isolirt der kolossale Belems-Thurm, den man in mehr als einer Lithographie bewundern kann, — und etwas höher hinauf gewährt das neue Schloß auf einer von Olivenbäumcn umkräuzten Höhe einen ganz hübschen Anblick; doch ist es, wie so Manches in Portugal, nicht vollendet und wird cs auch wohl niemals werden, da die Königin das Gebäude für den Winter zu kalt, für den Sommer zu warm findet. Lissabon ist eine sehr weitläuftige Stadt; sie hat etwa 200,000 Ew. und schließt, außer den Wohnungen für diese, noch eine bedeutende Ruincnmasse derjenigen Gebäude in sich, welche durch Erdbeben zer trümmert wurden. Im Allgemeinen ist die Stadt wohlgebaut; und wenn die langen Reihen schöner Häuser auch häufig unterbrochen werden, so geschieht dies doch fast immer nur durch äußerst malerische Ruinen. Klöster finden sich hier gar nicht mehr; sie sind entweder zerstört oder für andere gemeinnützige Zwecke in Beschlag genommen. Ich habe während eines dreimonatlichen Aufenthaltes in Lissabon nicht mehr als einen einzigen Mönch gesehen, d. h. in seiner Or denstracht, — in bürgerlicher Kleidung und heimlich mag eS deren wohl noch genug geben. ES treiben sich hier viel Spanier mit aller» Hand Kleinigkeiten zum Verkauf umher, wie bei unS die Westgöther; doch sollen sie nicht so friedliebend und ehrlich wie unsere gutmü- thigen Landsleute seyn, sondern ost, wenn cS ihnen nicht gelingt, den Käufer durch Worte von der Vorzüglichkeit ihrer Waarc zu überzeugen, zu den schärferen und eindringlicheren Argumenten ihrer Dolche schreiten. Mir ist indcß niemals etwas der Art in den Straßen Lissabons zugcstoßen, obgleich ich sie zu allen Stunden des Tages und der Nacht durchwanderte, — auch habe ich niemals etwas von Mordanfällen gehört, — dergleichen Begebenheiten sind indeß vielleicht so gewöhnlich, daß man sich nicht mehr die Mühe giebt, davon zu sprechen. Auf der anderen Seite sind hingegen während unseres hiesigen Aufenthaltes zwei berüchtigte Straßenränder wegen Ucbelthatcn in der Provinz hier gehängt worden. Der Zusammcn- lauf von Zuschauern dabei war ganz unermeßlich, und sie haben auch Grund, sich nach dem Anblick eines solchen Schauspiels zu drängen, denn eine jegliche Art von Handhabung der Gesetze und Vollziehung von UrthcilSsprüchen ist in Portugal etwas höchst Seltenes. Der grausamen, gesetzwidrigen Strenge Dom Miguel'S ist eine fast eben so verderbliche Schlaffheit und Mattigkeit in der Handhabung der Gerechtigkeit gefolgt. Die erwähnten beiden Delinquenten waren weiß gekleidet und sahen ziemlich gleichmüthig auS. Sie waren von einer starken Bedeckung umgeben. Das Portugiesische Militair ist sehr gut bezahlt, geschmackvoll und gut uniformirt, und macht kräftige Handgriffe und sichere Evolutionen. Soldaten und Offiziere tragen, wenn'sic cS nur irgend möglich machen können, gewöhnlich einen